Das Kongo-Becken: Eine Reise in das grüne Herz Afrikas
Die Regenwälder im Kongo-Becken: Ein undurchdringliches Gewirr aus Bäumen, voller unheimlicher Lebenswesen. Eine Reisein die undurchdringlichen Regenwälder der Republik Kongo und Zentralafrikazählt zu den letzten großen Abenteuern für Hobby-Biologen und Wissenschaftler zugleich. Unter einem imposanten Blätterdach von 40 m Höhe verbirgt sich eine geheimnisvolle und dunkle Welt, die kaum vom Sonnenlicht berührt wird. Wir sind im Reich der Pflanzen, einem Reich, das sich über 5.500 km von Uganda im Osten bis nach Sierra Leone im fernen Westen erstreckt. Der grüne Gürtel Afrikas.
Ein riesiger Urwald und seine riesenhaften Bewohner
Erst vor kurzem beginnen die Wissenschaftler, die obskuren Geheimnisse dieses magischen Ortes zu enthüllen. Man weiß zum Beispiel, dass es in der Mitte Afrikas nicht immer so üppig grün ausgesehen hat. Das Klima auf dem afrikanischen Kontinent hat unterschiedliche Zeiten durchlebt, mal war es feuchter, mal trockener. Zur Zeit ist das Klima in Zentralafrika ausgeprägt feucht und der Wald hat beinah seine maximale Ausdehnung erreicht. Beigetragen zum Eroberungszug der Pflanzen haben die skurrilen Waldbewohner. Seit vielen Jahrtausenden agieren die Tiere des Waldes als Samenverteiler für die Pflanzen und so konnte sich Urwald entlang des Äquators immer breiter ausdehnen. Als besonders effektive Samenverteiler haben sich die Waldelefanten erwiesen. Über die Hälfte der gesamten Elefantenpopulation Afrikas lebt zurückgezogen im Wald. Anders als ihre bekannteren Artgenossen in der Savanne zeigen sich die bis zu 4 Tonnen schweren Tiere eher selten. Doch dieses scheue Verhalten ist nicht gleich passiv. Waldelefanten führen ein sehr mobiles Leben. Angelockt von reifen Früchten pendeln sie ständig von einem Obst tragenden Baum zum nächsten. Überall sieht man im Wald unverkennbare Zeichen, die von der Anwesenheit der Riesen bezeugen. Zertrampelte Büsche, entwurzelte Baumstämme: Die Hinterlassenschaften einer kleinen stets marschierenden Armee. Wie auf einer Karte haben die Elefanten die Standorte der Bäume in ihrem Gehirn gespeichert. Denn Nahrung inmitten dieser feindlichen Umgebung zu finden ist keine leichte Aufgabe. Und auch einer Karte gleicht das Netz verwirrender Waldpfade, die von den Waldbewohnern angelegt wurde, um die Fortbewegung in diesem Pflanzengewirr zu ermöglichen. Einige dieser Pfade führen immer tiefer in das dunkle Herz des Waldes. Andere hingegen haben eine Überraschung parat und munden in plötzliche von der Sonne gebadete Lichtungen: Realität oder Spiegelbild?
Lichtungen des Lebens
Vor nicht zu langer Zeit war uns Westlern die Existenz dieser Oasen der Ruhe völlig unbekannt. Die Menschen des Regenwaldes, die BaAka Pygmäen, nennen sie „bais“ und sie sind ein wahrer Segen für die Tiere. Der salzhaltige Boden der Lichtungen bietet sich als Lecke, wo Elefanten, Bongo-Antilopen und Sitatungas ihren Bedarf an Mineralien decken können. Die Salzstoffe sind auch ein Gegenmittel gegen die giftigen Elemente, die sich in der überwiegend pflanzlichen Ernährung der Säugetiere befinden. Die Lichtungen sind das Werk tausender Füße, die über Hunderte von Jahren den Waldboden flach zertrampelt haben. Wie ein Magnet ziehen die Grass bewachsenen Weiden die Tiere aus ihren Verstecken. Hier, in der Unbekümmertheit der Wiesen, kann sich die Schönheit Zentralafrikas in voller Pracht entfalten.
