Marokko Ferienreise – durch das Draa Tal bis nach Zagora
Mittwoch
Durch Sonnenschein werde ich geweckt- wie schön! Ich hatte gestern ja schon bange, dass unser heutiger Ausflug nach Zagora „in´s Wasser fällt“. Auch meine Erkältung wird jeden Tag besser, nur noch ein wenig Husten ist inzwischen übrig geblieben. Also rasch aus dem Bett und mal schauen ob Gudrun und Gabi schon wach sind.
Sie sind nicht nur wach, sondern sitzen bereits auf der Hotelterrasse in der Sonne. Wer hätte das gestern bei diesem sintflutartigen Regen gedacht.
Die beiden haben den schönsten Frühstückstisch im Hotel ausgesucht. Direkt neben dem Pool mit Blick auf Palmen und die Landschaft. Wir bekommen einen frisch gepressten Orangensaft, Gebäck und Croissants sowie Beilagen. Das ist Urlaub pur! Der einzige Wermutstropfen ist Gabis Erkältung, sie leidet inzwischen so wie ich vor 2 Tagen.
Hoffentlich helfen ihr die Medikamente!
Nach dem Frühstück noch ein kurzer Taschencheck- ja, wir haben alles dabei! Also los! Wir möchten heute durch das Draa-Tal in das 164 km entfernte Zagora. Es ist kein „muss“ Zagora wirklich zu erreichen, da sind wir flexibel. Es kommt darauf an, ob und wie oft wir unterwegs anhalten und wie die Straße ist. Mal schauen, was der Tag so bringt.
Bei der Ausfahrt aus Quarzazate überqueren wir ein kleines Flüsschen und ich frage mich wie es hier wohl gestern ausgesehen hat. Auf der Straße ist noch, anhand von Sand und Sträuchern, zu erkennen, dass das heute so friedlich dahin-murmelnde Bächlein ebenfalls den Fahrweg überschwemmt hatte.
Die Straße führt uns durch eine beeindruckende Landschaft. Karg und vegetationslos liegen die Berge auf unserem Weg zum Tizi n´Tinififft-Pass und ich kann mir kaum verstellen, das es hier Leben gibt. Doch immer wieder zeigen sich kleine oder größere Oasen neben denen Dörfer gebaut wurden. Wie kommt man dazu sich hier ein Haus zu bauen? Denn irgendeiner muss doch mal den Anfang gemacht und das erste Dorf gegründet haben.
Wir sind fast die einzigen Autofahrer auf dieser Strecke, hin und wieder überholt uns ein kleinerer Lieferwagen oder ein eiliger PKW. Auf der Pass- Höhe (1600 Meter) machen wir einen kurzen Halt um die Aussicht auf die Berge zu genießen. Beeindruckend, das dunkle Gestein und der strahlend blaue Himmel mit den kleinen Wolken. Doch wir sind nicht alleine, kaum dass wir aussteigen tauchen schon die ersten Händler auf. Wo hatten die sich nur versteckt? Irgendwo sind sie hinter einem Stein oder einem Strauch gesessen und hoffen nun, dass wir etwas von der feil gebotenen Waren abkaufen.
Viel „Laufkundschaft“ gibt es hier nicht, es gehört sicherlich Geduld dazu, in dieser verlassenen Gegend auf Kundschaft zu warten. Gudrun kauft uns ein Körbchen mit Feigen und nun kann es weitergehen in Richtung Agdz. Dieser kleine und verschlafene Ort ist bekannt für seinen Donnerstagmarkt. Dann werden hier die Basarhäuser mit bunten Teppichen und Kelims aus der Region geschmückt. Doch wir sind einen Tag zu früh und fahren nach einem Tankstopp weiter in Richtung Süden.
Wir lassen die Berge hinter uns und kommen in das eigentliche Draa-Tal ,durch das sich ausgedehnte Dattelpalmenhaine entlang der Straße ziehen. Der Fluss Draa entspringt im Atlas und gilt als der längste Fluss Marokkos. Obwohl er in den Sommermonaten meist ausgetrocknet ist, ist an seinen Ufern noch genügend Grundwasser, so dass dieses Tal landwirtschaftlich genutzt werden kann. Das Wadi-Draa war vermutlich bereits seit vielen tausend Jahren von Menschen besiedelt und hier hat man in einer der Flussterrassen die Venus von Tan-Tan gefunden. Ihr Alter wird von Forschern auf 300.000 bis 500.000 Jahre geschätzt.
