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Karawanenreise Sinai – 10 Tage in der Wüste

Am 05. November ging es endlich los. Mit Blue Planet Erlebnisreisen (www.blue-planet-reisen.de) nach Ägypten, genauer gesagt zur Sinai Halbinsel. Die Wüste, eines dieser Reiseziele, die ich schon seit Jahren im Kopf habe. Ohne genau sagen zu können, was ich damit verknüpfe.

Der Reiseverlauf sieht vor, erst einmal zwei Nächte im Sharks Bay Beduin Home in der Nähe von Sharm-el-Sheikh zu verbringen. Am Morgen des zweiten Tages soll uns ein Bus in die Wüste zum Startpunkt unserer 10-tägigen Tour bringen. Bei der Ankunft fallen zwei Sachen auf: erstens ist die Wüste  näher als ich dachte und zweitens ist Sharm-el-Sheikh sehr viel touristischer und überlaufener, als ich mir es vorgestellt hatte. Gewöhungsbedürftig auch die vielen Straßensperren und Sicherheitskontrollen mit schwerbewaffneten Polizisten.

Trotzdem, das Hotel besitzt viel Charme – beispielsweise die kleine Holzhütte hinter der Einfahrt, in der sich die Rezeption verbirgt anstelle einer großen, klimatisierten Eingangshalle – und die Zimmer sind groß, sauber und haben einen schönen Blick in die Bucht hinein.

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Sonnenaufgang aus dem Hotelzimmer im Sharks Bay Bedouin Home

Direkt vor dem Hotel beginnt ein kleines Riff. Es ist wunderschön, morgens nach Sonnenaufgang dort zu schnorcheln und die Fische anzugucken. Solange die Boote und vielen Menschen alle noch schlafen, sind die bunten Fische in allen Größen sehr neugierig und kommen nah herangeschwommen. Als Nicht-Fischkennerin war ich froh, dass von ihnen keiner sonderlich aggressiv zu sein schien.

Aufbruch in die Wüste

Pünktlich um 8 Uhr morgens werden wir mit unserem Wüstengepäck an der Rezeption des Hotels abgeholt. Die Straßensperren und -kontrollen lassen wir hinter uns und fahren auf einer erstaunlich gut ausgebauten Straße durch die Berge immer weiter von dem Trubel der Küste weg. Wir, das sind unser Reiseleiter Samer und eine Gruppe von fünf deutschen Wüstenneulingen im Alter zwischen 30 – 70 Jahren. Nach gar nicht so langer Fahrt biegen wir auf eine Sandpiste ab, um die Beduinen und Kamele zu treffen. Prompt bleibt der Bus im Sand stecken. Wir lernen, dass Regel Nummer 1 ist, flexibel zu sein. Regel Nummer zwei ist, zu lächeln (diese Regel kommt im späteren Verlauf der Tour in allen möglichen Situationen als Variante zum Einsatz – und funktioniert auch noch). Nach wenigen Minuten werden wir von den Beduinen mit Hilfe eines Jeeps gerettet. Da alles recht schnell gehen muss, fällt die Begrüßung recht kurz aus. Und plötzlich finden wir uns mit zwei fremden Beduinen und sechs Kamelen ohne Samer wieder. Mir wird bewusst, wie hilflos ich in dieser ungewohnten Umgebung bin. Ohne die Möglichkeit, mich zu verständigen und ohne eine Ahnung, wie man in der Wüste überlebt.

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Erste Begegnung mit unseren Kamelen – wer ist wohl neugieriger?

Die Beduinen scheinen mit der Situation vertrauter als wir und machen uns mit Mimik, Gestik und ein paar englischen Wörtern klar, welches der Kamele das älteste ist. Wobei ich im nachhinein vermute, dass das Alter des Kamels eher geschätzt war. Weder Geburtstage noch das Alter eines Menschen (und daher sehr wahrscheinlich auch das Alter eines Kamels) haben in der Kultur der Beduinen eine Bedeutung.  Aber das ist eine der vielen Sachen, die wir im Laufe der Reise noch lernen werden.

Dann geht alles ganz schnell. Unmengen von Taschen, Tüten, Kanistern und Isomatten werden an den Kamelen befestigt. Dabei zeigt ein Kamel lautstark seinen Unmut. Mein Kamel, wie ich ein paar Minuten später feststelle.

