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Der Berg und sein Dorf – der Ötscher und Lackenhof (Teil 2)

Hüttenkogel (1.526 m) beim Ötscher

Hüttenkogel (1.526 m) beim Ötscher

Das Ötscherschutzhaus

 Das Haus gehört dem 1869 gegründeten Österreichischen Touristenklub (ÖTK), der die Hütte 1887 eröffnete. Es ist ein großer und komfortabler Bau, auch bequem erreichbar: Die Bergstation des Doppelsessellifts ist gleich nebenan.

Nebelschwaden ziehen vom Ötscher herunter – Herbstwetter. Die rechte Witterung  für eine Wanderung hinauf zum Hüttenkogel, einem Aussichtspunkt am Ötscherkamm oberhalb des Ötscherschutzhauses. Heute wird es mit der Aussicht wahrscheinlich nicht sehr weit her sein.

 

 

im Riffelboden, am Westabhang des Ötschers

im Riffelboden, am Westabhang des Ötschers

 

Der Aufstieg führt uns über den Riffelboden bis zum Riffelsattel (1.284 m). Schon der nicht allzu dichte Nebel schafft eine merkwürdig geheimnisvolle Stimmung. Die Herbstfärbung der Blätter strahlt nicht so grell, wie bei Sonnenlicht, leuchtet dafür aber kräftiger, einprägsamer. Die hochaufragenden blätterlosen Bäume, im Hintergrund nur Himmel und weiße Nebelwolken, erinnern an schwarz verkohlte Baumskelette nach einer Feuerbrunst.

Nach etwas mehr als einer Stunde ist der Riffelsattel erreicht, eine halbe Stunde später das Ötscherhaus (1.418 m) und nach zwei Stunden ab Weitental der Hüttenkogel (1.526 m). Eine kleine Hütte und eine Säule mit diversen Funkeinrichtungen markiert den Aussichtpunkt – heute allerdings ohne Sicht. Und hier heroben finden wir den letzten Ötscherbären. Keinen lebenden, sondern nur einen, dessen Konturen aus Stahlprofilen zusammengeschweißt wurden.

 

Herbstwetter, am Westabhang des Ötschers

Herbstwetter, am Westabhang des Ötschers

 

Wenn es neblig ist, scheint sich hier heroben das Umfeld mit Geistern und Dämonen zu beleben. Doch der aufgeklärte moderne Mensch glaubt nicht an Spukgestalten – was er wieder entdeckt ist das Antlitz der Natur. Zu den Merkmalen unserer Zeit gehören Geschwindigkeit und Beschleunigung, durch den unentwegten Zwang zum Immer-Schnellerwerden verliert der Mensch seine Identität – in der Stille, in dem dunstigen Umfeld des Hüttenkogels erlebt auch der Stressgeplagteste die Wiederentdeckung der Muße. – Der einsame Wanderer kann es spüren, wie die Grenzen zwischen Natur und Zivilisation verschwinden.

Das Ötscherhaus ist immer einen Besuch wert. Karin Müller heißt die neue Pächterin, sie hat die viel Idealismus fordernde Aufgabe der Hüttenwirtin übernommen.

Der Weg hinunter führt wieder über den Riffelsattel, Riffelboden. Dann wandern wir auf den Weg in den Ort Lackenhof hinein und von dort auf der Straße zurück nach Weitental.

 

 

bem Riffelsattel (1.284 m)

bem Riffelsattel (1.284 m)

 

Ein Regentag

 Die Sonne kann nicht jeden Tag vom Himmel strahlen. Im Umland von Lackenhof kann man Vieles entdecken, da ist ein Tag viel zu wenig. – Was nicht heißen soll, dass es tagelang regnen soll.

 Doch auch Regenwetter hat seine Attraktivität. An so einem Tag kann man wieder den Reiz der Langsamkeit entdecken, auch bei einer Ausflugsfahrt in die Umgebung.

 

Erlaufsee (827 m)

Erlaufsee (827 m)

 

Mariazell

 – Es war vor über 850 Jahren, an einem 21.Dezember, als sich ein einsamer Wanderer durch die Wälder und über  die Berge der nördlichen Steiermark quälte. Damals waren es noch Urwälder, und es gab wenig Pfade, denen man über die Berge folgen konnte. Der Mann trug ein Mönchsgewand, er war Benediktiner aus dem Kloster St.Lambrecht. Und unter seiner Kutte verbarg er etwas, das sehr wertvoll zu sein schien, denn er hielt immer wieder schützend seine freie Hand über den sorgfältig eingewickelten Gegenstand, wenn er sich wieder einmal durch das Dickicht zwängen musste. Magnus war der Name des  Mönches, den sein Abt nach Norden geschickt hatte, in die Gegend um den heutigen Erlaufsee; in der abgelegenen Gegend gab es keine Kirche, keinen Pfarrer, dort sollte er die Hirten und Holzfäller als Seelsorger betreuen. Auf seiner langen Reise hatte er schneebedeckte Berge, Urwälder überwunden, und nicht immer konnte er für die Nacht ein Dach zum Unterschlüpfen finden – aber im Vertrauen auf seinen Gott, hatte er alles meistern können.

