Die Peter-Paul-Festung in St. Petersburg
Heute ist schon fast eine Woche unseres Urlaub vorbei, sechs Tage die wie im Flug vergangen sind. Und wir haben unglaubliches Glück mit dem Wetter, jeden Tag Sonnenschein. Na gut, der erste Tag war ein wenig kühl, doch ansonsten zeigt sich mal wieder: wenn Engel reisen lacht der Himmel!
Direkt nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Heute soll es zur Peter-Paul-Festung gehen, deren Grundstein von Peter I im Mai 1703 selbst gelegt wurde. Die Festung liegt auf der kleinsten der St. Petersburger Inseln und war zur Zarenzeit eine kleine Stadt mit eigenen Geschäften und Institutionen. Der Kommandant wurde vom Zar selbst bestimmt und stammte aus dessen engstem Kreis. Kommt mir irgendwie bekannt vor- glaube das nennt man Vitamin B wie B-eziehungen. Gibt es heute auch noch!
Die Festung ist gut zu Fuss erreichbar und so kommen wir zu einem Morgenspaziergang. Er führt uns vorbei am Marmorpalais bis zum Suvorov Platz und danach über die berühmte Dreifaltigkeitsbrücke. Sie zählt zu den prächtigsten aller Newa-Brücken und hat ihr Pendant in der Pariser Alexander III- Brücke.
Von der Brücke bietet sich uns ein fantastischer Blick auf St. Petersburg mit der Eremitage und der Admiralität. Auf der Petrograder Seite sehen wir unser Ziel, die Peter-Paul-Festung. Der Zugang führt über die Johannesbrücke, die älteste Brücke der Stadt. Sie wurde im Jahr 2003 komplett renoviert und auf ihr überqueren wir den Kronwerkkanal. Durch das Johannestor erreichen wir den Vorplatz zur Festung.
Wir sind viel zu früh, die Eintrittskasse ist noch geschlossen und mit uns betreten die ersten Angestellten die Festung. Wir setzen uns in der Wartezeit auf eine Bank und genießen die warmen Sonnenstrahlen. Als nächste kommt eine Frau mit einem Verkaufsstand für Eiscreme, die nicht weit von uns entfernt ihr kleines Geschäft aufbaut. Danach folgen Getränkeverkäufer, sie klappen die Fensterläden eines Kiosk auf und bereiten sich auf das heutige Geschäft vor. Langsam strömen immer mehr Menschen zielstrebig in die Peter-Paul-Festung und betreten durch das Petertor die eigentliche Festung. Das Petertor zeigt auf einem Relief oberhalb des Durchgangs den Sturz des Zauberers Simon, der die Gesichtszüge von Karl XII zeigt. Dies soll den Sieg von Peter I über den Schwedenkönig Karl XII symbolisieren. Direkt darunter befindet sich das Wappen Russlands mit dem schwarzen Doppeladler.
Inzwischen herrscht reger Betrieb um uns herum, auch andere Urlauber warten auf das Öffnen der Kasse. Wo bleiben die nur? Aha- nun bewegt sich etwas! Eine junge Dame in Uniform schließt die Tür auf, verschwindet im Inneren des Kassenhäuschens und schließt nach sich wieder zu. Die wartenden Menschen hat sie offensichtlich übersehen. Verständlich- die Absätze der Schuhe sind so hoch und spitz, da darf sie nicht den Blick vom Boden heben. Konzentration auf das Gleichgewicht ist hier erst mal gefragt! Was soll´s – wir haben schönes Wetter und Urlaub. In der Wartezeit kommen wir ins Gespräch mit Urlaubern aus Argentinien. Sie machen eine Kreuzfahrt und kommen von Helsinki für einen Tag nach St. Petersburg. Ob sie heute mittag noch schnell den Peterhof oder das Bernsteinzimmer besichtigen können? Das wird knapp! Ich empfehle doch lieber etwas im Zentrum von St. Petersburg zu besichtigen. Die Eremitage? Upps! Also besser wäre sicherlich eine Bootsfahrt und die St.Issak-Kathedrale. Schade, St. Petersburg bietet so viel und ein Tagesausflug ist leider viel zu kurz.
