Reiseberatung für individuelle Reisen

Urlaubsreise – der Sasan Gir Nationalpark in Gujarath

Samstag 

Werbung für den indischen Löwen

Ich schlafe die ganze Nacht schlecht, denn wir sollen bereits um 5ººh früh abfahren und ich fahre  immer wieder mit dem „Huch! Ich habe verschlafen-Gefühl!“ in die Höhe. Um vier Uhr gebe ich auf und schleiche mich leise ins Bad um Edith nicht zu früh zu wecken. Wir möchten heute in den Sasan Gir Naturpark und es werden pro Tag nur eine gewisse Anzahl Menschen eingelassen. Wer also zu spät kommt hat das Nachsehen. Unglücklicherweise gibt es in unserem Hotel weder Weckdienst und mit meinem Handy-Wecker stimmt auch schon länger irgendwas nicht. Prakash hat zwar versprochen an unsere Tür zu klopfen, doch ich  konnte trotzdem nicht ruhig schlafen. Daher stehe ich nun im Dunkeln unter der lauwarmen Dusche und versuche halbwegs munter zu werden. Durch das Geplätscher wird auch Edith wach und als Prakash uns um viertel vor fünf  wie verabredet  „wach-klopft“ stehen wir beide schon abfahrbereit an der Tür.
Bereits eine halbe Stunde später erreichen wir als eine  der Ersten das große eiserne Tor des Nationalparks und warten auf Einlass. Hier stehen,  gemeinsam mit den Safarigästen, zwei Angehörige des indischen Militärs und achten darauf, dass die Reihenfolge der Angekömmlinge eingehalten wird.  Rasch wird die Warteschlange länger und länger.  In der Zwischenzeit erklärt Prakash uns den organisatorischen Teil. Wir brauchen eine sogenannte „Permission“ um in den Park zu kommen. Diese Genehmigung erhalten wir nach Vorlage unserer Reisepässe und dem Entgelt für einen Jeep plus Fahrer und Guide. In jedem Jeep haben bis zu maximal sechs Personen Platz und es gibt pro Safari nur eine bestimmte Anzahl Fahrzeuge. Dies geschieht zum Schutz der in dem Naturpark  lebenden Tiere.

Morgenlicht im Sasan Gir Park

Pünktlich um halb sechs geht quietschend das schwere Eisentor auf und wir werden in der Reihenfolge unserer Ankunft  zu dem Anmeldehäuschen  geführt. Hier warten bereits in dicke Jacken verpackt die Fahrer und Führer. Auch wir haben uns in unsere wärmsten  Jacken und Schals gewickelt, denn zu dieser  frühen Zeit ist es empfindlich kalt. „Hier sind noch zwei weitere Europäer“  macht uns Prakash aufmerksam. „Sie suchen jemand der mit ihnen den Jeep teilt, dann ist es für alle preiswerter. Sie machen einen netten Eindruck, soll ich sie mal ansprechen?“  Neugierig schaue ich  die Reihe der Menschen entlang. Richtig, einer der beiden „Westler“ hat mich vorhin vor dem Tor schon angesprochen.  Warum nicht? Kurz darauf ist Prakash mit den beiden im Schlepptau zurück und sie stellen sich als Paul und Dennis vor.
Langsam geht  der organisatorische Ablauf weiter. Einer der Uniformierten verteilt die Anträge zur „Permission“, immer ein Antrag pro Jeep und immer der Reihe nach. Vordrängler werden sofort auf ihren Platz zurück verwiesen. In diesem Antrag muss die  Passnummern und  die Namen aller  Safariteilnehmer  unserer Jeepgemeinschaft eingetragen werden. Langsam aber beständig rücke ich nach vorne zum Schalter wo ich nach vielem Abstempeln und Begutachten die erforderliche Genehmigung erhalte. Nun rücke ich ein Fensterchen weiter nach links. Hier sitzt eine Dame, die mir nach Vorlage der „Permission“ unsere Jeepnummer sowie den entsprechenden Guide zuteilt. So, das wäre geschafft! Und wie finden wir unseren Jeep?  Ich habe die Frage noch nicht laut gestellt, da werden wir schon angesprochen: „Jeep Nummer drei? Dann bin ich euer Guide und neben mir, das ist unser Fahrer. Willkommen!“  Habe ich es nicht schon gesagt? In Indien geht keiner verloren!
Um kurz vor sechs Uhr sind alle Jeeps vergeben  und um Punkt 6ººh geht es los. Wer jetzt noch kommt, der hat Pech gehabt!

