Dschungel-Tagebuch-Reisebericht Peru: Im Regenwald der Selva Perus nahe Puerto Maldonado
Schmetterlinge, so farbenfroh wie im Bilderbuch, durchstreifen tanzend meine Blicke. Sie sind scheinbar gleichzeitig überall: in der Luft, auf dem erdigen Pfad und auf den Helikonien des dicht bewachsenen Waldes – doch zu fassen sind sie nicht. Mit handgroßen, farbigen Flügeln nähern sie sich mir stets nur für Sekunden, bevor sie schon wieder davon geflattert sind. „Inmitten all dieser Schmetterlinge fühlt man sich wie in eine Märchenlandschaft versetzt, stimmt´s?“, fragt mich eine sympathische Engländerin mittleren Alters aus unserer Reisegruppe. „Mmh“, stimme ich ihr zu und vernehme den süßlichen-fruchtigen Geruch, der in der Sonnen geladenen und feuchtheißen Luft liegt. Die Tiere des Waldes geben ein Stelldichein und lassen von sich hören: von allen Seiten höre ich es surren, knistern, summen, knarzen, pfeifen und singen. Und mir wird langsam bewusst: ich bin angekommen… im Regenwald, der Selva Perus nahe Puerto Maldonado.
Vereinzelte, schmale Lichtkegel von Sonnenstrahlen bahnen sich den Weg zum schattigen Waldboden frei. In einem kleinen Ruderboot fahren wir ganz leise Richtung Sandovalsee durch den dicht bewachsenen Urwald. Leise plätschert das Wasser beim Eintauchen der Ruder. Die Tiere des Waldes sollen nicht gestört werden. Die Mündung des kleinen Zuflusses führt uns direkt auf den See: in seiner fast wellenlosen Wasseroberfläche spiegelt sich die goldene Tropensonne und ich bewundere erstaunt das mit Palmen und Bäumen gesäumte Ufer. Der See scheint nahtlos in den Wald über zu gehen. Eine Wasserschlange ragt ihren Kopf aus dem Wasser und heißt uns willkommen. In der Lodge angekommen freue ich mich erst einmal über die einladende Hängematte. Abends vergeht mir die märchenhafte Stimmung sehr schnell, denn eine Nachtwanderung steht auf dem Programm. Mit einer Taschenlampe bewaffnet machen wir uns auf den Weg. Vorbei an zwei Taranteln, jede davon bewohnt seit Jahren einen Baum. Der Geruch meines Insektensprays scheint die Moskitos und diverse Insekten nur noch mehr anzulocken und – als ich nachsprühe – bekomme ich auch von unserer jungen Reiseleiterin Sonia das Kompliment, mir eine besonders wohlriechende Marke ausgesucht zu haben. Mir treibt die Aussage ein Lächeln aufs Gesicht. Ein paar vereinzelte Spinnen mit Beinen so lang wie meine Finger kreuzen unseren Weg. Und im Strahl meiner Taschenlampe erkenne ich am dicht bewachsenen Seeufer die zahlreichen jungen Kaimane. Ihre leuchtenden Augen verraten sie und mit kräftigem Rot schauen sie mich an. Ich bin begeistert! Als ich nachher in meinem Bett liege, die Geräusche der geschäftigen Affen und Vögel im Ohr, bin ich glücklich erschöpft und frage mich, welchen Tieren wir wohl am nächsten Tag begegnen werden. Ob wohl ein Riesenotter mit dabei sein wird…
Selbst in meinen Träumen konnte ich mir nicht ausmalen, was wir am nächsten Tag alles sehen würden. Morgens bekamen wir eine wohlgetarnte, grüne Schlange zu Gesicht, die es sich in einem Baum nahe der Lodge gemütlich gemacht hatte. Kurz später machte ich Bekanntschaft mit einem sehr seltsamen, etwa zehn Zentimeter langen Käfer artigen Lebewesen. Perfekt getarnt hätte ich es fast übersehen. Das Tier hatte die Farbe von heller Baumrinde und das Verwunderliche war: der Kopf des Tieres hatte die Form einer Erdnuss. Danach beobachteten wir eine Familie von Affen, die es sich in den hohen Wipfeln der Bäume gemütlich gemacht hatte. Auch die so genannten Hoatzin-Vögel, auch Schopfhuhn genannt, zeigten sich ohne Scheu. Die Hoatzin sind die einzigen Vögel, deren Verdauung dem Vorgang des Wiederkäuens bei Säugetieren ähnelt. Doch über die Kuriositäten der Artenvielfalt wunderte ich mich längst nicht mehr. Als wir am späten Nachmittag auch noch aufgeregte Kapuzineräffchen bei der gegenseitigen Jagd nach Nahrung beobachten konnten, waren meine Erwartungen schon längst übertroffen. Glücklich falle ich nach dem Abendessen in mein Moskitonetz-Himmelbett und schlafe sofort ein.
Auf dem Rückweg zum Flughafen von Puerto Maldonado überquerten wir noch einmal den Sandovalsee. Plötzlich hörte ich den Ruderer, wie er unserer Reiseleiterin ganz unauffällig auf spanisch steckte, dass sich „los lobos“ auf uns zubewegten. Die Riesenotter! Und tatsächlich: ganz langsam schwammen und tauchten sie auf uns zu. Wir waren ganz leise, um sie nicht zu erschrecken. Mit einem lauten Schnappen nach Luft tauchten hier und da runde Köpfe aus dem Wasser. Diese Tiere, ihrem Aussehen nach wie große Fischotter, sind nämlich nicht nur sehr gute Taucher, sondern vor allem eines… und zwar süß!
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