Kolomenskoje, das Freilichtmuseum bei Moskau
Ausflug nach Kolomenskoje
Müde strecke ich mich und versuche wach zu werden. So schön das Hochbett auch ist, die Matratze ist auf dauer doch ein wenig dünn. Eine feste Unterlage ist zwar besser als ein durch gelegenes Bett, doch die Holzplanken unter der Matratze fühle ich an allen Knochen. Aber was soll´s, die Sonne scheint durch das Grün der Bäume und ein neuer Urlaubstag in Moskau kann starten.
Auch Edith ist bereits munter und nach einem kleinen Frühstück starten wir unseren heutigen Ausflug.
Edith´s Fan, der Hausmeister, hat heute seinen freien Tag. Es ist ein anderer Herr in der Rezeption, doch auch er ist sehr hilfsbereit und freundlich.
Wir starten mit unserem täglichen Gang über die Neue Brücke bis zur Christi Erlöser Kathedrale, neben deren Eingang die Metrostation liegt. Heute schaue ich mir den Namen der Metrostation nochmal genau an, nicht das wir wieder wie gestern Abend am falschen Ende Moskaus ankommen.
Die Metro von Moskau
Inzwischen sind mir die unterirdischen Gänge und die vielen eilig hastenden Menschen schon vertrauter und wir finden ohne Probleme die richtige Metro nach Kolomenskoje. Es ist zwar mit Umsteigen, doch alles klappt. Fast- jedenfalls! Doch dank Edith´s Kommunikationstalent steigen wir sogar an der richtigen Haltestelle aus. Wie um alles in der Welt schafft sie es, sich mit der russischen Frau zu unterhalten? Sie kann gar kein Russisch – oder hat sie mir mein Leben lang verborgene Talente verheimlicht?
Ich frage lieber nicht nach und freue mich, dass wir unser Ziel gefunden haben. Ein Stück müssen wir noch zu Fuß gehen, dann haben wir das Freilichtmuseum Kolomenskoje erreicht. Dieses Museum mit seinem weitläufigen Park war im 16. Jahrhundert Sommerresidenz der russischen Herrscher. Der, auf Anordnung von Katharina der Grossen wegen Baufälligkeit abgerissenen Holzpalast, soll vor kurzem fast originalgetreu wieder aufgebaut worden sein. Da bin ich ja nun gespannt, was uns erwartet.
Das Freilichtmuseum
Der Park ist riesig, doch Gott sei Dank befindet sich ein Plan nicht weit vom Eingang entfernt und so können wir uns ein wenig orientieren. Wir beginnen unseren Rundgang am vorderen Tor und haben Blick auf die Christi Himmelsfahrt Kathedrale, ein Werk alt-russischer Architektur und UNESCO-Welterbe. Gebaut wurde sie im Jahre 1532 vom Großfürst Vasilij III als Dank für die Geburt seines Sohnes, der späteren Zar Ivan IV. Das Rhomben verzierte Zeltdach ist, laut Nelle Reiseführer, 62 Meter hoch. Wir besichtigen die Kathedrale natürlich auch von innen, doch so richtig vom Hocker haut uns das nicht. Vielleicht sind wir nach fast 2 Wochen Russland ja auch schon ein wenig Kathedralen-müde.
Direkt neben der Kathedrale steht der Wasserturm aus dem 17. Jahrhundert sowie der Glockenturm. Ein paar Schritte weiter ist das Sommerhaus Alexanders I.
Wir besichtigen das Museum und eine Sammlung russischer Bilder neben dem vorderen Tor. Wir halten uns hierbei länger auf als gedacht, denn die Besichtigung lohnt sich, sie ist wirklich sehenswert.
Der Park, eine Oase der Erholung
Für uns ist die Hauptattraktion der Park. Nach all den Tagen in St. Petersburg und Moskau, mit all den vielen Besichtigungen, ist es entspannend und erholsam einfach nur mal die Landschaft und Ruhe zu genießen. Das Panorama der Flussbiegung mit den in der Ferne aufragenden Hochhäusern ist super und wir sitzen einfach nur in der Sonne und bewundern den Ausblick.