Seit Stunden schon wanderte er auf einem ausgetretenen Weg dahin – doch mit einem Mal war der Pfad zu Ende, durch einen  riesigen Felsstock versperrt. Für einen schon ermatteten Mann eine hoffnungslose Situation.

Da holte er das geheimnisvolle verpackte Gebilde unter der Kutte hervor, und aus den Laken schälte er eine hölzerne Statue heraus: Es war eine Marienstatue mit dem Jesuskind. Der Mönch begann in seiner Verzweiflung zu beten und um Hilfe zu bitten. Und plötzlich hörte er ein dumpfes Grollen aus dem Berg heraus – die Felswand öffnete sich einen Spalt und der Weiterweg war frei.

Nach einer kurzen Wegstrecke kam er in ein weites Tal. Das musste es sein, er war am Ziel. Er stellte die aus Lindenholz geschnitzte Madonna auf einem Baumstumpf und begann nach und nach über der Statue eine Holzkapelle zu bauen, die er dann auch für sich als Mönchszelle benutzte. Bald war der Platz als „Maria in der Zelle“ bekannt und wurde zu einem beliebten Pilgerziel. – 

Soweit die Legende um die Entstehung von Mariazell. Und seither wird der 21. Dezember 1157 als der Gründungstag Mariazells angenommen. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1243. 

Heute gehört Mariazell zu den wichtigsten Marienwallfahrtsorten der katholischen Kirche. Fast hundert Jahre nach dem Ende der Habsburgerherrschaft hält der Ort noch immer die Erinnerung an die Länder der ehemaligen Monarchie wach. Das zeigt sich auch bei der Titulierung des Marienkleinods: Magna Mater Austriae (Große Mutter Österreichs) wird die Figur in der Kapelle im Hauptschiff der Basilika genannt; als Alma Mater Gentium Slavorum (Gütige Mutter der slawischen Völker) wird Maria von den slawischen Pilgern gehuldigt; für die Ungarn ist die Lindenholzstatue die Magna Domina Hungarorum (Große Herrin von Ungarn).

Über den Zeller Rain nach St. Sebastian

Mit dem Auto sind es von Weitental nach Mariazell nur 25 Kilometer. Die letzten zwei gehen wir zu Fuß. In St. Sebastian ist die Bahnstation der Mariazeller Bahn nach St. Pölten. Vor dem Bahnhof gibt es einen weitläufigen Parkplatz, auf dem wir unser Auto abstellen können.

die Basilika in Mariazell

die Basilika in Mariazell

 

Das Zentrum Mariazells

Ein malerischer Gehweg führt hinein ins Zentrum von Mariazell, auf den Benedictusplatz vor der Basilika. Eine große Anzahl von Standeln mit allen möglichen Andenken: Kerzen, Marienbilder, Rosenkränze, Weihwasserkessln, Ansichtskarten, Bücher und –  jede Menge  Lebkuchen. Rund um den Platz, der von der imposanten Basilika beherrscht wird: Hotels, Restaurants und Konditoreien. Dem Ort scheint es gut zu gehen, Wallfahren ist konjunkturunabhängig.

 

Die Basilika

Auf dem Platz, auf dem heute der Dom steht, stand ursprünglich eine um 1200 errichtete romanische Kirche. Nachweislich stand hier im Jahr 1266 eine Gebetsstätte mit einem Marienaltar. Diese wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als in Ungarn König Ludwig I. (1326 – 1382) regierte, durch eine gotische ersetzt. Der barocke Erneuerungsbau begann ab 1644 unter dem Abt  Benedikt Pierin vom Benediktinerkloster St. Lambrecht und dauerte bis 1704. Barock ist der prunkvolle Baustil der Gegenreformation und sollte den Menschen damals Macht und Herrlichkeit der Römisch-Katholischen Kirche demonstrieren.