Kamel im Sasan Gir Park

Und wir auch! Denn nach einer Stunde im kalten zugigen  Auto haben wir immer noch nicht die Haarspitze von einem Wildtier gesehen. Doch dann hören wir etwas rascheln, das kann nur ein größeres Lebewesen sein.

Paul und Prakash

Gespannt hält unser Fahrer den Jeep an und wir drehen uns alle in die Richtung des Geräusches. Was mag das sein? Ein Löwe? Nein- kaum zu glauben, es ist ein Kamel. Zügig trabt es hinter unserem Auto her, um dann hinter der nächsten Weggabelung zu verschwinden.
Die nächsten Lebewesen sind eine Gruppe Soldaten, die im Naturpark für die Einhaltung der Bestimmungen sorgen. Sie sitzen in Decken gewickelt um einen kleinen Kocher und jeder hat eine große, dampfende Kaffeetasse in seiner Hand. Hier ist jedoch fotografieren verboten.
Langsam geht die Dämmerung in ein weiches Tageslicht über, welches dem Boden und dem Gras einen goldenen Farbton verleiht. Mit dem Sonnenschein lassen sich die ersten Hirsche und Antilopenarten auf den Lichtungen sehen.

unsere Wildbeobachtung im Nationalpark von Gujarath

Auch wenn wir auf Löwen gehofft haben, diese Bilder genieße ich deswegen nicht weniger. Schnell sind die drei Stunden unserer Safari vorüber und der Jeep nimmt Kurs auf Richtung Ausgang.
Mit zunehmendem Tageslicht und schwindender Aussicht auf Löwenbeobachtung beginnt ein Austausch von Reiseerfahrungen zwischen Paul und Dennis und uns. Dennis stammt aus Kanada und war in den letzten Monaten in Thailand und Indien unterwegs. Paul ist ein echter Indien-Fan, er verbringt  jedes Jahr im Winter sechs Monate in diesem Land. Im Laufe der Jahre hat er die unterschiedlichsten Naturparks besucht, Tiger beobachtet und hunderte von Fotos der verschiedenen in Indien beheimateten Tiere geschossen. Besonders beeindruckt bin ich von seinen Hindi-Kenntnissen, als er sich mit dem Guide und Prakash fliessend unterhält. Hat er das auf seinen Reisen gelernt? „Nein“ erklärt mir Paul, „Hindi hat eine sehr komplizierte Grammatik. Ich habe viele Stunden privaten Unterricht genommen.“  Bewundernswert!

die etwas andere Kundschaft bei der Teepause

Kurz nach 9ººh sind wir wieder am Gate und verabreden uns mit Paul und Dennis zu einer weiteren Safari am heutigen Nachmittag. Vielleicht klappt es ja dann mit den Löwen!
Nun geht es zuerst mal in das nächste Café um uns mit einem heißen Chai Masala aufzuwärmen. Den die morgendliche Kühle in Verbindung mit dem Fahrtwind geht durch alle Jacken hindurch bis auf die Knochen. Doch so ein heißer Tee an einem sonnige Platz sorgt wieder für eine angenehme Körpertemperatur.
Eine halbe Stunde später sind wir wieder im Hotel. Hier ist noch alles geschlossen, ein Frühstück muss also warten. Was soll`s! Ich möchte erst mal ein wenig von dem verpassten Schlaf nachholen. Edith dagegen macht es sich mit einem Buch auf dem sonnigen Balkon bequem. Langsam hört man die Nachbarn wach werden, die ersten Autotüren knallen und Kinder rufen nach ihren Eltern. Doch irgendwann fallen mir die Augen zu und ich sinke in einen erholsamen Schlaf.
Geweckt werde ich von Edith,ihr wird es mit zunehmende Hitze zu ungemütlich auf dem Balkon und so langsam macht sich auch ein kleiner Hunger bemerkbar. Das Restaurant ist nun zur Mittagszeit geöffnet und wir genießen  ein verspätetes Frühstück. Und schon wird es wieder Zeit, uns auf den Weg zu unserer zweiten Safari zu machen. Sie beginnt zwar erst um 15:30 h, doch es gelten die gleichen Regeln wie heute morgen. Wer zu spät kommt schaut in die Röhre! Da wir jedoch heute morgen keinen gesehen haben  der stehen geblieben ist und der Andrang nicht so riesig war, haben wir uns mit Paul und Dennis erst für 14ººh verabredet. Wir waren uns alle einig, es ist nicht nötig zwei Stunden in der Hitze zu stehen. Ein -einhalb Stunden reichen sicherlich  auch!

