Von Delhi nach Agra mit einem Besuch in Akbars Mausoleum
Freitag
Diese Nacht haben wir besser geschlafen als bei unserem ersten Aufenthalt, die Klimaanlage surrte leise vor sich hin und sicherlich sind wir inzwischen besser akklimatisiert.
Daher werden wir diesmal pünktlich wach und können sicher sein, uns nicht wieder zu verspäten. Wir haben heute sogar die Zeit gemütlich frühstücken zu können. Gabi bleibt mit Toastbrot und Marmelade auf der sicheren Seite. Ich dagegen bestelle mir ein indisches Frühstück. Sicher bekomme ich nun diesen leckeren Pfannkuchen mit Joghurt und pikanten Pickels. Gabi hat schon lange ihren Toast, der Australier am Nebentisch bekommt gerade seine viel später bestellten Spiegeleier- doch wo bleibt mein indisches Frühstück? In einer Viertelstunde sollen wir zur Abfahrt am Auto sein! Kurz darauf erscheint der Kellner mit einem großen dampfenden Teller und stellt ihn vor mir auf den Tisch. Was ist das denn? Ein Linsen Dal mit Chapati! So in etwas dass, was wir vor ein paar Stunden zu Abend gegessen haben. Kein Wunder, dass ich so lange habe warten müssen! Doch der Geschmack ist gut und ich lasse mir das unerwartete, warme Essen schmecken.
Kurz nach neun sind wir am Auto, wo Prakash schon fahrbereit ist. Heute wartet das letzte Ziel dieser Reise auf uns: Agra und morgen früh die Besichtigung des berühmten Taj Mahal. Doch zuerst haben wir weitere 200 km Autofaht vor uns.
Wie auch gestern geht es durch kleiner und größere Ortschaften mit den inzwischen uns schon bekannten Straßenbildern. Wir haben ungefähr die Hälfte der Strecke hinter uns, als Prakash uns auf einen beeindruckenden Tempel hinweist. Die Sonne spiegelt sich im Weiß des Gebäudes. „Dieser Tempel wird oft auch das zweite Taj Mahal genannt“ erzählt uns Prakash lachend. Wieso das zweite Taj Mahal? Die Geschichte, die wir hören, ist fast unglaublich. Es gibt in Delhi inoffizielle Anbieter von Tagesausflügen zum Taj Mahal zu einem super günstigen Preis. Doch die Gäste werden nicht bis nach Agra, sondern nur bis zu diesem Tempel gebracht und die Fahrer behaupten, dies sei das Taj Mahal. Falls Fragen oder leichte Zweifel aufkommen wie zum Beispiel: „War da nicht ein Fluss hinter dem Taj Mahal?“ haben die Fahrer wortgewandte Ausreden bereit. „Der Fluss ist wegen zu wenig Regen ausgetrocknet.“
Die Touristen für diesen Ausflug werden sorgfältig ausgewählt. Wer einen Reiseführer unter den Arm geklemmt hat, bekommt dieses Angebot natürlich nicht. Prakash sieht meinen skeptischen Blick. Will er uns auf den Arm nehmen? Die Fahrzeit verkürzen mit fantasievollen Geschichten? „No, really! Es stimmt wirklich!“ beteuert er uns jedoch mehrfach.
Die Straße führt uns auch durch die Stadt Mathura, die als Geburtsort Krishnas verehrt wird. Sie zählt zu den sieben heiligsten und ältesten Städten Indiens. Prakash schlägt vor, den Dwarkadesh Tempel zu besichtigen und erkundigt sich bei einem Polizisten nach dem Weg. Doch dieser gibt uns leider die Auskunft , dass der Tempel um die Mittagszeit geschlossen sei. Das gleiche Pech haben wir auch in der Nachbarstadt Vrindavan, wo Krishna seine Jugend verbracht haben soll.
Daher fahren wir direkt weiter bis kurz vor Agra, wo wir in Sikandra das Grabmahl Akbars besichtigen. Akbar regierte in Indien in der Zeit von 1556 bis 1605 und war verantwortlich für eine große gesellschaftliche und wirtschaftliche Umstrukturierung Indiens. Akbar führte ein Steuersystem ein, welches das Mogulreich zu einem der reichsten Staaten der damaligen Welt machte. Zu seiner Regierungszeit näherten sich auch die Religionen Hinduismus und Islam und er ermahnte die Menschen in Frieden und Harmonie miteinander zu leben. Akbar gründete die Stadt Fathepur Sikri und ließ dort einen Thronpfeiler bauen, der Motive aus vier Weltreligionen zeigt.
Bei meiner Indienreise im Januar war ich zwar schon ein mal hier, doch auch bei meinem jetzigen Besuch bin ich beeindruckt von dem Park und seinen Bewohnern. Eine große Herde Axishirsche ist am weiden und nicht weit von uns entfernt huscht einer der Languren durch das Gras.