Unter den  Kaisern des Heiligen Römischen Reichs, den Habsburgern Ferdinand II. und seinem Sohn Ferdinand III. konnte die katholische Kirche, zumindest in Österreich, nach Belieben schalten und walten; und so war auch der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648, der zwei Drittel der Bevölkerung im Heiligen Römischen Reich auslöschte, kein Grund ein solch gewaltiges Bauvorhaben nicht in Angriff zu nehmen. Der gotische Mittelturm verdankt wahrscheinlich seine Existenz nur dem Widerstand der Ungarn gegen das gänzliche Verschwinden der gotischen Architektur, die für sie das Gedenken an den ungarischen König Ludwig I. symbolisierte. Und so erleben wir heute eine Fassade mit drei Türmen: einem gotischen Mittelturm und zwei barocken Seitentürmen – ein weltweit einmaliges Baudenkmal.

Vom Benedictusplatz führt eine breite Steintreppe hinauf auf den Kirchenvorplatz. Das Hauptportal ist gotisch geblieben, und die aus rotem Sandstein herausgemeißelten Reliefs zeigen uns Szenen aus der Entstehungslegende des mittelalterlichen Gotteshauses.

 Auf einem Balken finden wir auch die römischen Ziffern MCC, es ist die Jahreszahl 1200, das Entstehungsdatum der ersten Kirche.

 

die Gnadenkapelle im Westteil der Basilika

Die Gnadenkapelle

Das Hauptportal führt uns in den älteren Westteil der Basilika. An dessen Ende steht das Gnadenbild in einer Kapelle, welche den Blick auf den barocken Ostteil mit dem Hauptaltar verstellt – ein unmissverständlicher Deut: Das Wichtigste ist die Marienstatue. Die Kapelle wurde um 1690 gebaut, wobei Teile des alten Baus wiederverwendet wurden, den der ungarische König Ludwig I. zwischen 1377 und 1382 erbauen ließ.  

Die Statue aus Lindenholz ist nur 47 Zentimeter groß, und steht noch immer an der Stelle, wohin sie der Legende nach, Mönch Magnus im 12. Jahrhundert hinstellte.

Von der Holzstatue sieht man nur die Köpfe Marias und des Jesukindes, daher sieht man  auch nicht den Apfel, den die Beiden in den Händen halten und der die Erbsünde symbolisiert. Bei besonderen Gelegenheiten wird die Statue vom Altar heruntergenommen und bei Prozessionen vorangetragen – beispielsweise 1948 bei der Stadterhebung Mariazells.

Mythen, Legenden und Glaube, auf diesen Vokabeln fußt die Anziehungskraft Mariazells – nicht nur bei gläubigen Katholiken.

 

die Kartause in Gaming, Niederösterreich

die Kartause in Gaming, Niederösterreich

 

Gaming

Nach dem Besuch von Mariazell läßt sich noch ein Ausflug nach Gaming anschließen. Nach dem Zeller Rain kommen wir wieder ins Tal der Ois und nach Langau-Maierhöfen,

von hier sind es noch 13 Kilometer nach Gaming. Auf den letzten Kilometern geht es an die 200 Höhenmeter hinunter – und nicht weit nach dem Ortsanfang, auf der linken Seite, steht die Hauptattraktion: die Kartause Gaming.

 

Die Kartäuser – gelebtes Mittelalter

In Diskussionen wird des öfteren die Ansicht vertreten, das Mittelalter sei die Glanzzeit Europas gewesen. Diese Epoche bereitete zumindest den Boden vor, auf dem dann beim Übergang vom Spätmittelalter in die Neuzeit, Ende des 15. und im 16. Jahrhundert, die Welt eine andere wurde. 1492 landete Kolumbus auf den Bahamas und erreichte damit den amerikanischen Kontinent; allerdings war er nicht der Erste, aber dafür wurde das Ereignis nun in Europa endgültig zur Kenntnis genommen. 1517 veröffentlichte Martin Luther seine 95 Thesen und spaltete die Christenkirche. Schon zwei Jahre später, von 1519 bis 1522, umsegelte der Portugiese Fernão de Magalhaes den Erdball – die Kugelform der Erde war endgültig bewiesen  Im 16. Jahrhundert wurde das gesamte Weltbid der damaligen astronomischen Wissenschaft verändert: die Erde kreist um die Sonne – nicht umgekehrt; Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler, Galileo Galilei waren die Verkünder dieser Realität, Letzterer wäre deshalb fast auf dem Scheiterhaufen der kirchichen Inquisition gelandet.

Das ist nur ein Darüberhuschen über die Geschichte, doch diese Momentbetrachtung skizziert die Dynamik der Veränderung.

