Erfahrungsbericht: Sprachrundreise durch Ecuador
Seit Jahren hatte ich von einer Reise nach Lateinamerika und insbesondere nach Ecuador geträumt, Bilder von Land und Leuten angeschaut, mit anderen gesprochen, die schon dort gewesen waren, Bücher gelesen und mir vorgestellt, wie die Menschen in den Städten und auf dem Land leben, arbeiten, Feste feiern, tanzen und musizieren. Und eines Tages las ich eine Anzeige von „lernen und helfen sprachreisen“ in „Ecos“ und dachte: Das könnte die Chance sein, anders zu reisen und das Land zu erleben als mit einem Pauschalarrangement der üblichen Art. Ich nahm Kontakt auf und hatte gleich beim ersten Telefongespräch das sichere Gefühl, dass mir hier kein Standardprogramm angeboten würde. Als Spanischlehrerin wollte ich keinen klassischen Spanischkurs absolvieren, sondern vor allem beim Sprechen mit Ecuadorianern so viel wie möglich über Sitten, Gebräuche, das politische und religiöse Leben und die Geschichte des Landes erfahren. Das verstand die Mitarbeiterin Frau Schröder sofort und schickte mir nach kürzester Zeit den ersten Programmvorschlag für eine sogenannte Spanisch Sprachrundreise durch Ecuador zu. Gewünscht hatte ich mir, im Laufe der drei veranschlagten Wochen sowohl den Dschungel als auch die Berge und den Norden sowie Galapagos zu sehen. Das erforderte einiges an logistischer Anstrengung und klang nun viel versprechend. Die Idee, mit einem „personal guide“ und Gastfamilien non stop die Landessprache zu sprechen und dabei jederzeit nachfragen zu dürfen und vielleicht auf diesem Wege Freunde in einer unbekannten Weltgegend zu finden, war für mich elektrisierend. Und ich gewann rasch den Eindruck, dass ich der Organisatorin vertrauen konnte. Auch die Vorstellung, Menschen in Ecuador, die Hilfe benötigen, durch eine direkt überbrachte Spende zu unterstützen, gefiel mir, denn das ist doch etwas ganz anderes, als einfach monatlich eine Überweisung zu tätigen.
Am 10. Juli startete ich am späten Nachmittag in Frankfurt zu einem langen Flug. Die Zeitverschiebung beträgt minus sieben Stunden, die Flugzeit rund 20 Stunden. Aber dann ist man in einer ganz anderen Welt. Erstaunlicherweise fühlte ich mich in dieser Welt, in der das meiste sich von dem unterscheidet, was wir in Europa und vor allem in Deutschland kennen, nicht fremd. In diesem Zusammenhang dürfte der Empfang durch Marcelo Sanchez, einen der Sprachlehrer, entscheidend beigetragen haben. Es war einfach so, als würde ich einen alten Freund treffen, den ich lange nicht gesehen habe. Als Marcelo mir erzählte, dass er auch Musiker ist, hatten wir ein Lieblingsthema, das uns in den folgenden Wochen nicht losließ. Wir hörten bei Autofahrten gemeinsam Musik, sprachen über unterschiedliche Stilrichtungen, über Interpreten, Texte und Qualität, über Instrumente und alles, was mit Musik zu tun hat. In den Abendstunden auf der Finca und im Urwald spielte Marcelo Wunschhits und animierte uns zu Mitsingen und in Baños waren wir bei Auftritten seiner Musikgruppe anwesend. So fand ich trotz meiner wenigen Tage in dieser sympathischen Kleinstadt gleich eine Stammkneipe, in der es unter anderem den für die Sierra typischen „Canelazo“ zu trinken gab. Das ist ein heiß serviertes Getränk aus Naranjillasaft und Zimt und Zuckerrohrschnaps, einfach köstlich.
Nach einer Übernachtung in Quito starteten wir zunächst zur Finca in der Nähe von Santo Domingo, einer Stadt, die zur „Costa“ gehört, auch wenn es dort kein Meer gibt. Der Schwager von Marcelo, Juan Carlos, bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau Chari die Bananenplantage, auf der wir die folgenden Tage verbrachten. Beide geben außerdem Sprachunterricht. Neben einem Spaziergang durch das nahe Urwäldchen stand eine Erkundungstour der Finca zu Pferde auf dem Programm und an einem Vormittag besichtigten wir eine private Schule in El Carmen. Wir lernten, wie viele verschiedene Arten von Bananen es gibt und wie viele Arten, sie zuzubereiten. Abends saßen wir gemütlich zusammen und musizierten oder plauderten. Auf der Finca ist alles sehr einfach. Es gibt kein fließendes Wasser, aber das fand ich nur am ersten Tag schwierig. Ich konnte mich gut darauf einstellen und fand den Aufenthalt sehr erholsam.
