Indien Ferienerlebnisse- mit dem Boot auf dem heiligen Fluss Ganges in Varanasi
Varanasi, Freitag
So früh wie heute sind wir den gesamten Urlaub nicht aufgestanden. Schon um 6ººh morgens werden wir zu unserer Bootsfahrt auf dem Ganges abgeholt, die bei Sonnenaufgang stattfindet. Es ist noch dunkel, als wir hinter dem Bootsführer zum Flussufer gehen. Vorsichtig tasten unsere Füsse über die Unebenheiten und Abfälle, bis wir an dem Ruderboot ankommen.
Kurz darauf gleiten wir im Dunkeln über das Wasser und außer dem gleichmäßigen Geräusch des Ruderns ist nichts zu hören. Einige Gebäude sind beleuchtet, ansonsten liegen die Gaths still und verlassen da.
Doch sobald die ersten Sonnenstrahlen über dem heiligen Fluss auftauchen fängt das Leben wieder an. Die ersten Männer beginnen mit ihrer täglichen Arbeit Wäsche zu waschen, Gläubige kommen zu ihren rituellen Waschungen, zum Beten und Meditieren. Einer der Männer praktiziert eine „Lachtherapie“ und sein lautes Lachen hallt durch den frühen Morgen. Die Sonne ist nun knapp über dem Horizont, doch die Luft ist von der Nacht empfindlich kalt und die Strahlen reichen noch nicht aus um uns zu wärmen. Gott sei Dank habe ich meine Jacke dabei und während sich Menschen an den Gaths im kalten Wasser waschen, wickle ich mich frierend in den wärmenden Stoff.
Hin und wieder werfe ich einen Blick in das Wasser. Schwimmt vielleicht irgendwo der Körper eines Sadhus? Doch das Wasser ist so trübe, dass es unmöglich zu erkennen ist, was einige Zentimeter unter uns dahin treibt. Doch was ist das? Kaum zu glauben, ein Mann schwimmt tatsächlich quer durch den Ganges. Von einem Ufer zum anderen, in dieser Kälte! Zügig kommt er voran und schwimmt nur wenige Meter von unserem Boot entfernt vorbei.
Inzwischen ist der Tag endgültig angebrochen und immer mehr Menschen strömen an das Ufer des Ganges. Es wird sich gewaschen, einige baden und sogar die Zähne werden mit Zahnpasta und ungefiltertem Gangeswasser gereinigt.
Unser Bootsführer rudert uns bis zu dem zweiten Verbrennungsgath, das Manikarnika Gath. Es ist grösser als das Gath in der Nähe unseres Hotels und große Holzstapel sind aufgeschichtet und werden zum Verkauf angeboten.
Der Geruch nach verbranntem Holz weht zu uns herüber und soweit ich erkennen kann finden gerade drei Bestattungen statt.
Wir drehen um und können nun das lebhafte Geschehen im Tageslicht sehen. Immer mehr Menschen drängen ans Ufer, auf einem erhöhten Stein sitzt ein Guru in Meditation versunken und der Mann mit der „Lachtherapie“ nimmt inzwischen ein Bad.
Nicht weit vom Asi Gath entfernt sitzen Fischer mit selbst gebastelten Angeln in Booten und versuchen ihr Anglerglück. Ein Gangesfisch zum Abendessen? Ich bleibe lieber bei der vegetarischen Kost in unserem Hotel. Am Ufer liegen angeschwemmte Plastiktüten, Blumenketten und andere undefinierbare Abfälle. Auf dem Wasser schwimmen kleine Bläschen, möglicherweise bedingt durch Seife, Waschpulver und Zahnpasta.
Als wir am Harishchandra Gath vorbei fahren, können wir die Aschenreste am Ufer sehen. Um diese herum sitzen Kinder und scheinen die verbliebenen Wärme zu suchen.
Der Bootsführer setzt uns wieder am Asi Gath ab und wir kehren zurück in unser Hotel um uns dort mit einer heißen Dusche aufzuwärmen, bevor wir zum Frühstück gehen.
Genau wie gestern haben wir wieder Gesellschaft am Tisch und jeder möchte wissen wie uns die Bootsfahrt gefallen hat.
