Individualreise – Peking und der Platz des Himmlischen Friedens
Montag
Geschafft!! Wir sind nach vielen Flugstunden und Verspätung in Peking gelandet. Nun kann unsere große Reise durch China beginnen. Mit ausführlicher Planung und der Beratung anderer reise freudiger Globetrotter, die ich dank meiner Blogs aus dem Internet kenne, wurde unsere Route durch das Land des Lächeln´s zusammen gestellt.
Sobald wir unser Gepäck haben gehen wir zum Ausgang, suchen uns ein Taxi und lassen uns in das Hotel bringen. Eigentlich sollten wir morgens früh landen und ich plante nach einer kleinen Ruhepause die Besichtigung der näheren Umgebung. Doch durch die Verspätung ist es bereits Nachmittag und daher lassen wir kurzentschlossen das Ausruhen ausfallen. „So gewöhnen wir uns auch viel schneller an die Zeitumstellung“ rede ich mir, mit einem sehnsüchtigen Blick in Richtung Bett, zu.
Peking, auch Beijing genannt, ist die Hauptstadt Chinas und im Zentrum leben 12 Millionen Menschen. Und laut meinem Reiseführer bewegen sich hier auch fast so viele Autos und Mopeds. Doch die Verbindungen mit der Metro sollen gut sein und ich möchte als erstes heraus finden, wo die nächste U-Bahn Station ist. „Nach rechts oder nach links?“ ist Edith´s Frage als wir vor das Hotel treten. Woher soll ich das wissen? Ich bin auch das erste mal hier! Doch mein Gefühl sagt mir links und es ist die richtige Entscheidung. Nur 20 Meter weiter treffen wir auf den Eingang in eine Metro-Station. „Lass uns einfach mal runter gehen und schauen ob wir einen Metro-Plan bekommen“ schlage ich Edith vor. Endlose Stufen führen uns in die Tiefe und unten angekommen sehe ich ein Schild mit einem Pfeil auf dem steht Tian-anmen Square. Ach- da geht es zum Platz des Himmlischen Friedens? „Komm“ ist mein spontaner Vorschlag „da lass uns gleich hinfahren!“ Anders als in Japan oder vielen europäischen Großstädten gibt es hier tatsächlich noch einen richtigen Fahrkartenschalter neben all den Automaten. Mit unserem gekauften Ticket gehen wir wie die Ameisen in der Menge anderer Passagiere durch die Absperrung, eine weiter Treppe hinunter und stehen kurz darauf in einem Zug der Metro von Peking. „Woher wissen wir, wann wir aussteigen müssen?“ Hmmm- irgendwie werden die das sicherlich durchsagen, oder? Doch es ist noch viel einfacher! Über jeder Tür ist eine Linie mit den Haltestellen des Zuges angebracht. Dort kann ich die Stopps nicht nur abzählen, sondern es leuchtet immer der Punkt auf, an dem der Zug bereits gehalten hat. Es ist fast unmöglich die Haltestelle zu verpassen, es sei denn wir schlafen ein. Doch die Spannung und der Stehplatz halten uns wach.
Dann ist es soweit, wir haben unser Ziel erreicht. Verlaufen können wir uns nicht, die Masse der anderen Passagiere schiebt uns in Richtung Ausgang. Hier müssen wir durch eine Sicherheitskontrolle um diesen bekannten Platz des Himmlischen Friedens zu betreten. Die Handtaschen werden abgescannt und wir durchschreiten einen Bogen wie auf dem Flughafen. Doch nichts piept, ungestört dürfen wir passieren. Und da stehen wir auf einem der größten Plätze der Welt, eine Millionen Menschen können sich hier versammeln. Die Größe und Weite ist beeindruckend. Ein sehr schöner Blickfang ist ein riesiger überdimensionaler Blumenkorb und die ihn umgebende bepflanzte Anlage. Ein rot-gelber Farbklecks in dem hoffentlich nur heute etwas trüben Wetter. An der Nordseite des Platzes, direkt über die Straße, ist der Eingang zum Kaiserpalast an dessen Tor ein großes Bild Maos prangt. Da wissen wir ja schon, wie wir uns morgiges Ziel erreichen. Auf der anderen Seite, im Süden, befindet sich das
Denkmal für die Volkshelden und das Mausoleum des Vorsitzenden Mao. Ob es sich bei dem Einbalsamierten wirklich um Mao handelt, darüber streiten sich die Gelehrten. Aber warum sollte er es eigentlich nicht sein?
