Begegnungen im Senegal
Ich bin ja immer auf der Suche nach Reisezielen, die etwas außerhalb der bekannten Pfade verlaufen. Wie ich auf den Senegal gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls habe ich bei meinen Recherchen im Internet festgestellt, daß nur sehr wenige Anbieter den Senegal im Programm haben, und diese wenigen Reisen waren – zumindest hier in Deutschland – kaum gefragt. Als ehemalige französische Kolonie und Teil von Französisch-Westafrika wird im Senegal hauptsächlich französisch gesprochen. Und es gibt auch keinen direkten Flug aus Deutschland.
Ich landete schließlich bei MyAfricanWorld, und da bekam ich kompetente und begeisterte Beratung. Gemeinsam entwickelten wir eine Reise a la carte, die mich von Dakar in den Norden nach St. Louis bringen sollte. Meine Freundin Gisela war auch interessiert, etwas Neues kennenzulernen, und so flogen wir zwei Frauen am 5. Januar mit Iberia nach Madrid und von dort – mit einem Zwischenstopp auf Gran Canaria (!) – nach Dakar, der Hauptstadt des Senegal.
Es war fast Mitternacht, als wir nach dem langen Flug ankamen. Wie immer bei Reisen in solche Länder brauchten wir für den Weg durch die Paßkontrolle eine halbe Stunde. Aber ab da waren wir bestens versorgt: ein Mitarbeiter der örtlichen Agentur empfing uns im Gepäckbereich; unser Gepäck war recht schnell da, und bald darauf saßen wir in einem Taxi, das uns zu unserem kleinen Stadthotel Djoloff in Dakar bringen würde. Um diese Zeit sind die Straßen in Dakar leer – wir machten also noch keine Bekanntschaft mit dem berüchtigten Verkehr. Im Hotel wurden wir bereits erwartet und nach der Anmeldeprozedur zu unseren Zimmern gebracht.
Der 1. Tag in Dakar
Aus Internet-Reiseberichten und von Bekannten waren wir vor Dakar gewarnt worden. Aber die Geschäftsführerin des Hotels beruhigte uns. Wir können Dakar-City unbesorgt erkunden. Sie bringt uns zum Zentrum, zum Place de l’Indépendance. Und wirklich: es ist überhaupt kein Problem. Wir schlendern zum Kermel-Markt mit seiner Jugendstil-Halle und dem maurischen Dekor.
Daß wir unterwegs immer wieder von Straßenhändlern angesprochen werden, ist in solchen Ländern normal. Wenn wir aber bestimmt sagen „Non, merci“, werden wir meist in Ruhe gelassen. Über den Markt schlendern, die bunte Vielfalt bestaunen – aber noch sind wir nicht ganz angekommen, „fremdeln“ noch etwas.
Um uns von dem Trubel zu erholen, schlendern wir hinunter zum nahegelegen Meer und finden gleich den Garten eines edlen Hotels, wo wir uns einen Drink gönnen wollen. Im Führer hatten wir über den Bissap-Saft gelesen, der aus Hibiskusblüten gewonnen wird. Die Bedienung an der Bar empfiehlt uns einen speziellen Cocktail mit Bissap und Ingwersirup. Ein Genuß! Wir werden dieser speziellen Kreation noch während des ganzen Urlaubs nachweinen!
Auch das Mittagessen nehmen wir eher im gehobenen Niveau ein. Nebenan liegt das Restaurant Lagon. Gemäß Führer „schick, teuer, mit einmaliger Lage am Meer“. Für den ersten Tag gerade richtig. Es bietet nicht nur den Blick auf’s Meer, sondern auch auf den nahegelegenen Strand mit Freiluft-Fitness-Center für die Einheimischen.
Bei unserem anschließenden Bummel durch das Plateau-Viertel, einen der ältesten Stadteile Dakars, spricht uns ein älterer Mann an. Offenbar will er nur mit uns plaudern und sein Englisch erproben. Wir erfahren nicht nur seine halbe Lebensgeschichte, sondern auch, daß wir uns unbedingt den Mali-Markt in der Nähe des Bahnhofs anschauen müssen. Das sei das wahre Afrika. Als Dank für die Tips und das nette Gespräch bekommt er von uns zwei Kugelschreiber, über die er sich unheimlich freut. (Tip für Senegal-Reisende: Kugelschreiber sind wirklich sehr begehrt, wir haben einigen Menschen, denen wir uns erkenntlich zeigen wollten, damit eine Freude bereitet)
Also wandern wir anhand unseres Stadtplans (den hat Gisela in der Geo-Buchhandlung in München bekommen! Im Internet ließ er sich nicht bestellen.) die Corniche Ost entlang, vorbei an den Hafenanlagen, kommen zum wunderschönen Hotel de Ville im alten französischen Kolonialstil und suchen uns durch die verschiedensten Gassen unseren Weg zum Bahnhof. Wir werden nicht behelligt, fühlen uns auch zu keinem Zeitpunkt gefährdet.
