Hausbooturlaub Camargue von St-Gilles nach Port-Cassafiéres
Hausbooturlaub Camargue im Herbst „Flamingo Wochentour“ Canal du Rhone à Sète Sept 2013
Zu meinem 50er gönnten wir uns einen Hausbooturlaub. Wir (Schwägerin, Freundin meine Frau und ich) buchten die „Flamingo-Tour“, eine Einweg-Fahrt parallel zur Mittelmeerküste von St-Gilles nach Port-Cassafieres über den ETANG DE THAU. Die Buchung erfolgte problemlos über ein hiesiges TUI-Reisebüro. Die „Mystique“ mit Elektrogrill, 4 MTB´s (Luft bei Erhalt prüfen!), Fz-Verbringung zum Zielhafen (einwandfrei) sowie elektrische Laternen (unnötig bei Übernachtung in Häfen) und Haftungsausschluß sicherheitshalber dazu . Da wir schon durch Internet-Recherchen wußten, daß man ein Boot lieber „eine Nummer größer“ buchen sollte, hatten wir mit 3 Doppelkabinen mit je einer Toilette/Dusche die ideale Größe. Nach 12-stündiger PKW-Anfahrt kamen wir in dem idyllischen mittelalterlichen Ort ST-GILLES an. Da wir noch weit vor Übergabe-Termin ankamen, haben wir den Ort erkundet. Ein Mittelalterfest, eine schöne Kathedrale, ein schöner Binnenhafen und (nächster Morgen) ein Markt wirkten sehr einladend.
Die Boots-Übergabe war problemlos, die Erklärung des Equipments zügig und die SCHNELLST-Einweisung (Ich habe Bootsführerschein Binnen > vielleicht deshalb???) war schnell erledigt. Nachdem ich zuletzt vor 30 Jahren Boot fuhr und die Mystique mit 14,25 m Länge nicht zu den kleinen Hausbooten zählte, rechnete ich mit dem Schlimmsten.
Neben uns wurde ein kleineres Boot an ein Ehepaar übergeben, sowie ein größeres Boot an eine Jung-Männer-Gruppe, nebst 11 Kästen Bier mit Riesen-Kühltruhe an Deck.
Das Büro von LEBOAT war mit deutschsprachigem Personal besetzt. Allesamt waren sehr nett und freundlich zu uns. Nach der reibungslosen Boots-Übergabe kauften wir eine Basisausstattung an Lebensmitteln in einem örtlichen Supermarkt/Metzgerei (bis Samstag Abend geöffnet) und verbrachten die erste Nacht noch in St-Gilles. Beim 700 gr. Entrecote merkte ich recht schnell, daß der Elektrogrill nicht die richtige Wahl ist > Empfehlung: Gas-Grill bei Buchung mitbestellen!
Die Kombüse der Mystique (für maximal 8 Personen gedacht) war mit 4 Personen ideal. Die Küche mit Gasherd erfüllte unsere Erwartungen, der Kühlschrank war ausreichend und sogar ein Gefrierschrank war vorhanden. Und der Clou: Sogar eine Heizung (in der Früh war es schon relativ frisch) sorgte dafür, daß meine „Mädels“ nicht frieren mußten. Die ebenfalls vorhandene Klimaanlage brauchten wir eher selten. An Bord waren detaillierte Karten mit sämtlichen erforderlichen Hinweisen für Sehenswürdigkeiten, Strände, Liegeplätze, Schleusen, Häfen, Uhrzeiten und natürlich den einzelnen Fahrzeiten.
TAG 1: ETAPPE von ST-GILLES > AIGUES-MORTES (ca 3 Std)
Nach einer regnerischen Nacht (wir befürchteten das Schlimmste) wurden wir von der Sonne aufgeweckt. In der Früh kaufte ich am Markt typisch regionale Wurst- und Käsesorten, Baguette, Obst und Gemüse und besserte dabei meine Sprach- und v.a. Zahlen-Kenntnisse auf. Das Frühstück an Deck in der Vormittagssonne war schon ein guter Auftakt. Das Ablegen vom Kai war ganz easy, da das Boot mit Bug zum Canal stand. Die Mädels teilten sich die Aufgabe beim Ablegen, d.h. Taue lösen und ordentlich aufrollen. Das leidige Thema Knoten begleitete uns täglich… Nach anfänglichen Schwierigkeiten beim Steuern gingen die ersten Kilometer am CANAL DE RHONE À SÈTE Richtung Küste problemlos vorüber.
