Eine individuelle Ferienreise von Kewlona im Okanagan Valley nach Banff
Dienstag und Mittwoch
Nachdem wir gestern in Vancouver das Auto abgeholt haben, waren wir den restlichen Tag auf dem Highway unterwegs durch das Okanagan Valley.
Hier ist in der Nähe vieler Farmhäuser Schilder am Wegrand aufgestellt mit dem Hinweis, dass man Kirschen, Pfirsiche und andere frische Obstsorten direkt vom Bauern kaufen kann. Allerdings : im April natürlich noch nicht! Jetzt sind die Bäume noch winterlich kahl, doch in etwa einem Monat stehen hier alle Obstbäume in Blüte. Wir sind eben ein klein wenig zu früh!
Das Okanagan Valley hat, neben Vancouver Island, das mildeste Klima in Westkanada. Der Frühling startet im April, die meisten Regentage sollen im Juni sein und in den Sommermonaten steigen die Temperaturen auf über 30º C. Der Herbst bringt den Indian Summer mit den herrlichsten Farben des Laubes, Weinlese und Erntedankfesten. In diesem fruchtbaren Tal wird daher Obst und Gemüse für ganz Kanada angebaut und hier wachsen die Reben, aus denen die besten Weine in British Columbia gewonnen werden.
Der Name des Valleys soll laut Legende von dem Namen eines Ureinwohners abstammen. Vor vielen Jahren lebte in diesem Tal ein alter weiser Indianer mit dem Namen Old-Kan-He-Kan. Eines Tages wurde er getötet und die Menschen im Tal nannten es von nun ab Okanagan in Erinnerung an ihn und baten die Götter um Rache für den weisen Mann. Laut der Geschichte ist sein Mörder schließlich in eine garstige Seeschlange verwandelt worden.
Am späten Nachmittag erreichen wir Kewlona und suchen uns eine Übernachtungsmöglichkeit.
Heute früh soll es weitergehen bis in die Rocky Mountains, eines unserer Hauptziele dieser Reise.
Tony und ich sind uns einig, das wir keine Weinkellerei besichtigen möchten. Da wir in Spanien in einem „Weinland“ leben und schon sehr viele „Bodegas“ in unserer Wahlheimat besucht haben, sparen wir die Zeit lieber für andere Attraktionen unterwegs ein.
Die Koffer stehen bereit, doch vor der langen Fahrt stärken wir uns zuerst mit dem angebotenen Frühstück. Was es hier wohl Gutes gibt? Eier mit Speck?
Auf einem langen Tisch ist das „Frühstücksbuffet“ aufgebaut. Thermokannen mit Kaffee und Tee, süße Muffins, Toastbrot und kleine Marmeladenpäckchen. Alles pappsüss!!!!
Doch halt! Hier habe ich in einem kleinen Korb etwas anderes entdeckt: fünf kleine Mini-Philadelfia-Käse Packungen. Tony und ich nehmen uns jeder zwei und da es sich nicht lohnt einen übrig zu lassen teilen wir ihn uns. Das bringt uns zwar sehr viele tadelnde Blicke der anderen Gäste ein, aber lieber dies anstatt Muffins zum Frühstück.
Bevor wir wieder auf den Highway fahren, schauen wir uns ein wenig in Kewlona um. In meinem Reiseführer ist Kewlona als lebhafte Stadt bezeichnet. Doch im April liegt sie noch im tiefsten Winterschlaf. Wir gehen ein Stückchen am Seeufer entlang und finden auch den „Strand“, doch alles ist menschenleer. Der Kinderspielplatz liegt ungenutzt vor uns und ein einsamer Spaziergänger führt seinen Hund über die grüne Wiese. Die laubfreien Bäume und Sträucher wiegen sich im Wind und der grau verhangene Himmel spiegelt sich im See.
Wir verabschieden uns von Kelowna und fahren am See entlang nach Norden über Vernon in Richtung Revelstoke.
Je näher wir an die Berge kommen, um so winterlicher wird die Landschaft und an den Straßenrändern liegt Restschnee. Kurz vor Revelstoke erreichen wir unser erstes Etappenziel für heute: The Enchanted Forest. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Naturlehrpfad und Märchenwald mit Kinderspielplatz, Gartenzwerge und Miniaturland. Hört sich skurril, aber auch lustig und sehenswert an. Von der Straße aus sehen wir schon die Märchen- Ritterburg und einen überdimensionalen Plastik-Knappen, der an einem Baumstamm nach oben klettert. Parkplatzprobleme gibt es keine, wir scheinen die einzigen Besucher zu sein und unser Auto steht mutterseelenallein auf dem kleinen freien Platz. In unsere warmen Jacken gepackt machen wir uns auf den Weg. Ein riesiges Osterei mit Spazierstock und Zylinderhut sitzt auf der Mauer und schaut uns entgegen. Wir gehen an ihm und einem zwei Meter hohen Fliegenpilz vorbei bis zu einer Windmühle, die gleichzeitig auch den Eingang bildet. Doch leider stehen wir vor verschlossener Tür auf der ein Schild prangt mit dem Wort „CLOSED“. Das ist Pech! Schade, aber vermutlich macht dieser Park erst im Mai auf. Wir sind eben ein wenig zu früh! Tony findet das nicht schlimm, in einem Märchenwald laufen vermutlich sowieso keine wilden Bären herum. So machen wir ein paar Fotos vom Osterei und Fliegenpilz, vertreten uns die Füße und steigen wieder in das warme Auto.
