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Frühling an der Donau, 3.Teil INFOS

Stift Göttweig, Stiftshof

Eine Radtour um den Göttweiger Berg – bei den Benediktinern oben auf der Höhe

– „Dass er allein Bischöfe absetzen und auch wieder einsetzen kann.“ –, das ist die Übersetzung des dritten Satzes aus dem „Dictatus Papae“ von Papst Gregor VII. aus dem Jahre 1075. Mit „er“ war nicht der deutsche Kaiser gemeint, sondern der Pontifex maximus in Rom. Damit begann ein Jahr später der dreißigjährige Investiturstreit zwischen geistlicher und weltlicher Macht, zwischen römischem Papsttum und den deutschen Kaisern. Als spektakulärer Höhepunkt dieser Auseinandersetzung ist uns bis heute der     „Gang nach Canossa“ als  Metapher geläufig  geblieben. Der 26jährige König  Heinrich  IV, musste 1076 den Bußgang auf die Burg Canossa zu Papst Gregor VII. antreten, um von ihm vom Kirchenbann befreit zu werden.

Der westfälische Adelige Altmann wurde 1076 auf Wunsch Kaiserin Agnes’, der Mutter Heinrich IV., Bischof von Passau. Im Investiturstreit war er jedoch ein bedingungsloser Streiter für den Papst, und  so musste er 1078 Passau verlassen. Einige Zeit blieb er in Rom, und 1085 setze ihn der Kaiser dann auch formal als Bischof von Passau ab, einzig der österreichische Teil des Bistums Passau verblieb in seinem Einflussbereich. 1083 gründete er die Abtei Göttweig und weihte hier die erste Kirche. 1091 starb er in Zeiselmauer, Reliquien von ihm sind bis heute in einem silbernen Schrein in der Krypta der Stiftskirche auf dem Göttweiger Berg aufbewahrt. –

Pater Maximilian OSB

Pater Maximilian OSB

Altmann, Schutzheiliger der Mönche auf dem Göttweiger Berg

„Ein ‚Lieblingsort’ von mir, hier auf dem Göttweiger Berg, ist die Krypta“,  bestimmt klingt das aus dem Mund von Prior Maximilian Krenn, „das ist für mich der tiefste geistliche Punkt von Göttweig.“  Seine vollständige Titulierung ist allerdings umfangreicher: Prior Pater Mag. Maximilian Krenn OSB, wobei letzteres den wichtigsten Teil darstellt: „Ordo Sancti Benedicti“ – das sind die Insignien für ein ganzes  Leben in der Ordensgemeinschaft der Benediktiner.

Stift Göttweig, Krypta

Stift Göttweig, Krypta

Mit dieser Krypta unter dem Chor der Stiftskirche hat es eine besondere Bewandtnis. Hier, im Südraum, in der „Altmanni Krypta“, liegen nicht nur Reliquien des Gründers der Stiftes Göttweigs, sondern da ist auch noch ein Grabdenkmal, auch  Epitaph genannt, mit der liegenden Figur des ehemaligen Passauer Bischofs. Wir sind hier in einem Zentrum der Verehrung Altmanns als Heiligen. Es hat zwar nie eine offizielle Kanonisierung gegeben, aber im Laufe der Jahrhunderte wurde mit Billigung der Amtskirche aus dem Streiter für das Papsttum der Heilige Altmann; der Name kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet soviel wie „edler Mann“.

Für die Benediktiner in Göttweig ist er zu einer Art „Schutzpatron“ ihrer Unabhängigkeit von jeglichen staatlichen Einflüssen geworden. Wenn er heute leben würde, stünde er vermutlich auf Seite der Globalisierer, nicht wegen deren ökonomischen Zielen, sondern um nicht von nationalstaatlichen Grenzen eingeengt zu werden. Er wäre ein Verfechter einer „übernationalen“ Weltkirche und darüber hinaus ein Verteidiger der Gewissensfreiheit,  –  und er wäre vor allem ein unbequemer Zeitgenosse mit viel Zivilcourage.

Die geistlichen Würdenträger wurden im Hochmittelalter meist von weltlichen Herrschern eingesetzt, es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die meisten mehr der Ausübung ihrer Macht und weniger den geistlichen Aufgaben widmeten. Und so nahmen es die Geistlichen auch mit der Moral nicht so genau – ein Vorbild für die Gläubigen waren sie nicht. Noch dazu war  auch der Papst in Rom mehr Herrscher als Seelenhirte.

Die moralische Verlotterung der Kirche sah auch Papst Gregor VII., und er wollte eine Reform seiner Kirche, er wollte vor allem den Einfluss der weltlichen Machthaber verhindern. Aber er forderte auch von den Geistlichen die ganze Hinwendung zu ihrer Kirche: Ehelosigkeit des Klerus, Abkehr von der Sidomie (Handel mit geistlichen Ämtern) und Aufgabe des Konkubinats. Allerdings war auch der Papst Gregor ein Mensch des Hochmittelalters, auf die weltliche Macht wollte auch er nicht verzichten.