Durch das Gott sei Dank vorhandene Bugstrahlruder konnte das Boot auch bei Gegenverkehr noch gut und schnell manövriert werden. Die Vegetation war anfangs noch am Ufer sehr dicht und nicht so gefällig. Die ersten Camargue-Pferde wurden entdeckt und das erste Gläschen Wein machte die Fahrt lustiger. Das Bordbuch umfaßte neben dem notwendigen Kartenmaterial auch viele Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Schleusen, Hubbrücken und sonstiges Wissenswertes. Nach ca 3 Stunden erreichten wir Aigues-Mortes und die Stunde der Wahrheit des ersten Anlegens am nicht allzu großen, historischen Kai war da. Leider war auch das Boot der stets betrunkenen Jung-Männer im Hafen. Das erste Anlegen haute wider Erwarten sehr gut hin. Jeder Liegeplatz war mit Strom und Wasser ausgestattet.
Die Liegegebühren, die extra zu zahlen waren, lagen zwischen 25,- € und 49,- EURO. Aigues-Mortes ist eine wunderbare historische Stadt mit einer kplt erhaltenen Festungs-Anlage, die innen unzählige Läden, Galerien, Café´s, Restaurants und wunderbar erhaltene & bewohnte Häusern aufweist. Sehenswert der BONBON-LADEN mit eigener Produktion. Obligatorisch das weltberühmte FLEUR DE SEL – ist selbstverständlich überall zu kaufen und durch die Schießscharten der Festungsanlage sieht man auch die weißen Salzhügel vor der Stadt. Die Restaurant´s sind oftmals Touristen-Fallen. Auch wir fielen rein und erhielten, trotz eines sehr netten Kellner´s, eine nicht mehr so heiße, aber Fischsuppe und lauwarme Muscheln. Vorteil bei unserer September-Bootsfahrt: Reservierungen in Lokalen sind unter der Woche nahezu nicht nötig. Ich empfehle für eine Erkundung die App QYPE oder bei Restaurants die MICHELIN APP. Nett anzusehen und vielleicht für einen „stationären“ Urlaub empfehlenswert ist die Ferienhaussiedlung mit eigenen Liegeplätzen.
TAG 2: ETAPPE von AIGUES-MORTES > PALAVAS-LES-FLOTS
Der „Frühaufsteher“ (ich) erkundet mit Mountainbike (unbedingt buchen) die Lage und kauft Baguettes. Nach dem Frühstück legen wir ab Richtung Palavas-les Flots und nähern uns dem Meer. Erkennbar schon am deutlich stärkeren Wind, der das manövrieren schon sehr erschwert. Die Landschaft hat sich schon verändert und das naheliegende Meer läßt sich schon erahnen. Der beschriebene Casino-Turm erscheint und läßt den nächsten Hafen PALAVAS-LES-FLOTS ankündigen. Fahrzeit wieder rund 3 Stunden. Die Zufahrt zum langgezogenen Hafen mit danebenliegenden Caravan-Park führt direkt ins Mittelmeer. Aber man wird schon rechtzeitig davor gewarnt. Aufgrund des starken Windes gerät das Anlegen zum ersten und Gott sei Dank einzigen Problem. Aber ein älterer Franzose, der am Kai steht, ist behilflich und bei einem anschließenden Gläschen Wein werden meine Sprachkenntnisse weiter verfeinert.
Der Ort selbst ist zwar relativ große aber m.E. nicht sehr ansprechend. Viele Bausünden aus den 70er und 80er Jahren stehen am Strand. Ein Besuch des Hafens und des breiten Strandes obligatorisch. Am Hafen überquert sogar eine Sesselbahn die vom Fluß getrennten Seiten. Und sogar ein Lokal á la Glöckler gibt es. Nach einem Nachmittags-Café kauften wir noch in einem gut sortierten Fischgeschäft etwas für Abends.
