Parque del Buen Retiro, eine Grünzone in Madrid
Parque del Buen Retiro
Sonntag
Müde strecke ich mich in meinem Bett aus. Was macht mein Knie? Ich hoffe heute ist es wieder besser und trägt mich zu unserem heutigen Ziel in Madrid. Der Parque del Buen Retiro, eine der vielen Grünzone in Madrid.
Vorsichtig stehe ich auf und mache die ersten Schritte- ja klappt! Ich kann stehen und im Moment klappt auch das Gehen. Also los!
Wie verabredet treffe ich mich mit Monika gegen 10ººh und als erstes gehen wir frühstücken. Wir suchen uns für heute ein neues Lokal und finden ein kleines Cafe nicht weit entfernt von der Plaza de la Puerta del Sol. Hier sind wir genau richtig! Es gibt Smoothies, knackiges frisches Baguette und einen guten Kaffee. So gestärkt machen wir und auf den Weg zu unserem Ziel.
Wie bereits gestern überqueren wir den Plaza de Cánovas del Castillo und gehen entlang der Calle de Felipe IV entlang zu dem gleichnamigen Eingangstor des Parque del Buen Retiro. Unterwegs haben wir einen Blick auf den Prado, wo wir den gestrigen Tag verbracht haben. Direkt hinter dem Prado befindet sich die Pfarrkirche und das ehemalige Kloster San Jeronimus del Real. Diese Kirche wurde von den katholischen Königen gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Auftrag gegeben. Nach dem Unabhängigkeitskrieg gegen die Truppen Napoleons war es bis fast auf die Grundmauern zerstört. Im 19. Jahrhundert wurden einige Restaurierungen vorgenommen, überlebt hatten die Kirche und der Kreuzgang. Beides wurde nach Absprache mit den Kirchenbehörden wieder hergestellt und der Kreuzgang wurde im Zuge einer Erweiterung des Prado in diesen mit einbezogen.
Nach einer kurzen Besichtigung der Jeronimus-Kirche erreichen wir den Eingang Puerta Felipe IV. Wie erwartet ist an einem sonnigen Sonntag der Besucherandrang groß. Familien mit Kinder, junge verliebt Paare und Gruppen von Jugendlichen passieren den Eingang zum Parque del Buen Retiro.
Einst wurde der Park unter der Regierung Phillipps II als eine Schlossanlage gebaut und der Name „Buen Retiro“ bedeutet „Schöne Zuflucht“. In den Jahren 1632 bis 1640 wurde der Park zu einer großen Barockanlage samt einem künstlichen See, der Estanque del Retiro, umgestaltet.
Die Bürger von Madrid hatten nur begrenzt Zugang zu Teilen des Parkes in dem der König während der Fastenzeit und zu Hitzeperioden residierte. Während des napoleonischen Krieges erhielt der Park schwere Schäden bei dem der einstige Palast zerstört wurde. Auf den ehemaligen Grundmauern entstand viele Jahre später das heutige Museum del Prado.
Nach dem Sturz Isabells II im Jahr 1868 kam der Park in Besitz der Stadt und wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aus der ehemaligen Zeit des königlichen Parkes ist der künstliche See, Estanque del Retiro, und das barocke Parterre hinter dem Eingang Felipe IV erhalten geblieben. Hier soll auch der wohl älteste Baum Madrids stehen, eine 1633 gepflanzten Ahuehuete (mexikanische Sumpfzypresse). Doch welcher Baum ist das? Keine Ahnung wie eine mexikanische Sumpfzypresse aussieht! Na ja, ist ja eigentlich auch nicht so wichtig. Der Gesamteindruck macht es und der ist fantastisch. Blauer Himmel, der See mit dem Monument Alfonso XII und die Stimmung der Menschen um uns herum. Vom Wasser tönt frohes Kinderlachen, viele Familienväter rudern tapfer ihren Nachwuchs über den See.