Der Marché de la Gare – oder auch Mali-Markt – ist eine fremde Welt; die Waren, die hier verkauft werden, sind uns größtenteils unbekannt. Wir schauen und staunen.
Am Bahnhof fahren genügend Taxis vorbei; wir halten eines an, handeln den Preis aus und werden zuverlässig zu unserem Hotel gefahren.
Inzwischen haben wir etwas Sicherheit gewonnen und wollen uns noch den nahegelegenen Fischmarkt anschauen. Am Strand liegen die malerischen bunt bemalten Fischerboote. Eins nach dem anderen schießen die Pirogen über das ruhige Wasser der Bucht auf den Strand, um ihre kostbare Fracht auszuladen und gleich direkt zu verkaufen.
Wir sind noch nicht ganz auf dem Markt, da haben wir auch schon einen Führer. Die Senegalesen sind sehr erfinderisch, wenn es darum geht, eine Kleinigkeit zu verdienen. Und weissen Touristen irgendeine Sehenswürdigkeit zu zeigen – gegen ein kleines Entgelt natürlich – ist eine der besten Gelegenheiten. Für uns Touristen ist das auch von Vorteil: denn damit sind wir sozusagen „vergeben“ und können in Ruhe mit unserem Führer über den Markt schlendern, ausgiebig die Fische betrachten und dürfen auch fotografieren – was nicht selbstverständlich ist. Auf den meisten Märkten wurde uns klar signalisiert, daß das nicht gewünscht ist.
2. Tag: Von Dakar nach Lompoul
Am Morgen kommt Mamadou, unser deutschsprechender Führer für die nächsten 12 Tage; draußen wartet unser Fahrer Jaget im Toyota 4WD – eine absolut komfortable Situation.
Unser erstes Ziel ist der Lac Rose, ein Salzsee, dessen Salzgehalt fast so hoch ist wie der des Toten Meers. An den Rändern des Sees türmen sich die Salzberge, die dort in der Sonne liegen um zu trocknen.
Ein Stück am See entlang besuchen wir ein Dorf der Fulani. Die Fulani sind ursprünglich Nomaden, die hier seßhaft geworden sind, nachdem die Dürre der 70er Jahre den Viehbestand vernichtet hatte. Seitdem bauen sie an hier am See Gemüse an. Wir werden vom Ältesten empfangen, der uns etwas über die Lebensumstände der Bewohner erzählt. Natürlich ist das auf Touristen ausgerichtet.
Aber wann sonst hätten wir die Gelegenheit, in ein Dorf zu kommen, dort auch fotografieren zu dürfen und etwas über die Menschen dort zu erfahren. Und natürlich werden wir am Schluß zum dorfeigenen Souvenir-Shop geführt, um dort etwas zu kaufen und damit für die Führung zu bezahlen. Aber ich halte das für legitim. Und: dieses Geld erreicht die Menschen direkt.
Anschließend geht es durch die Dünen zum Meer; dort treffen wir auf Fischer, was Jaget, unser Fahrer gleich ausnutzt, um ihnen ein paar Fische abzukaufen, die er seiner Familie bringt, die ganz in der Nähe wohnt. Dieser ausgeprägte Familiensinn wird uns auf unserer Reise übrigens noch öfters begegnen.
Nach einem köstlichen Lunch in der „Gites du Lac“ fahren wir weiter zum Fischerhafen Kayar; wobei der „Hafen“ eigentlich nur ein Strand ist, an dem die Pirogen auslaufen. Hier nimmt uns Bakari in Empfang, ein einheimischer Führer, der uns den quirligen Fischmarkt zeigt und uns viele Informationen gibt.