Die Bewohner Pekings scheinen den Platz als Treffpunkt zu nutzen. Menschen aller Altersgruppen haben es sich auf dem Boden bequem gemacht, manche mit einer Zeitung als Sitzunterlage, und halten einen kleinen Plausch. Eine meterlange Leinwand an der Südseite zeigt Dias aus unterschiedlichen Provinzen dieses vielseitigen Landes. „Was für ein schöner Platz! Und der Blumenkorb! “ staunt Edith mit Begeisterung in der Stimme. Ja, sie hat recht. Der Platz des Himmlischen Friedens ist sehenswert und lädt zu einem Aufenthalt ein. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, hier hat der Kaiser von China seine Edikte herabgelassen und am 01.Oktober 1949 wurde von Mao Zedong die Volksrepublik China ausgerufen.
Doch mehrfach in der chinesischen Geschichte war der Platz des Himmlischen Friedens Schauplatz niedergeschlagener Aufstände. So zum Beispiel 1876 als der beim Volk beliebte Zhou Enlai starb. Als es zum Totengedenktag große Trauerkundgebungen auf dem Tian´anmen Platz gab, wurden die Menschen ebenso wie die Kränze mit Gewalt entfernt.
Im Jahre 1989 schlug hier das chinesische Militär gewaltsam die Proteste der Bevölkerung nieder. Studenten hatten den Platz des Himmlischen Friedens besetzt und der damalige Aufstand hielt in gesamt Peking eine Woche an. Dabei kamen laut Amnesty International mehrere tausend Menschen ums Leben.
Wir spazieren einmal rund um den Platz, vorbei am chinesischen Nationalmuseum und werfen einen Blick auf die gegenüber liegenden Große Halle des Volkes.
Unseren Rundgang beenden wir auf der südlichen Seite , hier ist mitten auf dem Gehweg ein rundes Schild aus Messing auf dem Straßenpflaster angebracht. Es weist die vier Himmelsrichtungen und in der Mitte steht die Null. „Point Zero of Highways China“ steht dort in englisch und in chinesischer Schrift. Nun ja, in Europa führen ja bekanntlich alle Wege nach Rom und in China vermutlich nach Peking.
Wir durchqueren das vordere Tor und stehen jetzt auf der Einkaufsmeile Qianmen Dajie. Hier beginnt die Shoppingstrasse Dazhalan, ein teilweise renoviertes und teils erhaltenes Altstadtviertel.
Eine gepflegte und breite Fußgängerzone führt durch einen reich verzierten und mit roten Lampenions geschmückten Torbogen. Die einzigen Fahrzeuge hier sind Straßenbahn und natürlich das Fahrrad. Wir schlendern vorbei an Geschäften mit moderner westlicher Kleidung, Läden mit edler chinesischer Seide, Teestuben und Restaurants. „Lass uns doch mal hier links gehen, in die kleinen Gassen mit den großen Geheimnissen.“ Doch so geheimnisvoll ist es gar nicht, nur das Angebot ist entschieden preiswerter. Kleidung vom Krabbeltisch, Tücher in nicht so besonders edler chinesischer Seide und eine Frau verkauft irgendein Knabbergebäck. Das muss ich natürlich ausprobieren. Es schmeckt nach Sesam und ist so süss wie es aussieht. „Süss!?!“ meint Edith mit skeptischem und leicht angewidertem Gesicht. „Nein, so auf leeren Magen könnte ich nichts Süsses essen! Wie wäre es stattdessen mit einer Peking-Ente?“ Eine fette Ente auf leeren Magen? Ausserdem ist es noch viel zu früh zum essen! „Na, also hör mal! Die letzte Mahlzeit war das Frühstück im Flugzeug“ entgegnet Edith und schaut sehnsüchtig durch das Fenster in das Restaurant. Stimmt, wo sie Recht hat, da hat sie Recht. Wir werden uns irgendwo ein Restaurant suchen. Aber erst noch ein wenig durch die Gassen bummeln,o.k.?