Wir sind eine der wenigen Besucher, die trotz der drückenden Augusthitze langsam die Gehwege entlang schlendern. Doch sobald wir in die Nähe des Mausoleum kommen, suchen wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Schatten auf. Eine kleine Pause im Schatten eines Durchgangs und eine andere kleine Pause im Schatten eines Baumes. Gabi besichtigt auch das Innere der Grabstätte während ich draußen dem Schuhwächter Gesellschaft leiste.
Im Anschluss an die Besichtigung bringt Prakash uns zu unserem gebuchten Hotel in Agra und wir verabreden eine Pause von zwei Stunden ,in denen wir uns alle drei von der Hitze erholen können.
Im Hotel Howard Park Plaza genießen wir zuerst für eine Weile die Kühle der Klimaanlage, bevor wir uns näher umsehen. Auf dem Nachttisch liegen Prospekte des Hotels und besonders hervorgehoben ist der Spa-Bereich. Interessiert betrachten wir uns das Angebot von Gesichtsbehandlungen, Fußpflege und Ganzkörpermassagen. Das wäre jetzt genau das Richtige zur Entspannung. Doch die Massagen dauern über eine Stunde und dafür ist unsere Zeit leider zu knapp. Doch die Fußpflege mit Fußmassage ist genau das richtige für unsere Erholungspause. Gemeinsam gehen wir in den Spa-Bereich in dem wir von einer jungen Frau empfangen werden. Ist es denn möglich jetzt sofort einen Termin zu bekommen? „No problem“ versichert uns die Dame und führt uns in den geschmackvoll eingerichteten Behandlungsbereich. Während sie ihre Vorbereitungen trifft schauen Gabi und ich uns ein wenig um. „Hast du den Pool gesehen?“ fragt mich Gabi. Tatsächlich, im Innenhof des Hotels befindet sich ein gepflegter Swimmingpool mit Liegen und ein Garten. „Hier könnten wir gerne einen Tag länger bleiben“ ist Gabis Kommentar zu diesem Angebot. Sie hat Recht, schade dass wir nur eine Nacht in Agra sind und morgen Abend schon wieder unseren Heimflug nach Spanien antreten müssen. Inzwischen hat die junge Dame ihre Vorbereitungen abgeschlossen. Unsere Füße werden in lauwarmen Wasser mit Rosenblättern gebadet, pedikürt und die Nägel frisch lackiert. Die Massage übernimmt im Anschluss ihr Kollege in einem separaten Raum. Er massiert nicht nur meine Füße, sondern auch die Waden, das Schienbein und als er mit seiner Behandlung fertig ist fühlen sich meine Beine mindestens zehn Jahre jünger. Auch Gabi ist sehr zufrieden und wir hoffen beide, morgen doch noch die Zeit für eine weitere Massage zu finden.
Prakash steht schon vor dem Hotel als wir leichtfüßig auf den Parkplatz kommen. Wir möchten den späten Nachmittag nutzen um an die rückwärtige Seite des Taj Mahal zu fahren. Dort können wir vom Ufer des Flusses Yamuna das Taj Mahal bei Sonnenuntergang im Abendlicht bewundern und fotografieren. Um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen fahren wir über eine verkehrsreiche schmale und holprige Holzbrücke. Die Rikscha- und Fahrradfahrer versuchen trotz der Enge ständig sich an den Autos vorbei zu drängeln. In meinen Augen ein Wunder, dass der Verkehr an diesem Nadelöhr weiterhin fließt.
Nach kurzer Zeit sind wir an unserem Ziel und nachdem wir das Auto geparkt haben spazieren wir hinunter zum Flussufer. Als ich im Januar in Agra war, sind wir ebenfalls zu diesem Punkt gefahren. Genau hier ist eine der Szenen des Films Slumdog Millionär gedreht worden. Es ist die Stelle, an der Jamal und sein Bruder zum ersten mal das Taj Mahal gesehen haben.
Bei meinem ersten Besuch an einem Nachmittag war ich alleine mit einigen spielenden Kindern und Rinder die bis zum Wasser trotteten. Doch um diese Uhrzeit herrscht heute hier Hochbetrieb.
Unzählige Touristen stehen mit ihren Kameras schussbereit da und warten auf den richtigen Lichteinfall. Der Zugang zum Fluss ist inzwischen durch ein Gittertor und Stacheldrahtzaun gesperrt und so drängen sich Menschen unterschiedlichster Nationalitäten auf dem gepflasterten Weg. Gleich geblieben ist der Wasserstand des Flusses, er ist genauso niedrig wie im Winter. Eigentlich sollte der Yumana nun entschieden mehr Wasser mit sich führen; doch Prakash erzählte mir bereits, dass es diesen Sommer so gut wie gar nicht geregnet hatte.