Die Fischer fahren mit den kleinen Booten durch die Brandung raus, wo das Meer tiefer ist und die großen seetüchtigen Pirogen liegen. Mit diesen fahren sie am Abend auf’s Meer und kommen erst morgens wieder. Die Frauen sind für die Verarbeitung und den Verkauf der Fische zuständig (Bakari: „Frauen sind besser mit BlaBla“). Die Fische, die hier gefangen werden, sind teils für den lokalen Markt, aber auch für den Verkauf ins Ausland bestimmt.
Bei meinen Recherchen im Internet habe ich übrigens herausgefunden, daß es u.a. in Kayar ein Projekt für fair-fish gibt.
Bakari ist einer jener jungen Leute, die ihr Glück in Spanien versucht haben. Er hatte uns nicht erzählt, ob er mit einer Piroge unterwegs war und dabei sein Leben riskierte. Er erzählte uns nur, daß er aus Spanien zurückgekommen sei und jetzt hier als Touristenführer arbeitet. Sie haben eine Kooperative gegründet, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Unser Ziel an diesem Tag ist das Desert-Camp Lompoul, auf halbem Weg zwischen Dakar und St. Louis gelegen. Der direkteste Weg geht am Strand entlang. Ein faszinierendes Erlebnis, wie Jaget, unser Fahrer, über den festen Sand braust, immer wieder Fischadler und Schwärme von Möwen aufscheuchend. Die Flut ist zu hoch, daher weichen wir in’s Landesinnere aus. Da geht es über Sandpisten durch die mit Akazien bestandene Savanne. Jaget ist ein sicherer Fahrer, so können wir uns beruhigt zurücklehnen und die Landschaft genießen. Dann sehen wir Geier in den Bäumen sitzen. Wir nutzen natürlich die Gelegenheit auszusteigen und diese großen Vögel zu fotografieren.Das Desertcamp Lompoul ist in einer Oase inmitten der Sanddünen errichtet und besteht aus klassischen Berberzelten.
Gisela und mir werden die absoluten VIP-Zelte zugewiesen: geräumige Zelte im mauretanischen Stil mit eigener „Naßzelle“ = Toilette, Waschbecken und Dusche, von Sträuchern als Blickschutz umrahmt, über uns der weite Himmel. Es ist schon eine besondere Erfahrung, auf der Toilette zu sitzen, über sich den unendlichen Sternenhimmel.
Das Abendessen beginnt mit einem Aperitif: Saft mit Alkohol. Das Abendessen nehmen wir im großen Restaurant-Zelt ein. Zuerst gibt es eine lecker gewürzte Suppe, anschließend Hühnchen und Gemüse mit Couscous. Überhaupt werden wir auf dieser Reise kulinarisch sehr verwöhnt. Die Senegalesen sind begabte Köche, die sich wunderbar auf’s Würzen verstehen.
3. Tag: Nach St. Louis
Das frühe Aufstehen, um den Sonnenaufgang zu bewundern, lohnt sich leider nicht: es ist bewölkt, die Sonne versteckt sich.
Auf unserer Fahrt nach St. Louis halten wir unterwegs, um einen Wochenmarkt zu besuchen. Hier tauchen wir ein in das bunte afrikanische Leben. Es herrscht ein unglaubliches Gewimmel, buntgekleidete Frauen und stattliche Männer; Schafe mit zusammengebundenen Beinen liegen auf dem Boden, eine Frau trägt je zwei Gockel an den Beinen, diese hängen reglos kopfüber, ein Mann zieht ein Schaf hinter sich her. Hier kann man alles kaufen, Gewürze, Gemüse, Stoffe, Büstenhalter, Pferde. Unter dem Schutz unseres Führers können wir uns entspannt auf dem Markt bewegen; bloß mit Fotografieren geht gar nichts. Die Menschen wehren alle ab.
Entlang des Senegal-Flusses nähern wir uns St. Louis, sehen schon von weitem die berühmte Brücke, die den Fluß überspannt und das Festland mit der Ile St. Louis verbindet. St. Louis war früher die Hauptstadt von Französisch-Westafrika und wird auch oft das „Venedig Afrikas“ genannt. Der attraktivste Teil der Stadt ist die zwischen dem Atlantik und dem Senegal-Fluss gelegene Insel mit der von französischer Kolonialarchitektur geprägten Altstadt, die mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Wir sind im traditionsreichen Hotel de la Poste untergebracht, das einst ein Treffpunkt der Postflieger war, die hier pausierten. Berühmtester Gast war Jean Mermoz, ein Freund von Antoine de Saint-Exupéry. Von der Terrasse des Hotels aus haben wir einen herrlichen Blick auf die Pont Faidherbe und auf die vielen Menschen, die sie überqueren. Heute sind sie alle festlich angezogen wegen des Freitags-Gebets.
