Luoyang, die einstige Hauptstadt Chinas am Ufer des Luohe
Sonntag
Nun geht es schon wieder weiter auf unserer Rundreise. Datong hat uns sehr gut gefallen, Edith fällt der Abschied fast schwer. „So ein schöner Ort und die Luft ist wie Seide“ schwärmt sie als wir im Taxi zum Flughafen unterwegs sind. Unser nächstes Ziel liegt weiter im Süden, Luoyang in der Provinz Henan. Da es keine direkten Verbindungen von Datong nach Luoyang gibt, fliegen wir von hier zurück nach Peking und von dort weiter nach Luoyang.
Der Flughafen von Datong hat drei Abflug-Gates. Unser Flug mit China Air nach Peking geht zuerst ab Gate 2, dann wird ein Wechsel vorgenommen zu Gate 1 und letztendlich fliegen wir pünktlich ab an Gate 3. Gut, dass der hier Verantwortliche nicht in Peking oder Frankfurt sitzt. Eine Stunde später sind wir wieder in Peking, dem neuen und modernem Flughafen. Doch wo fliegen wir ab? Unser Flug mit Eastern Airlines steht nirgendwo angeschrieben. Ich schaue noch einmal auf das Ticket. Ach oh Schreck! Wir müssen zu Terminal 2!!! Nun aber rasch! Mit großen Schritten folgen wir den Anzeigetafeln zu Terminal 2, unsere Koffer im Schlepptau. Bei der Buchung gab es nur die Möglichkeit von Einzelflügen, daher müssen wir unser Gepäck in Peking neu aufgeben. Ein wenig umständlich, aber es war anders nicht buchbar.
Es gibt einen Bus zum anderen Terminal, es ist natürlich der letzte in der Reihe, der von uns am weitesten entfernte. Die Fahrt mit dem Bus dauert fast eine halbe Stunde. Ich würde ja sagen es ist nicht ein anderes Terminal, sondern ein anderer Flughafen. Endlich können wir aussteigen. Und befinden uns in einer anderen Welt! So neu und modern der Flughafen beim Abflug nach Datong war, so alt und unmodern ist dieses Terminal. Wir finden nach einer Weile den Schalter und stellen uns in die Schlage um unsere Koffer aufzugeben. Endlich sind wir an der Reihe! Wir hieven unsere Koffer auf das Band, bekommen unsere Bordkarten und wollen schon gehen, als die Dame des Sicherheitsdienstes uns zurückruft. Na nu! Mein Feuerzeug musste ich doch schon in Datong abgeben. Doch es ist Ediths Koffer der ihr Missfallen erregt hat. Das Nageletui mit Nagelschere ist klar auf dem Scanner zu sehen und empört deutet die Dame darauf. „Was ist das?“ möchte sie wissen. Eine Nagelschere, das sieht man doch. Aber Edith muss ihren Koffer öffnen, die Schere zeigen, die Dame kontrolliert die Größe des gefährlichen Gegenstandes, Edith darf wieder einpacken und der Koffer geht erneut zur Durchleuchtung. Inzwischen wird mein Gepäck inspiziert und auch ich schaue fasziniert auf den Scanner. In der Mitte meines Koffers prangt die gut eingepackte Whiskyflasche, die wir vor einigen Tagen hier in Peking gekauft haben. Sie ist fast voll, es fehlt ja auch nur ein einziger Verdauungstrunk. „Was ist das?“ werde ich in recht scharfem Ton gefragt. „Whisky!“ Ich kann hören wie sie die Luft einzieht, dann muss ich meinen Koffer aufmachen und mich von unserer alkoholischen Medizin trennen. Mein Koffer geht nun zurück um erneut durchleuchtet zu werden. Inzwischen ist Edith ihr Koffer wieder den kritischen Augen der Beamtin ausgesetzt und die Menschenschlange vor dem Schalter beginnt unruhig zu werden. Hat man da vielleicht zwei westliche Spione geschnappt? Wir müssen tatsächlich beide an diesem Schalter dreimal unsere Koffer vom Band heben, aufmachen, wieder auf das Band zerren und neu durchleuchten lassen. Ich verliere dabei einen halben Fingernagel und Edith die Geduld. Sie schimpft zwar auf deutsch, doch ich glaube die Wortkombination „Whisky“ und „Party“ hat die Beamtin verstanden. „Psst! Psst! Die lässt uns sonst noch 100 mal die Koffer aufmachen!“ raune ich Edith erschrocken zu. Doch sie ist jetzt wirklich sauer und erklärt mit aufsässigem Ton: „NA UND!!“
Endlich ist der staatlichen Sicherheit genüge getan und wir dürfen mit unseren Bordkarten passieren.
Als wir nach der Landung in Luoyang mit einem Taxi in unserem Hotel ankommen ist es bereits nach vier. Es ist heiß, ich bin müde und das Hotel befindet sich im ersten Stock. Aufzug gibt es keinen und mit den letzten Kräften zerren wir unsere Koffer die steilen Stiegen hinauf. Es ist das Yijia Youth Hostel, ein Hostal für Jugendliche und Rucksacktouristen. Bei der Buchung hat mich Preis und positive Kritiken überzeugt. Nun sind wir beide gespannt was uns erwartet.
An der Rezeption werden wir freundlich begrüßt und es ist die erste Unterkunft in China wo wirklich sehr gutes und fließendes Englisch gesprochen wird. Mit dem Zimmer tut sich die Dame jedoch schwer, ich habe den Eindruck sie sind überbucht. Doch dann klappt doch alles, wir bekommen ein großes Zimmer im zweiten Stock und Edith erhält Hilfe mit ihrem Gepäck.
