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Reisebericht Zugreise: Mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking Teil 1

Transsibirische Eisenbahn am Baikalsee

Transsibirische Eisenbahn am Baikalsee

Teil 1: Von Moskau bis zum Baikal-See

Was veranlasst Reisende, sich auf eine über 8000 km lange Zugreise in einem vier Quadratmeter großen Abteil zu begeben und dabei heftige Zeit- und Temperaturunterschiede auf sich zu nehmen? Uns lockte die unendliche Weite Sibiriens mit seinen Millionenstädten und vor allem das grüne Meer der Mongolei, in dem die Gers (Jurten) der Mongolen wie kleine Inseln erscheinen. Aber natürlich reizten uns auch die Weltstädte Moskau zu Beginn und Peking am Ende der großen Fahrt mit der legendären Transsibirischen Eisenbahn.

Wir waren nicht ganz sicher, was uns erwarten würde, zumal verwirrende TV-Sendungen stets vom Regelzug berichteten, der von Moskau nach Wladiwostok mehr als 9000 km zurücklegt. Wir fuhren mit einem Sonderzug, dem „TranssibZauber“, wesentlich komfortabler und erlebten das Zugabenteuer durch drei Länder als eine Art „Kreuzfahrt auf Schienen“. Während der Regelzug an rund 450 Bahnstationen Halt macht und tagelang ständig weiter fährt, ließ uns der Sonderzug Städte wie Kasan, Jekaterinburg, Nowosibirsk, Krasnojarsk und Irkutsk, Ulan-Ude, Ulaanbataar und Erlian erleben.

Dann stand der „TranssibZauber“ auf einem Nebengleis, wir machten unsere „Landgänge“, sahen uns in Städten und Landschaften um und kehrten – ja, das war das Gefühl! – am Ende des Tages zu unserem 2rollenden Zu Hause“ wieder zurück. Und freuten uns über bescheidene vier Quadratmeter Rückzugsgebiet in Wagen 11, Abteil 9, stets herzlich umsorgt von guten Geistern wie Ludmilla und Alexandra, die nicht nur für Hygiene an Bord und stets gemachte Abteile sorgten, sondern uns auch über Stunden mit Tee versorgten während draußen die weite, stille Landschaft Sibiriens vorbeizog, die in diesen Regionen längst nicht so eintönig ist, wie man dies vielleicht erwartet. Die karge Tundra ist wesentlich nördlicher.

Start in der größten Stadt Europas

Das Zugabenteuer beginnt in Moskau, der Elf-Millionen-Metropole der Russischen Föderation, mit einem umfangreichen Touristenprogramm, zu dem natürlich der Rote Platz mit Kreml, Leninmausoleum,

Basilius Kathedrale

Basilius Kathedrale

Basilius-Kathedrale und die Hauptkirche für die ganze Russische Föderation, die Christi-Erlöser-Kathedrale, und das heute mit seinem Angebot nicht mehr wieder zu erkennende Kaufhaus GUM gehören.

Moskau ist nicht nur Russlands Hauptstadt und die mit 10,5 Millionen Einwohnern größte Stadt Europas, sie hat auch noch vier Millionen Besucher und 3,5 Millionen Gastarbeiter pro Tag. Vorbei die ruhigen Zeiten, als noch wenig Verkehr auf den Moskowiter Straßen zu sehen war: Jetzt gibt es vier Millionen PKW in dieser Stadt, und schon die Fahrt vom modernen, noch im Bau befindlichen Flughafen Domodedovo in die City gestaltet sich zu einem Geduldsspiel ersten Ranges. 60 Kilometer in Nord-Süd- und 40 Kilometer in Ost-West-Achse ist diese Stadt groß.

Zarenglocke

Zarenglocke

Die Stadtrundfahrt geht vorbei am Jungfrauenkloster, in dem die Witwen und verstoßenen Frauen der Zaren lebten, hinauf zu den Sperlingsbergen, von denen man einen tollen Blick über die Stadt und das Olympiastadion hat. Dort oben steht auch eines der sieben zu Stalin-Zeiten im „Zuckerbäckerstil“ gebauten Häuser: die berühmte Lomonossow-Universität von gigantischen Ausmaßen.

