Frachtschiffreisen – Eine Frachtschiff Reise in die Entdeckung der Gegenwart
Das Geheimnis des Reisens aus der Zeitlupen-Perspektive zu betrachten wird mir insbesondere durch das Frachtschiffreisen ermöglicht. Meine erste Reise mit dem Frachtschiff führte entlang der Westküste Patagoniens. Es war eine Entscheidung aus dem Affekt heraus. Ich hörte von anderen Reisenden von der Möglichkeit auf einer ganz anderen Art und Weise gen Norden zu reisen. Die Frachtschiff Reise ergänzt sukzessive die legendäre Postschiffreise und schlägt ein ganz neues, ereignisreiches Kapitel auf. Auf diese Art die Fjorde Patagoniens zu entdecken, präsentiert heute für mich eine Welt, in der wir den gegenwärtigen Augenblick neu entdecken können. Frachtschiffe bilden damit ein Tor hinaus aus der so wohligen Komfortzone, hinein in die Öffnung des Momentes, in dem die Essenz des Lebens im Allgemeinen bzw. des Reisens im Konkreten Wirklichkeit werden kann. Wir fühlen uns wirklich am Leben, wenn unerwartete Begegnungen mit anderen Menschen, Naturerlebnisse oder besondere Entdeckungen unseren Horizont bereichern.
Nun befand ich mich nun auf einem dieser Frachtschiffe mit ein paar weiteren Reisenden und es stellte sich die Frage was ich mit meiner mir plötzlichen Fülle an zur Verfügung stehender Zeit anfangen könnte. Auf Frachtschiffreisen gibt es in der Regel keinen Empfang auf dem Mobilfunkgerät. Ebenso gibt es keinen Zugang zu dem Internet. Begriffen als einen Zugang in eine ganz andere Welt, stellt eine Reise mit dem Frachtschiff einen Blick hinter die Kulissen einer Welt dar, die wir gar nicht mehr kennen.
Ohne zu sehr darüber nachzudenken, was mich erwartet, entdeckte ich zunächst, symbolträchtig für Frachtschiffreisen, wie gut man von der Besatzung aufgenommen und integriert wird. Ebenso mit den übrigen Reisenden, begann ich unerwartet die scheinbar endlos zur Verfügung stehende Zeit zu entdecken, um Menschen zu begegnen, die ich wohl sonst nie kennen gelernt hätte.
Eines späten Abends ging ich an Deck spazieren, frische Luft schnappend, spähte in die dunkle Nacht. Ich genoss das pralle Licht des Vollmondes und blickte über die Rehling hinunter aufs Wasser. Ich kannte es nur aus Thailand, aber da war es wieder. Leuchtendes Plankton überall. Entlang des Frachtschiffes bestaunte ich sodann wie jenes Plankton das Mondlicht reflektierte. Ich vergaß die Zeit, sie hörte auf zu existieren, in der ich diesen besonderen Anblick für eine kleine Ewigkeit tief in mir aufsog. Die in diesem Moment plötzlich auf- und abtauchenden Delphine gaben mir den Rest. Solche Augenblicke beschreiben eines dieser typischen überraschenden Naturerlebnisse, die nicht geplant werden können.
Manche Menschen fragen mich, was man auf Frachtschiffreisen denn den ganzen Tag so macht, ob einem nicht schnell langweilig wird oder ob der Blick auf das endlos wirkende Meer mit der Zeit nicht zu eintönig erscheint. Ich bin jemand, der sich nach einem Augenblick der Langeweile sehnt und rate jedem, dem diese Sorge plagt, eine Frachtschiff Reise gar nicht erst in Betracht zu ziehen. Ich bin ständig voll von Ideen und Plänen, so dass ich eine Eingrenzung meiner Möglichkeiten, als den größten Luxus betrachte. Ich habe plötzlich all die Zeit zum Schreiben, zum Lesen der Bücher, für die ich mir nie Zeit nehme oder einfach nur zu denken. Darüber hinaus bieten mir Frachtschiffreisen die Zeit noch häufiger Yoga, Pranayama oder Qigong zu praktizieren. Auch kann ich schwimmen gehen in dem mit Meerwasser gefühlten Schwimmbad oder schwitzend die Hitze der Sauna genießen. Wem das immer noch nicht reicht, kann auf dem Sonnendeck ein Nickerchen einlegen, den kleinen Fitnessraum aufsuchen oder eines der Bücher oder DVDs aus der Bibliothek des Frachtschiffes ausleihen.
