Das Pantanal: Eine Reise in die Savanne Südamerikas
Üppige Artenvielfalt: Zwei Worte, die den magischen Hauch des Pantanals bestens beschreiben. Die Chancen, Tiere in diesem natürlichen Weideland mit spärlicher Vegetation zu sehen ist erheblich größer als im dichten Urwald des Amazonas. Das ist des Pantanals Markenzeichen und auch der Grund, warum jährlich immer mehr Naturliebhaber in diese von Gott und der Welt vergessene Abgeschiedenheit kommen. Unberührte Schutzgebiete, intakte Naturlandschaften, eine artenreiche Pflanzenwelt und eine nicht minder überwältigende Fauna: Kein Wunder, dass die Pantaneiros ihr Land als Garten Eden bezeichnen.
Welt aus Wasser
Das Pantanal ist mit 230.000 km² das größte Überschwemmungsgebiet der Erde.Jedes Jahr zwischen Oktober bis März überschwemmt das Hochwasser des Rio Paraguay und seinen Nebenflüssen das nur 95 m über dem Meeresspiegel gelegenes Gebiet. Beinah zwei Drittel dieses enormen Tiefbeckens stehen plötzlich und zwar für Monate unter Wasser. Von da aus wird es täglich regnen und zwar durchschnittlich 50 Millimeter schlagartiger Regen pro Stunde, so viel wie es in einem ganzen Monat in Deutschland fällt. Wenn die Trockenzeit wieder ab April Einzug hält, vollzieht sich im Wasserland des Pantanals einen unglaublichen Wandel mit drastischen Folgen: Unter der erbarmungslosen Mittagshitze, die den Merkur im Thermometer bis 40 ° skalieren lässt, beginnen die ausgedehnten Seen langsam zu schrumpfen. Die Wasser- und Schwammlandschaft verwandelt sich allmählich in eine savannenartige Steppe, die stark an die endlosen Grasebenen von Afrika erinnert. Nach weniger Zeit zeugen nur ein paar übrig gebliebene Tümpel von der einst hier existierenden Wasserwelt, die sich bis kommenden Jahr zurückziehen muss.
Tierfülle wie in der afrikanischen Savanne
Als unser Guide uns erzählte, dass die meisten der Tierbeobachtungen sich auf der Transpantaneira-Straße ereignen würden, war ich zugegeben skeptisch. Die Transpantaneira ist die einzige Straße, die tief in das Herzen des Pantanals hineindringt und welche Poconé mit der 147 km südlich gelegenen Ortschaft Porto Jofre über 127 Holzbrücken verbindet. Diese Straße, die zum Boom der Rinderzucht Anfang der 70er Jahre dem Abtransport der Rinder diente, mutierte jedoch mit dem Zuwachs der Naturinteressierten, die angelockt vom beispiellosen Tierreichtum des Pantanals zunehmend nach Poconé einreisten, zur allmählichen Schotterpiste für Gamedrives. Mein Bedenken war, wie es sich später erwies, völlig unbegründet. Fast alle der auf unserer Liste von “must see” stehenden Arten wurden früher oder später auf der Transpantaneira gesichtet. Und diese Liste war recht lang! Capybaras, Tapire, Ameisenbären, Sumpfhirsche, Pekaris: Das nördliche Pantanal bietet Zuflucht für nicht weniger als 123 unterschiedliche Säugetierarten darunter Raubkatzen wie der Jaguar, der Puma und der Ozelot. Somit besticht das Pantanal mit einer Fülle an Tierbeobachtungen, die nur die afrikanische Savanne überbieten kann.
Was Riesenotter und Piranhas gemeinsam haben
Die Pousada Rio Claro am Ufer des gleichnamigen Flusses, liegt inmitten einer unberührten Landschaft aus Seen und Wäldern, deren ursprüngliche Form nie von Menschenhänden verändert worden ist. Auf einem Boot treibend, suchten wir unser Glück, eine Riesenotterfamilie aufzutreiben, die sich nachmittags in der Nähe ihrer Höhlen aufhält. Und da waren sie plötzlich: Die putzigen Schwimmer mit ihren zwei verspielten Jungen. Als die erste Aufregung vorbei war, druckte der naturkundliche Bootsfahrer uns plötzlich jeweils eine Angelrute mit Köder in die Hand und führte uns in die Künste des Piranha-Angelns ein. Nach dem ersten Schock wagten wir nicht, dem Kapitän nein zu sagen und machten uns an die Arbeit, die bekanntesten aller südamerikanischen Fischarten zu angeln, was allen Bootinsassen gut gelang, denn nach kurzer Zeit hatten wir insgesamt fünfzehn Stück im Korb. Als wir soweit waren fing der Naturführer an, der mit sich selbst beschäftigenden Riesenotterfamilie, die unser reges Unterfangen völlig ignoriert hatte, unsere Beute vorzuführen. Doch die Otter erwiesen sich wesentlich kluger als die Piranhas und bissen den ausgelegten Köder nicht an. So verpassten wir die einmalige Chance, die Riesenotter aus nächster Nähe zu beobachten und zu fotografieren. Mich erfreute aber, dass die schlauen Tiere die Nahrung abgelehnt hatten. Das Verhalten von wilden Tieren sollte keinesfalls von Menschen beeinflusst werden!
