Mit dem Wohnmobil nach Island
Ankunft in Seydisfjördur
Island- endlich wird es wahr! Ich sehe die ersten Berge von Seydisfjördur am Horizont auftauchen und kann es kaum erwarten bis wir anlegen. Der erste Eindruck von Island ist : grün, viel grün auf schroff wirkenden Felsen.
Wir kommen mit der Auto-Fähre aus Dänemark/Hirtshals in Seydisfjördur an und werden von hier unsere drei wöchige Reise mit dem Wohnmobil rund um Island starten. Wir haben zwei Tage erholsame Seereise auf der Norröna hinter uns, die Zeit verging schneller als ich dachte.
Deck Nummer drei
Doch nun heisst es „alle Mann von Bord“! Wir schultern unserer Gepäck und steigen hinab in den Bauch des Schiffes um mit unserem Wohnmobil an Land zu fahren. Doch da kommt die erste Hürde dieser Reise. Wir finden unser Wohnmobil nicht! Monika ist sich sicher, sie hat auf Deck drei geparkt, ganz an der Seite und gar nicht weit von der Tür zum Treppenhaus entfernt. Wo ist es also? Ich sehe nur grosse Laster, es ist unheimlich zwischen all diesen hochauftürmenden Fahrzeugen nach unserem Wohnmobil zu suchen.“Bist du dir sicher mit Deck drei?“ frage ich Monika nun schon zum dritten mal. Auch diesmal nickt Monika, sie ist sich sicher es war Deck drei! „Wirklich?“ hake ich nochmals nach. „Vielleicht war´s ja doch Deck zwei?“ Monika schüttelt den Kopf, doch es zeigt sich die erste Unsicherheit. „Vielleicht gibt es ja ein zweites Treppenhaus?“ gebe ich noch zu bedenken. Man kann ja nie wissen- Hauptsache ich komme hier zwischen all diesen Riesentrucks wieder raus. Ist ja zum fürchten! „Lass uns doch an die Rezeption gehen“ schlage ich nach unserer erfolglosen Suche entgegen dem Menschenstrom vor. „Wir sind bestimmt nicht die ersten die ihr Auto nicht mehr finden!“ gebe ich noch zu bedenken und Monika lässt sich überreden mit an die Rezeption zu gehen. Die Dame, welche sich unser Problem anhört, schau etwas pikiert. „Nein, da können wir nichts machen“ erklärt sie uns stirnrunzelnd „sowas ist bisher noch nie passiert“. Ohh, da sind wir ja doch die Ersten- kaum zu glauben. Da sich Monika nach wie vor sicher ist mit Deck drei starten wir dort unsere Suche neu. Und siehe da- da ist ja unser fahrbares Zuhause! Hier auf Deck drei an der Spitze einer langen Schlange wartender Autos!
Ohne die vielen LKWs sieht es hier ganz anders aus. Vielleicht hätte Monika das Auto schneller gefunden wenn ich nicht so rumgenölt hätte? Na ja, erst mal schnell einsteigen, Gepäck rasch hinter uns stellen und losfahren. Wir haben uns vermutlich schon unbeliebt genug gemacht. Ich habe das Gefühl, ich kann die Erleichterung aller wartender Autofahrer spüren als sich die Autoschlange endlich in Bewegung setzt. Kurz darauf haben wir den Zoll passiert und befinden uns in Island in Seydisfjördur.
„Lass uns zuerst auf einen Parkplatz fahren, dann können wir das Gepäck vernünftig verstauen und anschliessend Seydifjördur besichtigen“ schlägt Monika vor. Gute Idee, wir halten nahe des Hafens und sortieren zuerst unsere Taschen. „Wo ist denn mein Kosmetikkoffer?“ fragt Monika. Keine Ahnung! Er ist weg- das gibt es doch gar nicht. Wo kann der geblieben sein? Oh Schreck! Vermutlich ist er beim schnellen Einsteigen auf Deck drei vergessen worden! Da steht er nun und wenn wir Pech haben ist bereits einer der grossen Camper darüber gerollt. Wer achtet schon auf einen Kosmetikkoffer auf Parkdeck drei? Niemand! Trotzdem, wir werden zurück zum Schiff gehen und nachfragen. Das sind uns die Schönheitscremes wert. Doch das ist nicht so einfach, auf dem Schiff hat bereits das Einschiffen für die Rückfahrt begonnen und der Zugang zum Parkdeck ist für uns geschlossen. Da gibt es auch kein Verhandeln. Und nein- der junge Mann der Reederei ist nicht bereits auf Deck drei zu gehen um einen Kosmetikkoffer zu suchen. Da hilft auch kein freundliches Lächeln. Er schickt uns zum Eincheckschalter, dort würde man uns helfen. Ich drängel mich daher durch die Menschentraube , die bereits am Eincheckschalter steht, und erkläre mein Anliegen. Der dort zuständige Mitarbeiter schaut mich an als verstehe er nicht so recht was ich möchte. Sollte noch nie jemand vorher seinen Kosmetikkoffer auf einem Parkdeck vergessen haben? Das kann doch mal passieren, oder? Auf jeden Fall ist er so freundlich auf dem Schiff anzurufen und sich nach dem Köfferchen zu erkundigen. Und tatsächlich, da ist ein Kosmetikkoffer an der Rezeption abgegeben worden. Jetzt geht alles ganz schnell. Ich darf in Begleitung des Mitarbeiters nochmal an Bord, wo mir an der Rezeption das vermisste Gepäckstück überreicht wird. „Ist das ihr Gepäck?“ Ja, ist es! Soviele Kosmetikkoffer sind ja sicherlich nicht abgegeben
worden. Gott sei Dank, er ist wieder da!