Nach wenigen Kilometern machen wir unseren nächsten Fotostopp. Wir sind am Three Valley Lake und haben eine wunderschöne Sicht auf das Three Valley Gap. Dieses heutige Hotel-Resort entstand in dem 50er Jahren und war ursprünglich ein kleines Motel. Eine Attraktion in diesem Hotel ist das Hochzeitszimmer. Es sieht aus wie eine Höhle – besonders geeignet für Fans der Familie Feuerstein.
Unsere Weiterfahrt führt uns durch eine fantastische und abwechslungsreiche Landschaft. Die Berge werden immer höher , das gleiche gilt allerdings auch für den Schnee. Wo bisher nur Schneereste am Straßenrand lagen ist inzwischen die ganze Landschaft weiß bedeckt. Hin und wieder macht ein Straßenschild uns auf Lawinengefahr aufmerksam.
Bei Golden machen wir nochmal einen kleinen Halt und knipsen von einem Aussichtspunkt das „historische Gebiet“ . Eigentlich kann ich keinen Unterschied zu allen anderen Ortschaften erkennen. Die Gebäude sind flach und zweckmäßig und von hier oben erinnert mich der Anblick ein wenig an ein spanisches „Polígono“ (Industriegebiet).
Wir haben uns vorgenommen heute bis Banff zu fahren, von dort möchten wir dann ab morgen einige Ausflüge in die Umgebung machen. Daher wollen wir ab jetzt zügig durchfahren, so können wir uns noch bei Tageslicht ein Hotel suchen. Außerdem verschlechtert sich das Wetter je näher wir an die Berge kommen. Tiefe Wolken verhängen die verschneiten Berggipfel und die Luft riecht nach Schnee. Und tatsächlich, bei unserer Einfahrt in Banff fallen die ersten Schneeflocken.
Wir stellen das Auto ab und machen uns zu Fuß auf die Suche nach einem Hotel. Die Auswahl ist groß und wer die Wahl hat, hat bekanntlich auch die Qual. Tony legt Wert auf einen sicheren Parkplatz, ich möchte ein schönes Zimmer und ein bequemes Bett. Die etwas längere Suche hat einen Vorteil- wir kennen uns im ganzen Zentrum von Banff gut aus! Und wir haben das schönste Hotel- natürlich mit Parkgarage.
Das Zimmer ist groß und hell und hat eine Balkontür zu einem Innenpatio für Raucher. Perfekt!
Seit unserem Philadelfia-Käse-Frühstück in Kelowna haben wir unterwegs nur einen Müsliriegel gegessen und sind inzwischen entsprechend hungrig. Auf unserer Hotelsuche haben wir schon einige Restaurants gesehen, aber so richtig entscheiden können wir uns nicht. Mein Magen ist so leer, dass ich gar nicht weiß auf was ich Appetit habe. Tony fragt an der Rezeption und die junge Dame empfiehlt uns unter anderem ein thailändisches Restaurant. Es sei sehr einfach aber gut. Thailändisch? Oh ja, gerne!
Es ist ein sehr kleines Lokal in einer Einkaufspassage und das Essen schmeckt wirklich so wie ich es aus Thailand kenne. Da der Wirt keinen Wein führt nehmen wir dazu ein original Thai-Bier und sind rundherum mit unserer Lokalwahl zufrieden.
Auf unserem Rückweg zum Hotel fängt es wieder an zu schneien und die Straßen sind in Kürze mit einer weißen Schicht bedeckt. Das wird doch nicht alles liegen bleiben? Es ist doch schon Ende April!
Bei meiner Gute-Nacht-Zigarette im Innenpatio nimmt der Schneefall zu, immer mehr dicke weiße Flocken fallen auf die Erde, in den Aschenbecher und auf mich. Wir werden doch nicht hier im Hotel einschneien?
Als ich im Bett liege sehe ich vor meinem inneren Auge die morgen früh zugeschneiten Straßen- was dann? Gab´s da nicht mal einen Film von einem eingeschneiten Hotel in Kanada? Mit Jack Nickolson! Ja, richtig „Shinig“! Aber das war sicher nicht in Banff! Oder vielleicht doch?
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