Doch auch das Taj Mahal hat sich nicht verändert. Es ist so schön wie zuvor und als die letzten Sonnenstrahlen den weißen Marmor in ein warmes Licht tauchen, bin ich genauso begeistert wie bei meinem ersten Besuch. Da mir noch die Erklärungen unseres Reiseleiters in Erinnerung sind, sage ich Gabi in kurzen Worten, dass auf der rechten Seite die Moschee und gegenüber das Gästehaus liegt. Einer der jugendlichen Souvenirverkäufer schaut mich daraufhin mit großen fragenden Augen an. „Bist du Reiseleiter?“ möchte er von mir wissen. Nein, das bin ich nicht. „Wieso weißt du dann wo die Moschee und wo das Gästehaus ist?“ Nun, ich war schon mal hier. Vor einigen Monaten. „Wirklich?“ ist seine ungläubige Frage, bevor er sich kopfschüttelnd wieder seinen Geschäften widmet. Schon seltsam diese Europäer! Fahren zwei mal an den gleichen Ort!
Als die Sonne langsam hinter dem Horizont versinkt, machen wir uns auf den Rückweg. Wir haben verabredet, dass wir auf dem Weg in das Hotel essen gehen. Im Januar hat Prakash Edith und mich in ein Restaurant geführt, und da ich das Essen in sehr guter Erinnerung habe schlage ich vor dort hin zu gehen.
Während Prakash das Auto abstellt gehen Gabi und ich vor, um einen Tisch auszuwählen. Wir suchen uns einen Tisch für drei Personen und als Prakash kommt sind wir schon dabei die Speisekarte zu studieren. Das letzte mal hatte ich hier ein Curry aus Gemüse und Früchten, aber wie heißt das? Prakash kann sich leider nicht erinnern und ich bestelle auf gut Glück ein Gericht, auf das die Beschreibung zutreffen könnte. Gabi und Prakash suchen sich etwas anderes aus, dazu bestellen wir Chapati. Während der Wartezeit füllt sich das Restaurant mit anderen Gästen. Eine Gruppe Spanier nimmt am Nebentisch platz, eine Gruppe Franzosen auf der anderen Seite. Als alle Tische besetzt sind stelle ich fest: Prakash ist der einzige Inder. Wir sitzen zwischen lauter Reisegruppen. Das war aber im Januar nicht so! „Doch“ erklärt mir Prakash „es war nur nicht so voll, da wir zu einer anderen Uhrzeit hier waren.“ Na ja, das hatte ich gar nicht mehr so in Erinnerung.
Als unser Essen kommt bin ich ganz gespannt. Habe ich das gleiche Gericht auf der Karte gefunden? Es sieht so ähnlich aus – aber der Geschmack – es muss was anderes sein. Das ist ja richtig fade, oder hat der Koch die Gewürze vergessen? „Nein“ meint Prakash mit einem spitzbübischen Grinsen „das schmeckte hier auch im Januar so.“ Wirklich? Hat sich mein Geschmack so verändert? Nein, sicherlich nicht! Wir haben lediglich bei der Bestellung vergessen „spicy, please!“ zu sagen. In den Landgaststätten, in denen wir unterwegs eingekehrt sind, war dies nicht notwendig. In diesem Restaurant ist man jedoch auf europäischen Geschmack eingestellt und die anderen Gäste machen alle einen sehr zufriedenen Eindruck. Es schmeckt ja auch, nur eben nicht indisch pikant.
Auf dem Rückweg zum Auto verabrede ich mit Prakash, dass bei meinem nächsten Besuch in Agra er wieder für die Restaurantwahl zuständig ist. „Es gibt hier ein sehr gutes Lokal, die haben typische Gerichte aus dem Süden Indiens. Das kennst du noch gar nicht.“ Abgemacht, bei meinem nächsten Aufenthalt hier gehen wir süd-indisch essen!
Als wir im Hotel sind beschließen Gabi und ich uns noch einen Schlummertrunk am Pool zu gönnen. Schließlich ist dies unser letzter Abend in Indien, morgen um diese Zeit müssen wir schon am Flughafen in Delhi sein. Die zur Hotelbar gehörenden Tische sind alle unbesetzt, wir haben den gesamten Garten und Pool für uns alleine. Entspannt und zufrieden plaudern wir noch eine Weile über die vielen Eindrücke und Erlebnisse der hinter uns liegenden Reise. Doch ein weiteres Highlight wartet morgen früh auf uns- der Besuch des Taj Mahal. Da wir uns für eine Besichtigung um sechs Uhr morgens bei Sonnenaufgang entschlossen haben, lassen wir den Abend früh ausklingen. Hoffentlich verschlafen wir nicht!
mein vorhergehender Bericht über Agra ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/indien-erlebnissurlaub-das-taj-mahal-in-agra/
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