Stadtbeschtigung in Seydisfjördur
Nun können wir mit der Stadtbesichtigung von Sydisfördur beginnen. Mein erster Eindruck von Island ist sehr positiv. Ein kleiner Ort, gemütlich und ruhig mit liebevollen Details wie der örtliche „Coffee to Go“ . Am bekanntesten in Sydisfjördur ist die blaue Kirche, doch leider ist sie heute geschlossen. Jedoch auch von aussen ist die Kirche absolut sehenswert. Eine kleine nette Holzkirche in einem Pfarrgarten. Auch die „Hauptstrasse“ oder „Fussgängerzone“ ist ein kleines Schmuckstück in Regenbogenfarben. Die Häuser, das meiste davon Cafes oder Restaurants, sind phantasievoll bemalt.
Wir schlendern bei unserem Rundgang einmal um den See, bewundern weitere Häuser und Monika zeigt mir wo in etwa Tvisognor liegt. Tvisognor sind aus Zement gebaute „Klanghäuser“. Sie werden auch der „singende Zement“ genannt. Da ganz oben? Wie weit ist das denn? „Na ja,“ erklärt mit Monika „es ist schon ein Stück bergauf!“ Lohnt das denn? „Schau, da ganz oben!“ zeigt mir Monika nochmal und ja, es ist wirklich sehr steil da hinauf zu steigen. Ausserdem sieht es nach Regen aus. Wir verschieben den Besuch von Tvisognor auf den Tag vor unserer Abreise, denn wir möchten heute noch ein Stück in Richtung Norden fahren. Geplant ist der Campingplatz Mödrudalur- Fjalladýrd. Bei Mödrudalur handelt es sich um den höchstgelegenen Bauernhof Islands mit einer kleinen Kirche und einem Cafe. Auf dem Bild sieht das sehr idyllisch aus und laut Beschreibung gibt es dort Duschen, WC, WiFi und was der Camper sonst noch so alles braucht.
Reisen mit der Campingkarte
Wir haben uns vor Beginn der Reise die Campingkarte bestellt. Sie kostet 170 Euro und damit können wir 4 Wochen lang auf allen in dem beiliegenden Prospekt eingetragenen Campingplätzen übernachte. Die Karte gilt für 2 Erwachsene und 2 Kinder. Günstiger geht es bestimmt nicht! Zusätzlich kann man mit der Campingkarte an den Tankstellen einer bestimmten Firma 10% günstiger tanken. Ein Schnäppchen diese Karte- da bin ich mir sicher!
Egilstadir
Unserer erstes Ziel ist jedoch Egilstadir, der nächste Ort mit guten Möglichkeiten zum einkaufen. Unterwegs machen wir noch einen kurzen Halt an einem Wasserfall. Meine Güte – was sieht das Wasser so sauber aus! Und auch die Luft, sie riecht frisch und sauber. Was werden meine Grossstadt-Lungen hier verwöhnt. Was mich jedoch mehr als der Wasserfall beeindruckt sind die Schaafe. Dicke, zufriendene vor-sich-hin-kauende Schaafe. Ich kann es fast hören: krinsch krinsch krinsch. Und ich bin mir sicher- ich bilde es mir nicht ein- die Schaafe habe ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Doch! Ganz bestimmt!
In Egilstadir gehen wir auf eine Bank und in den ersten grossen Supermarkt um unsere Vorräte aufzufüllen. Es gibt hier alles: Trauben, Heidelbeeren, Äpfel und Gemüse. Nicht alles unbedingt so super frisch- aber das meiste ist ja auch weit gereist. Die Trauben zum Beispiel sind aus der USA/Kalifornien. Doch Tomaten und Paprika sowie verschiedene Kohlsorten scheinen aus Island zu stammen. An haltbaren Lebensmitteln gibt es fast das gleiche Angebot wie in Deutschland- nur um einiges teurer.
