Japan Ferienreise – ein Tagesausflug nach Nara und zum Inari Schrein
Montag 22.03.10
Gut ausgeruht werden wir wach und freuen uns, als wir den blauen Himmel sehen und Sonnenschein in unser Zimmer fällt. Was für ein Glück, wir haben gutes Wetter.
Rasch stehen wir auf, lassen das Frühstück im Hotel ausfallen und machen uns auf zum Bahnhof.
Der Weg ist uns nun schon vertraut und zügig gehen wir durch die Restaurant-Zone, biegen an der richtigen Ecke ab und stehen kurz darauf auf dem Bahngleis. Als der Zug einfährt sind wir angenehm überrascht, wir sind fast die einzigen Fahrgäste in dem geräumigen Abteil.
Die Fahrt nach Nara dauert ca. 40 Minuten und natürlich bleibt der Zug nicht so leer. Junge Mädchen und Jung´s in Schuluniformen steigen ein und einige machen sich unterwegs Notizen in ihre Hefte oder lesen in den Schulbüchern. Eine Gruppe Teenager verkürzt sich den Schulweg mit Kichern und dem Zuflüstern von Geheimnissen, andere hören Musik über einen Kopfhörer. Diese Dinge sind anscheinend weltweit und über Generationen gleich.
Die Fahrzeit vergeht rasch und schon ist es an der Zeit auszusteigen. Ausgerüstet mit den Informativen, von Jal Tours gesandten Unterlagen und einem Stadtplan verlassen wir den Bahnhof in Richtung Nara Park. Es ist einfach zu finden- immer gerade aus und der gut ausgeschilderte Weg führt uns direkt an das Ziel.
Nara war von 710 bis 784 die erste Hauptstadt Japans und ist damit älter als Kyoto. Aus dieser Zeit ist Nara auch bekannt als die Wiege der japanischen Kultur, denn hier erblühte damals das Theater, die Literatur und das Handwerk. Es entstanden in diesem Zeitraum zahlreiche Tempel und
Schreine, von denen heute noch viele erhalten sind. So auch das älteste und grösste Holzgebäude der Welt, der Todaiji Tempel mit seiner 16 Meter hohen bronzenen Buddhastatur. Auf dem Weg dorthin spazieren wir durch den Nara Park, der mit seinen 525 ha der größte seiner Art in Japan ist.
Neben den historischen Sehenswürdigkeiten hat der Nara Park eine weitere Attraktion, seine zahmen Hirsche. Sie wurden und werden als göttliche Botschafter betrachtet und gelten daher als heilig.
Kaum haben wir die ersten Meter im Nara Park zurück gelegt, kommen auch schon die ersten Hirsche zutraulich angelaufen. Sogar sehr zutraulich, es ist erstaunlich! Sie beschnuppern uns interessiert und schubsen mit ihrer feuchtkalten Nase an unsere Hände. Doch es ist nicht wegen unserem Charme oder der natürliche Instinkt für unsere Tierliebe. Der Grund ist einfach- einige Meter entfernt steht der erste Verkaufsstand für Kekse zum Füttern von Hirschen. Und davon wird reichlich Gebrauch gemacht. Fast jeder Passant kauft ein Päckchen und füttert die zahmen Tiere. Auch wir holen uns von den Keksen und erringen damit von neuem die Zuneigung der Hirsche.
Doch nicht nur die Hirsche erregen unsere Aufmerksamkeit. Auf der anderen Straßenseite steht ein Kirschbaum in voller Blüte und nicht nur wir bleiben stehen um diesen Baum zu bewundern. Ein Heer von Fotografen hat sich in dem Garten versammelt und zwei haben sogar ein Stativ aufgebaut. Falls Bäume stolz und geschmeichelt sein können, dann ist es dieser Kirschbaum sicherlich.
Nicht weit von dem Kirschbaum entfernt kommen wir an eine Kreuzung und folgen dort dem Schild „Todaiji Tempel“. Es ist eine der Hauptattraktionen Naras und entsprechend groß ist der Besucherandrang. Schulklassen, Familien mit Kinder, junge Paare und natürlich Touristen aus den verschiedensten Ländern.
Der Eingang zum Tempelbezirk ist ein von 18 Säulen getragener zweistöckiger Holzbau, der 962 durch einen Taifun zerstört und 1199 wieder neu erbaut wurde.
Das Gebäude ist in seiner Größe beeindruckend und atemberaubend. Langsam schlendern wir näher und schreiten durch das riesige Tor. In den Seitennischen stehen rechts und links Wächterfiguren von 8 m Höhe . Mit solchen Kriegern wird sich sicherlich keiner ernsthaft anlegen.
Langsam schlendern wir durch die Tempelanlage, vorbei an dem Teich Kagami-ike bis zur Halle des großen Buddha. Obwohl die Halle aus dem 8. Jh. nach mehrfacher Zerstörung im Jahr 1709 nur in verkleinertem Maßstab neu errichtet wurde, ist sie mit ihren Ausmaßen von 50,50 m Breite, 57 m Länge und 48,70 m Höhe gigantisch. Wie die meisten der Besucher bleibe ich einen Moment stehen und lassen den Anblick auf mich wirken.