Die 500 m lange Pont Faidherbe wurde von Gustave Eiffel konstruiert. Nach 144 Jahren leidet die Brücke unter der Last der Jahre und dem starken Verkehrsaufkommen. Derzeit wird in Frankreich eine komplett neue Brücke gebaut, sie soll im März 2010 in den Senegal transportiert und an Ort und Stelle zusammengebaut werden. Das Ersetzen der alten Brücke soll innerhalb von 24 Stunden erfolgen – ein ambitioniertes Vorhaben.
Am frühen Abend wandern wir mit Mamadou über die Brücke; er will uns einen Markt zeigen, der wieder ganz anders aussieht: Eine unglaubliche Vielzahl an kleinen Ständen mit den unterschiedlichsten Waren incl. Frischfleisch, auf dem sich viele Fliegen tummeln. Alleine hätten wir uns nicht getraut, durch diese verwinkelten Gäßchen zu gehen. Aber wir werden überhaupt nicht behelligt, auch nicht angestarrt, es ist alles total entspannt.
4. Tag: Vogelschutzgebiet Djoudj
Heute geht es in den Nationalpark Djoudj im Delta des Senegal-Flusses. Djoudj ist das drittgrößte Vogelreservat der Welt und Weltkulturerbe. Die Fahrt dorthin ist eher eintönig, nur kurz mal unterbrochen von ein paar Warzenschweinen am Straßenrand. Aber dann sehen wir kurz vor der Bootsanlegestelle ganz viele Flamingos.
Und während wir auf das Boot warten, können wir einer Gruppe von Pelikanen bei der Jagd zuschauen. Sie schwimmen im Kreis und stoßen dann ganz plötzlich mit schlagenden Flügeln gleichzeitig kopfüber ins Wasser.
Wir gleiten mit dem Boot über die Wasserarme dieser einzigartigen Wasserwildnis, schauen und staunen: am Ufer sehen wir Warane; ein Schlangenhalsvogel sitzt mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Ast. Abgestorbene Bäume sind von Kormoranen bevölkert; deren Kot hat sie zum Absterben gebracht.
Unser Ziel ist eine kleine Insel inmitten einer Lagune. Über 5000 Pelikan-Paare treffen sich dort im Winter zur Brut und bilden eine der größten Vogelkolonien Afrikas. Die Jungen sind schon geschlüpft – man kann sie leicht erkennen, weil sie noch schwarz sind. Wir sehen einen ganzen Schwarm Pelikane, die von der Jagd zurückkommen; wie sie wohl ihre Jungen erkennen?
Langsam fährt unser Boot die 7 km zurück zur Anlegestelle, an der unserer Fahrer schon wartet.
5. Tag – Kutschfahrt St. Louis mit Fischmarkt
Die Kutschfahrt auf der Ile de St. Louis gehört zum Standardprogramm für Touristen.
Sie führt in den Norden der Insel mit Blick auf die Grenze zu Mauretanien. Anschließend geht es über die Brücke ins Fischerdorf.
Unser Guide erzählt uns, daß die Bevölkerung hier stark muslimisch geprägt sei, im Schnitt hat jeder Mann 2 Frauen und jede Frau bekommt im Schnitt 13 Kinder! Viele Kinder und mehrere Frauen zu haben, gilt immer noch als eine gute Rentenversicherung. Allerdings ist die Kindersterblichkeit mit 7% auch sehr hoch. Weiter geht es zum Fischmarkt.
Der hat wieder ganz andere Dimensionen als jener in Kayar. Hier prägen die Fischräucheranlagen und die dunklen Trockenroste das Bild. Ich empfinde diesen Markt daher eher als düster. Erstaunlicherweise stinkt es kaum.
Heute Nachmittag haben wir „frei“ und bummeln durch die malerischen Gassen mit den alten Kolonialbauten. Aber nicht nur die schönen alten Häuser werden uns von St. Louis in Erinnerung bleiben. Vor allem sind es die Begegnungen mit den Menschen:
Wir entdecken den gut sortierten Musikladen Teranga von Oumar, ein ganz netter Typ, der gut Englisch spricht und sich mit afrikanischer Musik sehr gut auskennt.