Auf der Strasse 901
So, nun ist der Kühlschrank voll und wir starten die letzte Etappe für den heutigen Tag. Der Weg nach Mödrudalur. Ich schaue nochmal auf die Wegbeschreibung in unserem Prospekt der Campingkarte. Na das ist ja einfach! Nur 8 km von der Hauptstrasse entfernt, einfach unterwegs von der Ringstrasse auf die Strasse 901 abbiegen.
Ich bin der Beifahrer, also der Co-Pilot, und achte daher darauf, dass wir die Strasse 901 auch nicht verpassen. Schneller als erwartet entdecke ich das Hinweisschild: 901 „Halt!Hier abbiegen!“ kann ich gerade noch rufen damit Monika rechtzeitig bremst. „Hier? Das ist eine Schotterstrasse, die fahre ich nicht!“ erklärt Monika nach einem kurzen Blick auf die Abzweigung. „Das ist aber die Strasse zum Campingplatz, anders kommen wir da nicht hin“ ist mein Einwand. „Es sind ja nur 8 km“ versuche ich Monika zu überreden. Und tatsächlich, mutig biegt Monika mit dem Wohnmobil auf die nicht sehr vertrauenserweckende Schotterstrasse. Der erste Kilometer ist noch gut, aber so langsam wird dieser Weg immer schlechter. Kaum noch Schotter, dafür aber jede Menge lose Erde und zu allem fängt es auch noch an zu regnen.
Dunkle, tiefhängende Wolken über einsamer Landschaft und mir kommen die ersten Zweifel ob das tatsächlich die richtige Strecke ist. Doch da stand einwandfrei Strasse 901, da kann man doch nichts verkehrt machen. Sicherheitshalber rufe ich mit meinem Handy auf dem Zeltplatz an. „Hallo? Ist dort der Campingplatz? Ja? Wir sind auf die Strasse 901 abgebogen, sind wir da richtig zum Zeltplatz?“ „Yes“ kommt die beruhigende Antwort „einfach immer weiter fahren.“ Mein Hinweis die Strasse sei doch ziemlich schlecht wird nur mit einem vermutlich staunendem Schweigen hingenommen. Na gut, vielleicht ist das ja für isländische Verhältnisse eine gute Strasse. Doch mit dem Regen wird es immer schlimmer und es sind bereits 10 km die wir gefahren sind. Weit und breit ist nichts zu sehen ausser Wolken und Landschaft. Meine Güte, weit und breit kein Mensch und kein Haus zu sehen. Oder doch? Was ist das denn? Eine Baustelle! Mitten im nirgendwo und sie machen Strassenarbeiten. Sie schieben den restlichen Schotter weg, so haben wir jetzt nur noch Matsch und Erde. Super!
Aber wenigstens können wir nach dem Weg fragen. Wir brauchen drei Anläufe. Der dritte Fahrer nimmt Notiz von uns und auf unsere Frage nach dem Campingplatz nickt er und zeigt in die von uns eingeschlagene Richtung. Na also, wir sind richtig. Nur die Kilometerangabe ist falsch. Sehr falsch- aber Hauptsache wir haben die richtige Abzweigung. Eigenartig, dass die Bauarbeiter uns fast übersehen haben. Ausser unserem Wohnmobil auf verschlammter Strasse ist sonst keiner. Da schaut man doch mal hin! Wir fahren weiter und die Bagger und schweren Baugeräte verschwinden aus unserem Blickfeld. Noch immer kein Zeltplatz zu sehen. Komisch! Von wegen 8 km!! Da endlich- ein Schild mit einem Zelt darauf. Das zeigt zwar in eine Richtung weiter in die Berge, doch das muss es sein. In solch einer Einöde kann es keine zwei Zeltplätze geben. Nach weiteren Kilometern und antrengendem Fahren auf rutschigem Untergrund tauchen in der Ferne Wohnmobile auf. Gott sei Dank- das muss es sein. Es sind nicht viel, vier Wohnmobile doch wir schöpfen Hoffnung. Endlich da! „Komisch!“ meint Monika. „Das sieht nicht so aus als gäbe es dort Strom!“ Nein, das sieht nicht so aus. Eigentlich sieht das nach gar nichts aus, nur vier Wohnmobile. Egal, wir fahren jetzt hin.