Die Oasen des Draa-Tales hat sich für Nomaden, Jäger und Sammler geradezu zur Sesshaftwerdung angeboten, da sie alles bieten, was für das Überleben in einer sonst unwirtlichen Umgebung notwendig ist. Forscher vermuten, dass die ersten Siedlungen in diesem malerischen Tal bereits 3000 v.Ch. entstanden sind.
Heute noch liegen die Kasbahs und Ortschaften wie an einer Perlenschnur entlang des Flusses. Doch so langsam wird es Zeit für eine kleine Pause und wir halten nach einem geeigneten Lokal Ausschau. Gabi entdeckt kurz darauf das Richtige: Auberge Restaurant Char. Eine Lehmmauer mit einer Durchfahrt und leere Coca Cola-Kisten am Straßenrand lassen den Blick frei auf einen wild bewachsenen Garten. Schau´n wir mal, was es dort gibt!
Ein Volltreffer! Nach einem kurzen Spaziergang unter Bäumen erreichen wir die Terrasse hinter dem Haus und haben einen absoluten Traumblick in das Tal und auf die Oasen. Hier haben wir wirklich einen Platz an der Sonne! Der Wirt bringt uns Tee und so können wir entspannt die Landschaft genießen. Perfekt!
Nach dieser Stärkung geht es weiter in Richtung Zagora, wobei ummauerte Lehmdörfer die Straße säumen. Doch so richtig einladend sieht keine dieser Ortschaften aus. Die Autostraße ist gleichzeitig die Hauptstraße und rechts und links führen schmale, festgestampfte Lehmwege zu den Wohnungen. Ob wir mal irgendwo anhalten sollten? Doch eigentlich sind wir alle der Meinung, dass dies von den Bewohnern vielleicht als absolut touristische und indiskrete Neugierde empfunden wird. Denn die Pfade führen offensichtlich nur bis zu den Hauseingängen, nicht unbedingt das richtige Gelände für einen Spaziergang.
Daher fahren wir weiter bis wir den Ortseingang von Zagora erreichen.
Dieser Ort mit etwa 34.000 Einwohnern ist der Ausgangspunkt für viele Wüstentouren in die westliche Sahara. Von hier aus kann man mit Vierradantrieb über eine Piste zu den Quelloasen des Jebel Bani fahren. Ein anderes Angebot für Urlauber ist eine Kamelsafari mit Übernachtung in der Wüste, je nach Kondition der Teilnehmer von 2 Tagen bis 2 Wochen.
Ich bin überrascht, als wir nach Zagora einfahren. Die zweispurige Hauptstraße, auf der wir durch Zagora fahren, hat breite gepflegt Gehwege mit Cafés, Restaurants und einigen Geschäften. Bisher habe ich von Zagora immer Bilder mit Wind, Staub und den umliegenden Marabouts unter einer Schirmakazie gesehen. Daher habe ich nicht eine so moderne Stadt erwartet.
Wir parken am Ortsausgang und machen uns als erstes auf die Suche nach dem berühmten Karawanenwegweiser auf dem steht: 52 Tage bis Timbuktu. Und hier ist es auch schon! Ein Überbleibsel aus der Zeit der Salzkarawanen quer durch die Sahara in Begleitung der Kamele.
Ein weiteres Schild weißt auf den seit 2003 alljährlichen Zagora-Marathonlauf hin. Diesen Marathon gibt es als voll Marathon mit 42 km oder als Halb-Marathon mit 21 km. Es ist ein Lauf durch die Wüste rund um Zagora und ist gleichermaßen für Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder. Absolut ohne Geschlechts- oder Altersbeschränkung.
