Marokko Reisebericht Königsstädte
Bericht über die Reise zu Marokkos Königsstädte vom 2. bis zum 9. 11.2010 erstellt vom Reiseteilnehmer Egon Schwarz.
Die Marokko Reise sollte eigentlich schon im April stattfinden, musste aber wegen der Vulkanasche aus Island verschoben werden. Aus dem von dunklen Regenwolken verhangenen Himmel über Deutschland kamen wir in das sommerlich warme Land im Nordwesten Afrikas. Die Sonne schien vom Aufgang bis zum Untergang. Und was wir in der, wie die Römer sagten, Mauretania Tingitana zu sehen bekamen, war für uns alle nicht weniger überraschend schön. Da war zunächst das im Tertiär entstandene Faltengebirge des Atlas, des mittleren und der hohen Atlas, benannt nach dem Giganten Atlas, der nach der Mythologie die Säulen der Erde und des Himmels auf Kopf und Händen trug, mit Höhen bis zu 4165 Metern, erstaunlicherweise auch heute noch bewaldet, u.a. mit Zedern, und mit einer reichen Fauna (Affen, Gazellen, Leoparden) versehen. Nicht minder beeindruckend ist die Sahara, auf die wir in dem östlich gelegenen Erfoud stoßen, wo wir in einer abenteuerlichen Jeepfahrt zu den Sanddünen bei der kleinen Oase Merzouga gelangen. Unvergesslich die Wanderung in den Sanddünen bei Sonnenuntergang! Ebenfalls in Erfoud besichtigen wir ein Museum mit Fossilien aus dem Erdaltertum, denn vor 400 Millionen Jahren war die Sahara ein riesiges Meer. Im vom Sauerstoff abgeschnittenen Schlamm sind dann Unmengen von Seetieren versteinert worden. Geschäftstüchtige Marokkaner verarbeiten die Ammoniten heute zu Stelen und Tischplatten.
Unsere Route führt uns von der Hafenstadt Agadir, die 1960 durch ein Erdbeben zerstört worden war, aber heute das große Touristenzentrum an der Atlantikküste darstellt, zunächst nach Osten, um dann zu den alten Königsstädten Meknes und Fès im Norden abzubiegen. Von da geht es über Rabat, Casablanca und Marrakesch nach Agadir zurück. Auch Rabat, heute die Hauptstadt, und Marrakesch zählen zu den Königsstädten. Vier Königsstädte in einem ja nicht übermäßig großen Land (446 555 qkm, 33,8 Mio. E.) sind sicher ungewöhnlich, das hängt aber mit der wechselhaften Geschichte des Landes zusammen. Denn die Einwohner waren recht kriegerisch. Die Almorawiden, die das Kalifat Cordoba ab 1062 vor dem Ansturm der Spanier retteten, kamen ebenso aus Marokko wie die ihnen ab 1147 nachfolgenden Almohaden. Und im Lande selbst wechselten die Dynastien, die dann oft neue Residenzen aufbauten. Am auffälligsten ist das bei Meknes zu sehen. Hier errichtete Moulay Ismael (1672 – 1727) seine neue Residenz, die gern als marokkanisches Versailles bezeichnet wird. Sein aufwendiger Palast ist von der nachfolgenden Dynastie zerstört worden, aber geblieben ist das eigenartige Stadtbild mit den zahlreichen Stadtmauern, die die Stadt in verschiedene Sektoren einteilt, ein Ausdruck für das pathologische Sicherheitsbedürfnis des grausamen Herrschers. In seinem Mausoleum stehen zwei große Standuhren, Geschenke des französischen Königs Ludwig XIV. Moulay Ismail hatte nämlich ein Gesandtschaft nach Versailles geschickt mit der Bitte, ihm eine französische Prinzessin zur Frau zu geben. Der Sonnenkönig lehnte ab und schickte stattdessen die Standuhren.
Die Straßenschilder sind auf Arabisch und Französisch gehalten. Dass sich die Franzosen ab 1844 in Marokko festsetzten und 1912 zu ihrem Protektorat machten, ist noch heute lebendig. Viele Marokkaner sprechen Französisch. Als wir von Agadir nach Ouarzazate kamen, fielen uns gleich die im Carré angelegten Straßen auf, während die alten marokkanischen Städte enge und verwinkelte Gassen haben. In der Tat ist Ouarzazate 1928 von den Franzosen als Garnisonstadt angelegt worden, um den Westen des Landes zu beherrschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die französische Herrschaft nur noch mühsam aufrechtzuerhalten. Weil sich Sultan Mohammed V mehrfach weigerte, Gesetze der Kolonialherren zu unterschreiben, wurde er 1953 nach Madagaskar verbannt. Aber der Aufruhr des Volkes zwang die Franzosen, ihn bereits nach zwei Jahren zurückholen. 1956 erklärte Mohammed V die Unabhängigkeit seines Landes und nahm 1957 den Königstitel an. Sein Grab fand der Nationalheld in einem prächtigen Mausoleum in Rabat. Seitlich von ihm ruht Hassan II (1961 – 1999), dessen bleibendes Denkmal die große Moschee von Casablanca ist, die zweitgrößte (nach Mekka) auf der Welt. Das Geld für den Bau hatte der harte und unbeliebte Herrscher aus dem Volk herausgepresst. Sein Sohn Mohammed VI ist dagegen sehr beliebt und versucht, das Land in die Moderne zu führen. Wenn auch seine Herrschaft autokratisch und mit westlichen Vorstellungen von einer konstitutionellen Monarchie nicht vereinbar ist, so ist doch der König das einigende Band für das ganze Land. Insgesamt also eine sehr schöne Reise, für die die Reiseteilnehmer dem Organisator Dr. Heinz Althaus und seiner Frau herzlich dankten.
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