Unter anderem werden die Waldlichtungen von unseren nächsten Verwandten aufgesucht. Für die Gorillas sind die Bais Spielplätze, Speisekammer und Gesellschaftssalons zugleich, wo sie ihre sozialen Kontakte pflegen können. Westliche Flachlandgorillas waren lange Zeit viel weniger bekannt als ihre Verwandten weiter östlich, die Berggorillas. Erst mit der Entdeckung solcher Lichtungen gelang es den Wissenschaftlern, mehr über diese Art in Erfahrung zu bringen. Am Rande mancher Bais wurden Plattformen errichtet, die seit Jahren der Beobachtung dieser Tiere dienen. Man weiß jetzt zum Beispiel, dass das Territorialverhalten der Flachlandgorillas weniger ausgeprägt als bei ihren östlichen Artgenossen ist. Ein weiteres Merkmal, das sie von den Berggorillas unterscheidet, liegt an der Gewohnheit der Männchen, auf Bäume zu klettern, ein Verhalten, das in Ostafrika nicht beobachtet wurde. Aber auch wie die Berggorillas errichten sie Nester aus Blättern zur Nachtruhe, die nur eine einmalige Verwendung finden. Die gesamte Population von Flachlandgorillas wird auf ca. 100.000 Exemplare geschätzt. Somit zählt der „Gorilla gorilla gorilla“ zu der am häufigsten vorkommenden Gorillaarten. Trotzdem gilt ihr Bestand wegen zunehmender Waldrodung und der illegalen Jagd als gefährdet.
Die Überlebensstrategien der Waldmenschen
Hier, wo Bäume mit Stacheln bewaffnet sind, wo Pflanzen von einer Armee beißender Ameisen verteidigt werden, wo die Stämme einen giftigen Saft abgeben, wussten sich auch Menschen zu recht zu finden. Es sind BaAka Pygmäen, die ein halbnomadisches Leben im Urwald führen. Kurz vor der Regenzeit lockt der Wald überall mit reifen Früchten. Im Frühling beginnt die Zeit der Üppigkeit. Mit zusammen geknoteten Lianen klettern sie auf 30 Meter Höhe. Sie sind auf der Suche nach Honig: Eine lebensgefährliche Aufgabe, die sich lohnt. Für sie ist Honig eine schmackhafte und notwendige Nahrungsergänzung. Seit Jahrtausenden haben auch Menschen mit den harten Bedingungen dieser widrigen Umgebung zu kämpfen. Und dies haben sie mit den einfachsten Mitteln gemeistert. Alle Werkzeuge, die sie zu ihrem Überleben benötigen, stammen aus der Natur. Holz dient als Rohstoff zum Bau der Bögen, die sie zum Jagen einsetzen. Der Saft eines Gewächses wird anhand einer speziellen Presse gewonnen und als Pfeilgift benutzt. Auch sonstige zahlreiche Giftstoffe werden als Mittel gegen diverse Krankheiten verwendet. Inzwischen beginnt auch die westliche Wissenschaft sich für die medizinische Eigenschaften vieler Pflanzen zu interessieren. In der Dschungelapotheke können Gifte je nach Dosierung tödlich oder heilend sein. Das ist das riesige Labor der Evolution, eine Welt die wir erst jetzt zu begreifen lernen.
Der Fluss, der Leben spendet
Oben auf der Baumkrone scheint die Sonne, die neuen Blätter sind in einem leichten Rot getaucht. Der Frühling kommt in den Regenwäldern des Kongobeckens im Gewand des Herbstes. Die Blätter absorbieren das energiereiche Licht und verwandeln es in Pflanzennahrung. Hier oben auf den Baumkronen gibt es Futter in Hülle und Fülle und so verbringen zahlreiche Affenarten den ganzen Tag knapp unter den Wolken schwebend.
Dann bricht plötzlich ein gewaltiges Gewitter aus. In ohrenbetäubenden Strömen fällt der Regen schlagartig zum Boden. Schimpansen basteln sich Regenschirme aus Blättern, um sich vor dem kräftigen Regenguss zu schützen. Kleine Rinnsaale werden reißende Sturzbächen, die den mächtigen Kongo-Fluss speisen. Mit seiner 4.000 km Länge zieht der Kongofluss wie ein gewundenes Band durch das endlose grüne Meer. Seinen Kurs folgten zuerst die Tiere, die sich im Wald ansiedelten. Später gelangten auch die Menschen über den Fluss hierher und errichteten in dieser für uns so feindlichen Umgebung ein neues Zuhause in perfektem Einklang mit der Natur. Wenn sich am morgen der Regen verzogen hat, ist der Wald in einem Nebelschleier verhüllt. Die Geräusche der „Zivilisation“ sind Meilen entfernt und scheinen, einem anderen Planeten zu gehören. Nur die leisen Stimmen des Waldes werden vom Wind getragen. Die Schritte der Waldelefanten, das Abfallen eines Baumriesen, die Schreie der Affen. Der magische Hauch eines ewigen Urwalds umhüllt uns. Für die Pygmäen bildet das komplexe Gewirr von Pflanzen eine vertraute Umgebung. Wir werden hingegen viele Reisen in das Kongo-Becken unternehmen müssen, bis wir alle natürlichen Schätze dieses gigantischen Urwalds entdeckt haben.
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