Auffällig sind die an den Enden des Dachfirstes angebrachten „Shibis“. Dabei handelt es sich um „Talismane“, die vor Feuer schützen sollen. Langsam schreiten wir bis zum Eingang und betreten das Innere der Halle. Hier beherrscht der große Buddha den gesamten Raum. Die Statur sitzt auf einem Podest in Form einer Lotosblüte mit 56 Blättern. Laut meinem Reiseführer wurden für den Guss dieser Statur 437 t Bronze, 130 kg Gold und 7 t Wachs verwendet.
Doch die Buddhastatur ist nicht alleine in der Halle, zwei weitere Figuren stehen recht und links neben ihm. Als wir langsam weiter gehen entdecken wir zusätzlich im rückwärtigen Teil die Standbilder zweier Wächterfiguren.
Fast am Ende unseres Rundgangs treffen wir auf eine Menschenansammlung die in einer Schlange anstehen. Was mag es da geben? Ich sehe nur eine massive Holzsäule. Doch als wir näher kommen entdecke ich einen rechteckigen Durchbruch in Bodenhöhe, er ist der Grund für den Andrang. Jeder der möchte kann durch dieses recht schmale Loch in der Säule durchsteigen. Schnell blättere ich in meinem Reiseführer. Aha-dort steht es: jedem der durch diese schmale Öffnung zu kriechen vermag, ist das Paradies gewiss. Ich lasse das lieber bleiben- mir wäre vermutlich erst mal eine Blamage gewiss, wenn ich in der Öffnung stecken bleibe.
Als wir den Tempel verlassen treffen wir auf eine weitere zu dem Tempel gehörende Figur. Es ist ein hölzernes Sitzbild des Binzuru, welches Krankheiten heilen soll, wenn man es mit der einen und den erkrankten Körperteil mit der anderen Hand berührt. Er sieht ein wenig merkwürdig aus mit seinem roten Mäntelchen und dem Häubchen auf dem Kopf. Das Holz macht einen leicht verkohlten Eindruck, so als habe er einmal in Flammen gestanden. Doch bei Krankheiten soll man ja kein Risiko eingehen, daher stellen Edith und ich uns in die Schlange und fassen ebenfalls an die hölzerne Figur. Es fehlt mir zwar nichts, aber vielleicht wirkt das Berühren ja vorbeugend.
Langsam schlendern wir den Weg wieder zurück, der rechts und links von den Hirschen gesäumt wird. Sie stehen dort wie Wegelagerer und warten auf weiteres Futter. Ein kleines Mädchen reicht einem Hirsch mit einer höflichen Verbeugung einen der Futterkekse. Und siehe da- auch das Tier neigt höflich seinen Kopf. Machen Hirsche das immer so oder hat er sich diese Höflichkeit von den ihn fütternden Menschen abgeschaut?
Als wir nun die Allee zurück spazieren hat sich das Bild erheblich verändert. Wo auf dem Hinweg nur die Verkäufer von Hirschfutter standen wird nun von Souvenirs, glückbringenden Glöckchen bis zu gebackenen Nudeln alles angeboten. Die Nudeln riechen appetitanregend und sehen lecker aus, daher beschließen wir hier zu Mittag zu essen. Die gebackenen Nudeln werden von dem großen, heißen Backblech mit einer Kelle in Plastikschalen gepackt. Dazu gibt es ein paar Stäbchen mit einer Serviette und schon haben wir für knappe 5 € eine Mahlzeit.
Mit unseren Plastikschalen in der Hand und drei zahmen Hirschen im Schlepptau suchen wir uns einen ruhigen Platz auf einer Bank. Hier lassen wir uns, unter den großen, feuchten und sanften Augen der sicherlich mit Keksen gesättigten Tiere, unsere Nudeln schmecken. Seit gestern hat sich unsere Technik des Essens mit Stäbchen erheblich gebessert und wir schaffen es unsere Schale bis zur letzten Nudel zu leeren. Tut mir leid liebe Hirsche, doch euch wäre diese Mahlzeit bestimmt nicht gut bekommen.
Frisch gestärkt und ausgeruht machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel in Nara, der Kasuga Schrein. Dieser Schrein wurde im Jahr 768 gegründet und besteht aus vier einzelnen Gebäuden. Unser Weg zum Kasuga Schrein führt eine breite Allee entlang, die durch den umliegenden Wald im Schatten liegt. Gesäumt wird der Weg auf beiden Seiten von den 3.000 Steinlaternen, für die dieser Schrein bekannt ist.
Zum Mandoro –Fest werden alle diese Laternen entzündet und ich stelle mir dies als einen wunderschönen und sehenswerten Anblick vor. Doch wer zündet diese alten und teilweise moosbedeckten Laternen alle an? Wie viel Menschen braucht man dazu wohl? Diese Sammlung von Laternen wurden dem Tempel ab dem 11. Jahrhundert gestiftet. Die Lampen stehen in zwei Reihen hintereinander und jede einzelne unterscheidet sich von der nächsten.
