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Rundreise in Gujarath – von Hodka in die heilige Stadt Dwarka

Mittwoch

Blick aus unserem Rundhaus in Hodka am Morgen

Es ist noch dunkel als ich erwache und vorsichtig, um Edith nicht zu stören, mache ich die kleine Taschenlampe an. Wie spät ist es denn? Und was läuft da um mein Bett herum? Es ist halb sieben und die einheimischen Ameisen sind eindeutig Frühaufsteher, sie sind soweit der Lampenstrahl reicht am rennen und laufen. Was haben die heute Nacht wohl hier alles raus getragen? Wir hatten doch gar keine Lebensmittel bei uns! Egal-ich drehe mich nochmal auf die Seite, denn bis um 7ººh das warme Wasser gebracht wird bleibe ich noch unter der warmen Decke.
Ich döse noch  im Halbschlaf als eine Weile später Edith wach wird. „Wieviel Uhr  ist es denn?“ möchte sie gerne wissen. Ich lasse das Licht kurz aufblitzen- schon 10 nach sieben. Wo bleibt das gestern Abend versprochene warme Wasser. Eigentlich hätte es  laut in den großen Tank außerhalb des Badezimmer plätschern müssen. Doch länger können wir auch nicht warten, denn um 8ººh sind wir mit Prakash zur Abfahrt nach Dwarka verabredet.

der Wasserträger

Mutig stehe ich als erste auf und schleiche über den kleinen dunklen Pfad in das einige Meter entfernte Badezimmer. Es ist kalt, richtig kalt, so wie es immer über die Wüste geschildert wird. Wie kam ich gestern nur auf den Gedanken an Wüstenromantik? Meine Hoffnung, wir hätten das Einfüllen des heißen Wassers überhört erfüllt sich nicht. Das Wasser ist genauso eisig wie die Luft. Es ist heute eine schnelle Katzenwäsche, noch rasch die Zähne putzen und zurück in unser Zimmer. „Das Bad ist frei!!!“ rufe ich Edith fröhlich zu. Gestern wollte sie am liebsten für einige Tage bleiben, mal schauen was sie in 10 Minuten sagt.
Ich bin kaum angezogen als es an der Tür klopft.  Draußen steht ein hochgewachsener Mann mit einem hennarot gefärbten langen Bart und einem großen Eimer in der Hand. „Your hot water, Mam!“   Oh-Dankeschön! Da auch Edith sich nur kurz im Badezimmer aufgehalten hat und in Rekordtempo fertig angezogen ist, lasse ich ihn den Eimer neben der Dusche abstellen. Schade um das Wasser! Wir lassen es in dem Eimer stehen, denn verschütten sollte man es in dieser wasserarmen Gegend auf keinen Fall.

Frühstück im Village Resort in Hodka

Wir waren eben einfach zu früh und zu schnell! Und ganz ehrlich- mit einem  Eimer warmen Wasser hatte ich nicht gerechnet. Aber das sind die Erwartungen einer verwöhnten Großstadtpflanze: typisches Wüstenflair mit einer heißen Dusche am Morgen! 😉
Draußenwird bereits das Frühstück gerichtet. Wir sind um diese Zeit die einzigen Gäste, doch es wird  speziell für uns das gesamte Buffet aufgebaut. Kaffee und Tee, Toastbrot mit Butter und Marmelade, verschiedene Obstsorten, Chappati und in der Küche ist der Koch dabei eine warme Mahlzeit zuzubereiten.
Pünktlich um 8ººh verabschieden wir uns von dem Shaam-e-Sarhad Village Resort in Hodka und starten zu unsere Weiterfahrt. Doch bevor wir Kutch in Richtung Dwarka verlassen, müssen wir noch unsere Salwar Kamiz (Punjabi Suits) abholen. Vor zwei Tagen haben wir den Stoff gekauft und heute sollten die Näharbeiten fertig sein. https://www.reiseberichte-blog.com/indien-ferienerlebnisse-bhuj-und-ein-besuch-im-spiegelpalast/