Wir lassen das Auto hier am Ortsausgang in Richtung Tamegroute stehen und erkunden den Ort zu Fuß. Heute ist Markttag und da wird die Provinzhauptstadt Zagora aus ihrer alltäglichen Ruhe gerissen.
Auf dem Marktgelände schlagen Händler aus den unterschiedlichsten Regionen Zelte auf, um ihre Ware feilzubieten. Als Kundinnen kommen blaugewandete Hausfrauen aus Zagora ebenso wie in schwarze Haiks gehüllte Landfrauen um das Angebot zu begutachten.
Edith und Gabi haben keine Lust über den Markt zu schlendern, doch gemeinsam mit Gudrun mache ich mich auf den Weg. Auf staubigem Lehmboden sind die Stände und Kisten aufgebaut, mit einem wackeligen und provisorischen Stoffdach zum Schutz gegen die Sonne.
Zum kaufen gibt es alles- Haushaltswaren, Obst und Gemüse, Kleidung , Gewürze und Handwerkszeug. Seile, Autobatterien und Autoreifen, Stoffe und Tücher und natürlich das eine oder andere Souvenir. Ein Verkäufer aus dem Senegal kann es gar nicht fassen, dass wir seine wunderschönen Schals nicht im Dutzend kaufen.
Obwohl Zagora mit 2 Hotels und Wüstensafari-Angebote touristisch erschlossen ist, treffen wir auf viele skeptische Blicke und sind weit und breit die einzigen Europäerinnen.
Mich beeindrucken am meisten die aufgetürmten Berge von Gewürzen wie Chilli, Curcuma und gemahlener Kümmel. Da kann man nur hoffen, dass kein unerwarteter Sandsturm aufkommt.
Die Marktzeit ist schon fast vorbei und die ersten Händler packen ihre Waren bereits zusammen. Kisten und Tische werden zu den Autos getragen, die Zelt-, bzw. Stoffplanen zusammengerollt. Doch spätestens am Sonntag räumen die Männer wieder alles aus, denn dies sind die beiden Markttage in diesem Ort- Mittwoch und Sonntag.
Gudrun und ich machen uns auf die Suche nach Edith und Gabi und finden die beiden kurz darauf an einem schattigen Platz in einem der Cafés. Wir leisten ihnen mit einem kalten Erfrischungsgetränk Gesellschaft bevor wir gemeinsam noch ein weiteres Stück der Stadt erkunden. Doch eigentlich haben wir alles gesehen, inzwischen ist es nachmittags und wir sollten uns auf den Rückweg machen. Ich möchte nicht gerne im Dunkeln durch die kurvigen Bergstraßen fahren. Abgesehen von evtl. liegen gebliebenen Autos, die unbeleuchtet und ungesichert hinter einer Kurve stehen können- wir wissen auch nicht wie stabil das Wetter ist.
Wo der Himmel auf der Herfahrt hellblau mit weißen Kumuluswölckchen war, ziehen sich inzwischen dunkle Regenwolken zusammen. Mir reicht unsere gestrige Erfahrung mit überquellenden, zuvor harmlos aussehenden, Flüsschen.
Doch wir schaffen es, kurz vor Einbruch der Dunkelheit Quarzazate zu erreichen. Dort setze ich Gabi und Gudrun vor dem Hotel ab und mache mich gemeinsam mit Edith auf den Weg eine Autowaschanlage zu suchen. Denn durch die gestrige Überquerung des Flusses ist mein kleiner Ford Fiesta mehr braun als grau. Doch Pech- wir sind zu spät! An drei Tankstellen bekomme ich einen Termin für den folgenden Tag angeboten, doch da sind wir ja schon unterwegs zu unserem nächsten Ziel. Trotzdem hat sich der kurze Ausflug gelohnt. Denn wir haben zwei sehr schöne Restaurants für unser heutiges Abendessen gefunden. Eines davon gehörte dem berühmte Griechen, der sich vor vielen Jahren in Quarzazate niedergelassen hat und in fast jedem Reiseführer vermerkt ist. „Es ist aber ein ganzes Stück von unserem Hotel entfernt“ gibt Edith zu bedenken. Ach was- vielleicht 40 Minuten. Wir sind heute so viel im Auto gesessen, da kann das ja kein Problem sein!