Viel früher, von etwa 1030 bis 1101 lebte der Benediktinermönch Bruno von Köln. Nach einem Streit mit seinem vorgesetzten Bischof, wendet er sich an den Bischof Hugo von Grenoble und bittet ihn um ein Grundstück im Chartreuse-Gebirge, in den nördlichen französischen Alpen, das war 1084. Und dort gründete er die erste Einsiedelei, die schließlich die Grande Chartreuse, die Große Kartause, das Mutterkloster des Kartäuserordens geworden ist.

Die Kartäuser sind ein kontemplativ ausgerichteter Orden; „kontemplativ“ bedeutet soviel wie „beschauliche Betrachtung“. Und in der Tat,  die Mönche „fordern“ nichts von ihrem Gott, sie „lauschen“, wie er sich ihnen offenbart. Ordo Cartusiensis, abgekürzt Ocart, ist die lateinische Bezeichnung der Kartäuser. Es ist eine streng reglementierte asketische Lebensweise, der sich die Mönche in einer straffen hierarchischen Organisation verschrieben haben. Da gibt es die Priestermönche, deren Haupttätigkeiten Gebet und Meditation sind; dann die Brudermönche, das sind die „Arbeitsbienen“ der Gemeinschaft; und schließlich die Donaten, welche die Brudermönche bei der Arbeit unterstützen und gemeinsam mit ihnen den Kontakt mit der Außenwelt wahrnehmen; sie können beispielsweise außerhalb des Klosters Eigentum besitzen.

„Stat crux dum volvitur orbis“ – „das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht“,  ist der Wahlspruch der Kartäusermönche.

Kartause Gaming, Prälatenhof

Kartause Gaming, Prälatenhof

 

Die Kartause Gaming

Diese alten und ehrwürdigen Bauten sollte man allein besuchen – eine Gruppenführung ist dafür nicht das Richtige, zuviel Daten werden das meist vorgetragen, zuwenig Hintergründe erklärt.                   

An die 670 Jahre ist das Kartäuserkloster alt, gebaut im Spätmittelalter. Zwar erfolgten immer wieder Zu- und Umbauten, die Grundidee wurde jedoch nie verändert. Wenn man sich die Zeit nimmt, länger von den Arkadengängen auf die weiten Höfe hinunterzuschauen, die kunstvollen Säulen, Fenster, Schmiedeeisentore näher zu betrachten und sich eine Zeitlang in die Klosterkirche hineinsetzt – dann ist ein Hauch Mittelalter noch immer spürbar.

 

Kartause Gaming, Arkade im Prälatenhof

Kartause Gaming, Arkade im Prälatenhof

Er hatte einen berühmten Großvater: König Rudolf I.von Habsburg (1218–1291). Sein Vater, Albrecht I., war Römisch Deutscher König, und er selbst war Herzog von Österreich: Albrecht II.(1298–1358). Ganz ein Mensch des Mittelalters: absoluter Herrscher, überzeugt von der eigenen Kraft, mit deren Hilfe alles möglich schien, und doch gefangen in der Angst vor Naturgewalten  und persönlichen Schicksalsschlägen – dafür war dann die Religion zuständig. Nicht nur dafür: Die katholische Kirche war auch Teil der damaligen Herrschaftselite; Kardinäle, Bischöfe, Äbte waren nicht nur geistliche Repräsentanten, sondern auch weltliche Fürsten.

Um 1330 erkrankte Herzog Albrecht II., eine Lähmung an Händen und Füßen raubte ihm seine Bewegungsfreiheit, er konnte nicht mehr reiten, er musste in einer Art Sänfte getragen werden.  Da ihm die Ärzte nicht helfen konnten, suchte er Heilung bei der Religion. Noch aus demselben Jahr, dem 24. Juni 1330, datiert die Gründungsurkunde eines Klosters in Gaming. Erst am 13. August 1332 erfolgte die Grundsteinlegung, von Albrecht persönlich vorgenommen. Anlass war diesmal keine persönliche Sorge, sondern eine bevorstehende militärische Auseinandersetzung. Am 28.September 1322 kam es zwischen den bayrischen Wittelsbachern und den österreichischen Habsburgern zur Schlacht bei Mühldorf, dabei ging es um die Krone des Römisch-Deutschen Königs. Allerdings siegten die Bayern in diesem Kampf, er ging in die Geschichte als die „letzte Ritterschlacht“ ein, es war der letzte Krieg ohne Feuerwaffen.

 

Kartause Gaming, die Stiftskirche

Kartause Gaming, die Stiftskirche

 

Das Kloster wurde trotzdem gebaut. 10 Jahre dauerten die Bauarbeiten, 1242 fand die Einweihung der Klosterkirche statt.