Anprobe des Salwar Kamiz

Bei unserer Ankunft werden wir bereits erwartet und die gesamte Familie ist gespannt, wie uns unsere neuen Kleidungstücke gefallen. Also auf zur Anprobe! Zur allgemeinen Freude passen alle Teile und selbstverständlich muss dieser Augenblick fotografisch festgehalten werden. „You like some Chai-Masala?“ fragt uns der Hausherr ebenso wie sein Sohn, doch leider müssen wir verneinen, denn bis Dwarka haben wir eine weite Strecke vor uns. Daher verabschieden wir uns von der gastfreundlichen Familie und verlassen das kleine Dorf. Noch einen Blick aus dem Fenster; die Kinder des Ortes stehen mitten auf der Straße und winken uns  zum Abschied.
„Gefallen euch die Anzüge?“ möchte Prakash wissen. Ja, das hat die Tochter seines Freundes wirklich gut gemacht. Vor allem in der kurzen Zeit. „Na ja, dafür ist aber keine Naht gesäumt.  Nicht mal der Schal! Das fusselt!“ gibt Edith jedoch zu bedenken.
Bald sind wir wieder auf der Landstraße in Richtung der Halbinsel Saurashtra, der größte Teil Gujarats. Die Ausfallstraße ist gesäumt von neuen Fabriken in denen Fliesen, Keramik, Zement, Motorräder, Fahrräder und Uhren produziert werden. Steuerliche Anreize haben viele Industriebetriebe nach Bhuj gelockt. Und in den Ebenen von Kutch werden 70% des indischen Salzes gewonnen.

Nomaden in Gujarath

Ein neuer Industriezweig sind Windkraftanlagen, die hier in dieser stürmischen Region entstehen. Daher drängen sich auf der Landstraße Schwertransporter, die Rotoren und Turbinen für diese neue Generation der Energiegewinnung heranschaffen.
Doch auch  LKW´s sind hier in beide Richtungen unterwegs zu den Frachthäfen Kandla und Mundra, letzterer einer der modernsten Technologiehäfen des Landes. Beide Häfen sind wichtig wegen ihrer Nähe zu den arabischen Ländern und Europa.
Doch nicht nur das Neue und Moderne begegnet uns auf dieser Straße. So wie seit hunderten von Jahren sind auch heute noch Nomaden in Kutch unterwegs. Ruhig und unbeeindruckt von dem hektischen Verkehr ziehen die Kamele mit dem gesamten Hausstand und der Familie am Straßenrand dahin.
Es ist eine lange Fahrt bis Dwarka, vorbei an der Großstadt Jamnagar, immer weiter durch das flache Land parallel zum Golf von Kutch. Gegen Mittag suchen wir eine Raststätte um eine Pause zu machen und eine Kleinigkeit zu essen. Doch es ist heute ein moslemischer Feiertag und die meisten Raststätten sind geschlossen. Endlich- hier ist geöffnet! Doch sehr einladend wirkt das Restaurant nicht. Daher vertreten wir uns nur ein wenig die Füße, während Prakash
einen Tee trinkt und seine verdiente Ruhepause einlegt.
Es fängt schon fast an zu dämmern als wir unser heutiges Ziel erreichen. Dwarka liegt am westlichen Ende der Halbinsel und ist eine der vier wichtigsten heiligen Stätten der Hindus. Doch es ist auch eine sehr alte Pilgerstadt, laut Legende hat Lord Krishna sie vor 5000 Jahren erbaut und seitdem wurde sie 5 mal von den Fluten des Meeres zerstört und von den Bewohnern wieder neu aufgebaut.
Doch die Besichtigung muss bis morgen warten, wir werden uns als erstes ein Hotel suchen. „Am besten wir suchen eine Unterkunft im Zentrum, dann haben wir es morgen nicht weit zum Dwarkadish-Tempel und den anderen Sehenswürdigkeiten“ schlägt Prakash vor. Gute Idee und im Schritttempo quälen wir uns mit dem Auto durch die schmalen Gassen, vorbei an Fußgängern, Sadhus und heiligen Kühen. Ob wir hier wirklich ein schönes Hotel finden?
Das erste Hotel liegt direkt an der Straße zum Tempel und während Prakash eine Möglichkeit sucht das Auto zu parken gehe ich mit Edith an die Rezeption.
„Yes, Mam!“ versichert mir der Rezeptionist freundlich. „Wir haben freie Zimmer!“  Schön, dann schauen wir uns doch mal eines davon an. Gemeinsam mit einem Angestellten fahren wir mit dem  Aufzug hinauf bis in den dritten Stock. Hier zweigen 4 Flure sternförmig vom Treppenhaus ab. Die Türen sind offen, indische Musik tönt aus mehreren Zimmern und Familien sitzen gemeinsam auf den Betten beim Abendessen. Die verschiedenen Currydüfte nach Linsen, Kichererbsen und Gewürze ziehen durch die Flure. Ich gehe zum Treppengeländer und werfe einen Blick nach oben und unten. Es muss heute allgemeiner Waschtag gewesen sein, denn das Treppengeländer ist behängt mit frisch gewaschener Unterwäsche, Hemden und Hosen. Handtücher flattern 2 Stockwerke über mir und auf dem Treppenabsatz liegt eine zur Zeit nicht benötigte Matratze. Ob wir hier wohl die von uns erhoffte Bettruhe finden? Höflichkeitshalber schauen wir uns das Zimmer an, doch mein Entschluss steht bereits fest. Ein klein wenig ruhiger und komfortabler hätte ich es gerne.
Draußen wartet Prakash und schaut uns erwartungsvoll an.  Mein leichtes Kopfschütteln ist jedoch Antwort genug. Auch beim zweiten Hotel haben wir kein Glück, es ist dunkel, riecht muffig und ich fange an zu glauben, dass dieses Haus tatsächlich 5.000 Jahre alt und fünf mal vom Meerwasser überspült worden ist.
„Prakash, lass uns ein wenig außerhalb suchen. Nicht direkt in der Altstadt!“ schlage ich nach kurzem Überlegen vor. Und hier haben wir mehr Glück! Nur einige Straßen entfernt finden wir ein recht modernes Hotel mit geräumigen, hellen Zimmern und einem großen Parkplatz direkt vor der Tür.
Endlich! Was mache ich nun zuerst? Füße hochlegen oder eine Dusche?