Es ist die Moskva, die hier in einer Schleife entlang fließt. Langsam schlendern wir weiter, beobachten andere Besucher und ich studiere hin und wieder meinen Reiseführer. Es gibt hier doch den Holzpalast- wo ist der nur? So groß ist der Park doch auch wieder nicht. Ich frage eine der Kassiererinnen an der Kirche indem ich ihr das Bild aus meinem Reiseführer zeige. Doch sie schaut mich nur erstaunt an und schüttelt den Kopf. Na nu!! Und ihre Kollegin? Sie schaut auf das Bild und zeigt in eine Richtung des Parkes, aber genaue Angaben bekommen wir keine. Nichts zu machen, da hilft auch Edith ihr Sprachtalent nicht! Ist aber kein Problem, wir haben es ja nicht eilig und es gibt eine weitere Attraktion, die Kirche der Gottesmutter von Kazan. Sie ist genau das, was ich mir immer unter einer typisch russisch-orthodoxen Kirche vorgestellt habe. Klein, nett und mit blau-goldenen Zwiebeltürmchen. Diese Kirche wurde im Jahr 1649 in Auftrag gegeben von Zar Alexej, Vater von Peter dem Grossen. Der Großteil der Ikonostase stammt noch aus der Zeit der Entstehung, die Wandmalereien dagegen sind aus dem 19. Jahrhundert.
Kirche der Gottesmutter von Kazan
Edith und ich steigen die Stufen hinauf um die Kirche zu besichtigen. Das Gotteshaus ist gut besucht, viele Gläubige sind hier, entzünden Kerzen und sind im stillen Gebet vertieft. Die Kirche der Gottesmutter von Kazan bestand auch zu Sowjetzeiten als Kirche und es wurden Gottesdienste gefeiert. Heute ist in den Seitenflügeln ein Museum, einst dienten sie als Amtsstuben. Besonders fallen die Butzenfenster auf, sie geben ein gedämpftes Licht und passen im Stil irgendwie genau zu den mit goldenen Sternen verzierten Zwiebeltürmchen.
Wie halten uns nicht lange auf, ich möchte auch ungern Gläubige in ihrem Gebet stören. Ein Punkt, den leider nicht viele Besucher beachten.
Wir bummeln nach diesem Besuch weiter in Richtung Haus Peter des Grossen, doch dies ist leider geschlossen.
„Komisch“ erkläre ich Edith „wo ist nur dieser riesige Holzpalast?“ Hier im Park kann er nicht sein, den hätten wir nicht übersehen können. Ich blättere nochmal in meinem Reiseführer und dann finde ich es- der Holzpalast von Katharina II, bei dem nach 10 Jahren Bauzeit befohlen wurde die Arbeiten einzustellen. Warum muss ich jetzt nur an den Berliner Flughafen denken?
Der Holzpalast
Dieser Palast ist jedoch nicht hier in diesem Park, sondern in Caricyno. Das sind nochmal drei Metrostationen weiter in einem ebenfalls weitläufigen Park. Dieser Holzpalast wurde originalgetreu wieder aufgebaut und dienst seit seiner Fertigstellung 2007 als Museum.
Zurück zur Metro und nochmal 3 Stationen fahren? Für ein Museum? Edith und ich beraten uns kurz, nein, eigentlich müssen wir da nicht unbedingt hin. Wir halten es so wie immer in unseren Urlauben. Was wir sehen ist gut und was wir nicht sehen- nun – macht auch nichts. Vielleicht kommen wir ja nochmal wieder! Lieber weniger und das in Ruhe ansehen, Urlaub soll ja nicht in Stress ausarten. Lieber genießen wir noch die Parkanlage mit all den Blumen und Obstbäumen und setzen uns zwischendurch ein wenig in die Sonne. Wir sind auch so müde genug gelaufen.
Auf dem Rückweg kehren wir noch in einem Lokal ein, bevor wir uns mit den kyrillischen Buchstaben in der Metrostation auseinander setzen. Doch alles klappt und wir landen trotz Umsteigen ohne Zwischenfälle wieder an der Christi Erlöser Kathedrale.
Zamoskvoretschje
Es ist noch heller Nachmittag und da das Wetter gut ist machen wir auf dem Rückweg einen kleinen Spaziergang entlang der Moskva. Von der Insel Zamoskvoretschje haben wir einen sehr guten Blick auf die Christi -Erlöser-Kathedrale und werden hier ungewollt Zuschauer wie ein Gruppe Jugendlicher auf Luftmatratzen die Moskva überqueren möchte. Ganz schön mutig- bei all den Touristenboote die dort entlang tuckern und der zusätzlichen Strömung des Flusses. An die Temperatur möchte ich gar nicht denken. Aber es gibt hier ja auch das berühmte Sylvester-Schwimmen! Also spricht nichts dagegen im August in der Moskva zu baden.
