Indiens Urlaubsziel Diu, die beliebte Insel vor Gujarath
Dienstag
Frisch und ausgeruht strecke ich mich im Bett noch einmal, bevor ich unter die Dusche gehe. „Heute frühstücken wir aber woanders!“ versichere ich Edith nach unserer gestrigen Erfahrung in dem Restaurant des Hotels. Zeit genug haben wir, denn mit Prakash sind wir erst um elf Uhr verabredet. Wir beschließen in das gleiche Lokal zu gehen wie gestern Abend und als wir dort ankommen sind die Angestellten noch dabei zu reinigen und die Tische zu richten. Wir bekommen ein frisches Tischtuch und die Speisekarte. Der Kellner freut sich, uns nur einige Stunden später wieder als Gäste zu sehen und ist sehr um unser Wohlergehen bemüht. Auch der Besitzer erscheint zu einer persönlichen Begrüßung, wir sind bei unserem zweiten Besuch anscheinend in den Kreis der Stammgäste aufgenommen.
Gestärkt und zufrieden verlassen wir die Gaststätte, der Kellner begleitet uns bis fast auf die Straße und wünscht uns noch einen schönen Tag. Langsam schlendern wir zurück zum Hotel, auf dem Gemüsemarkt werden inzwischen die Früchte, Gewürze und Gemüse appetitlich auf den Verkaufsständen aufgebaut. Händler reinigen die Straße vor ihren Geschäften und die Second-hand Kleidung wird in der Mitte des Marktes auf großen Tüchern auf dem Boden ausgebreitet.
Als wir kurz vor 11ººh vor dem Hotel ankommen steht Prakash schon wartend neben seinem Auto. „Heute zeige ich euch die Naida- Höhlen von Diu“ kündigt Prakash uns bei der Abfahrt an. Die Höhlen liegen außerhalb des Stadtzentrums und als wir den Ort verlassen sehe ich zum ersten mal das bekannte rote Stadttor. Eigentlich ist es nicht richtig rot, mehr orange-rot. Sieht aus wie ein Anstrich mit Rostschutz und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Auf jeden Fall ist das Tor nicht zu übersehen.
Als wir bei den Höhlen ankommen bin ich überrascht, denn die Landschaft ist rundum flach. Wo sollen denn hier Höhlen sein? Doch nach einigen Metern über sandigen Boden führt eine Treppe nach unten und wir erreichen eine andere Welt. Es ist ein Labyrinth von Höhlen mit bizarren Gesteinsformationen in denen das einfallende Sonnenlicht einen besonderen Zauber bewirkt. Pflanzen gedeihen auf dem wenigen an Erde was sich hier findet und wachsen in Richtung Tageslicht.
Steile halsbrecherische Treppenaufgänge führen ins nirgendwo und lange Pflanzenwurzeln wachsen herab wie Lianen im Dschungel. Quadratische Öffnungen in der Decke lassen überall genug Sonne herein, es gibt nur wenig dunkle Stellen in diesen Höhlen. Manche der Höhlen haben die Form und Größe eines Partyraumes und so scheinen sie hin und wieder auch genutzt zu werden. Zumindest lassen die liegen gebliebenen Flaschen und Plastikbecher darauf schließen. Ja, es lässt sich hier sicher gut feiern! Nur eines verstehe ich nicht so ganz- kann man seinen Müll nicht anschließend mitnehmen? Doch wir genießen unseren Rundgang und bei einem Urlaub in Indien ist das wirklich nicht der einzige Plastikmüll, der einem begegnet.
„Was sind das überhaupt für Höhlen? Haben sie einen religiösen Ursprung?“ möchte ich von Prakash wissen. „Nein“ erklärt er uns auf dem Rückweg zum Auto, „es wird vermutet, das die Portugiesen hier ihre Baumaterialien geholt haben, und so dieses Höhlenlabyrinth entstanden ist.“
Langsam fahren wir die Landstraße entlang, bis wir wieder die Küstenstraße erreichen. Hier befindet sich unser nächstes Ziel, das Muschelmuseum. Gespannt betrete ich gemeinsam mit Edith das unscheinbar wirkende Gebäude. Drinnen riecht es ein wenig angestaubt und- na ja, irgendwie nach Muscheln. Doch je länger wir uns in diesem Museum aufhalten, um so beeindruckter sind wir von der Vielzahl und dem Umfang dieser Sammlung. Schalentiere aus allen Weltmeeren und in allen Größe und Farben sind auf zwei Etagen in Schaukästen ausgestellt. Alles ist liebevoll sortiert, beschriftet mit Name und Herkunft. Wir kommen auch kurz mit dem stolzen Besitzer des Museum ins Gespräch. Er ist ein ehemaliger Seefahrer, der während seiner Berufszeit bei jeder sich bietenden Möglichkeit tauchen ging und die meisten Ausstellungsstücke selbst gesammelt hat. Nur einige, so zum Beispiel aus dem Pazifik vor der Westküste Kanadas, hat er auf einem Markt gekauft. Stolz zeigt er uns noch alte verblichene Fotos der Eröffnung seines Museums, auf denen auch Indira Gandhi als Besucherin gemeinsam mit ihm zu sehen ist.