Als wir schließlich gegen 10ººh das Hotel verlassen steht Rahul schon vor der Tür und wartet auf uns. „Wie war die Bootsfahrt?“ ist auch seine erste Frage. Während wir ihm unsere Eindrücke erzählen, schlendern wir langsam an den Gaths entlang. „Yes, die Plastiktüten sind ein großes Problem“ erzählt uns Rahul. Es soll eine Organisation in Varanasi geben, deren Mitglieder ehrenamtlich an bestimmten Tagen am Ufer entlang gehen und Plastiktüten einsammeln, um so den Schaden zumindest zu begrenzen. „Ich mache das zwei mal in der Woche“ beteuert Rahul. Hmmm! Ich kann mich ja irren, doch irgenwie habe ich das Gefühl, er möchte im Moment den Ganges und Varansi vor kritischen europäischen Augen in ein besseres Licht rücken. Also nicke ich beeindruckt und sage in hoffentlich überzeugendem Ton „Oh,that´s very good!“
Auch am zweiten Tag unseres Aufenthaltes ist das Geschehen an den Gaths spannend und interessant. Der heilige Fluss spielt eine zentrale Rolle im Leben der Einwohner und Besucher von Varanasi. „Zur Zeit ist Niedrigwasser“ informiert uns Rahul „doch während der Regenzeit reicht das Wasser manchmal bis an die oberen Stufen.“ Und die Pilger und die Gläubigen? Kommen die trotzdem zum Baden? „Weniger als jetzt“ bekommen wir erklärt „und wer dann badet muss sehr vorsichtig sein. Wenn starke Strömung herrscht, ist es am besten sich mit einem Seil zu sichern.“ Ich versuche mir den langsam und gemächlich dahinfließenden heiligen Fluss als reißenden Strom vorzustellen, aber so recht gelingt es mir nicht. Doch Rahul zeigt mir an einigen Mauern wie hoch das Wasser in der Regenzeit steht und der ehemalige Wasserstand lässt sich tatsächlich erkennen.
Inzwischen haben wir den Baba und seine Armenküche erreicht. Helfer bauen unter den Anweisungen des Gurus einen großen, mit Reis gefüllten Topf auf, auf dem Boden werden lange, dünne Sitzmatten ausgelegt und im Abstand von ca. 50 cm Aluminiumteller auf den Boden gestellt. Männer unterschiedlichen Alters und eine Frau nehmen vor den Tellern auf dem Boden Platz und warten auf ihre Mahlzeit. Der Baba hat nun Rahul und uns entdeckt und begrüsst uns freudig. „Come here, come closer“ fordert er uns auf und präsentiert uns ein Fotoalbum mit Aufnahmen von seinen Essensausgaben. „Ich mache das seit vielen Jahren, jeden Tag um die gleiche Zeit“ versichert er uns.
„Lasst euch von den Armen die Hände schütteln, das ist gut für euer Karma. Ihr könnt auch mithelfen. Oder möchtet ihr einen Teller Reis?“ Nein, danke! Wir möchten weder Reissuppe, noch mit einer riesigen Suppenkelle den merkwürdigen Brei auf die Teller verteilen. Da erkaufe ich mir mein gutes Karma doch lieber mit Hundert Rupees.
Der Baba zuckt über meine mangelnde Begeisterung mit den Schultern und widmet sich wieder dem organisatorischen Teil zu. Mit einem Tuch um die Hüften und nacktem Oberkörper steht er da und achtet darauf ob die Helfer auch flink genug die dicke Suppe an den Mann bringen. Seine Brust ist mit einer glitzernden Plastikkette geschmückt und der grau- braune Bart weht im Wind.
Während ich fasziniert die Essensverteilung beobachte hat Edith eine junge Frau mit einem Kleinkind beim Betteln beobachtet. Um Mitleid heischend streckt sie Passanten das verschmutzte und ungekämmte Kind entgegen und hofft auf einige Rupees.
