Begegnungsreise Philippinen Mikrokredit-Initiative des alternativen Nobelpreisträgers Nicanor Perlas
Ein Ziel unserer Begegnungsreise auf die Philippinen Ostern 2010 war der Besuch verschiedener Projekte des Umweltaktivisten, alternativen Nobelpreisträgers und Präsidentschaftskandidaten auf den Philippinen 2010, Nicanor Perlas. Wir besuchten die Lifebank Foundation, eine Mikrokredit Initiative nach dem Vorbild der Grameen Bank des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus, und die Gamot Cogon Waldorfschule und Ausbildungszentrum.
Nicanor Perlas war durch seine Vorträge und Seminare in Deutschland einigen ReiseteilnehmerInnen schon bekannt und so freuten wir uns auf unserer Philippinen Reise vor Ort die Früchte seiner Arbeit kennenlernen zu dürfen. Die Begegnungsreise unserer 9köpfige Gruppe führte uns nach Iloilo auf der Insel Panay in Zentral Philippinen, nachdem wir vorher auf der Insel Luzon die Hauptstadt Manila, den Vulkan Mount Pinatubo und das Sozialprojekt PREDA in Olongapo in der Subic Bay erkundet hatten und drei Tage Urlaub auf der bezaubernden Insel Palawan gemacht hatten.
Nicanor Perlas kommt aus einer Familie mit 11 Kindern und hat in den USA Landwirtschaft studiert bevor er seit den 80er Jahren in seinem Heimatland, den Philippinen, aktiv wurde. Er war beteiligt am Sturz der Herrscherfamilie Marcos, kämpfte erfolgreich gegen den umstrittenen Atomreaktor Baataan, engagierte sich in der Kampagne gegen den Missbrauch von Pestiziden und gründete das Zentrum für alternative Entwicklungsinitiativen(CADI) und die Vereinigung für nachhaltige Landwirtschaft.
Nicanor Perlas wurde Mitglied des Beratungscommitees der Regierung unter Corazon Aquino, gewann den Global 500 Award für die Schulung von 100.000 Bauern in natürlichen Methoden zur Schädlingsbekämpfung und wurde zur Leitfigur der philippinischen Umweltbewegung. Teil seiner Agenda 21 auf den Philippinen als Gegengewicht zur Handelsliberalisierung ist die Mikrokredit Initiative Lifebank Foundation. Perlas konzentriert sich auf die Stärkung der Zivilgesellschaft durch Bildung und Vernetzung von Nichtregierungsorganisationen. Die wichtigste Aufgabe für die Zukunft der Philippinen sieht er darin der Globalisierung mit einem eigenen Wertesystem zu begegnen. Zentral ist der Gedanke bewusst die eigene Verantwortung in der Gesellschaft zu ergreifen, denn, so Nicanor Perlas, „das Herz der Revolution ist die Revolution des Herzens“.
Wegen seines Wahlkampfes wenige Wochen vor der Wahl konnte uns der alternative Nobelpreisträger Nicanor Perlas nicht persönlich auf unserer Begegnungsreise auf die Philippinen begrüßen. Es war uns aber eine große Ehre von seinen beiden Brüdern Vincent und Manuel Perlas, einer ist Präsident der Lifebank, der andere Präsident der Lifebank Foundation, empfangen und in die Idee und Geschichte der Initiative eingeführt zu werden. Bei den Mikrokrediten, die anfangs über die Lifebank, seit 2003 über die Lifebank Stiftung vergeben werden, geht es um effektive Armutsbekämpfung als Stärkung und Gesundung der Gesellschaft, denn laut Statistik gehören seit den 20 Jahren Diktatur unter Marcos 40% der Bevölkerung zu den Ärmsten der Welt, und das obwohl vorher seit der Unabhängigkeit 1946 die Philippinen nach Japan die zweitstärkste Wirtschaftsmacht Asiens war.
Nicanor Perlas und seine Brüder erfreuen sich großer Erfolge: die Zahl der Kreditnehmerinnen ist auf 260.000 angewachsen und 99,6% zahlen ihre Kredite in Höhe von 50 bis 200 Euro in wöchentlichen Raten innerhalb eines halben Jahres zurück um sich sogleich den nächsten Mikrokredit zu nehmen. Die Kredite werden nur an Frauen ausgezahlt, die sich in Gruppen von 20 bis 30 Mitgliedern zusammenschließen und von Bankangestellten in 260 Filialen, über ganz Philippinen verteilt, betreut werden.
Die Gruppen treffen sich wöchentlich, sammeln die Raten ein und übergeben das Geld den Lifebank Mitarbeitern, die die Gelder noch am selben Tag wieder als neue Mikrokredite vergeben. Ein unbürokratisches und sehr effektives System.
