Indienreise von Neu Delhi mit dem Auto nach Kaschmir
Delhi Sonntag
Das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich nur 7 Monate später schon wieder in Delhi lande. Eigentlich hatten meine Freundin Gabi und ich die Absicht in diesem Urlaub nach Brasilien zu reisen.
Doch bedingt durch ausgebuchte Flüge und meiner Begeisterung von Indien als ich Ende Januar zurück kam, haben wir uns zu einer zweiwöchigen Reise nach Kaschmir entschlossen. Mit von der Partie ist auch diesmal wieder Prakash als unser Fahrer und Reisebegleiter.
Am Ausgang des Flughafens in Delhi steht Prakash schon und wartet auf Gabi und mich.
Nach einer kurzen Begrüßung gehen wir zum Parkplatz und hier empfängt er uns ganz „offiziell“ mit zwei Blumenkränzen, die wir um den Hals gelegt bekommen.
Und danach zeigt Prakash uns stolz sein neues Auto. Er hat vor zwei Monaten einen eigenen Wagen gekauft und sich damit selbstständig gemacht. Frisch geputzt steht der Ford Icon in Alpine- Weiß dort und wird von uns gebührend bewundert. Es ist ja fast eine Jungfernfahrt, denn das Auto ist bisher weniger als 5.000 km gefahren.
Auf dem Weg zum Hotel besprechen wir den weiteren Tagesablauf und welche Orte wir in Delhi besichtigen möchten. Ich selbst habe Delhi im Januar schon kennen gelernt, (siehe unter Reiseberichte : Indien Reisebericht- Neu Delhi, eine individuelle Reise) daher schlage ich vor, die Altstadt mit der Moschee aus dem Programm zu lassen. Wir haben nur einen Tag Zeit, heute ist Sonntag und die meisten Geschäfte in der Altstadt um die Moschee sind geschlossen.
Schon sind wir in dem Ortsteil Karol Bagh angekommen und stehen vor unserem Hotel. Es ist ein anderes Hotel als auf meiner letzten Reise und im ersten Moment schlucke ich vor Schreck als ich unser Zimmer sehe. Klein, dunkel, kein Fenster und eine laut surrende Klimaanlage. Neee- das muss nicht sein. Außerdem bin ich erkältet und bleibe nicht in diesem AC-Kühlschrank. Der Herr an der Rezeption ist freundlich und verständnisvoll. Ein Zimmer mit Fenster? „Sorry Mam, da haben wir keins frei. Aber sie bekommen die Luxus- Suite.“
Mit dem Fahrstuhl geht es nach oben und ich betrete die Luxus-Suite. Groß, geräumig, kein Fenster und eine laut surrende Klimaanlage. Doch alles wirkt sauber und auch das Badezimmer macht einen guten Eindruck. Es ist ja nur für eine Nacht!
Doch nun machen wir uns auf zur Stadtbesichtigung. Prakash steht bei seinem Auto und schlägt vor mit dem Raj Gath zu beginnen. Während der Fahrt dorthin bin ich mit Prakash am plaudern. Wie sind seine letzten Monate gewesen? Was hat denn sein früherer Chef zu seinem Autokauf gesagt? „He was shocked!“ meint Prakash auf diese Frage lachend „damit hat er nicht gerechnet.“ Doch er ist stolz und froh nun sein eigener Boss zu sein. „Wie geht es denn Edith?“ möchte er dagegen nun von mir wissen und :„Wie ging es Dir in der Zwischenzeit?“
Als wir am Raj Gath ankommen wirkt alles sehr vertraut und bekannt und ich gehe mit Gabi durch den Park bis zu dem Einäscherungsplatz von Gandhi. Es ist erstaunlich leer, außer uns sind noch drei weitere Personen auf dem bei meinem Besuch im Januar von Schulklassen und Besuchern gefülltem Platz. Doch das liegt sicherlich an den Temperaturen im August. Es herrschen ca. 40ºC und auch wir bewegen uns langsam und bedächtig und nutzen den Schatten jeden Baumes auf unserem Rückweg zum Auto.