Oder? Anscheinend doch! Am anderen Ufer werden die Jugendlichen bereits von der Polizei erwartet. Und so weit ich das von hier aus sehen kann, finden diese das Schwimmen gar nicht spaßig. Es scheint als bekommen die Jungs und Mädchen eine ordentliche Standpauke gehalten. Mit hängenden Köpfen und sehr still klettern alle von ihrer Luftmatratze. Dann heißt es: „Bitte einsteigen“…………..ein Polizist hält die Autotüren offen und verfrachtet die bis dahin übermütige und fröhliche Bande in das Polizeiauto. Wo wird man die Teenager hinbringen? Hoffentlich nur zurück ans andere Ufer wo doch sicherlich Kleidung zurück geblieben ist! Oh je- sie klettern in das Auto wie begossene Pudel!
Wir setzen unseren Rundgang fort, vorbei am Krillov-Haus aus dem 17. Jahrhundert in dem heute ein Forschungsinstitut untergebracht ist. Von hier haben wir auch guten Blick auf das Haus an der Uferstraße, in dem wir während unseres Aufenthaltes in Moskau wohnen.
Das Theater von Moskau
„Sollen wir uns vor dem Theater noch ein wenig ausruhen?“ möchte Edith wissen. Eine gute Idee! Denn der heutige Abend ist für uns etwas ganz besonderes. Wir haben Karten für den „Schwanensee“ – ein Ballettabend in Russland ist ein MUSS. Ganz abgesehen davon, dass ich Ballett liebe. Leider hat das berühmte Bolschoi Theater Sommerpause, doch das „kleine Theater“ ist geöffnet und auf diesen Abend freuen wir uns schon seit Wochen. Das kleine Theater ist so etwas wie „der kleine Bruder“ des Bolschoi Theaters. Es wurde 1824 als Sprechbühne eröffnet und gilt als älteste Einrichtung dieser Art in Moskau. Im 19. Jahrhundert spielte dieses Theater eine aufklärende Rolle und wurde auch „die zweite Moskauer Universität“ genannt.
Ein wenig schade, dass wir nicht in das Bolschoi können- doch unsere Vorfreude mindert das nicht.
Nach einer kleinen Siesta zu Hause machen wir uns ausgehfertig. Natürlich habe ich neben Turnschuhe und Jeans auch etwas für unseren Ballettabend eingepackt. Ich hoffe nur, dass es mir nicht kalt wird, den sobald die Sonne untergegangen ist wird es kühl. Hauptproblem sind wie immer die Schuhe. Schick und bequem- das ist nicht so einfach und es müssen meine Sandalen herhalten. Auch wenn meine Füsse kalt werden, wer schön sein will muss leiden.
Edith hat sich ebenfalls in Schale geworfen und wir machen uns rechtzeitig auf den Weg. Wer weiß ob alles so klappt mit der Metro!
Der Schwanensee
Doch wir kommen ohne Pannen und pünktlich am Theater an und sobald die Türen geöffnet werden suchen wir erst mal unsere Plätze auf. Die meisten Besucher sind recht leger gekleidet, andere wieder haben sich für einen besonders schönen Abend auch Mühe mit ihrer Garderobe gegeben. Das Theater ist gut besucht und die Vorstellung beginnt pünktlich.
Die Geschichte ist ein Märchen vom Prinzen und der Schwanenkönigin Odette. Damit die Spannung bleibt gehört natürlich auch der „Böse“ Part dazu- Rotbart und Odettes Ebenbild Odile. Es gibt natürlich bei verschiedenen Inszenierungen unterschiedliche Schlussakte. Entweder sterben beide, oder nur einer – oder, wie es im Märchen eben meist ist, sie leben glücklich und zufrieden bis heute. Hier in Moskau hat man sich für letztere Variante entschieden. Ich fühle mich allerdings ein wenig beschupst. Da komme ich um den sterbenden Schwan zu sehen und dann lebt Odette mit ihrem Prinzen weiter. Ich habe das Gefühl, es fehlt ein dramatisches Ende. Doch die Vorstellung war super, die Leistung der Tänzer einmalig ebenso wie die Choreografie. Ein Abend, der mir mit Sicherheit unvergesslich bleibt. Und ich bin inzwischen großzügig gelaunt- soll Odette doch leben. Was soll´s!
Im Anschluss an das Ballett gehen wir in eines der nahe gelegenen Lokale und essen noch eine Kleinigkeit um dann langsam und zufrieden den Heimweg anzutreten. Zu Fuß, dreimal Metro an einem Tag – das reicht!
Morgen ist unser letzter Urlaubstag an dem wir einfach nur planlos ein wenig die Stadt erkunden möchten. Vielleicht finden wir was nettes zum einkaufen- wir lassen es auf uns zukommen. In Moskau wird es uns mit Sicherheit nicht langweilig, die Stadt bietet mehr als wir uns in einer Woche ansehen können.
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