Doch nun ist es soweit- die Tür zur Kasse öffnet sich und wir können unsere Eintrittskarten kaufen.
Wir durchqueren das Petertor und beginnen unseren Besuch mit der Hauptattraktion- der Peter-Paul-Kathedrale. Sie ist die erste Kirche Russlands, die im westlichen Stil gebaut wurde.
Auf dem 122,5 Meter hohen Glockenturm befindet sich ein über 3 Meter großer Engel, der ein 7 Meter hohes Kreuz trägt. Er ist eines der Wahrzeichen von St. Petersburg und von überall aus der Innenstadt zu sehen.
Seit der Zeit von Peter I ist die Kathedrale die letzte Ruhestätte der russischen Zaren und ihrer Familien mit Ausnahme Peter II und Ivan VI. Im Juli 1998 fand die Beisetzung des letzten russischen Zaren Nikolaus II, seiner Familie sowie der vier Bediensteten, die der Familie in die Verbannung gefolgt waren, statt. Die sterblichen Überreste der Bediensteten wurden speziell auf Wunsch der Romanovs gemeinsam mit der Zarenfamilie in einem Grab beigesetzt.
Die Gebeine ruhen in der kleinen seitlichen Kapelle der heiligen Katharina, die extra zu diesem Zweck restauriert wurde. In der Sowjetzeit diente diese Kapelle mal als Werkstatt oder Büroräume.
Nach langen Verhandlungen gab es im Jahre 2006 hier noch einmal ein Begräbnis. Prinzessin Dagmar von Dänemark, in Russland bekannt als Marija Fjodorovna, bekam ihrem Wunsch entsprechend den Platz neben ihrem Mann Alexander III.
Als wir mit der Besichtigung fertig sind erwartet und draußen vor der Kathedrale eine Überraschung. Im Glockenturm befindet sich ein Chor und bietet allen Zuschauern eine Vorstellung. Fantastisch! Das ist genau das Richtige. In der Sonne sitzen und Musik hören.
Gegenüber des Ausgangs der Kathedrale steht das Bootshaus. Dies wurde eigens für die Jolle Peter I errichtet, der das zu besichtigende Boot selbst gebaut hat. Was ein Zar so alles macht!
Gegenüber ist die 1799-1905 errichtete Münze, hier wird auch heute noch Münzgeld geprägt und die Münzsammlung kann man besichtigen.
Edith und ich gehen jedoch stattdessen lieber in das eins berüchtigte Gefängnis für politische Häftlinge, die Trubeckoj-Bastion.
Der erste prominente Insasse war der Sohn von Peter I aus seiner ersten Ehe. Er wurde einer Verschwörung gegen seinen Vater angeklagt und starb unter der Folter. Nichts desto trotz wurde er in der Kathedrale beigesetzt und ruht nun mitten unter der Zarenfamilie.
Ihm folgten viele Berühmtheiten die hier in Gefangenschaft waren, die Namen kann man an den jeweiligen Türen lesen. Dostojevskij, Maxim Gorkij, Lenins Bruder Uljanov und Vera Finger um einige der hier einst inhaftierten zu nennen. Einige der Häftlinge sowie Wachpersonal sind als Wachsfiguren dargestellt. Die Zellen sind schmal, meine Schritte hallen laut in dem langen Flur und und ich brauche nicht viel Fantasie um mir das Leiden und die Folterungen der Insassen vorzustellen. Es ist bedrückend und ich bin froh, als wir dieses Gefängnis wieder verlassen.
Die Todesurteile wurden nicht in der Festung vollstreckt. Man führte die Verurteilten zum Neva-Tor, das aus diesem Grund auch das Tor des Todes genannt wird. Von dort wurden sie im Morgengrauen mit einem Boot zur Festung Schlüsselburg am Ladogasee zur Hinrichtung gebracht. Eine lange Bootsfahrt von der sicherlich einige wünschten sie möge nicht enden, denn es war kein angenehmes Ziel für die Betroffenen.