Im Anschluss daran reiste ich nach Baños, zu einer anderen Gastfamilie, die mich ebenfalls sehr freundlich aufnahm. Gleich am ersten Abend gingen Julio und Ruby mit mir in die heißen Bäder, aus denen ich fürchtete, nur im gesottenen Zustand wieder herauszukommen. Ich habe es aber überlebt und mich hinterher sogar besser gefühlt als vorher. Ruby ist eine großartige Köchin und sie empfängt schon seit 10 Jahren Gäste und arbeitet mit Lorena, Marcelos Frau, eng zusammen. In Baños gibt es auch die „Baños de cajón“, das ist eine Art Sauna im Miniformat. Man befindet sich buchstäblich in einem Schwitzkasten, eine erstaunliche Erfahrung. Es gibt auch andere Schwimmbäder, einen kleinen Zoo, eine Möglichkeit zum Bungeejumping, die ich allerdings nicht genutzt habe, und einen rauchenden Vulkan in der Nähe sowie die „Ruta de las cascadas“, einen Weg, auf dem man jede Menge eindrucksvoller Wasserfälle sieht und tiefe Schluchten per Seilbahn überqueren kann. Und es gibt die „Peña“ mit dem Namen „Tarinacui“, „Ort der Begegnung“, das ist die Musikbar, in der Marcelo gemeinsam mit seiner Band auftritt. Der Besuch dort lohnt sich auf jeden Fall. Zumindest für mich war die Bar ein Highlight meines Aufenthaltes.
Nach ein paar Tagen in Baños, an denen ich vieles gemeinsam mit meinen Lehrern Teresa, Marcelo und Juan Carlos, meinen Gasteltern und einer Kursteilnehmerin der Sprachschule unternahm, traten wir die Reise in den Urwald, die „Selva“, an, wo wir in der Nähe von Tena am Napo-Fluss in kleinen Hütten mit jeweils einer Hängematte vor der Tür untergebracht waren. Wider Erwarten gab es hier sogar Duschen und ich habe den Aufenthalt als sehr an-genehm empfunden. Abenteuerlich war die Klettertour in den Wasserfällen unter sachkundiger und humorvoller Anleitung von Enrique, unserem Reiseführer, der auch die Raftingtour auf dem Fluss begleitete und unsere Reifen über die Stromschnellen elegant hinweg steuerte. Die Atmosphäre an diesem Ort war herzlich und unsere kleine Gruppe amüsierte sie prächtig. An einem Abend lernten wir „Huayusa“ kennen, mit und ohne Alkohol. Beides sind Getränke auf der Basis eines besonderen Tees.
Nach dem Urwald standen für mich noch einmal zwei Tage Baños auf dem Programm, mit Exkursionen nach Saquisili und Salasaca. Danach fiel mir der Abschied schwer, denn inzwischen hatte ich in diesem sympathischen Badestädtchen Freunde gefunden. Andererseits lockte Otavalo und es lockten auch die Galapagos-Inseln.
Otavalo, das vor allem für seinen samstäglichen Markt berühmt ist, gefiel mir auf Anhieb. Marcelo erwies sich einmal mehr als hervorragender Fremdenführer, da er selbst in Otavalo gewohnt hatte, als die Einwohner von Baños nach dem Ausbruch des Vulkans Tungurahua evakuiert wurden. In der Nähe von Otavalo wohnt die Familie, der ich eine Spende überbrachte, und ich war von dieser Familie so beeindruckt, dass ich voraussichtlich eine Patenschaft für den jüngsten Sohn übernehmen werde, damit er seine schulische Ausbildung erfolgreich abschließen kann. Ich finde es gut, dass so persönliche Beziehungen entstehen und das Helfen auf diese Weise auch persönlich wird.
Meine letzte Station vor der Reise nach Galapagos war noch einmal Quito und von dort aus eine Fahrt zum Cotopaxi. In 4500 Metern Höhe wurde mir zwar zunächst leicht schwindlig, aber dann gelang mit Marcelos Unterstützung – Bonbons, ermutigende Worte, langsames Anfangstempo – doch der Aufstieg auf den zweithöchsten Berg des Landes, zumindest bis zur Hütte. Für den Weg zum Gipfel muss man eine etwas längere Akklimatisierungszeit einplanen. Auf jeden Fall und auch bei schlechtem Wetter ist die Tour sehr eindrucksvoll.
Zum Abschluss flog ich für fünf Tage allein auf die Galapagos Inseln. Auf der „Galaxy“, einer luxuriösen Yacht, lernte ich nette Mitreisende kennen und sah endlich die Inseln, von denen ich viele Jahre lang geträumt hatte. Ich schnorchelte mit Seelöwen und sah viele Echsen, Vögel und Schildkröten aus nächster Nähe.
Nach dieser Tour ging es noch einmal zurück nach Quito und ich freute mich, mit Marcelo meinen Abschiedstag verbringen zu dürfen. Und dann war leider mein Aufenthalt zu Ende. Hier in Deutschland träume ich nun von den Dingen, die ich gesehen und erlebt habe, denke an die freundlichen Menschen, ihre Offenheit, ihre Großzügigkeit, ihren wunderbaren Humor, ihre Musik. Gut, dass ich mir viel Musik mitgebracht habe, denn die kann ich jetzt immer wieder hören und mir dabei die Orte, an denen ich gewesen bin, leicht ins Gedächtnis rufen.
Dem gesamten Team von lernen und helfen sprachreisen und der Sprachschule gilt mein tief empfundener Dank für die bei aller Professionalität der Organisation immer gleichbleibende Herzlichkeit, Spontaneität und Flexibilität. Danke für eine unschätzbar wertvolle Zeit.
Liebe Ellen,
habe gerade deinen Bericht gelesen. War eigentlich auf der Suche nach Sicherheitstipps für alleinreisende Frauen in Ecuador. Reise auch zwei Wochen von insgesamt drei mit lernen und helfen und mach die gleiche Tour wie Du.
Hast Du noch wichtige Empfehlungen für mich?
Danke und lieben Gruß
Sabine