Indien-Urlaub individuell – die Havelis von Mandawa
Mandawa
Dienstag
Heute müssen wir früh aufstehen, denn wir möchten um 8ºº h schon losfahren. Danach beginnt der Berufsverkehr und laut Prakash brauchen wir dann die doppelte Zeit um Delhi zu verlassen.
Es herrscht noch Dämmerlicht als wir am Hotel losfahren und die Stadt fängt langsam an zu erwachen. Unter den Brücken glimmt noch das Lagerfeuer von Obdachlosen, an dem sie versuchen sich die Füsse zu wärmen. Wer über eine Decke verfügt ist fest darin eingewickelt um sich gegen die nächtliche Kälte und den feuchten Nebel zu schützen.
Wir fahren auf den Highway in Richtung Gurgadon, einer „neuen Stadt“ südwestlich von Delhi. In diesem modernen Ballungsraum entstehen Bürogebäude der IT-Branche, Fabrikhallen und Call Center, die den wirtschaftlichen Aufschwung Indiens zeigen. Neben dieser Wirtschaftszone wachsen Apartmenthäuser, Hotels und Einkaufszentren. Die Region bietet viele Arbeitsplätze und der Berufsverkehr hat um diese Zeit bereits begonnen. Es ist ein Strassenkampf um jeden Millimeter auf meiner Ansicht nach völlig überfüllten Strasse. „In einer Stunde ist hier richtig viel Verkehr!“ lässt Prakash uns fröhlich wissen. Geschickt nutzt er jede Lücke und als wir dann auf der Autobahn sind läuft der Verkehr trotz des dichten Nebels sehr zügig. Die LKW´s haben die Hupe vermutlich mit dem Gaspedal verbunden und donnern mit lautem Getröte auf der Überholspur an uns vorbei. Die Menschentraube mit vier Rädern ist ein übervoller Minibus der überraschend am Randstreifen hält, um einen weiteren Passagier auf seinem Kotflügel mitzunehmen. Mopedfahrer haben vierköpfige Fahrgemeinschaften gebildet um vom Zentrum Delhis an ihren Arbeitsplatz zu gelangen.
Als wir Gurgadon passieren herrscht leider immer noch so starker Nebel, dass wir von diesem neu gewachsenen Ort nichts erkennen können. Doch ab hier lässt der Verkehr merklich nach und als wir bei der Stadt Rewari die Autobahn verlassen wird es richtig ländlich. Die Minibusse sind hier nicht mehr so voll, es gibt zwar Stehplätze auf der Stoßstange, doch das Dach ist frei.
Der Verkehr ist ein wenig ruhiger und zwischen all den überholenden und überladenen LKW´s sind bunt geschmückte Kamele vor zweirädrigen Wagen gespannt und ziehen gemächlich mit ihrer Fracht über die Landstraße.
Nach fünf Stunden Fahrt sind wir in dem kleinen Ort Mandawa und fahren als erstes zu unserem Hotel, das Castel Mandawa. Dieser ehemalige Palast wurde zu einem Hotel umgebaut und wir sind begeistert von unserem Zimmer und den verschiedenen Dachterrassen. Von hier haben wir Blick auf den Hotelkomplex und ganz Mandawa.
Nach zwei Stunden treffen wir uns mit Prakash zur Besichtigung der berühmten Havelis in Mandawa und Umgebung. Havelis sind im 19. Jahrhundert erbaute prachtvolle Häuser, die über und über mit Fresken bemalt sind. Die Erbauer waren die Marwaris, eine Händlerkaste, die über Jahrhunderte ein weit verzweigtes Binnenhandelsnetz aufgebaut hatten.
Da dieses Netz in der Kolonialzeit gerne von den Engländern genutzt wurde, hatten die Marwaris teil an dem wirtschaftlichen Aufschwung dieser Zeit.
Bei unserem Rundgang besichtigen wir einige dieser Havelis. Es sind mehrstöckige Wohnhäuser mit Innenhof und verzierten Türen und Fenster. Einige von ihnen sind „Doppelhäuser“, es teilten sich zwei Familien einen Innenhof und das Gebäude hat zwei sich parallel gegenüberliegende Wohnungen. Der Innenhof war der Mittelpunkt, in dem sich das soziale Leben abspielte, die Schlaf- und Wohnräume sind ohne Fenster und kühl.
Die Wandmalereien stellen die unterschiedlichsten Szenen dar; britisch gekleidete Menschen, Flugzeuge und Fahrräder sowie Götter aus der Hindureligion.
Havelis
Da finden wir über fast allen Türen Ganesha, der glückbringende Gott mit dem Elefantengesicht.