Am Abend eine Lichterfahrt, die den Glanz der russischen Metropole so richtig zum Leuchten bringt. Am nächsten Tag Besichtigung im Kreml, in dem alle Macht des riesigen Reiches etabliert ist, mit der Staatlichen Rüstkammer, die alle Schätze aus Zarenzeiten enthält. Der Große Kremlpalast, der Kongresspalast und der Facettenpalast, die wunderschönen mit goldenen Zwiebeltürmen bestückten Kathedralen, allen voran die Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, die große Zarenglocke und die Zarenkanone.

Am nächsten Tag startet die Zugfahrt am Kasaner Bahnhof, und das 1000 Jahre alte Kasan, das ebenfalls einen eigenen Kreml hat, der zum Weltkulturerbe gehört, und mit der Kul-Scharif- Moschee die größte Moschee Europas besitzt, ist auch das erste Ziel der langen Reise. Viele bedeutende Persönlichkeiten, darunter auch Lenin und Tolstoi, studierten in dieser bedeutenden russischen Universitätsstadt, die mehr als 1,1 Millionen Einwohner hat. Die Stadt, reich an Meisterwerken der Baukultur der orthodoxen und der islamischen Welt, ist ein Sinnbild für die friedliche Ko-Existenz von Russen, Kosaken und Tartaren.

Mit dem Zug quer durch Sibirien

Der Fahrt auf Europas größtem Strom, der Wolga, die wir mit einer erstklassigen Gesangs- und Trachtengruppe unternehmen, sollten auf der Reise weitere Schiffstouren auf dem Ob und dem Jenissej, dem wasserreichsten der großen sibirischen Ströme, und auf dem Baikalsee folgen.

Am nächsten Zielort, Jekaterinburg, steht seit ein paar Jahren die „Kirche auf dem Blut“, so genannt, weil sie am Platz der ehemaligen Villa des Ingenieurs Jepatiev steht, in der die Zarenfamilie im Zuge der Oktoberrevolution ermordet wurde. Ein Obelisk außerhalb der Stadt zeigt die geografische Grenze zwischen Europa und Asien. Geografische Grenze zwischen den Kontinenten ist der Ural, von dem wir allerdings bis auf ein Vorgebirge auf dieser Reise nicht viel sehen.

Jekaterinburg, mit 1,4 Millionen Einwohnern auch eine der großen Städte auf dieser reise, ist die Heimat Boris Jelzins. Der Name der Stadt geht auf die Zarin Katharina I. zurück. Seit 1833 die erste Bahn die Stadt erreichte, hat sie mit viel Maschinenbau, Erzgewinnung und Eisenproduktion sowie chemischer Industrie einen großen Aufschwung genommen.

Bahnhof von Novosibirsk

Bahnhof von Novosibirsk

Unsere nächste Station, Novosibirsk, die „Hauptstadt Sibiriens“, hat den wohl größten und schönsten Bahnhof entlang der Zugstrecke. Einer Dampflokomotive ähnelt die Silhouette dieses grünweißen Bahnhofs. Auf einer schönen Bootstour, wieder mit Gesang, sind die mächtigen Straßen- und Eisenbahnbrücken über den Ob zu bewundern. Am Leninplatz ist ein eindrucksvoller Kuppelbau zu bewundern: Russlands größtes Opernhaus. Noch immer steht davor eine überlebensgroße Lenin-Statue. Es lohnt ein Abstecher zum 30 km entfernten Akademgorodok, dem russischen „Silicon Valley“, einem Wissenschaftszentrum im Grünen mit einem sehenswerten Museum für Mineralogie. Auf der Rückfahrt bewundern wir den Original Zaren-Expresse und viele weitere Fahrzeuge aus den verschiedensten Epochen der russischen Eisenbahnen, die für das große Land stets eine ganz besondere Rolle gespielt haben.