Auf der Spur des Jaguars
Ein Jaguarweibchen badet unbesorgt kurz vor Sonnenuntergang im rötlich gefärbten Süßwasser. Als es unser Boot entdeckt, verlässt sie das Wasser, klettert auf das Ufer hoch und verschwindet in die Dickichte des Waldes. Etwas weiter erspäht unser Reiseleiter einen anderen Jaguar beim Überqueren des Flusses. Er macht den Motor aus, wir lassen uns von der Strömung nach vorne treiben, bis wir den über dem Wasserspiegel ragenden Kopf der Katze gut vor der Linse haben. Als der Jaguar das gegenüberliegende Ufer erreicht, erkennen wir, dass es sich um ein erwachsenes Männchen handelt. Ungefähr eine Minute dauerte die glückliche Begegnung, bis der Jaguar unsere unaufgeforderte Anwesenheit lästig findet und sich davon macht. Noch am selben Morgen konnten wir ein weiteres Jaguarmännchen beim Aufwärmen auf einem in der Oktobersonne Uferfleck entdecken.
Wir fassen unser Glück nicht. So viele Jaguarsichtungen an einem Tag zu erleben ist extrem selten, auch wenn die dazu nötigen Voraussetzungen in Porto Jofre bestens gegeben sind. Hier, weitab jeglicher Zivilisation, hat die hier lebende Jaguarbevölkerung noch keine Furcht vor der Motorbooten entwickelt. Außerdem haben wir in Oktober den Höhepunkt der Trockenzeit erreicht. Die durstigen Katzen nährern sich häufig die Ufer, um ihre Durst zu stillen. Die zwölf Stunden, die wir auf dem harten Banksitz unseren Bootes ausgeharrt haben, haben sich ausgezahlt. Aber auch wenn die befleckte Katze weg geblieben wäre, ein aufregendes, unvergessliches Erlebnis wäre unsere Pantanal-Reise trotzdem geworden.
Paradies in Gefahr
Ein besonderes Leckerbissen, was die Herzen von Ornithologen schnellen schlagen lässt, ist die beeindruckende Vogelvielfalt des Pantanals, die 665 verschiedener heimischer und fremder Arten aufzählt – mehr als in ganz Europa zusammen! Die bekannteste aller Arten ist vielleicht die Hyazinthara, eine bunt gefiederte Papageienart, deren wunderschönes dunkelblaues Gefieder zum Verhängnis geworden ist. Auch wenn der illegalen Tierschmuggel exotischer Arten aufgrund des verstärkten Einsatzes bewaffneter Parkhüter deutlich nachgelassen hat, stellen massiver Holzeinschlag, die Gold- und Diamantenwirtschaft und die mit Giftstoffen verseuchten Abwässer der hier etablierten Ethanolfabriken eine nicht zu übersehbare Gefahr für das sehr fragile Ökosystem des Pantanals. Zwanzig Prozent der Vegetation im brasilianischen Pantanal wurden durch den Einschritt der Industrie und einer Landwirtschaft der Großgrundbesitze bereits zerstört.
Um schlimmere Folgen zu vermeiden, müssen wirkungsvolle Schutzmaßnahmen dringend eingeleitet werden, damit das im Jahr 2000 von der UNESCO zu Biosphärenreservat erklärte Feuchtgebiet mit seinem unvergleichbaren Artenvielfalt auch für die künftigen Generationen erhalten bleibt.
Das ist ein ganzer toller Bericht. Ich habe hier vor 2 Jahren einen Bericht Sehnsucht in den weiten des Sertão veröffentlicht, und bin nun am Planen meiner nächsten Reise. Der Bericht hat in mir ausgelöst das meine nächste Station der Pantanal sein wird. (Schade dass hier so wenige Berichte sind. Die wenigen sind aber wirklich toll) Ich nehme mir vor, nach der Reise hier meine Eindrücke zu schildern.