An der Uferpromenade des See befinden sich Cafes und Kioske welche Getränke und Erfrischungen anbieten. Ein Eis wäre jetzt nicht verkehrt! Gibt es auch offenes Eis in einer Zimt-tüte? Hoffnungsvoll schlendern wir an all den kleinen Geschäften vorbei, doch leider gibt es nur abgepacktes Eis. Nein, das ist es eigentlich nicht was wir möchten.
Am Ende der Promenade bietet eine Gruppe aus Südamerika Unterhaltung mit Musik aus ihrer Heimat. Sie spielen schwungvoll und mit Elan, es ist eine mitreißende Vorführung die ganz offensichtlich auch den Interpreten Spaß macht.
Wir entscheiden uns für eine kleine Pause in einem der vielen Cafes. Einfach nur ein wenig relaxen und die Menschen um uns herum beobachten.
Dazu bekommen wir auch viel Zeit. Denn die Kellnerin ist einwandfrei komplett überfordert mit dem Andrang an diesem sonnigen Tag.
Es dauert schon eine geraume Zeit bis das Mädchen an unseren Tisch kommt. Wir bestellen ein Kaffee und ein Wasser. Damit beginnt die Wartezeit von vorne. Wir haben es nicht eilig- aber so langsam bekomme ich Durst. Wo zum Kuckuck bleibt denn nun das Wasser und der Kaffee? Hat sie uns vergessen? Als endlich unsere Getränke kommen ist der Kaffee kalt. Nicht lauwarm oder so- kalt! Müssen wir das akzeptieren? Nein! Wirklich nicht! Ich winke dem Mädchen und wenn es wieder so lange dauert bis sie an unserem Tisch kommt, stelle ich ihr ein Bein. Oder vielleicht sollten wir ein Lasso besorgen? Doch kurz darauf legt sie einen kurzen Halt bei uns ein und ich reklamiere den Kaffee. Schulter-zuckend nimmt sie die Tasse und verschwindet in dem Gartenlokal. Was machen die nun? Wird jetzt der Kaffee in der Mikro aufgewärmt? Nein, das nicht! Allerdings stehen die Getränke einsam und verlassen auf dem Tresen, bereit an die Tische gebracht zu werden. Doch die junge Dame ist alleine und bedient drinnen so wie draußen. Kein Wunder, das der Kaffee kalt wird. Am besten ich hole den Kaffee selbst bevor er wieder abgekühlt. Das bringt mir zwar einen sehr kritischen Blick der Chefin ein- aber damit kann ich gut leben!
Irgendwann schaffen wir es sogar die Rechnung zu bekommen und können bezahlen- mit einer so langen Pause hat weder Monika noch ich gerechnet. Da bekommt der Satz: „Im Parque del Buen Retiro kann man den ganzen Tag verbringen“ eine völlig neue Bedeutung. 😉
Langsam bummeln wir den Hauptweg entlang und lassen uns unterwegs von Gauklern, Zeichner und Puppenspieler unterhalten. Besonders die Puppenspieler haben reichlich Publikum. Kinder mit ihren Eltern hören und schauen die Geschichten der Puppen mit sichtbarer Freude an. Einer der Geschichtenerzähler bezieht sein junges Publikum
in die Vorführung mit ein. Ganz stolz geht einer der jungen „Darsteller“ zurück zu seinen Eltern.
Der Park ist das gesamte Jahr gut besucht, im Winter wie im Sommer. Selbst an heißen Tagen spenden die zahlreichen Bäume genug Schatten um den Aufenthalt zu genießen. Im Herbst 1979 sind in einer zweitägigen Bürgeraktion 17.500 Bäume gepflanzt worden. Die Setzlinge sowie das Garten-Werkzeug wurde den freiwilligen Helfern von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt.