Ein Kamel ist, wenn es so vor einem liegt, ein ganz schön großes Tier. Und mit dem Gepäck ist es nicht nur hoch, sondern auch noch breit. Mit ein bisschen Hilfe eines geduldigen Beduinen sitze ich wenig später mehr oder weniger sicher im Sattel. Und lerne, dass ein Sattelknauf gut geeignet ist, um sich festzuhalten wenn das Tier aufsteht. Und dann geht es endlich los. Nach einigen Minuten verstehe ich woher der Spitzname Wüstenschiff kommt. Es ist eine ganz eigene Art, sich durch diese vielfältige Landschaft zu bewegen. Ich bin froh, dass wir noch ein bisschen weitergehen, bevor ich mir über das Absteigen Gedanken machen muss. Also lasse ich erst mal die Wüste auf mich wirken.

Essen in der Wüste – oder wie Wunder geschehen

Im Vorfeld hatten wir auch über das Essen geredet. Brot schien gesetzt, gefolgt von Gerichten wie Linsen mit Reis, Reis ohne Linsen, Linsen ohne Reis. Und Tee natürlich. Hätte ich geglaubt, dass wir zweimal täglich Salat (frisch!) essen würden? Oder täglich frisches Obst zum Nachtisch? Oder morgens heiße Schokolade vor dem Frühstück kriegen würden? Natürlich nicht. Aber Samer hat es geschafft, uns immer wieder aufs Neue zu überraschen. Und neben dem kleinen Wunder, so viele leckere und frische Sachen in die Wüste zu transportieren, hat er auch noch das große Wunder vollbracht, dass es uns allen geschmeckt hat.

Brot wird in der Asche gebacken

Brot wird in der Asche vom Lagerfeuer gebacken

Unser Job beim Essen ist es, uns auf die Decken zu setzen und in regelmäßigen Abstand Gläser und Teller zum Auffüllen zu reichen. Eigentlich wäre es Samer und den Beduinen am liebsten , wir bewegten uns vor, während und direkt nach dem Essen gar nicht. Während sie es schaffen, das Essen ohne Hilfsmittel wie Tische, Brettchen oder Siebe sandfrei zuzubereiten, schaffen wir nicht einmal, aufzustehen ohne mindestens eines der Gläser im Sand zu versenken. Oder Sand in die Teller zu kriegen. Aber eigensinnig wie wir sind, geben wir den Versuch nicht auf, uns in irgendeiner Form nützlich zu machen. Samer und die Beduinen nehmen es mit Humor, wie vermutlich auch unsere anderen Eigenarten.

Zuerst ist es gewöhnungsbedürftig, wie der Brotteig – bestehend aus Mehl, Wasser und Salz – in die Überreste des Feuers gelegt und mit heißer Asche bedeckt wird. Durch das fachkundige Ab- und Ausklopfen wird die Asche vom ferigen Brot entfernt. Schwarze Stellen gibt es erstaunlicherweise so gut wie nie, da die Beduinen bei der Zubereitung genaustens darauf achten, dass keine glühenden Kohlestücke auf den Teig gelangen.

Wir lernen, dass am Abend weder Essensreste noch Taschentücher oder ähnliches ins Feuer geworfen werden, da am folgenden Morgen das Brot in diesem Feuer gebacken wird.

Aus Gästen werden Freunde

Bei der Abfahrt in die Wüste lernen wir, dass wir unseren Touristenstatus hinter uns lassen und als Gäste in diesem Land willkommen geheißen werden. Als solche geben wir uns Mühe, uns an die Gebräuche und Sitten anzupassen. Dazu gehört, sich die Schuhe auszuziehen, bevor man sich auf die Decke setzt. Auch, dass Männer zuerst Tee und Essen kriegen. Unsere männlichen Reisegefährten sind das nicht gewöhnt und reichen wohlerzogen Gläser und Teller weiter. Das bringt natürlich die ganze Ordnung der Beduinen durcheinander, die schon auf dem Weg zum nächsten Gast waren, nur um dann festzustellen, dass dort schon ein Glas Tee und ein gefüllter Teller standen. Durch solche kleinen kulturellen Unterschiede lassen wir uns alle nicht durcheinanderbringen. Wir hören auf, alles höflich weiterzureichen und die Beduinen verteilen Getränke und Essen der Reihe nach ohne Rücksicht auf Geschlecht oder Alter. Akzeptanz, Geduld und Humor bringen uns von Tag zu Tag näher zusammen.