In einem der vielen Souvenirläden finden wir ein paar sehr schöne Holzschnitzereien, denen wir nicht widerstehen können. Zum Dank spielt Bara, der Besitzer, auf seiner Flöte ein Lied für uns. Diese nette Geste wird uns noch lange in Erinnerung bleiben und ist fest mit unseren Holzstatuen verknüpft.
Am alten Bootskran hat der Künstler Macodou seine Bilder ausgestellt. Auf Treibholz oder einfache Bretter hat er schlanke, ausdrucksstarke Personen teils gemalt, teils aus Stoff gestaltet. Ich habe mich gleich in das Bild einer großen schlanken Gestalt in grün verliebt. Und was den Preis anlangt, ist Macodou recht selbstbewußt – er weiß um den Wert seiner Arbeit und läßt nur wenig mit sich handeln.
Als ich in einem kleinen Lebensmittelladen einkaufe, spricht mich ein einfacherMann an: er kommt aus einem kleinen Dorf und braucht etwas für die Kinder dort. Ich würde ihm doch sicher ein Paket Milchpulver schenken. Und ehe ich mich versehe, hat ihm der Verkäufer das Milchpulver gegeben und mir den Preis dafür berechnet. Der Mann vom Land bedankt sich überschwenglich – und ich bin total perplex. Da kann ich nicht Nein sagen – noch dazu, wo es sich wirklich um einen lächerlich geringen Betrag handelt.
Und dann ist da Adama, der mich und Gisela am Abend zu einem Konzert begleitet – „wegen der Sicherheit“! Auf dem Weg zurück stößt ein weiterer Senegalese zu uns. Na ja, weiße Frauen könnten durchaus die Eintrittskarte ins gelobte Europa darstellen. Es ist etwas mühsam, die beiden von unserem Desinteresse zu überzeugen.
6. Tag – Langue de Barbarie
Unser Ziel für die nächsten drei Tage ist das Campement „Océan & Savane“ im Naturschutzgebiet der „Langue de Barbarie“. Diese liegt auf einer Landzunge im Mündungsdelta des Senegalflusses, mit dem Atlantischen Ozean auf der einen und der Lagune auf der anderen Seite. Von St. Louis sind es mit dem Taxi etwa 20 Minuten bis zum Leuchtturm, von wo aus wir mit einer Piroge auf die Landzunge übersetzen. Eine Gruppe Kinder und Jugendliche wartet schon auf uns, trägt das Gepäck in das Boot, das am Ufer bereitliegt.
Das Camp ist einfach ausgestattet: es besteht aus 12 maurischen Zelten, den Gemeinschaftsduschen und WCs in einem zentralen Gebäude und dem großen mauretanischen Restaurantzelt.
Die drei Tage hier im Campement lassen wir uns treiben, es gibt keine Programmpunkte, ausser dem Essen. An einem Vormittag unternehmen wir einen Ausflug mit einer Piroge zum Nordende der Landzunge, dahin wo der künstliche Durchbruch gemacht wurde. Vor 5 Jahren wurde bei starken Regenfällen die Altstadt von St. Louis überflutet, und mit dieser Bresche kann jetzt das Wasser abfließen. Aber wie so immer, wenn der Mensch eingreift: die anliegenden Felder der Bauern, auf denen sie früher Obst und Gemüse angebaut hatten, sind jetzt salzig geworden.
Wir machen lange Strandspaziergänge, sammeln Muscheln, schauen den Krabben zu, wie sie zum Wasser laufen und von den Wellen überspült werden. Was sie da wohl bekommen?
Es gibt mittags und abends je ein Menü, jedesmal sehr schmackhaft zubereitet. Ein fester Programmpunkt kristallisiert sich allerdings schon am ersten Abend heraus: unser Sundowner. An der Bar holen wir uns einen Pastis, ein paar Erdnüsse dazu und steigen hinauf zur Düne mit zwei Liegen und einem Tischchen. Der Blick schweift über den Atlantik nach Westen und da warten wir gespannt auf den Sonnenuntergang, der jeden Abend anders ist – zwar nie wirklich spektakulär. Aber hier zu sitzen ist einfach wunderbar.
Nach dem Abendessen bereitet Mass, ein wahrer Zeremonienmeister, den Thé Sénégalèse in gekonntem Ritual:
Der 1. ist stark wie der Tod,
der 2. ist süß wie das Leben (mit etwas Pfefferminze).
der 3. ist honigsüß wie die Liebe (mit mehr Pfefferminze).