Schon vorher war die Entscheidung für den Orden, dem das Kloster übergeben werden sollte, gefallen: für die Kartäuser. Bereits in der Gründungsurkunde war das reichliche Stiftsgut, das dem Kloster das wirtschaftliche Überleben sichern sollte, festgeschrieben worden. Und dafür verplichtete sich der Orden zum Totengedenken für den Stifter, seine Familie, seine Vor- und Nachfahren.

1351 starb Herzogin Johanna und 1358 ihr Gemahl Albrecht II., der Stifter der Kartause Gaming – beide wurden im Chor der Kirche beigesetzt. Dort befinden sie sich nach Unterbrechungen heute wieder. Zum Mythos des Stifterehepaares haben zweifellos die Kartäuser begetragen, die sich zum immerwährenden Gedenken verpflichtet haben. Doch wie sie das gemacht haben, ist eine faszinierende Geschichte.

 

Kartause Gaming, Arkade im Prälatenhof

Kartause Gaming, Arkade im Prälatenhof

 

Der gesamte Klosterbau scheint die Lebensphilosophie des Ordens widerzuspiegeln. Die beiden viereckigen Höfe sind an allen Seiten von Gebäuden begrenzt, deren Hoffront im Obergeschoß teilweise durch Arkaden gebildet wird. Der erste Hof ist der Prälatenhof mit der Stiftskirche, dahinter liegt der Bibliothekshof. Beide Plätze beeindrucken den Besucher vor allem von oben, von den Arkaden im Obergschoß aus. Unwillkürlich denkt man dann an die Leitmotive der Kartäusermönche: an das  „beschauliche Betrachten“, an das „Nicht-Reden-sondern-Lauschen“.  Und beim Schauen über die langgestreckten, weißgetünchten, mit roten Geranien geschmückten Arkadengängen, beim Beobachten der Kirchenbesucher, die über den Prälatenhof schlendern, beginnt man diese Geisteshaltung der Kartäuser zumindestens zu verstehen. Der Baumeister des Klosters konnte jedenfalls ihrer Spiritualität mit der Gestaltung der Gebäude einen bildhaften Ausdruck verleihen.

 

Kartause Gaming, Tor in den Bibliothekshof

Kartause Gaming, Tor in den Bibliothekshof

 

Epilog

Früher waren die Siedler der Gegend um Lackenhof Zulieferer von Holz und Nahrungsmittel für die metallverarbeitende Wirtschaft der Eisenwurzen. Um 1550 war die  Eisenwurzen die wichtigste Roheisen und Stahl produzierende Region Europas: Bergbau, Aufbereitung, Verhüttung und Verarbeitung wurden hier betrieben.

Die Wirtschafts- und Kulturregion Eisenwurzen erstreckt sich über drei Bundesländer: Steiermark, Nieder- und Oberösterreich. Zur niederösterreichischen Eisenwurzen zählt auch der Naturpark Ötscher-Tormäuer.

In letzter Zeit sind Bemühungen unternommen worden, dass die Region „Österreichische Eisenwurzen“  in die Liste der UNESCO Welterben aufgenommen wird.

Die kleine Welt hier, von der wir unvergessliche Bilder in unseren Gedanken mitnehmen, wäre es wert als Welterbe zu gelten: die faszinierende Bergwanderung über den Rauhen Kamm auf den Ötscher, die stimmungsvolle Tour in die Tiefe der Ötschergräben, der Streifzug um Weitental herum und hinauf zum Hüttenkoge; Mariazell, die Kultstätte der Habsburger Monarchie und die Kartause Gaming, das architektonische Symbol mittellterlicher Geisteshaltung. Doch wie immer das Komitee der UNESCO entscheidet, die Begeisterung für die Landschaft rund um den Ötscher, den  Vaterberg, bleibt ungebrochen.

 – Und deswegen reist der Besucher nicht traurig, sondern beinahe fröhlich ab – er weiß sicher, dass er wiederkommen wird. – 

 

in den Ötschergräben, Ybbstaler Alpen

in den Ötschergräben, Ybbstaler Alpen

 

Franz Haslinger

Lackenhof, im Oktober 2012

copyright©haslinger.franz@yahoo.de

 

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Über den Autor

Franz Haslinger

Fotografieren heißt: Das Einzigartige eines Augenblicks im Bild festhalten, so dass dieser Moment das Allgemeingültige einschließt; dazu muss der Fotograf weniger das was er sieht fotografieren, sondern das, was er fühlt, und dazu muss er mehr ein Poet als ein Grafiker sein.

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