Das nächste Ziel ist Humayans Grab und die Anlage begeistert Gabi genauso wie mich, auch wenn ich zum zweiten Mal hier bin. Die Wasserspiele im Garten halten die Luft ein wenig kühler und es sind hier auch mehr Besucher.
Auf der Wiese sind Dohlen und eine mir unbekannte Vogelart auf der Suche nach Brotkrümeln, die von einem Familienpicknick noch übrig sind. Doch nicht nur Vögel sind auf der Suche nach etwas Verwertbarem. Ein kleiner Junge und seine vermutliche kleinere Schwester begutachten einen Abfallkübel. Ob da wohl was wertvolles drin ist? Die grüne Kiste hängt einfach zu hoch und einen Deckel hat sie auch noch. Doch der Junge weiß sich zu helfen.
Er holt einen langen Stock, schafft es den Behälter zu kippen und letztendlich gelingt es ihm einen Blick in das geheimnisvolle Dunkel des Eimers zu werfen. Doch die Mühe scheint sich nicht gelohnt zu haben, die beiden ziehen mit leeren Händen weiter.
Auch wir sind mit unserem Rundgang am Ende und gehen langsam zurück zum Parkplatz.
Von hier fahren wir weiter bis zum India Gate, wo wir bei einem kleinen Spaziergang zu Fuß das Tor umrunden und dabei nach einem Stand mit etwas essbarem Ausschau halten. Denn so langsam macht sich bei uns ein kleiner Hunger bemerkbar. Doch wir haben Pech, es werden nur Süßigkeiten und Eiscreme angeboten. Keine Pakoras und keine Samosas! Vermutlich ist es um diese Jahreszeit zu heiß für frittierte Snacks.
Vom Inida Gate aus fahren wir den Raj Path entlang bis zum Präsidentenpalast. Auch hier ruht alles in der sommerlichen Hitze,weit und breit ist fast kein Mensch auf der Straße zu sehen. Ach doch- zwei Frauen, eine davon mit einer Schirmmütze. Das sind bestimmt Touristen, die bei dieser Hitze hier herumlaufen.
Unser nächstes Ziel ist auch für mich neu, das Gandhi Smriti oder auch Birla House genannt. Hier hat Gandhi seine letzten Jahre in Delhi gelebt und über der Tür steht in Englisch und Hindi „mein Leben ist meine Botschaft“. Im Inneren des Gebäudes sind weitere Aussagen Gandhis und in einem Raum ein überlebensgroßes Bild von ihm. Langsam gehen wir durch die Räume, die Gandhis letztes Zuhause waren. Sein Schlafzimmer ist mehr als spartanisch eingerichtet und alle Räume zeigen sein asketisches Leben. Das Haus ist gut besucht und zwischen den vielen Menschen muss ich in dem verwinkelten Gebäude aufpassen, dass Gabi und ich uns nicht aus den Augen verlieren.
Nachdem wir alles Wissenswertes besichtigt haben, gehen wir noch im Garten spazieren.
Hier steht ein riesiger Gong auf dem „Weltfrieden-Gong“ geschrieben steht und eine große Bronzestatur zeigt Gandhi an einem Spinnrad.
Auf einem Pfad führen uns Fußstapfen zu der Stelle wo Mahatma Gandhi am 30.Januar 1948 ermordet wurde. „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Friede ist der Weg.“ Auch dies ist eine Aussage des Mannes, der sich als Rechtsanwalt in Indien wie in Afrika für die Rechte der indischen Bevölkerung eingesetzt hatte und deswegen mehrmals in Haft war.
Eine seiner spektakulärsten Aktionen war der sogenannte Salzmarsch im Jahr 1930. England hatte ein Salzmonopol und erhob hohe Steuern auf das Salz. Gandhi untersagte damals allen Indern Salz zu kaufen, herzustellen oder damit zu handeln. Seine Unabhängigkeitsbewegung und sein gewaltfreier Widerstand bedeutete 1947 das Ende der britischen Kolonialherrschaft.
Es war ein interessanter Besuch und ich bin froh das Birla House bei meinem zweiten Besuch in Delhi kennen gelernt zu haben.
