China Ferienerlebnis – von Ping An mit dem Bus nach Guilin
Sonntag
Es ist noch dunkel als ich durch leise Stimmen vor meinem Fenster wach werde. Was ist das? Und wie spät ist es? Blinzelnd versuche ich die Uhrzeit zu erkennen. Vier Uhr morgens!
Vorsichtig schiebe ich den Vorhang zur Seite und schaue noch draußen. Wir haben „Bergblick“ und damit die direkte Sicht auf den Hang und die zum Aussichtspunkt führenden Stufen. Eine Gruppe Menschen geht hinauf, leise lachend und wispernd. Doch um diese nachtschlafende Zeit hallt es durch das gesamte Dorf Ping An. Wo wollen die bloß hin? Machen die eine Nachtwanderung und wer auf den steilen Stufen nicht stürzt hat gewonnen? Im Halbschlaf beobachte ich die Gruppe und sehe hin und wieder eine Taschenlampe aufblinken. Und da kommen schon die nächsten! Ein Grüppchen von fünf Personen, die sich ebenfalls den Hang hinauf bewegen und dabei in aufgeregtem Ton miteinander flüstern.
Was gibt es da oben zu sehen? Bis die am Aussichtspunkt ankommen vergeht sicherlich noch eine Stunde. Der Sonnenaufgang! Die Leute möchten die Sonne über den Reisterrassen aufgehen sehen. Das ist sicherlich ein beeindruckendes Erlebnis. Vor allem im Frühjahr, wenn die Terrassen voll Wasser stehen und der Himmel klar ist. Doch jetzt im Oktober? So schön wie der Blick auch ist, doch die Felder sind trocken. Ob sich da das Aufstehen lohnt? Probehalber ziehe ich mir etwas über und gehe hinaus auf die Terrasse. Genau wie gestern Abend liegt das Tal im Dunst der Luftfeuchtigkeit und es sieht nicht so aus, als wird es sich aufklaren.
Da lege ich mich doch lieber nochmal in das warme Bett und schlafe mich aus. Hmmm- ist das schön unter der kuscheligen Decke!
Als die Dämmerung aufsteigt werde ich nochmal geweckt. Es ist ein von gestern bereits vertrauter Ton: Klapp, klapp, klapp! Das Pony ist schon wieder unterwegs und trägt seine Lasten den Berg hinauf. Hoffentlich hört Edith das nicht ! Sie war gestern so voller Mitleid mit dem Pferdchen, dass bis spät Abends noch die Stufen auf und ab gehen musste.
Gegen 8ººh werde ich nun endgültig wach, auch Edith liegt mit offenen Augen unter ihrer Decke. „Ich habe das Hufgeklapper von dem armen Pony gehört!“ sind ihre ersten Worte.
Doch wir können das arbeitsreiche Leben des Pferdes sowie seines Besitzers nicht ändern.
Das Wetter ist so wie erwartet: grau, nebelig und feucht-kalt. Gott sei Dank bin ich heute früh nicht für den Sonnenaufgang aufgestanden! Das war mit Sicherheit ein Flop!
„Hat die gestern an der Rezeption nicht etwas von Frühstück gesagt?“ möchte Edith wissen. Ja, sie murmelte irgendwas von „fried eggs“. Also schauen wir mal, was es so gibt.
Der Frühstücksraum ist voll ,doch eine Familie ist gerade fertig und überlässt uns ihren Platz. An allen Tischen gibt es das gleiche Essen: Suppe! Da habe ich mich bestimmt verhört mit den gebackenen Eiern. Doch nein- Überraschung. Wir bekommen ein „Western-Frühstück“! Für jeden 2 Spiegeleier, Toast, Marmelade und sogar Butter. „Die Eier haben wir extra bei einem Nachbarn geholt“ erklärt uns die Rezeptionistin, deren Englischkenntnisse sich seit gestern wieder erstaunlich gebessert haben. Das Frühstück schmeckt gut, die Eier sind frisch, ebenso das Toastbrot. Und zur Abrundung werde ich jetzt als Nachtisch noch das letzte Toastbrot mit Butter und Marmelade essen. Edith schüttelt den Kopf und meint „nein-danke“. Ein weiser Entschluss, denn die Butter hat eine sehr merkwürdige Farbe. Gelb und glasig! Sieht irgendwie ein wenig ranzig aus. Wo kommt die denn her? Ach- aus Australien! Und das Verfalldatum? Ach!! Juni 2006…………..das ist natürlich schon einige Jährchen über die Zeit hinaus. Also gibt es als Nachtisch Toastbrot mit Marmelade, die Butter lasse ich doch lieber weg.