Dazwischen wird der Tee von einem Glas ins andere geschüttet, damit sich Schaum bildet.
An zwei Abenden sitzen wir anschließend noch lange im malerischen maurischen Zelt, die Jungs vom Camppersonal trommeln auf der Djembe und Mass lädt uns zum Tanzen.
9. Tag – Lac Rose
Alles hat einmal ein Ende, so auch unsere entspannte Zeit auf der Langue de Barbarie. Es geht langsam zurück Richtung Dakar. Auf der Fahrt dorthin haben wir ausreichend Gelegenheit, die bizarren Baobabs zu fotografieren.
In ihren Stämmen lagern gewaltige Wasserreserven, mit denen sie die Trockenzeit überdauern. Die Nacht verbringen wir im Campement Keur Salim am Lac Rose. Auch dieses Mal ist uns der See nicht gewogen und zeigt sich nicht im berühmten Rosa.
10. Tag – Ile de Gorée
Unser nächstes Ziel ist die Ile de Goreè, die ehemalige Sklaveninsel. Von dort wurden früher von den Kolonien die Sklaven nach Amerika und Europa verschifft. Die kleine Insel befand sich Jahrhunderte abwechselnd in holländischem, englischem, portugiesischem oder französischem Besitz.
Erst einmal müssen wir auf unserem Weg zum Ableger der Fähre durch den berüchtigten Dakar-Stau. Die Straßenverkäufer nutzen diese Gelegenheit, um Geschäfte zu machen. Wer in Dakar im Stau steht, kann alles erwerben, was das Herz begehrt: Telefonkarten, Uhren, Sonnenbrillen, Teppiche usw.
Auf der Fähre werden wir von einer freundlichen jungen Frau angesprochen, die sich erst ganz interessiert nach unserem Befinden erkundigt. Erst ganz zum Schluß kommt sie auf den wichtigen Punkt: sie hat einen Shop auf der Insel, und wir müssen ihr versprechen, sie zu besuchen.
Wir sind im Chevalier de Boufflers Hotel direkt am Hafen untergebracht, einem stilvollen Haus im ehemaligen französischen Kolonialstil.
An diesem Vormittag schlendern wir durch den stimmungsvollen Ort mit seinen kleinen Gässchen, den hübsch restaurierten Häusern hinauf zur alten Festung. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf die Skyline von Dakar. Die ganze Insel besteht eigentlich nur aus Souvenirläden und Künstler-Shops. Natürlich besuchen wir auch die Maison des Esclaves, das ehemalige Sklavenhaus, das 1778 erbaut worden ist und heute als Museum dient. Die Informationen zu den Hintergründen und den Umständen des Sklavenhandels sind sehr interessant. Vor allem die Darstellung der wirtschaftlichen Gründe und des sog. Dreieckhandels ist sehr bedrückend: Europäische Waren werden in Afrika gegen Sklaven getauscht, diese werden in der Karibik verkauft und vom Erlös werden Zucker, Rum und Baumwolle gekauft, mit denen die Schiffe nach Europa zurückfahren.
Ob die Sklaven in diesem Haus allerdings wirklich so grausam zusammengepfercht leben mußten, wie es im Museum und bei den Führungen dargestellt wird, scheint mittlerweile widerlegt. Aufgrund neuerer Forschungen wird davon Abstand genommen, daß die Insel ein bedeutender Ort der Sklavenverschiffung nach Amerika gewesen sei.
Wenn am Abend die Touristen und auch ein Großteil der Souvenirhändler die Insel verlassen, kehrt Ruhe ein und es entfaltet sich das besondere Ambiente dieses Ortes. Wir sitzen vor dem Hotel bei Abou, dem hiesigen Tee-Meister, auf der Bank und geniessen unseren letzten Thé Sénégalèse. Hier zu sitzen und den Menschen zuzuschauen, hat etwas ganz vertrautes und ist total gemütlich.
