Erfahrungsbericht Brasilien – Sprachreisen nach Rio de Janeiro
Brasilien und speziell Rio de Janeiro haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert, obgleich ich Rio nur vom Fernsehen und von Büchern her kannte. Die Bilder des Zuckerhuts und der berühmten Christusstatue, die auf dem Corcovado thront, kennt fast jeder. Auf mich übte die „schönste Stadt der Welt“, so die selbstbewusste Aussage der Cariocas (Einwohner Rios) in Bezug auf Brasilien einen ganz besonderen Reiz aus. Auch wenn viele Menschen Rio gleichwohl mit Gewalt, Drogen und Armut in Verbindung bringen, so ließ ich mich nicht beirren und reiste bereits im Jahr 2005 im Zuge einer Rundreise durch Brasilien in die Stadt meiner Träume. Allerdings verblieb viel zu wenig Zeit, um auch nur annähernd die vielseitigen Möglichkeiten dieser Metropole kennen zu lernen und einen tief greifenden Einblick ins Leben der Einwohner zu erhalten.
Da für mich felsenfest stand, dass es nicht bei dieser einen oberflächlichen Reise bleiben sollte und ich gern für den nächsten Rio-Trip in jeder Hinsicht präpariert sein wollte, beschloss ich, Portugiesisch zu lernen. Nach meiner Meinung kann man nur am Leben eines Volkes partizipieren, wenn man entweder der Landessprache mächtig ist oder zumindest auf rudimentärer Ebene mit den Menschen kommunizieren kann.
Schnell jedoch geriet ich beim Selbststudium an meine Grenzen. Auch wenn ich sehr energisch ans Erlernen der fremden Sprache heranging und mich mit Büchern und CDs versorgte, die mich an das Portugiesische heranführten, so fehlte doch der persönliche Dialog mit einem Brasilianer, um ein Gefühl für die Sprache zu erlangen. So schaffte ich es zwar, Basiskenntnisse zu erlangen und zu festigen; viele Fragen blieben jedoch unbeantwortet. Da es de facto keine Möglichkeit gab, in meiner näheren Umgebung, Portugiesischunterricht erteilt zu bekommen, begab ich mich im Internet auf die Suche und stieß auf das überaus interessante Angebot von lernen und helfen Sprachreisen“, was mich nach erster Lektüre der übersichtlichen und informativen Website mehr als neugierig machte. Mich überzeugte die Idee, soziales Engagement mit einem Intensivsprachkurs zu koppeln. Ein Teil des investierten Geldes würde in ein soziales Projekt fließen, was ich auf Anhieb als besonders begrüßenswert empfand. Darüber hinaus jedoch reizte mich die von „lernen und helfen“ offerierte Möglichkeit, nicht etwa in einem Hotel, sondern direkt in einer Gastfamilie untergebracht zu werden, so dass über den eigentlichen Sprachunterricht hinaus weiterhin direkte Berührpunkte zu Sprache und den Menschen bestehen würden.
Ich entschied mich ohne großes Zögern direkt für die maximal buchbare Variante eines Intensivsprachkurses mit 30 Unterrichtsstunden pro Woche, da mein primäres Anliegen aus dem schnellen und sicheren Erlernen meiner Lieblingssprache bestand. Für mich sollte sich somit ein Traum erfüllen: Endlich Portugiesisch lernen mit Menschen, die in dem Land leben, das ich so sehr schätze und liebe und darüber hinaus in der zur Verfügung stehenden Freizeit die Möglichkeit haben, sich in Rio de Janeiro frei zu bewegen und diese faszinierende Stadt zu erkunden.
Der große Tag kam und ich reiste über Sao Paulo nach Rio de Janeiro, wo ich am Flughafen bereits vom Direktor meiner Sprachschule erwartet und zu meiner Unterkunft gebracht wurde. Lernen und helfen hatte in Bezug auf meine Gastfamilie vorab nicht zu viel versprochen: Es handelte es ich um eine ältere, unglaublich freundliche Brasilianerin, die mich warmherzig aufnahm in ihrem Apartment, das mitten in Rio lag. Ich war sofort total begeistert und konnte kaum glauben, wie gastfreundlich und hilfsbereit die Menschen in Rio sind.
Der Sprachkurs selbst fand in einer anderen Gegend von Rio, unweit vom Atlantik, statt. Die Atmosphäre glich keineswegs der einer tristen Schule, so wie man das oftmals von seiner Schulzeit in Erinnerung hat. Vielmehr glich der Unterricht einem offenen Gespräch über Gott und die Welt mit den unglaublich netten Lehrerinnen. Dabei verstanden diese es dennoch sehr wohl, neben den lockeren Konversationen, die ausschließlich in portugiesischer Sprache erfolgten, den Lehrstoff zu vermitteln, also auf Besonderheiten der Grammatik wie bspw. das Konjugieren von Verben in verschiedenen Zeitformen in hinreichendem Maße einzugehen. Keine Frage in Bezug auf Besonderheiten der Sprache blieb unbeantwortet. Die Unterrichtszeit verflog wie im Flug, so dass ich es manchmal regelrecht schade fand, dass ich nicht weiterlernen konnte.