Als letzte Station steht der Connaught Place auf unserem Programm. Wir möchten den inneren Ring abgehen und uns ein wenig umschauen. Ich hoffe den Schmuckladen wiederzufinden, in den mich im Januar der Tuktuk Fahrer gebracht hatte. Mir fehlen noch ein paar Ohrringe zu dem damals gekauften Anhänger. Bei unserer Ankunft fährt Prakash auf den gleichen Parkplatz wie beim letzten mal und ich orientiere mich zur Sicherheit nochmals an den Namen der umliegenden Geschäfte. Das ist nicht schwer, es hängen ja überall riesige Reklametafeln. Wir machen uns auf den Weg und spazieren unter den Arkaden hindurch. Nach einigen Metern kommen wir an eine Baustelle und die gezogene Sichtplane verhindert den Luftzug und lässt die Temperatur noch um einige Grad ansteigen.
Es herrscht das gleiche geschäftige Bild wie im Januar. Straßenhändler, eilige Männer mit Aktentaschen unter dem Arm, Frauen beladen mit Einkaufstüten und in den Ecken Reste von ausgespucktem Betelsaft. Mitten auf dem schmutzigen Gehweg liegt ein Bettler, mager und fast vollständig entkleidet zeigt er seine erkrankten Hautstellen. Daneben sitzt eine alte verhärmt aussehende Frau und hält die Hand auf mit der Hoffnung auf einige Rupees.
An einer Stelle steht ein kleines Metallhäuschen, ähnlich wie ein Kiosk mit vergittertem Fenster. In grossen Buchstaben steht darauf VERKEHRSPOLIZEI DELHI, besetzt ist diese Polizeistation zur Zeit jedoch nicht.
Es ist heiss und schwül, sollen das wirklich nur 40ºC sein? Mir kommt es viel höher vor, aber das liegt vermutlich an der hohen Luftfeuchtigkeit. Solches Klima kenne ich sonst nur aus den Reptilienhäusern im Zoo. Wie weit sollen wir gehen? Die ganze Runde oder den gleichen Weg zurück? „Nein, nicht wieder zurück“ meint Gabi entschieden. Ist es der Bettler an dem sie nicht mehr vorbei möchte? „Nein, es ist wegen der Baustelle! Da ist es noch drückender und wärmer als hier.“ Da hat Gabi natürlich recht und wir gehen weiter bis wir wieder unter die Arkaden kommen. Man kann sich hier ja gar nicht verlaufen. Oder doch? Hier ist ja schon wieder die Sichtplane der Baustelle . Da sind wir doch zu weit gegangen! Wo ist denn die Reklametafel für Vodaphon? Aha, da ist sie ja! Aber wo ist Prakash? Und wo das Auto? Auch der Parkplatz hat nichts vertrautes. Wo sind wir???????
Doch Gott sei Dank habe ich ja mein Handy dabei und kann Prakash anrufen. Als er abnimmt und ich mich melde hört sich seine Stimme sehr erstaunt an: „Elke??????????????“ Ja, ich bin es tatsächlich! Wir finden nicht den Parkplatz. Aber ich sehe das Schild Vodaphon und die Bauststelle. „Ich weiss wo ihr seid, ich bin in fünf Minuten da“ ist Prakashs beruhigende Antwort. Na Gott sei Dank! Nicht weit von uns ist ein dürres kleines Bäumchen und Gabi nutzt den wenigen Schatten um der sengenden Sonne zu entkommen. Ich bleibe an der Ecke stehen, so sind wir für Prakash leichter zu sehen. Auch für die Tuktukfahrer und jeder der vorbei fährt bietet uns eine Fahrt an. Manche kommen zwei mal und dieser fragt mich schon das drittemal: „No Tuktuk, Mam? What are you waiting for?“ Wie lange stehe ich hier inzwischen? Wo bleibt Prakash? „Komisch, wo bleibt denn Prakash?“ höre ich Gabis Stimme wie ein Echo meiner Gedanken. Dann endlich sehe ich ihn- er kommt zu Fuss im Eilschritt und ihm steht der Schweiss auf der Stirn. „Sorry, aber ich bin in die falsche Richtung gegangen. Es gibt hier drei Reklametafel für Vodaphon und zur Zeit zwei Baustellen“ erklärt er uns atemlos. Drei mal Werbung für Vodaphon? Da habe ich mir ja genau das richtige Schild zur Orientierung ausgesucht. Erleichtert machen wir uns auf den Weg zum Auto. Es ist nicht weit, wir hätten einfach noch ein Stückchen gehen müssen. Woher sollen wir aber auch wissen, dass hier an zwei Stellen gleichzeitig gebaut wird? Ich dachte, sowas gibt es nur in Spanien.