Heute hat das Tor seinen Schrecken verloren. Es wird Eiscreme und Getränke verkauft und jeder möchte ein Foto mit Blick auf die Newa. Direkt unter uns ist der Palastkai, auf dem sich Sonnenhungrige im Badeanzug bräunen lassen.
Auf unserem Weg zurück in die Peter-Paul- Festung sehen wir die Markierungen der höchsten Wasserstände der Stadt.
Von dem Neva Tor geht es zurück bis zum Haus des Kommandanten der hier lebte und in dessen Haus das Gericht die Todesurteile aussprach. Heute findet hier eine Ausstellung statt, die wir jedoch nicht besuchen. Es werden Folterinstrumente ausgestellt – nein, das muss nicht unbedingt sein.
Hinter der Hauptwache, heute der Sitz des Museumsdirektor, besteht die Möglichkeit einen Spaziergang auf den Mauern der Festung zu machen. „Hast du Lust dort hinauf zu gehen?“ möchte ich von Edith wissen. Doch das Interesse hält sich in Grenzen. Gibt es dort irgendwas besonderes? „Ein schöner Blick über die Newa“ erfahre ich von einer Dame. Doch den haben wir auch von der Dreifaltigkeitsbrücke und vom Neva Tor , also lassen wir die Festungsmauern aus.
Viel interessanter finden wir dagegen die Bronzestatue von Peter I die sich an der Allee zum Petertor befindet. Sie ist ein Werk des Bildhauers Schemjakin und wurde im Jahr 1991 enthüllt. Die Statue rief damals Entrüstung hervor, da der Zar mit unproportioniert kleinem Kopf auf seinem Thron gezeigt wird. Es sieht tatsächlich ein wenig putzig aus- ob da dem Künstler die Bronze ausgegangen ist? Doch inzwischen haben sich die Besucher offensichtlich an den kleinköpfigen Peter I gewöhnt. Die Hände und Knie des Monarchen sind blank, da es Glück bringen soll sie zu berühren. Auch wir streicheln Peter I sein Knie, man kann ja nie wissen. Vielleicht hilft es ja und Glück kann man immer brauchen.
Wir sind mit unserem Rundgang in der Peter-Paul-Festung nun zu Ende. Zum Abschluss gibt es noch ein Eis- bei der Dame die heute morgen als erstes ihren Stand aufgebaut hat.
Hier ist es inzwischen mit der Ruhe vorbei, es sind viele Reisebusse angekommen und die Gruppen folgen den fähnchentragenden Reiseleitern. Unter dem Ansturm leiden auch ein wenige die „einrittspflichtigen“ Toiletten- nicht unbedingt empfehlenswert. Die Reinigungsdame hat zwar einen großen Wischmop neben sich stehen, doch sie ist ja mit kassieren beschäftigt. Da bleibt für anderes nicht viel Zeit- das Wichtigste eben zuerst.
Langsam schlendern wir den gleichen Weg wie wie heute morgen wieder zurück. Das Ufer ist inzwischen belegt wie ein Freibad und einige Sonnenanbeter wagen sich sogar in das Wasser des Kronwerkkanal. Scheint kalt zu sein! Fast jeder schlingt leicht fröstelnd die Arme um sich. Mutig! Doch das Wasser wirkt klar und sauber und so schöne Sommertage möchten genutzt werden. Wenn nicht im August- wann dann?
Langsam machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel wobei wir genau wie heute morgen die Aussicht von der Dreifaltigkeitsbrücke genießen. Der Blick ist nicht zu toppen!
Im Hotel angekommen halten wir erst mal eine kleine Siesta, Füsse hochlegen, ein wenig schlummern und noch eine Weile den spannenden Krimi in meinem Kindle lesen. Auch das braucht es im Urlaub.