Darüber hinaus sind es die kleinen und doch ganz besondere Eindrücke, die das Frachtschiffreisen so etwas Besonderes werden lassen. Dazu zählen auch nachts den unbeschreiblichen Blick auf die Sterne genießen. Gelegentlich entlang der Küste fahrend und die in der Ferne liegenden, beleuchteten Ortschaften beobachten und dessen Straßenzüge bestaunen, die erscheinen wie kleine, den Ufer sich entlang schlängelnden Glühwürmchen. Von den beeindruckenden Sonnenaufgängen sowie -untergängen auf einer Frachtschiff Reise, werde ich jedoch ein anderes Mal berichten. Das was das Leben wirklich ausmacht ist letztlich doch immer wieder die Verwirklichung neuer Erfahrungen und Frachtschiffreisen gehören für mich persönlich mit zu den schönsten.
Um jedoch für eine Reise mit dem Frachtschiff bereit zu sein, bedarf es einiges an Flexibilität. Im Vordergrund steht die Fracht. Ladungsbedingt kann es folglich stets geschehen, dass sich die geplante Abreise um 1-2 Tage verschiebt – sowohl nach vorne als auch nach hinten. Ebenso kann es passieren, dass ganze Routen der Frachtschiffe gestrichen werden, weil der sog. Charterer eine andere Häfenabfolge oder gar ein ganz neues Fahrgebiet präferiert und nun z.B. lieber Sydney anläuft. Dies entscheidet sich jedoch zumeist bis mindestens 1 Monat vor der geplanten Abreise. Es erhöht jedoch den abenteuerlichen Charakter von Frachtschiffreisen. Da in unserer heutigen Welt die allermeisten Dinge überaus zuverlässig strukturiert sind, ist es eine tolle Herausforderung sich dem Zufall ein wenig auszusetzen.
Auf dem Weg zum Beispiel vom Hamburger Dom zur Oper von Sydney, durch den Panamakanal, zu den Inseln von Französisch Polynesien nach Tahiti, zu den Fiji-Inseln oder einfach nach Buenos Aires gibt es viele tolle Häfen und Städte zu sehen. Denn in den seltensten Fällen handelt es sich um Direktwege. Das heißt, dass auf der Reise mit dem Frachtschiff verschiedenste Häfen angelaufen werden, die entweder selbst oder eben zu attraktiven Städten gehören, wie z.B. New York, Cartagena, Rio de Janeiro oder Melbourne. Wie lange jedoch der Aufenthalt in den jeweiligen Häfen ist, bleibt abzuwarten. Nach wie vor ladungsbedingt kann der Aufenthalt zwischen 6 und durchaus 48 Stunden liegen. Folglich bleibt es eine ganz besondere Überraschung, ob ausreichend Zeit zur Verfügung ist, um die jeweilige Stadt genauer kennen zu lernen. Denn auch und gerade auf Frachtschiffreisen sind die besonderen Momente weniger in den geplanten, zukünftigen Ereignissen zu finden, als vielmehr in dem Unerwarteten!
Weitere Information finden Sie unter www.langsamreisen.de
Ich kann dem nur zustimmen und freue mich schon auf meine nächste Frachtschiffreise. Über zwei Atlantiküberquerungen berichte ich auf meiner Webseite. Auf der zweiten Reise durfte ich sogar den bordeigenen Computer nutzen und wenigstens E-Mails empfangen (alles andere wäre zu kostspielig geworden).