Auf der Rückfahrt zum Hotel bin ich das erstmal froh über die Erfindung der Klimaanlage. Herrlich kühl wird es im Auto, ein Genuss nach diesem Spaziergang.
Am Hotel verabschieden wir uns von Prakash, er ist auch diesmal die Nacht zuvor über 1.000 km von Jaisalmer nach Delhi gefahren und ist entsprechend müde. Auch Gabi und ich sind froh über eine kleine Ruhepause und die Möglichkeit uns ein wenig im Hotel umzusehen. Im obersten Stockwerck ist ein Restaurant, dort bekommen wir sicherlich etwas Kaltes zu trinken. Das Restaurant ist klein, gut gekühlt und ein sehr freundlicher Kellner fragt nach unseren Wünschen. Trotz der immer noch recht hohen Temperatur setzen wir uns auf die Terrasse, wo wir auch nach kurzer Zeit Gesellschaft bekommen. Ein Holländer, der mit seiner Freundin eine Indienreise macht. Wir tauschen ein wenig die ersten Eindrücke aus und er ist von dem bisher Erlebten begeistert.
Nachdem wir uns ein wenig regeneriert haben, packt uns wieder die Unternehmungslust. Denn im Vergleich zu Prakash mussten wir ja nicht fahren, sondern konnten im Flugzeug schlafen.
Daher machen wir uns auf zu einem Erkundungsgang durch Karol Bagh. Ob ich alles wiederfinde? Doch ja, hier sind wir ja schon auf der Einkaufsstraße und dort drüben ist der Obststand. Wir merken uns genau die Ecke an der wir auf dem Rückweg abbiegen müssen, ein Sari- und Seidenladen, und dann schlendern wir die Einkaufsstraße entlang. Schuhgeschäfte, Gewürze, sehr elegante Schneidereien mit Stoffangeboten in hochwertiger Qualität und ganz moderne Angebote wie Lewis Jeans und Adidas Turnschuhe.
Als es dunkel ist machen wir uns langsam auf den Rückweg. Wir haben vor in unserem Hotel auf der Dachterrasse zu essen und haben uns zur Feier des ersten Urlaubstages eine Flasche Wein beim Kellner bestellt.
Dieser teilt uns bei unserer Ankunft freudestrahlend mit, dass er den Wein schon kaltgestellt habe. „You want it now?“ ist seine Frage. Nein, lieber nach bzw. mit dem Essen. Zuerst müssen wir unseren Durst löschen, und da ist Wein nicht sehr geeignet. Wir bestellen uns zwei verschiedene vegetarische Gerichte, dazu Chapati und sind mit unserer Wahl sehr zufrieden. Im Anschluss trinken wir mit Genuss die Flasche Wein und stossen natürlich auf unseren ersten Urlaubstag an. Es ist ein „privater“ Abend, da wir die Dachterrasse für uns alleine haben. Wer setzt sich auch bei solchen Temperaturen nach draussen, wenn das Lokal eine Klimaanlage hat? Sowas kann wirklich nur Touristen einfallen!
Als der Kellner uns freundlich lächelnd mit der Bemerkung : „Sleeping time!“ die Rechnung bringt haben wir die nötige Bettschwere. Morgen müssen wir früh aufstehen, denn wir haben eine lange Fahrt von ca. 400 km bis Amritsa vor uns. Vor allem müssen wir pünktlich losfahren, denn wir sollten vor dem Berufsverkehr aus Delhi draußen sein. Um 08ººh sind wir mit Prakash verabredet und im Zimmer stelle ich den Wecker meines Handys. Wir wollen auf gar keinen Fall verschlafen!
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