Nach wenigen Tagen haben wir einen herzlichen, wenn auch wortkagen Umgang miteinander. Unsere Beduinen geben sich große Mühe, uns ein wenig Arabisch beizubringen. Wir erweisen uns leider nur als mäßig begabt.

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Augrund des sinkenden Grundwasserpegels muss der Brunnen immer weiter vertieft werden und erschwert das Auffüllen der Vorräte

An manchen Tagen gehen wir Routen, die für die Kamele nicht geeignet sind und die Beduinen nehmen einen anderen Weg zum nächsten Lagerplatz. Wenn wir dort müde und hungrig eintreffen, gibt es ein herzliches und freudiges Wiedersehen.

Wir lernen viel in den wenigen Tagen. Über das Leben in der Wüste und die geltenden Regeln. Das Wasser in der Wüste allen gehört. Filmen und Büchern zu Trotz würde niemand in der Wüste ermordet, weil er aus einem fremden Brunnen getrunken hat. Dass es sich nicht um leere Worte handelt lernen wir, als uns ein junger Mann auf seinem Weg begegnet und er mit einer Flasche Wasser und ein bisschen Essen ausgestattet wird. Oder über den tiefen Glauben der Beduinen, deren Gebete wir mehrmals täglich erleben. Dass sie selbst diese Wüstentouren als eine Art Auszeit von ihrem Alltag genießen. Und dass das 21. Jahrhundert auch in der Wüste Spuren hinterlässt. Wir erfahren, an welchen Stellen man Handyempfang hat, kommen an Müllbergen von Jeepsafaris vorbei und sehen an einer Wasserquelle an dem immer weiter ausgebauten Brunnen, wie schnell der Grundwasserpegel sinkt.

Die Wüste

Die Wüste Sinai ist eine Gesteinswüste. Neben Sand gibt es Berge, die im Südsinai Höhen über 2000 Meter erreichen. Die Landschaft ist äußerst abwechslungsreich, von großen Sanddünen über Sandsteinformationen, Lavagestein, versteinerte Korallenriffe.

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Sandstein Farbvariationen – die Natur als Künstler

Samer, der seit über 20 Jahren Reisen durch den Sinai durchführt, ist eine Art wandelndes Lexikon. Seine Interessen reichen von Archäologie über Biologie und Geologie und er hat Freude, sein Wissen an uns weiterzuvermitteln. Zusammen suchen wir Fossilien, besichtigen Überreste von mehreren tausend Jahren alten Siedlungen und Gräber. Wir sammeln Früchte von einem Strauch, die, solange sie grün sind, einen starken Senfgeschmack haben und am Abend unser Essen verfeinern. Er zeigt uns Heilpflanzen gegen Magenbeschwerden und Diabetis und wir sammeln Kräuter aus denen wir einen leicht bitteren Tee kochen, der gegen Erkältungskrankheiten wirkt. Zwei unserer Teilnehmer haben aus dem kalten, verregneten Deutschland eine recht hartnäckige Erkältung mitgebracht und werden mit Tee, Honig mit Thymian und vitaminreicher Kost wieder gesund gepflegt.

morgenstimmung

Morgenstimmung

Geschlafen wird unter freiem Himmel mit Schlafsack und Isomatte. Mein kuscheliger warmer, knatsch-orangener Daunenschlafsack bringt mir bei den Beduinen den Spitznamen „Orange Lady“ ein. Dadurch machen wir die wunderschöne Erfahrung, mit Blick auf einen unendlichen Sternenhimmel einzuschlafen. Bis zum Schluß staune ich über diesen Anblick, wenn ich nachts kurz wach werde. Dazu die Stille, die je nach Lagerplatz höchstens vom Kauen und gelegentlichem Schnauben der Kamele unterbrochen wird. Morgens weckt mich die Dämmerung und derRauchgeruch des gerade angezündeten Lagerfeuers.Häufig genieße ich die kurze Zeit bis die Sonne aufgeht und die Mitreisenden aufwachen, mache einen Spaziergang und sehe zu, wie die Sonne die Felsen in ein rötliches Licht taucht.