Als sie eine Weile erfolglos bleibt, sucht sie einen Schuldigen. Und findet ihn in dem Kind! Sie schüttelt den Kleinen durch , gibt ihm eine Ohrfeige und setzt ihn unsanft auf den Boden. Edith ist empört! „No!!!“ bellt sie die Bettlerin unfreundlich an „No!!! It is a baby!“ und zeigt ihr mit Zeichensprache was sie nicht tun soll. Die Antwort ist ein Blick voller Unverständnis und ein Schulterzucken nach dem Motto: Was kümmert die das denn? Der kleine Knirps krabbelt inzwischen auf dem Boden umher und keiner nimmt Notiz von dem Jungen. Auch nicht die anscheinende Mutter. Vielleicht ist der Kleine ja auch nur eine „Leihgabe“ oder „gemietet“ um besser betteln zu können? „Wollen wir weitergehen?“ fragt Rahul, der die Szene leicht besorgt beobachtet hat. Ja sicher, bevor hier die Bettlergilde aufkreuzt und fragt wer sich in die Kindererziehung einmischt.
Wir gehen genau wie gestern die Treppe hinauf in Richtung Zentrum, nur bleiben wir heute nicht auf der Hauptstraße. Rahul führt uns durch das Gewirr kleiner Gassen über einen Markt wo es Obst, Gemüse, frische Fische aus dem Ganges und lebende Hühner zu kaufen gibt. Von dort geht es weiter durch das Viertel in dem Rahul´s Familie wohnt und arbeitet.
Er zeigt uns eine Fabrik in der aus Lehm Figuren für religiöse Zeremonien hergestellt werden. Der Lehm wird hierzu mit Stroh vermengt, die Figuren werden geformt und nach dem Trocknen bemalt. „Das ist meine Kaste, diese Arbeit macht meine Familie“ berichtet uns Rahul. Wo kommt der Lehm denn her? „Nun, vom Gangesufer“ ist die Auskunft.
Danach geht es weiter durch immer engere Gässchen in denen auf wackligen Tischen in alten Kannen Tee gekocht und zum Verkauf angeboten wird. Die Strassen sind eng und bei Gegenverkehr müssen wir uns sehr dünn machen, vor allem wenn uns eine Kuh begegnet. Neugierig schaue ich in die kleinen Geschäfte und auf die Reklametafeln. Eine Wechselstube wirbt mit dem Hinweis: AUTHENTIC FOREIGN MONEY Was heißt das denn? Dass es hier kein Falschgeld gibt?
Auf unserem Weg zeigt uns Rahul einige Tempel, doch Edith und ich sind inzwischen tempelmüde.Trotzdem gehe ich gemeinsam mit Rahul in einen sehr gut besuchten Tempel von dem Rahul sagt, er sein besonders schön. Doch nun ist es genug mit Tempelbesichtigungen. „Den Affentempel, den solltet ihr euch auf jeden Fall anschauen“ meint Rahul voller Überzeugung. Also gehen wir gemeinsam zum Affentempel und während Edith draußen wartet ziehe ich nochmals meine Schuhe aus und gehe mit Rahul in den Tempel der dem Affengott gewidmet ist. Der Tempel macht seinem Namen alle Ehre. Die Affen werden verehrt und gefüttert. Überall springen sie herum und der durchdringende Geruch nach den Tieren und ihre Hinterlassenschaften hängt in der Luft. Vorsicht Elke, aufpassen wo du hin trittst!!!
Ich bin froh, als wir wieder am Ausgang sind. Inzwischen ist es sehr warm geworden und die Sonne steht hoch am strahlend blauen Himmel. Sollen wir irgendwo einen Tee trinken gehen? Rahul kennt ein kleines Lokal in der Nähe und als wir dort ankommen werden wir freudig begrüsst. Auf wackligen kleinen Plastikstühlen nehmen wir Platz und bestellen drei Chai Masala. Der Tee wird in kleinen Tontassen serviert und weckt nach dem langen Spaziergang unsere Lebensgeister. „Nette Tonschalen“ meint Edith. „Die werden doch sicher aus gebranntem Ton sein, oder?“ ist dann jedoch ihre Überlegung. Ich bin mir nicht so sicher, denn meine Schale ist undicht, der Tee tropft durch. Soll ich Rahul fragen oder lieber nicht? Ich habe mich noch nicht entschieden als Edith nachhakt: „Aus was sind die Schalen denn gemacht?“ „Aus Lehm“ ist Rahuls Antwort. „Genau wie die Figuren.“ Nein, wir fragen bitte nicht nach, ob der Lehm auch vom Gangesufer kommt. So genau möchte ich das jetzt nicht wissen!