Ein Kaffeekränzchen in der Einsamkeit
Alles wirkt verlassen, die vier Wohnmobile stehen unbemannt auf einer Wiese. Doch dann sehen wir Rauch aufsteigen. Er kommt aus dem Kamin einer mit Gras bewachsenen Kate und neugierig gehen wir hin. „Willkommen“ steht dort vor einer geschlossenen Holztür. Vorsichtig klopfe ich an und fühle mich dabei ein bisschen wie Hänsel und Gretel. Ich klopfe nochmal und von innen ruft es fröhlich auf deutsch: „Herein!“ Als wir die Tür öffnen sehe ich erst mal nichts da meine Brille beschlägt, denn im Inneren heizt ein Böllerofen und es ist angenehm warm. Wir befinden uns in einem länglichen schmalen Raum in dem eine lange Kaffeetafel steht. Scheint als seinen wir an unserem ersten Tag in Island in eine fröhliche deutsche Kaffeeerunde geplatzt. Rechts und links an den Wänden hängen Islandpullover und Decken, die zum Verkauf angeboten werden. Das wird doch hier keine Wolldecken-Kaffeefahrt sein? Mitten in dieser verregneten Einöde?
„Setzt euch!“ werden wir freundlich auf deutsch begrüsst „wir rücken zusammen!“ Hört sich wirklich nett an, aber wir wüssten gerne wo wir sind. Denn das kann nicht der von uns gesuchte Campingplatz sein. Und eigentlich möchten wir hier nicht übernachten, nachdem wir uns draussen die Waschmöglichkeiten und die Toiletten angesehen haben. Nein- lieber nicht. Die freundliche Runde entpuppt als unsere Helfer in der Not- sie kennen sich hier aus. Wir sind auf einem ehemaligen und inzwischen „stillgelegten“ Campingplatz gelandet. Die deutsche Gruppe braucht keinen Strom, sie benutzen in ihren Wohnmobilen Gas und fühlen sich hier in der Einsamkeit wohl. Etwas unklar ist mir wo der Kaffee, der beheizte Raum und die zum Verkauf angebotenen Pullover herkommen. Ob hier tatsächlich jemand wohnt und darauf wartet das sich Camper verfahren? Hier fndet doch kein Mensch her, oder doch?
Rückfahrt zur Ringstrasse
Einer der fröhlichen Runde geht mit uns vor die Tür und zeigt uns auf einer Landkarte wo wir sind. Nun wird mir einiges klar! Die Strasse 901 hat zwei Abbiegungen und verläuft in einem Halbkreis fast parallell zu Ringstrasse. Unser Ziel Mödrudalur ist tatsächlich nur 8 km von der Hauptstrasse entfernt- allerdings am anderen Ende des Halbkreises. Da haben wir ja noch mindestens 25 km aufgeweichte Schotterstrasse vor uns. Monika und ich besprechen uns kurz und entscheiden lieber die 15 km zurück zur Hauptstrasse zu fahren, denn wer weiss wie schlecht diese kleine unbefestigte Strasse noch wird.
Also zurück! Vorbei an der Baustelle mit den wortkargen Arbeitern und mit Herzklopfen durch den aufgebaggerten und nassen Matsch. Lieber Gott, lass uns bitte nicht in den Strassengraben rutschen! Doch Monika meistert die Strecke mit bravour und eine Weile später haben wir zu unserer Erleichterung wieder die Ringstrasse erreicht. Nie wieder werden wir auf einen Schotterweg einbiegen! Ganz bestimmt nicht!
Mödrudalur
Einige Kilometer weiter kommen wir an die richtige Abbiegung und hier ist sogar der grösste Teil geteert. Bei unserer Ankunft am Campingplatz zeigen wir unsere Campingkarte und zahlen lediglich eine Pauschale für Strom und die Steuern. Der Platz selbst ist gross, es gibt genug Stromanschlüsse und wir machen es uns bei strömenden Regen gemütlich in unserem mobilen Zuhause. Ab und an schaue ich aus dem Fenster, direkt neben uns sind zwei junge Männer mit einem Zelt. Da möchte ich jetzt aber nicht tauschen, es ist schon schön im Trockenen und Warmen zu sitzen.
Es ist meine erste Nacht in Island und ich erlebe wie lange die Sommertage hier im Norden sind. Es ist mindesten Mitternacht als das restliche Sonnenlicht langsam schwindet. Noch einen Blick auf die frierenden Nachbarn, bevor ich mich in meine Decke kuschel und einschlafe. Hoffentlich ist morgen das Wetter etwas besser, zumindest kein Regen- das wäre schon super!
„Nachti!“ verabschiedet sich Monika, bevor sie den Vorhang zu ihrem Bett zuzieht. „Bis morgen!“
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