Am nächsten Morgen unserer Begegnungsreise auf die Philippinen werden wir von den beiden Projekt Leitern der Bank Bon und Ane abgeholt und zu der nächstliegenden Filiale gefahren. Von dort aus geht es jeweils zu dritt mit einheimischer Begleitung in sogenannten Tricycles, lokale Moped- Taxis mit seitlich angebauter Kabine, die bequem 3 Personen, aber üblicherweise bis zu 1o Personen und mehr transportieren, zu den Versammlungsorten der Frauengruppen.
Dieses Gefährt ist eine neue Erfahrung auf unserer Begegnungsreise auf die Philippinen. Etwa 20 Minuten geht es knatternd und ratternd durch die Straßen an kleinen Lädchen vorbei zu dem Häuschen der Gruppenvorsitzenden. Etwa 15 der Mitglieder sind versammelt und haben bereits ihre Mikrokredit Ratenzahlung abgegeben. Die Schatzmeisterin ist nun damit beschäftigt die genaue Buchführung für die Bankfiliale, für die Gruppe und für jede einzelne Frau in ihr persönliches Sparbuch einzutragen. Stolz wird uns so ein Sparbuch mit persönlichem Foto und Daten gezeigt. Dabei erfahre ich, dass sich die Gruppe „Sexbomb“ nennt – schallendes Gelächter! Die Damen haben Humor. Und nicht nur das, sie haben auch ein gesundes Selbstvertrauen und ein beachtliches Stehvermögen.
Mit Schirmen gegen die Sonne bewaffnet wird uns 300 Meter weiter der SariSari Laden, auf Deutsch ein Tante Emma Laden, eines schon langjährigen Mitglieds gezeigt. Sie hat bereits mehrmals einen Mikrokredit erhalten und zurückbezahlt und auch mehrere Mini-Unternehmen erfolgreich gegründet. Im Hinterhof sehen wir eine kleine Schweinezucht und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein kleines Straßenlokal bzw ein Tisch mit mehreren vollen Töpfen, Tellern und Besteck darauf und ein paar kleine Tischchen mit Stühlen unter einer Art Zeltplane. Der von ihr angestellte Koch zeigte stolz seine Gerichte aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sich nicht ganz wohl fühlte in seiner Haut.
Wir bedanken uns für ihre Offenheit und die wertvollen Erfahrungen die wir auf unserer Begegnungsreise auf die Philippinen machen durften und fahren im Tricycle zu einer weiteren Gruppe. Wieder war es eine fröhliche Zusammenkunft von starken Frauen, die ihre Erfolge sichtlich genießen. Diesmal gehörte der Gruppenvorstehenden und Schatzmeisterin ein Familienbetrieb, der seit Generationen die alleinige Genehmigung hat Zündschnüre für Feuerwerksraketen herzustellen. Ihr Sortiment umfasst 20 verschiedene Raketen und zu den großen jährlichen Anlässen kauft man aus ganz Zentral Philippinen hier ein. Kaum zu glauben, denn alles spielt sich im Freien auf einem kleinen überdachten Innenhof und im Gärtchen ab. Man sieht einen Mitarbeiter in einem großen Mörser das Pulver mischen und stampfen. Auch diese Frau investiert ihren Mikrokredit in weitere Unternehmen wie z.B. eine Orchideenzucht für Blumenarrangements und Bouquets. Vor der Rückfahrt werden wir noch aufgefordert im Nachbarhaus den Webstuhl eines anderen Gruppenmitglieds zu bewundern. Unser unerwartetes Kommen scheucht einen – ihren? – schlummernden Mann aus der Hängematte neben dem Webstuhl. 8 Stunden, sagt sie, sitzt sie täglich hier und lässt das Schiffchen sausen.
Es ist tief beeindruckend die freudigen und stolzen Persönlichkeiten in dieser so einfachen Umgebung zu erleben. Zu erleben wie sie ihr erfolgreiches Unternehmertum stärkt. Wir durften kurz hineinschauen in diese revolutionäre Bewegung der Mikrokredite, die in Bangladesh vor etwa 40 Jahren begann und inzwischen Millionen der ärmsten Menschen aus dem Status der Ohnmacht zu einer selbst erarbeiteten Existenz verholfen hat. Die von dem alternativen Nobelpreisträger Nicanor Perlas mit aufgebaute Mikrokredit Initiative Lifebank auf den Philippinen ist ein leuchtendes Beispiel für die Initiativekraft die in jedem Menschen veranlagt ist und ein absoluter Höhepunkt unserer Begegnungsreise auf die Philippinen. Ein köstliches Mahl rundet diesen Vormittag ab.
Hinterlassen Sie eine Antwort
Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar abgeben zu können.