Ab dem Jahr 1883 war der Park ein Platz für internationale Ausstellungen. Eines dieser Ausstellungsgebäude ist der Palacio de Cristal, der Kristall-Palast. Er wurde dem Londoner Crystal Palace nachempfunden. Für mich persönlich ist es das schönste Gebäude im Parque del Buen Retiro. Die blanken Scheiben gänzen im Sonnenschein und der Glaspalast spiegelt sich in dem dazugehörigen See wieder. Ein wunderschönes Bild mit all dem bunten Herbstlaub rund um den See. Fast wie bewusst platziert schwimmt ein Paar schwarzer Schwäne auf dem Wasser und rundet die perfekte Kulisse ab. Besser geht´s nun wirklich nicht mehr.
Im Glaspalast selbst ist nicht viel zu sehen, der Raum ist bis auf einige Stühle und viele Menschen leer. Daher umrunden wir einmal den See und machen uns anschließend wieder auf den Weg zurück zu der Puerta de Felipe IV. Sicherheitshalber schlendern wir nochmal an den Kiosken vorbei. Haben wir vielleicht einen Stand mit frischem Eis übersehen? Doch nein- alles abgepackt als Magnum mit und ohne Mandelkerne.
Auf dem Rückweg zum Hotel überqueren wir den Paseo del Prado. Schon gestern sind mir hier verhältnismäßig viele Bettler aufgefallen. Die Frauen sitzen auf der Strasse oder liegen wie schlafend neben der Ampel. In Reichweite steht ein Plastikteller mit einigen Münzen. Ein Szenario, dass mich stark an Indien erinnert. „Schläft die Frau? Oder ist sie vielleicht krank?“ fragt Monika absolut zu Recht, denn der Anblick weckt auch mein Mitleid. Die schlafende Frau ist mir bereits gestern aufgefallen. Ob sie wirklich schläft? Ich habe da meine Zweifel! Ich vermute sie hat ein Auge halb offen und beobachtet den Plastikteller. Noch ist das Wetter gut, doch was machen die Menschen im Winter? Eine Frage, die ich mir immer wieder stelle, egal ob Madrid, Hamburg oder Berlin. Es ist inzwischen in allen Großstädten wohl das gleiche Problem: Armut und Obdachlosigkeit.
Inzwischen ist es später Nachmittag und auf Rücksicht auf mein schmerzendes Knie beschließen wir eine Pause einzulegen und ins Hotel zu gehen. Gott sei Dank! So schön wie es im Parque del Retiro auch ist, mit Schmerzen und hinkend ist das alles nur halb so toll. Daher bin ich froh über die Pause und nutze sie um das Knie zu entlasten. Dazu noch eine Schmerztablette- dann bin ich heute Abend wieder fit.
Und tatsächlich- einige Stunden später stehe ich wieder auf meinen Beinen und wir sind auf der Suche nach einem netten Restaurant. Da wir beide den gleichen Geschmack haben ist es für uns kein Problem ein Lokal zu finden, in dem es uns beiden schmeckt Es gibt in Madrid eine große Anzahl an Bars, Restaurants und Bistro- das Angebot ist vielfältig und die Kneipen gemütlich mit Holztischen und typisch spanischen Fließen an der Wand. Schon alleine dies ist eine Runde durch das Nachtleben von Madrid wert. Doch da Monika und ich beide kein Fleisch mögen schränkt es die Auswahl ein wenig ein. Vegetarische Kost ist in Spaniens Hauptstadt nicht sehr populär. „Das Tomatenbrot mit dem überbackenem Schafskäse war super lecker!“ gebe ich Monika als Anregung. Daher landen wir im selben Lokal wie vorgestern und sind auch heute zufrieden mit unserem Abendessen. Zum Abschluss des Abends machen wir einen kleinen Rundgang, doch mit Rücksicht auf meine Hinkerei sind wir recht früh im Hotel.
Morgen ist unsere Zeit in Madrid bereits vorbei, schade! Für mich geht es morgen nach Hause und für Monika starten zwei Wochen Urlaub in Torremolinos.