Rahul zählt in der Zwischenzeit noch weitere Tempel auf, die er uns gerne zeigen möchte. Doch wir sind müde und bei Edith steckt immer noch die Erkältung in den Knochen. Sie möchte gerne ins Hotel gehen, am besten auf dem kürzesten Weg.
Dank Rahuls Führung finden wir eine Abkürzung und brauchen kurz darauf nur noch einige Stufen hinab zu steigen um vor unserem Hotel zu stehen. „Ich möchte dich noch was fragen“ erklärt mir Rahul mit leicht verlegenem Gesicht. „Wenn du möchtest, aber wirklich nur wenn du möchtest. Wenn nicht, ist auch nicht schlimm – ich könnte dir noch eine Seidenfabrik zeigen.“
Aha, alles andere hätte mich ja auch sehr gewundert. Aber immerhin hat er uns ja zwei Tage geduldig durch Varanasi geführt und war ein angenehmer und freundlicher Begleiter. Also warum soll ich nicht mitgehen? Edith möchte nicht mit, sie fühlt sich immernoch krank und die kalte Luft heute morgen hat die Erkältung wieder leicht verschlimmert. Daher steige ich mit Rahul die steilen Stufen wieder hinauf und wir gehen zusammen in die Seidenfabrik. Sie befindet sich in einer kleinen Seitengasse und umfasst zwei Wohnhäuser. Im Inneren kann ich mir einen alten Webstuhl anschauen an dem ein Mann gemusterten Stoff webt. Es handelt sich hier um alte Muster, die schon vor über Hundert Jahren in Indien gewebt wurden. Danach werde ich in einen grossen Raum geführt, kann auf dem mit Kissen ausgelegtem Boden Platz nehmen und es werden wie erwartet Tücher in den unterschiedlichsten Mustern und Farben vor mir ausgebreitet. Es ist die gleiche Qualität wie mein Schal aus Thailand. Nur zu einem anderen Preis! Ein Drittel von dem, was ich in Chiang Mei bezahlt habe. Da ich solche Tücher gerne und viel trage hat sich der Besuch gelohnt. Für mich und auch für Rahul, worüber ich ebenso froh bin.
Als ich im Hotel in unser Zimmer komme schaut Edith mit grossen Augen auf meine Einkäufe. „Oh, durch die Gassen und die Tempel bin ich mitgelaufen und das habe ich versäumt?“ fragt sie entgeistert.
Die Ruhe hat Edith gut getan, sie fühlt sich etwas besser, doch der Husten will einfach nicht weg gehen. Daher sagen wir die abendliche Bootsfahrt ab und bleiben auch zum Abendessen wieder im Hotel.
Heute haben wir am Tisch Gesellschaft von zwei jungen Amerikanerinnen. Beide waren schon viel auf Reisen und es kommt zu lebhaften Gesprächen. Als die beiden Edith husten hören, bieten sie sofort Hilfe in Form eines Kräutertees an. Während eine der beiden eine Thermoskanne mit heissem Wasser bestellt, geht ihre Freundin hinauf ins Zimmer um den Tee zu holen. Edith bekommt eine Tasse mit einem aromatisch duftenden Getränk und die besten Genesungswünsche. Drei weitere Tassen werden gebracht und grosszügig wird mir angeboten „You like some as well?“ Ja, gerne! Doch auf den aromatischen Tee warte ich vergebens, der ist offensichtlich nur für Kranke. Die beiden jungen Frauen schenken für sich selbst und mich heisses Wasser in die Tasse. Das soll schmecken? „Yes, of course“ wird mir lächelnd erklärt „danach kannst du viel besser schlafen. Heisses Wasser wirkt beruhigend, wir haben immer welches auf dem Zimmer“. Na ja, dann eben Prost!
Ob es nun das heisse Wasser ist oder der lange Tag, auf jeden Fall schlafe ich die Nacht hervorragend.
Hallo Elke gerne hätte ich den Kontakt zu euerem zuverlässigen Fahrer. Wir wollen im Januar eine Rajasthan tour machen und suchen noch tipps.
vielen Dank
Susanne Wittmann
Hallo Susanne
gerne vermittle ich dir bei dem Kontakt zu unserem Fahrer und helfe auch gerne mit Tipps bei eurer Tour durch Rajasthan. Ich hoffe, ich kann dir bei Deiner Planung behilflich sein.
viele Grüße
Elke