TAG 3: ETAPPE von PALAVAS-LES-FLOTS > FRONTIGNAN
Baguettes, Frühstück und ab geht´s Richtung Frontignan. Nun fahren wir endlich in der für die Camargue typischen Landschaft mit vielen Lagunen, Flamingos und immer vom Meer eine steife Brise. Die Fahrrinne ist von den Seen etwas abgetrennt und geht oft schnurstracks gerade aus. Starke Windböen oder Strömungen aus den Lagunen erfordern schon eine gewisse Konzentration am Steuer. Das obligatorische Glas Wein meiner Schwägerin hilft dabei zusätzlich. Unterwegs sind Sehenswürdigkeiten in den Bootsunterlagen sehr gut beschrieben. Anlegen ist nahezu überall möglich um die Gegend zu erforschen. Backbords ist immer wieder das Meer zu sehen. Neben dem Canal verläuft ein Radweg der aber im September nicht mehr so stark genutzt wird. In Frontignan angelangt müssen wir vor der abgesenkten Eisenbahnbrücke bis 16.00 Uhr warten, um dann anschließend im Binnenhafen in „zweiter Reihe“ anzulegen. Ein freundlicher junger Mann der mir helfen wollte, reagierte auf meine französische Ansprache nicht – klar > war ja einer der deutschen Jungmänner-Truppe. Diesmal (noch) nüchern. Der Hafenmeister war sehr freundlich und war uns beim Anschluß der Wasserversorgung sehr behilflich. Die Erkundung des Ortes konnte die Empfehlung anderer Boat-People nicht bestätigen. Frontignan ist nicht sehr einladend und wir entdeckten kein einziges Restaurant. Auch der touristische Ortsteil am Meer war nicht sehr einladend.
TAG 4: ETAPPE von FRONTIGNAN > MARSEILLAN
Am nächsten Tag planten wir die frühe Weiterfahrt nach MARSEILLAN über den ETANG DE THAU. Da dieser (zweitgrößter Frankreichs) Binnensee als maritimes Gewässer zählt, müssen Hausboot-Kapitäne vor Überquerung in der entsprechenden Capitainerie desanrufen und nach den Wind-/Wetter- und Wellenverhältnissen zu fragen. Bis 9.00 Uhr möglich, so die lapidare Auskunft. Nach Baguette und Frühstück starteten wir um gleich frühmorgens Richtung SÈTE und weiter auf den ETANG DE THAU. Diesen Gedanken hatten auch andere Bootsreisende und so waren wir nicht alleine. Auch tags zuvor kennen gelernte ältere Schweizer Bootsfahrer waren dabei. Wir ließen Sète „links liegen“ und wurden bei der Einfahrt in den ETANG auch schon von der gerade aufgehenden Sonne begrüßt. Die Fahrspur wird durch weit auseinander- liegende Bojen markiert und führt direkt an den Austern- und Muschelbänken steuerbords vorbei. Die Wellen werden immer größer und zwei Mädels beobachten das Geschehen von der Kajüte aus. Die Gischt spritze teilweise bis nach oben rauf. Fast schon ein bischen „Meeres-Feeling“ für uns Landratten. Wir erkannten jetzt die Vorteile unseres größeren Bootes gegenüber den kleineren Booten, die den Wellen schon wesentlich stärker ausgeliefert waren. Meine Frau half mir beim Navigieren und beim Aufsuchen der Navigationsbojen. Die Fahrt wurde auch dadurch erleichtert, daß etliche Hausboote diese Route fuhren und wir uns danach richten konnten. Wir passierten Bouzigues und Mèze. Da wir um 9.00 Uhr Marseillan noch nicht erreichten, beschlossen wir weiterzufahren und kamen um 10.00 Uhr bei schönstem Wetter in dem Weltkulturerbe MARSEILLAN an. Vorher überholten wir die „Schweizer“, die die Hafeneinfahrt verpassten und auf eine Sandbank fuhren. Nach einem 1a Anlegemanöver vertauten wir unsere salzverkrustete „MYSTIQUE“. Die Weiterfahrt hat sich gelohnt. Der Hafen liegt wunderbar mit vielen Restaurant´s, Bar´s und Hotels am Ende des Etang de Thau und hat alles, was von einer südfranzösischen Stadt erwartet. Nebenbei kommt der berühmt Noilly Prat aus Marseillan. Eine Besichtigung quasi Pflicht. Die Capitainerie, in einem kleine Türmchen an der Hafeneinfahrt untergebracht, wird augenscheinlich sehr locker geführt und wir konnten uns des Gefühles nicht erwehren, daß die Jungs der Hafenmeisterei schon etwas gebechert hatten. Die Liegegebühren hier