Doch ganz so einfach ist es denn doch nicht. Gabi fühlt sich mit ihrer Erkältung so schlecht und fiebrig, dass sie in Streik tritt. So weit möchte sie nicht gehen. Und jetzt- wieder gegenüber der Kasbah? Hier tritt Gudrun in Streik- noch mal Tajine? Nein, auf gar keinen Fall!
Na gut- fahren wir mit dem Taxi! Doch wo gibt es hier Taxen? Weit und breit liegt die leere Hauptstraße vor uns und zu viert brauchen wir sogar zwei von den kleinen blauen 500er Fiats.
„Warum fahren wir nicht mit dem Auto?“ ist Gudruns Vorschlag. Weil mir wohler ist, wenn der kleine Fiesta bei Dunkelheit im Schutze eines bewachten Hotelparkplatzes steht. Außerdem hat sich mein silbergrauer Flitzer heute doch wirklich seine Ruhe verdient! Ganz davon abgesehen, dass mir ein Gläschen Wein zum Essen besser schmeckt als Wasser.
Doch um alle Wünsche und Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, muss das Auto heute noch einmal fahren. Hoffentlich bekommen wir wenigstens einen Parkplatz.
Doch überraschenderweise ist dies kein Problem. Wo vor einer halben Stunde die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange gereiht waren, zeigen sich nun große Lücken und ich parke ganz in der Nähe des Restaurants. Glück gehabt!
Das Restaurant Chez Dimitri besteht seit dem Jahre 1928 und wurde von dem Vater an den Sohn weitergegeben. Es hat internationale Küche und einen großen Bekanntheitsgrad mit guten Kritiken. Diese sind absolut verdient, das Essen ist wirklich gut und das Lokal empfehle ich jedem Reisenden bei einem Aufenthalt in Quarzazate. Es befindet sich auf der Hauptstraße, der Avenida Mohammed V, 22. Endlich mal keine Tajine!!
Als wir satt und zufrieden zurück auf die Straße treten traue ich jedoch kaum meinen Augen. Auf der gesamten Avenida Mohammed V ist weit und breit nur ein einsames, kleines graues Auto zu sehen. Das einzige weit und breit! Wo sind all die anderen Fahrzeuge geblieben?
Kaum das wir sitzen und ich den Motor anlasse, taucht ein großer, kräftiger Mann an der Fahrerseite auf. In einer Hand trägt er einen Baseballschläger und mit der anderen deutet er auf ein Abzeichen an seiner Brust. „Ich bin Sicherheitsdienst und habe auf dein Auto aufgepasst! Du schuldest mir zwei Euro!“ Klar doch! Gar keine Frage! Bitte schön- zwei Euro- oder darf´s ein wenig mehr sein? Ob er nun Sicherheitsdienst ist oder nicht, der Baseballschläger überzeugt. Und nun schnell zurück auf den sicheren und bewachten Hotelparkplatz! Kein Wunder, dass die Straße aussieht wie leer gefegt.
Zum Abschluss des Tages genießen wir noch einen kleinen Absacker an der Hotelbar und halten eine Lagebesprechung ab. Geplant ist für morgen die Fahrt bis Tinerhir mit einem Abstecher in die Dades- und Thodra Schlucht. Doch unsere gestrige Erfahrung mit Überschwemmung hat uns vorsichtig gemacht. Denn um diese Jahreszeit müssen wir auf der kurvenreichen Bergstraße in 2800 m mit schlechtem Wetter rechnen. Viele Reiseführer raten von einer Fahrt durch die Schlucht ohne Vierradantrieb ab. Daher einigen wir uns darauf, auf die Fahrt über den Msemrir Pass zu verzichten. Wir beschließen die Dades Schlucht anzufahren, das Auto abzustellen und lediglich einen kleinen unspektakulären Spaziergang zu machen. Eine sicherlich vernünftige Entscheidung!
Ein vierfaches „Gute Nacht!“ und ein dreistimmiges „Gute Besserung!“ für Gabi beschließt den heutigen Tag unserer Urlaubsreise.
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