Kosaken errichteten im 17.Jahrhundert eine Siedlung am Ufer des von der Quelle bis zur Mündung ins Polarmeer 4100 km langen Stromes Jennissej. Krasnojarsk hat heute ebenfalls bereits eine knappe Million Einwohner hat und ist die drittgrößte Stadt Sibiriens. Die größte Kirche ist die rosaweiße Maria-Gewandniederlegungs-Kathedrale. Dem Stadtgründer, dem Kosaken Alexander Dubenskij, ist ein Monument auf einem Hügel gewidmet. Von der Paraskeva-Kapelle, die den Zehn-Rubel-Schein ziert, hat man einen grandiosen Blick auf die Stadt und den Jennissej.

Nach Krasnojarsk folgt mit Irkutsk am Ufer des Flusses Angara eine ansehnliche Stadt mit vielen schönen Parkanlagen und den typischen sibirischen Holzhäusern. Diese Stadt ist als Handelszentrum zwischen Russland, der Mongolei und China von besonderer Bedeutung.

Dekabristenmuseum

Dekabristenmuseum

In einer hölzernen Villa des Fürsten Volkonsky begeistern uns russische Sänger mit einem Klassikkonzert. Wie Novosibirsk hat auch Irkutsk (640 000 Einwohner) eine zentrale große Markthalle. Bedeutende Kirchen sind die Erlöserkirche, die aus dem Jahre 1710 stammt und zu den ältesten Steinbauwerken Sibiriens gehört, die Christi-Erscheinungs-Kirche und die Kirche der Erscheinung Mariäs. Auf dem angeschlossenen Friedhof sind die Gräber der Dekabristen, das waren russische Adelige, die gegen  Zar Alexander I. revoltierten, deren Revolte aber niedergeschlagen wurde, woraufhin sie der Zar nach Sibirien verbannte.

Traumhaft: der Baikalsee

Der Express „TransSib-Zauber“ fährt dann auf einer Nebenstrecke den Baikalsee (burjatisch: „Reicher See“) entlang inmitten einer traumhaften Landschaft, Der älteste See der Welt enthält bei einer Tiefe von bis zu 1637 m und einer Länge von 636 km ein Fünftel des gesamten Süßwasserreservoirs der Erde. Im See lebt die einzige Süßwasserrobbe der Welt und mit dem Golombianka ein völlig durchsichtiger Fisch. Wir machen ein Picknick in einem entlegenen kleinen Dörfchen und können einen Blick in die spartanischen Hütten der Bewohner werfen. Das malerische Dörfchen Listwjanka am Ausfluss der Angara und das Limnologische Museum sind Besichtigungspunkte, ehe wir mit der Fähre über den See zurück fahren nach Port Baikal.

Nächstes Ziel ist Ulan-Ude mit dem sehenswerten Ivolginsky-Kloster, dem spirituellen Zentrum der

Kloster

Kloster

Buddhisten in Russland. Hier hat der „Hambo-Lama“, das geistige Oberhaupt der Buddhisten, seinen Sitz. Noch nimmer hat das Kloster rund 140 Novizen zum Studium auf dem Klosterkomplex. Sehenswert: die  Tempel, Stupas und Gebetsmühlen. Wir erleben eine Morgenandacht, bei der alle Lamas anwesend sind, eine beeindruckende Zeremonie. In Ulan-Ude, der Hauptstadt der Burjatischen Autonomen Republik, gibt es etwas völlig Anderes  zu bestaunen: die weltweit größte Lenin-Büste, ein Riesenschädel von gigantischen Ausmaßen: sagenhafte 7,5 mal 4,5 Meter ist er groß. Ulan-Ude war ebenso wie Jekaterinburg und Krasnojarsk bis 1991 für ausländische Besucher total gesperrt. In den „Verbotenen Städten“ gab es militärische Industrieanlagen, die keiner sehen sollte. Hier war es die Flugzeugindustrie.

Autor: Jürgen Karstens
Fotos: Anke Karstens, Kiwi Tours

Teil 2 des Reiseberichtes finden Sie hier:

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Eine Reaktion bis “ Reisebericht Zugreise: Mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking Teil 1 ”

  1. Ich bin schon ganz aufgeregt. Im Juli startet unser Abenteuer mit der transsibirischen Eisenbahn, Dauer fast 3 Wochen. Wir sind schon mitten in den Vorbereitungen, u.a. mit einem Sprachkurs, um zumindest ein wenig russisch zu verstehen

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