Als wir wieder am Auto ankommen ist es inzwischen früher Nachmittag und mir klebt die Zunge am Gaumen. Erst mal irgendwo etwas zu trinken kaufen. Dazu fahren wir von hier aus direkt zum dem größten und bekanntesten Strand von Diu, der Nagoa Beach. Dieser Strand mit seinem flachen Wasser und dem weißen, weichen Sand ist bei den indischen Familien ein beliebtes Ausflugsziel.
Wir suchen uns einen schattigen Platz zum ausruhen und kaufen gegen den Durst für jeden eine große Kokosnuss bei einem der vielen Händler. Und so können wir in Ruhe den Badespaß indischer Familien beobachten. Badeanzug trägt hier keiner. Die Frauen und Mädchen gehen in ihrem Sari ins Wasser und irgendwie habe ich das Gefühl, so richtig schwimmen kann hier eigentlich keiner. Die Männer kleiden sich etwas freier, manche in Badehose, die meisten tragen zusätzlich ihr Unterhemd. Doch es scheint allen Spaß zu machen, wie wir an dem fröhlichen Lachen der Badenden hören. „Och!“ seufzt Edith „Hier würde ich auch lieber schwimmen als nur zusehen!“ „In Kleidung?“ „Nein, natürlich nicht! Ich gehe doch nicht mit meiner Kleidung ins Wasser!“ erklärt Edith bestimmt. „Möchtet ihr ins Hotel eure Badeanzüge holen?“ bietet Prakash auch heute wieder an. Nein danke! Das mache ich auf keinen Fall, wir fallen auch angezogen schon genug auf. „Männerwirtschaft!“ raunt Edith zum Abschluss in ihre Kokosnuss.
Eine besondere Attraktion ist das Reiten auf einer „Banane“, die hinten an einem Motorboot angebracht ist. In langen Schlangen stehen Männer wie Frauen am Strand und warten auf einen Platz. Es haben immer fünf Personen Platz auf der Banane und alle werden vor dem Start in eine Schwimmweste gepackt. Dann geht es los!!! Langsam und bedächtig zockelt das Motorboot durch das Wasser, dreht eine Runde vor dem Strand und zum freudig erwarteten Abschluss rutschen die Mitfahrer im seichten Wasser in einer eng gezogenen Kurve von der gelb leuchtenden Banane. Juhuuuuu!!!! Das Boot dreht noch eine extra Runde um eventuell Gestrandete sicher an das rettende Ufer zu bringen.
Auch wir gehen ins Wasser, allerdings wie gestern mit hochgekrempelten Hosen und nur bis zu den Knöcheln.
So waten wir ein Stück des hufeisenförmigen Strandes entlang und betrachten das Strandleben von Diu. Kinder toben am Rande des Ufers, während andere im gleichen Alter Kokosnüsse, Getränke und Snacks verkaufen. Getränkehändler sitzen auf Plastikstühlen unter einem provisorischem Zelt und warten auf durstige Kundschaft. Am Rande des Strandes befinden sich im Abstand von je 500 Metern Restaurants mit Dachterrassen und Meerblick. „Ab Freitag Mittag ist hier alles voller Menschen“ versichert uns Prakash und ich kann es mir lebhaft vorstellen. Täglich starten mehrere Flugzeuge von Mumbai zu dem kleinen Flughafen Diu, um die Wochenendurlauber rasch an ihr Ziel zu bringen. Diu ist sicherlich eine Insel, auf der ich den kalten europäischen Winter verbringen könnte. Wenn da nur nicht die Sache mit der Bademode wäre………….!
Langsam werden die Schatten immer länger und der Strand beginnt sich zu leeren. Auch wir machen uns wieder auf den Weg zum Auto und fahren zurück in unser Hotel. Wir brauchen unbedingt eine kleine Erholungspause, bevor wir zum Abendessen gehen. Warum macht Nichtstun eigentlich immer so müde?