Wir sind kaum mit unserem Frühstück fertig, da geht die Tür auf und unser gestriger Kofferträger kommt herein. Ob wir heute wieder abreisen? Er kann uns die Taschen zum Bus bringen. Wann geht denn ein Bus nach Guilin? Die Dame von der Rezeption kommt mit einem Fahrplan und laut diesem müssen wir bis 14ººh warten. Dann erst geht der nächste Bus zurück. Doch unser Kofferträger ist anscheinend anderer Meinung, er schüttelt seinen Kopf und erklärt uns etwas auf chinesisch. Hilfsbereit übersetzt die junge Frau. „Er sagt es fährt um 11ººh schon ein Bus direkt bis Guilin. Er kostet ein wenig mehr, aber ihr braucht nicht umsteigen. Und wenn ihr euch beeilt, bekommt ihr noch Sitzplätze!“
Na -das ist doch optimal, nichts wie aufs Zimmer, die Koffer holen und runter an die Haltestelle. Inzwischen hat es leicht angefangen zu regnen. Kein Wetter, was uns zum Bleiben animiert.
Beim Bezahlen gibt es nochmals eine Überraschung. Es ist nicht, wie auf meiner Buchung angegeben, möglich mit Visa zu bezahlen. Bargeld ist in Ping An gefragt! Es gibt hier jedoch keinen Geldautomat und keine Bank. Da hat mich der Internet –Anbieter des Hotels sehr schlecht informiert. Gott sei Dank haben wir genug Bargeld bei uns!
Eine halbe Stunde später sitzen wir bereits im Bus und Punkt 11ººh fahren wir ab. Die zweistündige Fahrt ist kurzweilig, es läuft eine Komödie im Fernsehen und ich kann alles auch ohne Chinesisch -kenntnisse verstehen. Ein schöner Film- es gibt ihn international in mehreren Varianten. Der Inhalt ist einfach: Tolpatsch trifft Geschäftsmann und wegen schlechtem Wetter erleben sie gemeinsam viele Abenteuer. Und am Ende sind sie die besten Freunde!
Als wir wieder im Hotel River-View ankommen, werden wir begrüßt wie langjährige Stammkunden. Unsere Koffer stehen an der Rezeption und wir bringen rasch alles auf unser Zimmer. „Wie lange bleiben wir diesmal?“ möchte Edith wissen. „Auch nur einen halben Tag?“
Ein wenig mehr ist es schon. Unser Flug nach Hongkong geht morgen Mittag um 16.15h. Wir haben also diesen Nachmittag und morgen früh, um die uns noch unbekannten Sehenswürdigkeiten von Guilin zu besuchen.
Auf jeden Fall möchte ich gerne zum Elefantenrüsselberg, eines der Wahrzeichen der Stadt Guilin.
Unser Spaziergang führt am Lijang –Fluss entlang bis zum Shanhu See. Hier biegen wir rechts ab und schlendern an dessen Ufer weiter und nehmen die Unterführung um die andere Seite der Hauptverkehrsstraße Central Zhongshan zu erreichen. Eine Fussgängerallee führt von hier aus entlang des Ronghur Lake.
Auf dieser Allee findet man Eisverkäufer, Händler mit frischen Passionfrüchten die gleich einen Plastiklöffel dazu anbieten, Getränkeverkauf und alles was ein Naherholungsgebiet in einer Stadt so braucht. Auf dem See selbst werden Bootsfahrten angeboten, es gibt kleine Pavillons zu denen Stege und geschwungene Brücken führen und eine gepflegte Gartenanlage. Rund um den See sitzen Angler und hoffen auf einen guten Fang und vermutlich auch auf einen kleinen Plausch mit einem der vielen Anglerkollegen.
Langsam bummeln wir um den See, machen eine kleine Pause auf einer der Steinbänke und genießen den Nachmittag. Auf unserem Rückweg zum Shanhu Lake mit seinen Zwillingspagoden kommen wir an einer Apotheke vorbei. Direkt vor dem Laden ist ein Tisch aufgebaut mit Teekannen und kleinen Plastikbechern. An diesem provisorischen Tresen hängen Schilder, bei denen ich die Schrift nicht lesen kann, doch es steht darauf groß 2 Yen geschrieben. „Lass uns doch einen Tee trinken“ schlage ich Edith vor. So ein warmes Getränke wird meinen Halsschmerzen bestimmt gut bekommen. Sicherheitshalber frage ich die junge Frau neben der Teekanne nochmal nach dem Preis. „Five Yen!“ kommt es postwendend wie aus der Pistole geschossen. Fünf Yen? Und warum steht hier auf dem Schild zwei Yen? „Oh, das ist ein anderer Tee!“ bekomme ich in fließendem Englisch erklärt. „Aber im Moment haben wir diesen Tee nicht.“ Ach ja? Na gut, wenn es so ist, zahle fünf Yen pro Becher Tee. Trotzdem, irgendwie bin ich skeptisch, obwohl sie mir mit einem breiten, strahlenden Lächeln fest und gerade in die Augen blickt.