Abschied

sonnenuntergang

Am letzten Abend wird uns noch ein besonderer Sonnenuntergang beschert

Bevor wir uns versehen, bricht der letzte Tag in der Wüste an. Alle sind stiller als sonst, das Frühstück dehnt sich länger aus als an den anderen Tagen. Es scheint, als ob die Beduinen und Samer genau so wenig wollen, dass unsere Reise nur zu Ende geht. Irgendwann sind trotzdem die Kamele wieder bepackt und wir machen uns zu dem letzten Bergpass auf, der uns von der Asphaltstraße und unserem Bus trennt.

Beim Mittagessen, bei dem sich Samer noch einmal selbst übertrifft und alles auffährt, was unsere Vorräte noch hergeben – natürlich auch frischen Salat mit Gurken, Tomaten und einer ordentlichen Portion Knoblauch – verteilen wir unsere Mitbringsel an unsere Beduinen. Als wir vor der Reise überlegt hatten, was wir mitbringen können, hätten wir uns nie vorstellen können, wie eng die Beziehung zu diesen uns so fremden Menschen in so kurzer Zeit werden kann. Zu den Sachen wie Seife, Süßigkeiten und alten Kleidungsstücken durchsucht jeder noch seine Tasche nach einem persönlichen Geschenk. Auch wenn ich bezweifle, dass wir damit wirklich das ausdrücken können, was uns die Zeit zusammen bedeutet hat. Es ist zumindest ein kleines Dankeschön für ihre ständigen Bemühungen, uns diese Reise zu einem tollen Erlebnis zu machen, uns einen Einblick in ihr Leben zu gewähren. Das alles geht weit über das hinaus, was man von einer reinen Dienstleistung erwarten kann. Worte sind genau so ungeeignet wie Geschenke, um all das auszudrücken. Oder um es mit Samers Worten zu sagen: You are not supposed to describe this.

Weiter geht es auf dem letzten Abschnitt unserer Reise. Vom Berg aus sehen wir schon einen kleinen weißen Fleck – der Bus, der uns wieder nach Sharm-el-Sheikh bringen wird.

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Das Ziel vor Augen…

Wir helfen ein letztes Mal dabei, das Gepäck von den Kamelen abzuladen und bedanken uns. In der Kultur der Beduinen gibt es keine großen Verabschiedungen. Wenn ein Beduine abends am Lagerfeuer müde wird und schlafen geht, verschwindet er leise und unbemerkt vom Feuer und legt sich hin. Damit sich die übrigen Leute nicht aufgefordert fühlen, ebenfalls schlafen zu gehen oder leise sein zu müssen. Genauso leise reiten sie mit ihren Kamelen in die Wüste zurück zu ihren Familien. Die Worte Raschids, „meines“ Beduinen: „Maybe next year? Inschallah.“

Ein großes Dankeschön zum Schluß an (nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge) Rüdiger Sauerland von Blue Planet Erlebnisreisen, Samer, Raschid, Mahasin und Garib. Dieser Urlaub war wirklich etwas ganz Besonderes und Unvergessliches.

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Über den Autor

3 Reaktionen bis “ Karawanenreise Sinai – 10 Tage in der Wüste ”

  1. Ich habe diese Wüstensafari schon mal gemacht. Es ist nur zum weiterempfehlen !!!

  2. Das klingt sehr interessant! Wie machen die das denn dass der Salat und das Gemüse frisch bleiben?

    LG Theresa

  3. Ich habe diese Kamel-Safari mi Samer schon acht mal miterleben dürfen. Jedes mal hat sich die Wüste anders dargestellt obwohl einige Passagen immer gleich waren. Ich kenne die Beduinen die genannt sind alle. Garib habe ich zum ersten mal gesehen als er acht Jahr alt war. Nun ist er verheiratet und hat Kinder. Mit Samer habe ich schon ein freundschaftliche Verhältnis. Leider ist Er unter den mir bekannten Adressen nicht mehr erreichbar.
    Übrigens Salat und Gemüse wird in Styropor-Behältern und in Papier eingepackt transportiert so bleibt es frisch.
    LG Günther

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