Eingangsbereich Sasan Gir Nationalpark

Kurz vor zwei sind wir am bereits geöffneten Gate und ich staune nicht schlecht. Der Menschenandrang ist größer als heute morgen. Ich reihe mich als letzte in die Schlange ein und kurz darauf tauchen auch Paul und Dennis auf. Die Warteschlange ist so lang, dass das Holzdach nur einem kleinen Teil der Wartenden Schatten spendet. Heiß knallt die Sonne vom Himmel und nach zehn Minuten rinnt mir der Schweiß in Strömen den Körper entlang. Puh- wenn das in dem Tempo weitergeht, dann bin ich bis zur Abfahrt geschmolzen. Paul hat einen vernünftigen Vorschlag. „Wir können abwechseln warten. So muss nur einer von uns  in der Sonne stehen und die anderen suchen sich einen Schattenplatz.“ Super! Wenigstens einer, der trotz der Hitze noch denken kann! Langsam kriecht die Warteschlange vorwärts und nach uns haben sich noch sechs weitere Personen angereiht. Das direkt hinter mir stehende junge Paar spricht mich an: „Habt ihr noch zwei Plätze in eurem Jeep frei?“  Nein , tut mir leid, wir sind bereits zu fünft. „Ohhh, hoffentlich bekommen wir noch eine Permission. Wir haben bereits heute morgen umsonst gewartet“  lässt mich der junge Mann wissen. Ach-also doch!

Papageien

Ich dachte schon dieses „ihr bekommt sonst keinen Jeep“  seien Schauri-Geschichten! Doch das sind sie nicht, wie ich kurz darauf erfahre. Paul steht mit unseren Pässen am Fenster, erhält die notwendigen Stempel und die Jeepnummer – und dann geht das Fensterchen zu. Wir haben gerade noch die letzte Genehmigung für diesen Tag erhalten. Die sechs Personen hinter uns müssen enttäuscht und unverrichteter Dinge wieder gehen. Und morgen früh etwas zeitiger aufstehen.

…..und Raubvögel Foto: Paul Cullen

Doch nicht nur die Menschen scheinen Spätaufsteher zu sein, sondern auch die Tiere. Im Vergleich zu heute früh herrscht hier trotz der Hitze recht viel Leben. Hirsche und Antilopen, Raubvögel und Papageien bekommen wir auf unserer Nachmittags-Safari zu sehen. Und Löwen? Ich glaube nicht mehr daran. Die liegen irgendwo im Gebüsch, halten ihren Verdauungsschlaf und werden sich bei den hohen Temperaturen erst bewegen, wenn die Touristenjeeps den Park verlassen haben. Doch dann die Überraschung! Aus einem entgegenkommenden Jeep rufen uns Fahrer, Guide und Safarigäste etwas zu. „Lions! Lions! Two Lions with Puppys!“ Rasch tauschen die Fahrer untereinander ihre letzten Beobachtungen aus und danach geht es in rasantem Tempo über die holprige Piste. Wir werden durchgeschüttelt, doch bei allen steigt die Spannung. Sind die Löwen noch da wenn wir ankommen?

indische Löwen im Sasan Gir    Foto: Paul Cullen

Ja, sie sind. Ich sehe es schon an den bereits versammelten Fahrzeugen. Doch es gibt keinen Andrang um die Löwen, denn das indische Militär sorgt für präzise Organisation. Sechs uniformierte Soldaten regeln hier den Verkehr. Sie dirigieren Jeep für Jeep zu den Löwen und achten auf den notwendigen Abstand um die Tiere nicht zu stören. Jedes Auto darf einmal langsam die beiden Löwinnen und ihre Jungen umrunden und muss dann Platz für den Nächsten machen. Einen Moment stehen bleiben um in Ruhe ein Foto zu schießen ist nicht erlaubt. Die Besucher dürfen einen Blick auf die Tiere werfen, auf gut Glück den Fotoapparat anlegen und weiterfahren.
Nun, das hat natürlich seine Vor –und Nachteile. Der Nachteil ist klar, vor allem wenn ich es mit den Safaris mit Jörg Reinecke  in Kenia vergleiche. Dort haben wir teilweise Stunden in Gesellschaft eines Löwenrudels verbracht und ihr Verhalten beobachtet. Hier dagegen versucht der indische Staat die Tiere so wenig wie möglich zu stören. Ob dies wirklich der Fall ist? Aber zumindest drängeln sich nicht zehn oder mehr Minibusse um die Raubkatzen, wie ich das im Tsavo-Ost und Amboselli Naturpark erlebt habe. Dafür ist hier meine Fotoausbeute gleich null, die Löwen sind kaum zu erkennen. Paul ist ein besserer Schuss geglückt und er verspricht, mir sein Löwenbild  per email zu senden. Aber wie auch immer- wir haben freilebende indischen Löwen gesehen!