frische Backwaren in Dwarka

Nachdem Edith und ich  uns  für einen Moment  ausgeruht und erfrischt haben geht es gemeinsam mit Prakash zur ersten Besichtigung durch den Ort. Denn alle drei haben wir das Bedürfnis auf ein wenig Bewegung nach diesen viele Stunden Autofahrt.
Langsam schlendern wir durch die beleuchteten Straßen der Altstadt bis zum Leuchtturm und von dort entlang der Gaths. Hier wird alles angeboten: Modeschmuck, Blumen, Essen und Getränke. Anlässlich des moslemischen Feiertages stehen überall mit bunten Lichtern geschmückte Wagen.

bunter Feiertagsschmuck am Abend in Dwarka

Eine Hochzeitsgesellschaft kommt uns entgegen und der Bräutigam reitet auch hier hoch zu Ross in Festtagskleidung durch den Ort. Eine Braut habe ich bisher noch auf keiner dieser Hochzeiten gesehen. Wo mag sie sein?  Wird sie zu Hause von ihren Freundinnen und der Familie geschmückt und ist voller Vorfreude? Oder versteckt sie sich im Badezimmer ? In Europa steht zumeist die Braut im Mittelpunkt  mit einem prächtigen Kleid und Blumenschmuck. Hier in Indien ist es anscheinend so, dass man den Mann hochleben lässt. Wenn ich es genau bedenke ist das  ja auch richtig – die Jung´s haben doch wirklich super dickes Glück eine von uns Mädel´s heiraten zu dürfen! Oder etwa nicht?
Bevor wir uns auf den Rückweg in unser Hotel machen kehren wir  in ein Restaurant  zum Abendessen ein. Prakash hat sich im vorab erkundigt und dieser Familienbetrieb wurde ihm empfohlen. Die Besitzer stammen aus dem Punjab und das Lokal scheint in Dwarka sehr beliebt zu sein. Bei unserer Ankunft sind alle Tische besetzt, doch nach einer kurzen Wartezeit bekommen wir einen Platz zugewiesen. Das Essen ist wie erhofft hervorragend und zufrieden verlassen wir eine Stunde später das  Restaurant um in unser Hotel zu spazieren.  Obwohl das Hotel Damji nicht direkt in der Altstadt liegt, ist es nur knapp 10 Gehminuten vom Zentrum entfernt. Da haben wir eine gute Wahl getroffen.
Doch nicht nur die Lage ist gut, sondern auch die Betten. Oder woran mag es sonst liegen, dass wir innerhalb kurzer Zeit  fest eingeschlafen?

Der vorhergehende Reisebericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/indien-erlebnisreise-rann-of-kutch-die-salzwueste-an-der-grenze-zu-pakistan/

 

Indien Rundreise Mumbai und Gujarat

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Über den Autor

Elke Hoppe

Vor ca. 20 Jahren bin ich von Deutschland nach Spanien ausgewandert, um auf der Sonnenseite Europas leben zu können. Doch auch von hier aus habe ich das Bedürfnis mehr von der Welt kennen zu lernen. Da es mir zeitlich und beruflich möglich ist, mache ich seit 2005 einmal im Jahr eine „große Reise“. Begleitet werde ich dabei von Edith, meiner Mutter, die vor 18 Jahre ebenfalls aus dem deutschen Regen in die spanische Sonne geflüchtet ist. Bisher hat uns unsere Reiselust nach Asien, Kenia und Peru geführt. Für das Jahr 2009 hatten wir uns für Indien entschieden und dort neben Rajasthan inzwischen auch andere Regionen besucht. Auf den Rundreisen in Indien waren wir in Begleitung von unserem Fahrer Prakash Acharya. Er ist ein zuverlässiger und informativer Reisebegleiter, den ich sehr empfehlen kann. Prakash hat sich vor einigen Jahren selbständig gemacht und falls jemand mit ihm eine Rundreise machen möchte bin gerne bereit den Kontakt herzustellen.

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