Während wir unseren Tee trinken leistet uns die junge Frau Gesellschaft und plaudert mit uns. Wo wir denn herkommen? Ach, aus Deutschland! Wie schön, dort studiert zur Zeit die Tochter einer Freundin.
Ein weiterer Kunde unterbricht die Unterhaltung, auch er möchte gerne einen Tee. So, nun bin ich mal gespannt wie viel der Mann bezahlt! Er gibt ihr fünf Yen – und siehe an- er bekommt drei Yen Wechselgeld zurück!
Die junge Frau ist nun sehr beschäftigt. Sie ist im Inneren der Apotheke, staubt Regale ab und macht keine Anstalten wieder vor die Tür zu kommen. Ich weiß, dass ich als Tourist oft mehr bezahle und habe normalerweise damit keine großen Probleme. Aber so ein offensichtlicher Besch……….., also wirklich! Wie bekomme ich die Frau wieder vor die Tür? Ich hebe einfach unsere beiden leeren Plastikbecher in die Höhe, wackle ein wenig damit, schenke ihr ein strahlendes Lächeln und nicke ihr zu. Klappt´s? Ja, sie kommt! Sie grinst ein wenig unsicher und fragt. „One more tea?“ Nein danke! Ich möchte die leeren Becher zurück geben. Und ich möchte wissen ,warum der Herr eben für den gleichen Tee nur zwei Yen bezahlt hat und ich fünf. Es ist ihr peinlich, das ist offensichtlich! „Äh, ich dachte sie möchten sicher jeder zwei Tee trinken. Ich wollte ja jetzt nachschenken!“ Das wären dann vier Yen, keine fünf. Außerdem hatte ich nur einen Tee pro Person bestellt und sogar noch nach dem Preis gefragt! „You like one more tea? It´s free!“ Nein danke! Da wir auf ihr Friedensangebot nicht eingehen, verzieht sie sich wieder in die Sicherheit der Apotheke und wir setzen unseren Spaziergang fort.
Wir haben jetzt den See mit den Zwillingspagoden erreicht, die sich im Abendlicht im Wasser spiegeln. So ganz gleich sind sie gar nicht, wie ich nun aus der Nähe erkenne. Ob ich wohl beide auf ein Bild bekomme? Schwierig, nicht unbedingt so wie ich mir das vorstelle. Doch immerhin, irgendwie habe ich sie beide auf dem Chip. Aber wo ist nun unser eigentliches Ziel?
Der Elefantenrüsselberg? Wir sind hier auf der Rückseite des Shanhu Lake, nicht weit entfernt vom Guilin Peoples Hospital, das staatliche Krankenhaus.
An der nächsten Kreuzung biegen wir links ab und sehen vor uns bereits die Bäume der Uferpromenade des Lijang-Flusses. Und hier ist auch ein Schild: Elephant Trunk Hill.
Kurz darauf stehen wir vor dem Eingang. Es scheint ein großer Park zu sein und laut Angaben an der Kasse gibt es noch viel mehr zu sehen als den Berg. Doch in einer halben Stunde schließen sie bereits und wir sind inzwischen müde gelaufen. „Ich habe eine Idee!“ erkläre ich Edith. Der Park öffnet morgen früh um sieben Uhr. Da ist es noch nicht so drückend heiß und bestimmt auch nicht überfüllt. Wir gehen morgen als erstes hierher, danach können wir Frühstücken und anschließend in aller Ruhe packen. Wir müssen ja erst am Mittag zum Flughafen, wir haben also Zeit. „So früh?“ meint Edith etwas erschrocken. Ja,so früh! Glaube mir, dass ist eine gute Zeit!!
Und bei diesem Plan bleiben wir! Für heute beenden wir unsere Besichtigungen und gehen nur noch eine Kleinigkeit essen. Dabei bleiben wir „unserem“ Lokal neben dem Hotel treu und haben damit hier nun schon fast so etwas wie eine Stammkneipe!
mein vorhergehender Bericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/china-urlaub-die-reisterrassen-von-longsheng/
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