wer entdeckt die Eule?              Foto: Paul Cullen

Die asiatischen Löwen kamen in historischer Zeit aus Griechenland über Kleinasien bis nach Indien. Auf dem indischen Subkontinent waren die Löwen von Westen bis Osten verbreitet. Doch da sie überall gejagt wurden, ging ihr Bestand zur Neige. Der letzte Löwe außerhalb des Gir Forest wurde 1884 erlegt.
Die späteren Versuche sie außerhalb des Gir Parkes wieder auszuwildern sind gescheitert.
Die indischen Löwen sind im Vergleich zu ihren afrikanischen Verwandten kleiner und die Mähnen der männlichen Tiere wirken recht spärlich. Dafür haben sie eine längere Schwanzquaste und eine stärkere Behaarung an den Ellenbogen.
Dies war offensichtlich der Höhepunkt einer dreistündigen Safari. Die Zeit ist außerdem überschritten, laut der Regeln muss der Park um 18.30h verlassen werden und es  ist bereits 18:45h. Unser Fahrer holpert und poltert im Eiltempo über die Waldwege und hofft am Ausgang keine Probleme mit den Ordnungshütern zu bekommen. Die Temperaturen sinken sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und der Fahrtwind sorgt für das erneute komplette Durchfrieren. Trotz unserer warmen Winterjacken. Selbst Dennis hat sich für den Abend warm angezogen. Heute morgen noch im, aus Thailand eingeführten, orangefarbenem Mönchsröckchen- nun trägt auch er lange Hosen.

eisiger Fahrtwind am Abend der Safari

Paul opfert seinen Schal  um Edith vor einer weiteren Verschlimmerung ihrer Erkältung zu bewahren.
Wir sind die letzten, die das Ausfahrttor erreichen, doch nach einer kurzen und offensichtlich freundlichen Unterhaltung lässt der Aufseher uns durchfahren. Hier verabschieden wir uns von Paul und Dennis, mit denen wir eine sehr angenehme Jeepgemeinschaft hatten.
Sobald wir in Prakashs Auto sitzen und er den Motor startet lässt er auch die Heizung an. Nach wenigen Metern wird es bereits warm und unsere Körpertemperatur steigt auf ein normales Niveau. Gott sei Dank!
Im Hotel angekommen nehmen wir noch ein Abendessen und gehen früh schlafen. Denn trotz Siesta- wir sind beide hundsmüde nach diesem langen Tag. Und morgen soll es weitergehen, unser  letztes  Ziel auf dieser Rundreise. Diu, eine kleine Insel an Gujarts Südküste. Hier beabsichtigen wir , die nächsten fünf Tage am Meer und Strand zu relaxen. Einfach mal nur chillen!

Der vorhergehende Bericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/indien-reisebericht-eine-individuelle-rundreise-nach-porbandar-und-junagadh/

Indien Rundreise Mumbai und Gujarat

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Über den Autor

Elke Hoppe

Vor ca. 20 Jahren bin ich von Deutschland nach Spanien ausgewandert, um auf der Sonnenseite Europas leben zu können. Doch auch von hier aus habe ich das Bedürfnis mehr von der Welt kennen zu lernen. Da es mir zeitlich und beruflich möglich ist, mache ich seit 2005 einmal im Jahr eine „große Reise“. Begleitet werde ich dabei von Edith, meiner Mutter, die vor 18 Jahre ebenfalls aus dem deutschen Regen in die spanische Sonne geflüchtet ist. Bisher hat uns unsere Reiselust nach Asien, Kenia und Peru geführt. Für das Jahr 2009 hatten wir uns für Indien entschieden und dort neben Rajasthan inzwischen auch andere Regionen besucht. Auf den Rundreisen in Indien waren wir in Begleitung von unserem Fahrer Prakash Acharya. Er ist ein zuverlässiger und informativer Reisebegleiter, den ich sehr empfehlen kann. Prakash hat sich vor einigen Jahren selbständig gemacht und falls jemand mit ihm eine Rundreise machen möchte bin gerne bereit den Kontakt herzustellen.

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