Der Bahnhof Puerta de Atocha
Montag
Die letzten Stunden in Madrid! Unser Zug an die Costa del Sol geht heute mittag um 13ººh und so werden wir die restlichen Stunden nutzen und uns von der Metropole Madrid verabschieden. Die Koffer stehen bereits gepackt im Zimmer als wir uns auf den Weg zum frühstücken machen. Wir suchen das Lokal von gestern, dort hat es uns von allen am besten gefallen. „Wo war das genau?“ „Irgendwo nahe bei der Plaza Puerta del Sol“ erklärt mir Monika. Also los, wir werden es schon finden. Es geht quer über den berühmten Platz Puerta del Sol und danach rechts in eine Fußgängerzone. Und nun? Rechts oder links? Doch zuerst bin ich einfach nur sprachlos. Das sind doch die beiden Bettlerinnen vom Paseo del Prado, eine von beiden lag schlafend an der Ampel auf dem Boden. Was machen die dort an der Bank? Sie sind nicht alleine, es scheint der gesamte Familien-Clan versammelt zu sein. Manche der Frauen tragen einen rosa Morgenmantel über der Straßenkleidung, doch die beiden von gestern erkenne ich ganz klar. Die Familie ist am Geld zählen, einer nach dem anderen geht an den Geldautomat und zahlt Bargeld ein. Das sind vermutlich die Tageseinnahmen von gestern. Offensichtlich ist die Familie gut organisiert. Kommt das nun auf ein Sparbuch? Oder zahlt jeder auf sein laufendes Girokonto ein? Ist ja eigentlich logisch – sie können ja nicht das gesamte Hab und Gut in der Schürzentasche bei sich haben. Und irgendwo werden sie ja wohnen und brauchen Strom und Wasser wie jeder andere auch. Nur darüber nachgedacht habe ich bisher noch nicht. Ob sie auch eine Einkommensteuer-Erklärung machen müssen wie das in Spanien Pflicht ist?
Kurz darauf haben wir unsere Frühstücks-Bar gefunden und nachdem wir uns mit einem Kaffee und einem Bocadillo gestärkt haben schlendern wir noch ein wenig durch die Einkaufsstraßen. Es ist ein großes Angebot von kleinen Geschäften, viele werben mit dem Zusatz „naturrein“ und bieten Kleidung aus Wolle und Baumwolle an. Hergestellt vermutlich auch zum Teil in China, aber immerhin in Baumwolle. Mir gefällt sehr gut eine Strickjacke, doch das Teil ist irgendwie verzogen, die Maschen teilweise zu grosslöchrig. Gibt es dafür Preisnachlass? „Nein“, meint die junge Verkäuferin „Preisnachlass gibt es nicht, auch nicht wenn die Ware fehlerhaft ist.“ Sie versucht die gleiche Weste in einer anderen Filiale zu bekommen, doch als das nicht klappt lasse ich den Kauf bleiben. Mangelhaft zum gleichen Preis- nein, dass muss nicht sein.
Zum Abschluss an unsere Tage in Madrid trinken wir noch einen Kaffee auf der Plaza Mayor, danach holen wir unsere Koffer und fahren zum Bahnhof Puerta de Atocha. Ein schöner Bahnhof mit einer Palmeninsel im Wartebereich. Hier gibt es kleine Geschäfte, Cafes und einen künstlichen Teich mit Wasserschildkröten.
Unser Zug ist pünktlich, der AVE ab Madrid ist ein sehr komfortabler Schnellzug und fährt in knapp drei Stunden von Madrid bis Malaga. Bequemer und schneller geht es nicht. Die Sitze bieten genügend Beinfreiheit und die Fahrzeit vergeht rasch.
Es war ein schönes Wochenende, Monika ist ebenso begeistert von Madrid wie ich. Daher war es sicherlich auch nicht unsere letzter Reise in die Hauptstadt. Vielleicht klappt es beim nächsten Besuch ja sogar mit dem König der Löwen!
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