Den Nachmittag nutzen wir für einen weiteren Spaziergang in die Innenstadt. Unser Weg führt zum Isaak-Platz, der nach der nahegelegenen Kathedrale benannt ist. Die Kathedrale haben wir ja bereits an unserem ersten Tag in St. Petersburg besichtigt, doch der Platz ist neu für uns. Der Blickfang ist das Reiterdenkmal von Nikolaus I. Am Postament erkennt man die Töchter und die Gattin von Nikolaus I und das Relief stellt verschiedene Stationen seiner Regentschaft dar. Im Hintergrund des Denkmals befindet sich der Marienpalast. Bei der Enthüllung des Denkmals soll sich die Tochter Marija darüber empört haben, dass sie von ihrem Fenster nur den Rücken ihres Vaters sehen konnte. Sie war der Meinung, er sollte in Richtung des Palastes blicken. Nachdem man das Denkmal gedreht hatte, beschwerten sich die Kirchenvertreter. Der Monarch stand mit dem Rücken zur St. Isaak-Kathedrale. Die Kirchenvertreter setzten sich durch und Nikolas I wurde nochmals um 180º gedreht.
Nach einem letzten Blick auf Nikolas I und den Marienpalast schlendern wir vorbei an den bekannten Hotels Astorija und Angleterre, die zu den führenden Häusern der Stadt zählten. In der Sowjetzeit verwahrlosten sie, doch seit 1992 sind die beiden Häuser wieder als Luxushotels geöffnet. Im Hotel Astorija ist in der Lobby eine Tafel mit den Namen der prominentesten Gäste angebracht. Darunter befindet sich Ex Präsident Bush sen., Gorbatschov und Jelzin. Ebenfalls zu Gast war der von der Sowjetregierung ungeliebte Dorf-Poet Sergej Jesenin mit seiner Gattin, der unter dubiosen Umständen 1925 im Hotel Angleterre ums Leben kam. Es ist bis heute nicht klar ob Jesenin Selbstmord begannen hat oder, wie seit den 80. Jahren vermutet wird, ermordet wurde.
Unser Spaziergang führt uns vorbei an der Parkanlage der St. Issak Kathedrale zum Alexandergarten. Hier sind gegenüber sehr schöne Straßencafes und wir nutzen die letzte Sonnenstunde zu einer Teepause. Danach bummeln wir über den Schlossplatz um uns auf den Heimweg zu machen. Auch auf dem Schlossplatz wird die Sonne bis zum letzten Strahl genutzt. Junge Mädchen sonnenbaden direkt auf dem belebten Platz. Keine Sonnenwiese? Macht nichts- der Boden ist warm genug! Dabei wird noch ein Selfie gemacht um den Freundinnen zu zeigen wie sehr sie das schöne Wetter genießen.
Als wir wie jeden Tag an der Moika entlang in Richtung Hotel gehen wird die Luft bereits kühl, die sommerlichen Tagestemperaturen nehmen rapide ab.
Morgen ist unser letzter Tag in St. Petersburg, die Woche verging schnell. Und dabei haben wir noch lange nicht alles gesehen! Es gibt noch unzählige Klöster und Kirchen, Parks und Museen. Dazu kommt das St. Petersburgen Nachtleben, Theater und das Hochziehen der St. Petersburger Zugbrücken zwischen 02ººh und 05ººh morgens. Stand eigentlich auf meinem Plan, doch das Bett hatte eine stärkere Anziehungskraft als die Zugbrücken.
Und was machen wir morgen an unserem letzten Tag? Ich würde gerne in die Markthalle in der Kuznetschnyj-Gasse gehen. Es soll einer der schönsten Lebensmittelmarkthallen der Stadt sein.
„Vielleicht kann ich da mal russischen Kaviar probieren“ meint Edith hoffnungsvoll. Ich glaube es ja nicht, aber wer weiss! Auf jeden Fall hat sich der heutige Besuch der Peter-Paul-Festung gelohnt. Ein sehenswertes Ziel welches ich jedem Urlauber empfehlen möchte.
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