Ein weiteres häufiges Motiv ist Krishna, umringt von Frauen und auf einer Querflöte spielend. Nach den Geschichten, die Prakash von ihm erzählt, ist er anscheinend der indische Liebesgott.
Langsam bummeln wir durch die schmalen Seitengassen, vorbei an neugierig blickenden Kindern. Die meisten der Havelis sind unbewohnt und dem Verfall preisgegeben. Die Renovierung kostet soviel wie der Bau eines neuen Hauses und die Erben der Erbauer wohnen und arbeiten in einer Großstadt. Sie haben kein Interesse Geld in ein Wochenendhaus auf dem Lande zu investieren. Bei den bewohnten Havelis sind von außen die mit Glas und Malereien geschmückten Fassaden zu besichtigen. Ein Bewohner spricht uns an, möchte wissen wo wir herkommen und ob er uns doch bitte einige Fragen stellen dürfte. Früher war er Lehrer, doch nun weiß er nicht was er seinen Enkelkindern vermitteln soll. „Was ist denn wichtig heutzutage in eurem Land? Was lernt ihr in der Schule?“ Das ist eine schwere Frage, die Schulzeit ist bei mir ja auch schon ein paar Tage vorbei. „Der Umgang mit Computer und sicherlich Fremdsprachen“ ist meine Empfehlung für die unbekannten Enkelkinder.
Das letzte Haveli welches wir besichtigen ist renoviert, die Fresken strahlen in kräftigen Farben, die Einrichtung der Wohn-und Schlafräume wurde nachgestellt und an der Wand lehnen alte Gemälde neben Haushaltsgeräten. Es ist hier wie in einem kleinen Museum. Der Besitzer finanziert diese Instandhaltung mit dem kleinen Antiqitätenladen, der ebenfalls in diesem Haveli untergebracht ist.
Inzwischen sind wir wieder auf der Hauptstraße von Mandawa und müssen ein wenig auf den Verkehr achten. Neben einem entgegenkommenden Bus und einem Tuktuk überholt uns ein Kamelwagen und eine Kuh ist auch nicht bereit auszuweichen. Eine magere Hündin mit drei Welpen hat im Strassengraben ein paar Plastiktüten entdeckt und sucht dort nach Essbarem.
Und wir müssen aufpassen wo wir hintreten, denn bei all den Kühen und Kamelen bleiben doch einige „Hinterlassenschaften“ auf der Strasse.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder in unserem Hotel. Edith und ich halten eine kurze Beratung ab. Wo wollen wir heute Abend essen? Im Hotel oder in dem von Silvia empfohlenen Lokal ? Ich habe es unterwegs gesehen, es ist von hier aus ungefähr zwanzig Gehminuten entfernt. Vielleicht sollten wir ein Tuktuk nehmen? „Ein Tuktuk????!! Auf gar keinen Fall!“ ist Edith´s Entscheidung und somit bleiben wir zum Essen in unserem Hotel.
Das Hotel bietet Buffet, zur Unterhaltung trägt ein älteres Paar mit indischer Musik bei und wir verbringen einen ruhigen und erholsamen Abend.
Den ersten Indien Reisebericht von mir finden Sie hier:
https://www.reiseberichte-blog.com/indien-reisebericht-neu-delhi-eine-individuelle-reise/
Hallo Elke, habe mit großem Interesse deine Reiseberichte gelesen.
Ich selbst starte am 11.9. nach Delhi und habe vor, etwa die gleiche Reiseroute zu nehmen wie Du und Deine Mutti.
Ich wäre Dir dankbar, wenn Du mir Kontaktdaten von Eurem Fahrer Prakash zukommen lassen könntest. Vielleicht würde ich auch seine Dienste in Anspruch nehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Angelika Niklas
Hallo Frau Hoppe,
ich habe mich mit großemInteresse in Ihre Berichte übr Rajasthan vertieft. Wir werden zu fünft (5 Erwachsene) im Oktober/November 2011 fahren. Fährt Ihr Fahrer auch ein größeres Auto (kleinen Van, z.Bsp. Tempo Traveller)? Können Sie mir eine email-adresse oder website vermitteln?
Besten Dank und beste Grüße
Torsten Müller, Berlin
Hallo Herr Müller
danke für Ihre Zuschrift und das vertiefen in meine Berichte.:-)
Prakash fährt normalerweise ein Ford Ikon, aber es ist kein Problem ein größeres Auto für 5 Personen zu bekommen.
Ich werde mich mit Prakash in Verbindung setzen und ihnen so rasch wie möglich genauere Informationen senden.
Viele Grüße aus dem sonnigen und heißen Spanien
Elke Hoppe