Rio de Janeiro selbst ist eine Stadt, die so unglaublich vielseitig ist, dass es einem die Sprache verschlägt. Nach dem Unterricht stürzte ich mich ins Leben und mischte mich unter die Cariocas. Für jeden Geschmack und jede individuelle Vorliebe in Bezug auf die Freizeitgestaltung wird in dieser Stadt etwas geboten: Wer sich einfach nur entspannen und nach dem Unterricht abschalten möchte, der kann sich an einem der wunderschönen Strände wie Ipanema oder Copacabana ein Plätzchen an bzw. in der Sonne suchen. Wer kulinarischen Freuden den Vorzug gibt, wird sicher fündig bei dem reichhaltigen, multikulturell geprägten Restaurantangebot.
Natürlich nutzte ich auch die Gunst der Stunde und fuhr mit der Seilbahn hinauf auf den Zuckerhut, um den Blick über die Flamengobucht zu genießen. Mindestens genauso schön, wenn nicht sogar noch beeindruckender, ist der Blick hinab vom Corcovado, dem Berg auf dem das Wahrzeichen Rios, die Christusstatue, steht. Hier zeigt sich erst, wie vielseitig Rio eigentlich ist, denn man kann beim Anblick der Metropole erkennen, wie reichhaltige Vegetation und atemberaubend schöne Berge und Hügel sich um eine moderne Großstadt schmiegen. Es ergibt sich somit ein kontrastreiches Gesamtbild, das den Betrachter stauen lässt.
Auch was das Nachtleben anbelangt, so wird der Besucher Rios mit einer unglaublichen Menge von Clubs und Discotheken vor die Qual der Wahl gestellt. Im Stadtteil Lapa befinden sich unzählige Clubs, in denen brasilianische Musik gespielt wird. Hier erhält man einen Einblick ins Leben der Brasilianer und kann live miterleben, mit welcher Lebensfreude gefeiert und getanzt wird.
Auch wenn sich Favelas, also die Armutsviertel bis weit in die Stadt hinein erstrecken, so sollte niemand, der Rio besucht, sich unnötig Sorgen bereiten oder gar übertriebene Angst haben, die Stadt zu erkunden. Auch wenn sich die Tatsache nicht verleugnen lässt, dass in vielen Gegenden Rios Gewalt und Kriminalität den Alltag beherrschen, so ist der überwiegende Teil der Bevölkerung hilfsbereit, offenherzig und freundlich. Wenn man einige Sicherheitsregeln beherzigt, dann kann man sich unbeschwert bewegen und die Eindrücke genießen.
Im Zuge der Sprachreise wurde mir die Freude zuteil, meinen finanziellen Beitrag für das „lernen und helfen“-Hilfsprojekt persönlich überbringen zu dürfen. Es wurde ein von der Kirche initiiertes Projekt gewählt, bei welchem Kindern der Favala Dona Marta in Form einer Tagesstätte Möglichkeiten für sinnvolle Beschäftigungen wie Musikunterricht, Malen und Spielen und damit eine Perspektive geboten wird. Vor Ort konnte ich mich davon überzeugen, wie dekorativ die Räumlichkeiten gestaltet waren und wie liebevoll sich die Betreuer um die Kleinen kümmerten. Es war ein richtig erfüllendes Gefühl, die Spende zu übergeben in dem Wissen, dass ich hiermit meinen Beitrag für die positive Entwicklung von Kindern aus einem extrem sozial schwachem Umfeld leisten konnte.
In Bezug auf meine sprachlichen Fähigkeiten bemerkte ich bereits nach einer Woche, dass diese zwischenzeitlich in Folge des vielseitigen Unterrichts in ungeheurem Maße ausgebaut waren und mein Redefluss kontinuierlich an Geschwindigkeit gewonnen hatte. Auch die Nachrichten im Fernsehen konnte ich mittlerweile zum überwiegenden Teil verstehen, und mit den Leuten in Geschäften, Restaurants oder auf der Straße war es nun möglich, Gespräche zu führen. Somit erfüllte sich mein vorab gehegter Wunsch, am Leben der Brasilianer teilhaben zu dürfen. Dies hätte ich noch direkt vor Antritt der Reise nicht für möglich gehalten.
Zusammenfassend lässt sich also ein ausschließlich positives Resümee ziehen: Neben der lieben Brasilianerin, bei welcher ich untergebracht wurde, dem effektiven und abwechslungsreichen Unterricht unter der Woche und dem „lernen und helfen“-Projekt, das ich unterstützen durfte, wurde es mir endlich ermöglicht, Rio de Janeiro WIRKLICH kennen zu lernen. Niemals wäre dies in gleichem Umfang in Form einer Pauschalreise oder dergleichen möglich gewesen. Niemals hätte ich so nette Menschen kennenlernen und an ihrem Leben teilhaben dürfen, wenn ich einen anderen Weg als diese Sprachreise gewählt hätte. Mich haben die fast 16 Tage meines Aufenthalts in enormem Maße geprägt. Viele Dinge der brasilianischen Mentalität möchte ich nun in mein weiteres Leben einfließen lassen, z.B. die Fähigkeit, Dinge nicht immer zu negativ zu sehen und das Leben jeden Tag zu genießen.
Jedem, der schon immer den Traum hegte, Brasilien, seine Kultur und Sprache und die dort lebenden Menschen näher kennen zu lernen und sich im gleichen Atemzug sozial zu engagieren, kann ich nur nahelegen, Sprachreisen nach Rio de Janeiro, wie die von mir beschriebene anzutreten.
Weitere Informationen unter http://www.lernenundhelfen.de/
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