Altmann war der Vertreter des Papstes an der Hauptfront des Investiturstreites, als Kontrahent des deutschen Kaisers. Er sah in der Reform die Wiederbesinnung auf die Religion, und die Mitglieder der Orden schienen ihm geeignet, den nötigen Idealismus dazu aufzubringen. Er war mehr ein Anhänger der Chorherrn-Organisationsform –  die Abtei Göttweig wurde als ein Augustiner Chorherrnkloster gegründet. Erst Bischof Ulrich I. von Passau wandelte es in ein benedictinisches Mönchskloster um.

Etwa 40 Jahre nach der Gründung von Göttweig durch Altmann erfolgte weiter im Norden die Gründung des Prämonstratenser Chorherrnordens durch den Magdeburger Bischof Norbert von Xanten. Ziel des Ordens: die katholische Kirche zu reformieren. Zwei „Idealisten“ der Kirche, beide – Altmann und von Xanten – versuchten es mit Kanonikern nach den Augustinusregeln, beide konnten zu ihrer Zeit das Ärgste nicht verhindern. Es begann ein unheilvoller Zeitabschnitt in der langen Geschichte der römischen Kirche: im 12. Jahrhundert begann die Inquisition, die Papst Gregor IX. in seinen Ketzerdekreten 1231 „amtlich“ legitimierte;  Ende des 11. Jahrhunderts fand der erste Kreuzzug statt, und  400 Jahre später der letzte – hunderttausende Kreuzfahrer fanden den Tod; und Mitte des 16. Jahrhunderts „explodierte“ die Krisensituation – ein Möch des Augustiner-Eremiten-Ordens spaltete die römische Kirche: Martin Luther.

Scho mehr als 300 Jahre vor Luther wollten Altmann und von Xanten die römische Kirche reformieren – doch ihre Zeit war noch nicht reif dafür.

Stift Göttweig,Epitaph

Stift Göttweig,Epitaph

Die Mönche in der heutigen Zeit

„Hat ein Mönchsorden in der heutigen Zeit überhaupt noch eine Funktion?“, die Frage steht auf einmal im Raum und ist für Pater Maximilian ein wenig überraschend.

„Auf alle Fälle!“, das klingt ganz selbstverständlich, und dann holt er etwas weiter aus: – Die  Regeln des Benedikt von Nursia hätten eineinhalb Jahrtausende überdauert, und den Orden der Benediktiner gäbe es schließlich genau so lange. Eine wesentliche Tradition der Benediktiner sei die Gastfreundschaft – eine zeitlose Tugend – , und sie würden die Menschen auch in der Gegenwart einladen, sie aus ihrem Alltag heraus holen und an ihrem Leben teilhaben lassen. Ihre Lebensperspektive sei die Gemeinschaft. Und die Mönche würden die Ordensregeln freiwillig akzeptieren und brächten auch die nötige Disziplin für deren Einhaltung auf –  nach dieser Richtschnur würden auch heute Gesellschaften funktionieren. Und noch etwas sei typisch für ein Kloster, das seit fast tausend Jahren hier auf dem Berg steht: Seine Angehörigen haben sich  im Ablauf der Geschichte nie trendig, sondern immer antizyklisch, jedoch durchaus diplomatisch, gegenüber kurzfristigen politischen und geistigen Strömungen verhalten. –

Eine einfache Argumentation. Sie ist das Fundament benedictinischen Denkens: Gastfreundschaft, Gemeinschaft, Disziplin und pragmatische Klugheit im täglichen Handeln – so einfach sich das ausnimmt, so schwierig ist es, nach diesen Leitlinien durch die Zeiten zu leben.

Stift Göttweig mit Klosterhof

Stift Göttweig mit Klosterhof

Die Benediktiner leben nach der „Regula Benedicti“ des Heiligen Benedikt von Nursia, der im 6.Jahrhundert auf dem Bergplateau des Monte Cassino das „Urkloster“ der Benediktiner gründete. Aus dem umfangreichen Regelwerk des Heiligen Benedikts entstand im Spätmittelalter eine geistvolles Resümee, das zum Leitspruch der Benediktiner wurde:  „ora et labore et lege“ – „bete und arbeite und lese.“

Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Reinhold Niebuhr (1892 – 1971)

Stift Göttweig, Klostergang

Stift Göttweig, Klostergang

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Franz Haslinger, im Mai 2010

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Über den Autor

Franz Haslinger

Fotografieren heißt: Das Einzigartige eines Augenblicks im Bild festhalten, so dass dieser Moment das Allgemeingültige einschließt; dazu muss der Fotograf weniger das was er sieht fotografieren, sondern das, was er fühlt, und dazu muss er mehr ein Poet als ein Grafiker sein.

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