Das Zimmer ist einfach, jedoch sauber und alles funktioniert. Mehr brauchen wir ja eigentlich nicht.
„Lass uns zuerst auf eine Bank gehen und Geld holen“ schlage ich vor „unsere Reisekasse wird allmählich dünn.“ Es ist nicht weit bis zur nächsten Bank, vielleicht 500 Meter. Die Bank ist noch geöffnet und die ATM-Maschine in einem Vorraum. Ich stecke meine Karte in den Schlitz………..und weg ist sie. Was nun? Ob mich hier einer versteht? Nein, erst mal nicht. Es findet sich dann eine junge Frau der ich mich mit Worten und Gestik verständlich machen kann. Sie schließt die Maschine auf, fischt meine Karte heraus…………..und steckt sie von neuem in den Apparat. Weg ist sie! Meine Visakarte, verschwunden in einem chinesischem Geldautomat.
Nun gesellt sich ein Mann zu uns und die beiden beratschlagen, während sie erneut in der geöffneten Maschine nach meiner Karte suchen. Kann ich jetzt bitte meine Karte wieder haben? Doch so einfach ist das nicht, sie könnte ja gestohlen sein. Die Karte muss mit Nummer und Datum in ein großes Buch eingetragen werden und ich soll für die Rückgabe unterschreiben.
Edith stellt sich in der Zwischenzeit an die Kasse mit dem Kommentar „Ich wechsle in der Zeit jetzt Bargeld!“ „Oh! Solly!“ tönt unsere Helferin „wir schließen gerade und die Kasse ist schon zu.“ Kein Problem, für heute reicht das Geld noch. Hauptsache ich bekomme meine Visakarte wieder. „Of course“ lächelt der Bankangestellte mir zu. „Zeigen sie mir nur ihren Ausweis.“ Mein Pass! Lieber Gott, der ist natürlich wieder mal im Hotel. Und die Bank lässt schon die Rollos runter, gleich wird bestimmt die Alarmanlage eingeschaltet. Doch die Angestellten sind geduldig und freundlich, sie haben Verständnis für einen unwissenden Westler und sind bereit zu warten bis ich meinen Pass aus dem Hotel geholt habe. Edith lasse ich sicherheitshalber in der Bank, nicht dass sie hier doch noch abschließen. „Lass dich auf keinen Fall raus schicken!“ erkläre ich ihr rasch bevor ich los laufe.
Knappe zehn Minuten später bin ich wieder da. Ein wenig außer Puste, schließlich musste ich im Hostal ja noch bis in den zweiten Stock spurten. Doch ich kann in dem Buch unterschreiben und bekomme meine Visakarte zurück. So ein Schreck! Das zweite mal in einer Woche das ich nach meinem Pass gefragt werde. In Zukunft werde ich ihn nie wieder im Hotel lassen, zumindest nicht in China.
Wir bummeln noch ein wenig durch die Straßen in der näheren Umgebung des Hotels. Gleich um die Ecke ist eine Fußgängerzone und gegenüber ein Kaufhaus das zu Werbezwecken eine recht eintönige, aber dafür laute Melodie spielt. Ein weiteres Geschäft lockt mit einer tänzerischen Darbietung vor einer überdimensionalen Reklametafel. Wir bleiben hier eine Weile stehen und betrachten das Treiben.
„Was machen wir denn heute Abend?“ frage ich Edith „Hast du hier irgendwo ein Restaurant gesehen?“ „Nein, aber wir können ja noch einmal in der anderen Richtung schauen.“
Wir werden fündig! Kein Restaurant, aber eine Bäckerei. Dort haben sie einen Hefekuchen mit Rosinen und es riecht lecker nach frischen Backwaren.
Ein richtiger Rosinenkuchen, da können wir nicht widerstehen und kaufen uns einen.
Im Hostel angekommen möchten wir zuerst etwas trinken, die Zunge klebt mir buchstäblich am Gaumen. „Kann ich hier Wasser und ein Bier bekommen“ frage ich an der Rezeption nach. „Du kannst dir draußen im Flur Getränke aus dem Kühlschrank nehmen“ bekomme ich erklärt. „Zum zahlen kommst du dann einfach an die Rezeption.“ Erstaunt schaue ich im Flur nach, tatsächlich steht dort ein ganz normaler Kühlschrank voller Getränke. Die Preise sind angeschrieben und wir können uns bedienen. Ich nehme mir eine große Flasche Wasser und zwei Bier. Gläser erhalte ich in der Küche und den Öffner an der Rezeption.
Erstaunlich, wenn ich bedenke dass es in China üblich ist, sein Hotelzimmer bereits im voraus zu bezahlen oder zumindest eine Art Kaution zu leisten. Es ist hier die erste Unterkunft bei der dies nicht der Fall war. Ich empfinde dies sehr angenehm und fühle mich hier wohl. Edith geht es ebenfalls so. „Ein angenehmes Haus, zum wohlfühlen. Sehr nette Leute!“ meint auch sie.
Daher verbringen wir unseren ersten Abend in Luoyang im Yijia Youth Hostel mit Rosinenkuchen und Bier als Abendessen. Bevor wir auf unsere Zimmer gehen werfe ich noch einen Blick ins Internet, beantworte ein paar E-mails und lasse alle wissen wie gut uns China gefällt. Danach habe auch ich die richtige Bettschwere. Morgen möchten wir zu den berühmten Longman-Höhlen und die Mädchen an der Rezeption haben mir bereits die Linienbusnummer aufgeschrieben und erklärt von wo wir abfahren können. Doch als erstes müssen wir morgen früh zu einer Bank. Die Reisekasse muss dringend wieder gefüllt werden!
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