11. Tag – Dakar, Abschied nehmen
Wir nehmen die Fähre um 10.30 Uhr zurück nach Dakar; sie ist jetzt voller Touristen, die das Wochenende für einen Ausflug nutzen. Wir nutzen unseren vorletzten Tag in Dakar dazu, um Abschied zu nehmen. Nun schließt sich der Kreis: ein köstliches Mittagessen auf der Terrasse vom Lagon. Anschließend ins Pullmann. Die Barfrau kann sich an uns erinnern und freut sich sehr, als wir ihr sagen, daß ihr Bissap-Ingwer-Cocktail der beste weit und breit sei. Die Terrasse mit der wunderschönen Aussicht im Hotel Djoloff geniessen. Im nahen Artisanal-Markt eine Statue für Gisela kaufen. Dabei erproben wir unsere neue Strategie für’s Handeln. Zu zweit geht das nämlich hervorragend, weil ich Gisela wegziehe und ihr sage, daß das alles viel zu teuer sei. Das mögen die Verkäufer überhaupt nicht! Außerdem ist es wichtig, das Geld passend zu haben, denn Restgeld gibt es nicht.
Der Sundowner auf der Hotelterrasse ist spektakulär: die Sonne teilt sich in „Tasse und Untertasse“.
Daran, daß wir morgen wieder zurück ins kalte Deutschland müssen, will ich gar nicht denken.
12. und letzter Tag – Insel Ngor
Unser Flug geht erst am späten Abend. Mamadou hat uns noch einen letzten Ausflug organisiert: mit dem Taxi nach Ngor, mit einer Piroge zur Insel Ngor übersetzen. Dort hat er ein Zimmer für uns gebucht, wo wir unser Gepäck lassen und uns später duschen können. Es ist noch ein entspannter Strandtag. Wir wagen uns sogar ins Wasser, das aber für unsere Verhältnisse noch recht frisch ist (20/21 Grad). Ein letzter Sundowner mit Pastis. Auf der Insel ist es ruhig geworden. Im diffusen Licht der Abenddämmerung setzen wir über auf’s Festland.
Und dann ist endgültig Abschied angesagt. Das befürchtete Chaos auf dem Flughafen findet nicht statt, und die Iberia-Maschine startet überpünktlich nach Madrid mit Weiterflug nach München.
Die gute Erinnerung an diesen wunderschönen ( mehr Infos unter http://www.africanworld.de/ ) Urlaub wird noch lange anhalten. Vor allem die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen war immer wieder beeindruckend. In diesen zwei Wochen hat die Aussage von Wilhelm von Humboldt ihre Richtigkeit erwiesen:
Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen,
die dem Leben seinen Wert geben
Hallo Uahrens
ein sehr gelungener Reisebericht mit ebenso schönen Fotos.Leider sind für das nächste Jahr meine Reiseziele schon fast verplant, werde jedoch Senegal und http://www.africanworld.de für die nähere Zukunft in meine Planungen mit einbeziehen. Waren sie zu zweit unterwegs oder in einer Gruppe?
Mit freundliche Grüßen
Elke Hoppe
hallo, ich habe euren reisebericht sehr gerne gelesen, macht lust und hat viele gute hinweise. eine frage hätte ich: über welche argentur habt ihr denn euren fahrer gebucht und wie viel hat das ungefähr gekostet? ich möchte kommenden februar mit einer freundin fahren. danke und herzlichen gruß, karin
Hallo Uahrens,las mit grosser interesse deinen Reisebericht da ich im februari nach Senegal reisen werde,mit Schulz Aktiv Reisen.Bin auch selbt immer nach der suche auf neue Reiseziele.Habe schon vieles gesehen aber nicht alles.
Im august 2011 mache ich mit einem finnischen Reiseveranstalter http://www.traveller.fi eine Reise nach Magadan! Magadan liegt in ost Russland am pazifischen meer.
Kommt mit!
Zuerst mit dem Zug, BAM= Baikal Amur Magistrale nach Tynda,weiter mit dem Auto nach Jakutsk und Magadan.
Ich selbst fliege nicht in Russland,reise auf dem Landweg.Wenn jemand es eiliger hat,besteht die Möglichkeit nach Jakutsk zu fliegen und von Magadan nach Hause.
Gruesse Christel aus Finnland
Herzlichen Glückwunsch,
ein sehr schöner Reisebericht. Da bewahrheitet sich für mich einmal mehr, dass Individualtourismus eben eine völlig andere Art von Reisen bedeutet. Übrigens auch für das bereiste Land und deren Menschen. Und wer sie unternahm möchte nichts anderes mehr. Auch die Begegnungen mit den Menschen vor Ort haben Sie sehr schön beschrieben – Danke für diesen schönen Bericht.
Gute Reise(n)
Jürgen Radekopp