Doch die Ruhepause ist kurz, denn ich möchte noch irgendwo Geld wechseln und brauche eine Apotheke. Mein Husten ist hartnäckig und will einfach nicht weggehen. Also mache ich mich in der Dämmerung zusammen mit Edith auf die Suche. Das Geld ist schnell gewechselt, aber eine Apotheke finden wir nicht. Sind denn hier alle das ganze Jahr gesund? „Am Ende dieser Straße, ihr müsst immer gerade aus gehen!“ bekommen wir endlich von einem Mann erklärt. Wir halten uns an seine Anweisungen und kommen durch kleine Gassen mit noch kleineren Geschäften. Erstaunlich, was auf wenigen Quadratmetern so alles Platz hat. Geschäfte, in denen sich gerade mal zwei Personen umdrehen können und in ihnen befinden sich wahre Lagerhallen. Mehlsorten, Säcke voller Reis, Linsen und Kichererbsen. Dazu bis an die Decke gestapelte Konservendosen. Der Nachbar hat eine Schneiderei, in dem kleinen Raum steht eine Nähmaschine und eine Lampe die ich schlicht und einfach nur als Funsel bezeichnen kann. Wie kann der überhaupt was sehen? Oder näht der nach Gefühl? So geht es die ganzen Gassen entlang: Eisenwaren, Farben, ein Frisör und eine Drogerie. Ob man hier irgendetwas nicht bekommt? Ja, Toilettenpapier und Tempotaschentücher! Danach suche ich vergebens, denn beides sind recht unnötige Artikel, daher knapp und westlicher Luxus. Schließlich lässt sich das doch auch mit Wasser regeln. Oder?
Ganz am Ende des Ortes finden wir die Apotheke. Ich nehme die empfohlenen Lutschtabletten und wir machen uns wieder auf den Rückweg, diesmal entlang der Hauptstraße. Hier halten wir Ausschau nach einem Restaurant, doch da es uns gestern Abend und auch heute Morgen gut geschmeckt hat, beschließen wir wieder in unser „Stammlokal“ zu gehen.
Freudig werden wir begrüßt, fast wie alte Bekannte. Von unserem Tisch aus sehen wir direkt auf das Meer, in dem sich heute der Vollmond spiegelt. Mit diesem Blick genießen wir unseren vorletzten Abend und lassen den heutigen Tag bei einem Dal und Kingfisher- Bier ausklingen.
Der vorhergehende Bericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/indiens-portugisisches-erbe-die-insel-diu/
…wir fliegen auch des öfteren nach Indien (die Familie meines Mannes lebt dort) und ich kann dieses tolle Land einfach immer nur weiterempfehlen, man hat schon was verpasst, wenn man die indische Mentalität und die Faszination sowie Eigenarten des Landes nicht einmal selber gespürt hat.
hallo Sindy
vielen Dank für den Kommentar, dem ich wirklich nur zustimmen kann. Ich hoffe meine nächste Indienreise lässt nicht mehr lange auf sich warten. 🙂 Es gibt dort noch so viele Ziele, die ich gerne besuchen möchte.
Viele Grüße
Elke
[…] vorhergehende Bericht ist erschienen unter: https://www.reiseberichte-blog.com/indiens-urlaubsziel-diu-die-beliebte-insel-vor-gujarath/ […]
…ja und wenn man ein Ziel besucht hat, fallen einem gleich 10 neue ein, die man gerne noch anschauen möchte. Eben weil alles so vielfältig ist … bei unserem letzten Besuch sind wir 24h ununterbrochen Zug gefahren (weil wir auch mal ans Meer wollten) die lange Fahrt hat sich auf jeden Fall gelohnt … und so gibt es immer wieder was neues!
[…] bin ich auf dieser Städtereise mit Gudrun, die ich über einen meiner Indien-Reiseberichte https://www.reiseberichte-blog.com/indien-erlebnissurlaub-das-taj-mahal-in-agra/ kennen gelernt habe. Unser letztes Treffen war in Mumbai und nun sind wir gemeinsam von meiner […]
nachdem unser sohn 2005 beruflich nach indien,blieb es nicht aus das auch wir dieses wunderschoene land des oefteren besuchten(frau 17 X, ich 10
Hallo Hans
da ich auf reisen war sehe ich den Kommentar leider erst heute. Ich freue mich immer wieder zu lesen, dass es noch mehr Indien -liebhaber gibt. Mein letzter Italienaufenthalt war Weihnachten/Silvester 2013 und ich hoffe auch dieses Jahr mein Lieblingsreiseziel ein weiteres mal besuchen zu können. Ob ich natürlich irgendwann mit Zahlen wie 17 oder 10 x mithalten kann…….mal sehen 😉
Liebe Grüße
Elke