sind mit knapp 50,- EURO schon am oberen Niveau – aber immerhin incl WLAN und DUSCHEN. Während die Mädels sich frisch machten fuhr ich mit dem Rad und stimmte die Restaurant-Suchergebnisse im Michelin-Führer bzw Quip mit der Realität in Form der Speisekarte ab. Restaurant gefunden & tel. Tisch reserviert (sicher ist sicher). Anschließend entsalzten wir unsere Mystique, machten wir Brotzeit an Deck und erkundeten die Stadt und deren Umgebung. Von Marseillan nach Marseillan Plage am Mittelmeer beträgt die Radlzeit ca ¾ Stunde. Marseillan Plage ist eine nicht mehr ganz taufrische Bade-Dependence und zu unserer Nach-Ferienzeit auch sehr übersichtlich bevölkert. Am Strand war es ruhig. Lediglich das Wasser war zu unserer Überraschung (fast) zu kalt zum Baden. Nach der Rückkehr zum Boot duschten wir in der Hafen-Duschanlage, „genossen“ dabei die weinhaltige Luft der gegenüberliegenden Winzergenossenschaft und genehmigten uns einen Cocktail (auch mit Noilly Prat) in einem der allesamt sehr guten Hafencafé´s. Der Hafen war international „besetzt“: Holländer, Engländer, Schweden, Franzosen und wir Bayern. Vor dem Café legten gerade die anderen Bayern an. Bei einem Gläschen lernten wir uns kennen. Sie durchquerten den Etang in einem kleinen Boot und hatten durch den Seegang einen Teil des Geschirr´s verloren. Für den Abend reservierte ich einen Tisch im „La Table d´Emilie“. Selten so gut gegessen. Preis/Leistungsverhältnis Note 1. Sitzplatz im Patio. WOW! Die Käseauswahl hätte einem 2 Sterne Lokal gestanden.
TAG 5: MARSEILLAN
Nächster Morgen Aufstehen; Duschen im Hafenbereich (Das Benutzen der Bordtoilette und Dusche im Etang ist strengsten Die s verboten); Rauf aufs Rad; Innenstadt Baguette kaufen; Besuch beim Friseur mit kleinem Ratsch > Friseur ist Fan eines dt. Automobilherstellers; erster „petit noir“ in einem Café mit vielen Einheimischen. Mehr Erholung geht nicht. Meine Mädels warteten allerdings schon mit dem Frühstück bzw auf meine Baguettes. Dabei haben wir auch festgestellt, daß nicht alle Baguettes in Frankreich auch wirklich gut sind.
TAG 6: ETAPPE von MARSEILLAN > PORT-CASSAFIÈRES
Baguette holen, Frühstück, Mitbringsel (u.a. Noilly Prat) kaufen und Verabschiedung von unseren neuen Freunden. Nach Verlassen des Etang befahren wir den Canal de Midi. Und nun merken wir erst wie schön die bisherige Route war. Der Canal du Midi ist durch die Vegetation – viele Platanen, von denen etliche schon von der Pilzkrankheit befallen sind, viel monotoner. Man sieht nur sehr begrenzt über das Ufer hinaus. Lediglich die Schleusen und manch entgegen kommendes Schiff sorgen für Abwechslung. Die Flamingoroute bietet nur zwei Schleusen und die sind relativ leicht zu handeln. Die historische Schleuse in Agde ist auch schon sehenswert.
Am frühen Nachmittag kamen wir im Zielhafen Port-Cassafières an. Der Hafen ist wirklich nur eine triste Leboat-Station, die den Namen Hafen eigentlich nicht verdient – und es gibt überhaupt nichts zu sehen dort. Die Bootsrückgabe wäre am nächsten Tag gewesen. Aber wir konnten noch an diesem Tag das Boot (ganz unproblematisch) zurückgeben und die Rückfahrt nach Deutschland antreten.
Hallo und danke für den schönen Bericht!
Wir haben dieses Jahr (1. Augustwoche 2019) St. Gilles nach Frontignan in einem Tag gemacht um mehrere Tage am Etang de Thau zu verbringen. Abgabe des Bootes war St Gilles. Leider ist der Etang denThau sowas von Quallen verseucht dass ein Badeaufenthalt dort zur Zeit nicht denkbar ist. Teilweise war der Quallenteppich so dicht dass wir schon Angst um unsere Schraube der Vision 3 hatten …somit sind wir nach einer Nacht in Marseillan wieder zurück in den Kanal so wie du das in deine Beschreibung gesagt hast die Orte in der verkehrten Reihenfolge zu besuchen. Übrigens keine einzigen Flamingo gesehen nur die Pferde sind noch da…
Liebe Grüße Manfred