Faszinierend was so alles angeboten wird. Ob das ein Mensch kauft? Rosa Plüschschuhe, ein großer Wandteppich mit dem Bild von Mao, Tuschzeichnungen, Taschenrechner sowie die neusten Handys und I-pads. „Schau mal!“ höre ich da Edith sagen. „Der hat ja Kastanien! Frisch geröstete Kastanien!“ Oh ja lecker! Wir geben dem Jungen an seinem Kastanienstand in Englisch und mit Handzeichen zu verstehen, dass wir gerne eine kleine Tüte Kastanien möchten. Doch jetzt tauchen unsere ersten Verständigungsschwierigkeiten auf. Er versteht einfach nicht, dass wir eine KLEINE Tüte möchten. Während der harten Verhandlungen ob große oder kleine Tüte kommt der Besitzer des Nebenstandes und bietet uns seine Seidenschals an. Nein danke, wir möchten Kastanien, keinen Schal. Ob er für uns das mit der Tüte auf englisch übersetzt? Nein, so gut sind seine Sprachkenntnisse wiederum auch nicht. Sein Vokabular reicht nur für das dauernde Anbieten seiner Schals. Wir nehmen des lieben Friedens und zur schnelleren Seiden-Schal-Flucht eine große Tüte und verlassen die beiden Händler. Die Kastanien sind jedoch enttäuschend! Die gerösteten Maronen sind vermutlich die Reste von gestern oder, mit viel gutem Willen, von heute Morgen. Zäh und kalt- deshalb wollte der auch unbedingt eine große Tüte loswerden. „Wir sollten ihm seine alten Kastanien zurück bringen!“ schimpft Edith enttäuscht. Ja, er würde uns auch sicherlich verstehen, ganz ohne Englischkenntnisse. Aber was hilft´s uns? Statt dessen beginnen wir nach einem geeigneten Restaurant Ausschau zu halten. Nicht so einfach, die Geschmäcker gehen doch ziemlich auseinander. Gibt es denn keine vegetarischen Gerichte auf den Speisekarten? „Doch, da steht doch genug Gemüse drauf“ meint Edith und zeigt auf die Karte. Brokkoli, Chinakohl oder Pilze. Ich kann doch nicht nur eine Gemüsesorte essen.
Wir entscheiden uns für ein Restaurant vor dem lecker duftende Lammspiesse auf einem Grill brutzeln und der Wirt mir glaubhaft versichert, sie haben eine reiche Auswahl an vegetarischen Gerichten. Als ich die Karte lese muss ich mich zwischen Brokkoli, Chinakohl oder Pilzen entscheiden. Edith hat es leichter, sie nimmt Lammspiesse und isst sie mit Genuss während ich damit kämpfe, dass meine Pilze nicht durch die Stäbchen glitschen. Dazu gibt es ein frisches chinesisches Bier.
Als wir das Restaurant verlassen glänzt die Einkaufsstraße im Licht der Lampen und der Beleuchtung der Geschäfte. Es sind inzwischen mehr Menschen unterwegs als vor einigen Stunden und es herrscht
ein reges Treiben, dass zu weiterem Bummeln einlädt. Doch wir sind seit gestern früh um vier Uhr europäischer Zeit unterwegs und so langsam kommt die Müdigkeit durch. Der Schlaf im Flugzeug war auch nicht perfekt und wir sehnen uns beide nach unserem Bett. „Heute Nacht könnte ich auf einem Stein schlafen“ erkläre ich Edith, ohne zu ahnen, das sich in den nächsten Wochen tatsächlich in fast allen chinesischen Betten die Matratzen genau so anfühlen werden. Hart, steinhart!
Wir schlendern wieder zurück zum Platz des Himmlischen Friedens, vorbei an einem blinden Mann der sich durch musizieren sein Geld verdient. Mit der Metro geht es zurück zum Hotel und unsere Haltestelle ist nicht zu verpassen: ZHANGZIZHONGLU – Station. Keine Ahnung wie man das ausspricht, aber keine andere Haltestelle hat so einen langen Namen. Es hat eben jeder seine eigene „Eselsbrücke“!
Im Hotel fallen wir direkt ins Bett, selbst die Matratze fühlt sich heute noch weich an. Morgen werden wir die verbotene Stadt besichtigen, eines der Highlights bei einem Besuch von Peking.
[…] Der vorhergehende Bericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/china-individualreise-peking-und-der-platz-des-himmlischen-frieden… […]