Am Schrein angekommen schlendern wir langsam durch die Anlage und bewundern die weiteren Laternen, die hier entlang der überdachten Korridore angebracht sind. Das Holz des Schreins ist frisch, er wird etwa alle 20 Jahre nach den alten Konstruktionsplänen neu gebaut. So bleibt trotz Erneuerungen und Restaurationen der Baustil aus dem 8.Jahrhundert erhalten.
Nach der Besichtigung spazieren wir langsam wieder zurück in Richtung Nara-Zentrum. Unterwegs beraten wir uns: „Sollen wir direkt zurück nach Kyoto?“ frage ich Edith. Denn in unseren Unterlagen empfiehlt Jal Tour einen kurzen Abstecher zum Inari Schrein. „Warum nicht?“ meint Edith unternehmungslustig. „Bisher haben sie uns in allem sehr gut beraten.“
Doch wo genau ist der Inari Schrein? Und wie kommen wir dorthin? Am besten wir fragen mal nach! Bewaffnet mit Reiseführer und einem Bild des Inari-Schreins machen wir uns auf den Weg und fragen einen der Bahnbeamten. Sein Nicken zeigt ganz klar: Ja, er kennt den Schrein und er weiß auch wie wir dorthin kommen. Auch die sprachliche Verständigung lässt sich rasch lösen. Eine hilfsbereite Dame, die wohl unsere etwas ratlosen Gesichter sieht, kommt zu uns herüber und übersetzt die Wegbeschreibung des Mannes. Wir müssen diese Bahn hier nehmen, einmal umsteigen und mit einer anderen Bahn weiterfahren. Ganz einfach! Warum sollten wir das nicht finden? Sicherheitshalber zeige ich bei jeder Station an der wir stoppen den anderen Bahnpassagieren das Bild vom Inari Schrein mit der Frage: „Are we in Inari?“ Dieses System funktioniert und wir landen an der richtigen Bahnstation.
Von hier aus ist es einfach, nur über die Bahngleise und danach immer gerade aus. Die Straße ist gesäumt mit Restaurants, Feinkostläden und Andenkenstände. Edith kauft getrockneten Ingwer, von dem wir uns gleich einen Teil schmecken lassen.
Nach knapp 5 Minuten haben wir den Fushimi-Inari-Schrein erreicht. Es ist einer der bedeutendsten Schreine in Japan und wurde 711 gegründet. Er ist der Göttin des Reisanbaus geweiht.
Das bemerkenswerte an diesem Schrein ist die 4 km lange Allee von mehr als 10.000 roten Torii, die von Gläubigen gestiftet wurden.
Gemeinsam mit anderen Besuchern starten wir den Rundgang durch die Torii. Der Gang, der mit einem breiten und ebenen Weg begonnen hat, wechselt kurz darauf in einen schmalen Pfad bei dem es treppauf und treppab geht. An einer Kreuzung können wir uns dann entscheiden. Entweder 4 km wandern oder den kürzeren Weg nehmen, der uns in einem Bogen wieder zurück zum Hauptgebäude bringt. Auf Grund der Uhrzeit und unseren inzwischen müden Füßen entscheiden wir uns für die kürzere Variante.
Sie führt uns auf dem Rückweg vorbei an zahlreichen Fuchs-Skulpturen in den unterschiedlichsten Größen. Der Fuchs gilt als Götterbote und die Steinskulpturen wurden ebenfalls von Gläubigen gestiftet.
Als wir wieder am Bahnhof sind beginnt es bereits zu dämmern und wir sind froh als nicht viel später ein Zug kommt und wir auf unsere Rückfahrt nach Kyoto sind.
Dort angekommen machen wir auch heute unseren Zwischenstopp in dem Irish Pub, es ist inzwischen zu unserer „Stammkneipe“ in Kyoto geworden. Bei einem frisch gezapften Bier ruhen wir uns von dem heutigen Ausflug aus und besprechen den weiteren Abend. „Hast Du denn großen Hunger?“ möchte Edith wissen. Nein, eigentlich nicht. Sie auch nicht und daher beschließen wir nochmal in das gleiche Restaurant zu gehen wie gestern. Es liegt auf dem Weg ins Hotel und das Essen hat uns geschmeckt. Warum also noch lange suchen, vor allem nach den vielen Fußwegen von heute.
Im Restaurant ziehen wir nun schon geübt unsere Essensbon aus dem Automat, die Bedienung begrüßt uns freundlich und lacht, als sie erkennt, dass ich die gleiche Bestellung abgebe wie gestern. Warum auch nicht, es hat ja sehr gut geschmeckt.
Anschließend gehen wir direkt ins Hotel und als wir ein wenig später müde in unseren Betten liegen sind wir uns einig: es war ein schöner Tag und Nara ist ein lohnenswertes Ziel. Und das Wetter hat es heute richtig gut mit uns gemeint. Bestimmt war dieser Sonnentag der Beginn des japanischen Frühlings.
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