Simbabwe-Rundreise: Hwange Nationalpark, Wandersafari, Camping in der Wildnis
Tag 3 09. März
Auch an diesem Tag stand ich früh vor dem Hotel, um mich von der Kollegin zu verabschieden und auf Parker zu warten, der mich zur Stadt Hwange fahren sollte. Ich freute mich schon riesig darauf, für einige Tage tief im Busch zu verschwinden. Victoria Falls war schön und eindrucksvoll und aufregend, aber meine wirkliche Liebe galt schon immer dem Busch und den wilden Tieren. Der Hwange Nationalpark ist mit ca. 14.000 km² der größte Park des Landes, daher ist eine Simbabwe-Rundreise ohne einen Aufenthalt hier so ziemlich undenkbar.
Als ich mich zu Parker ins Auto setzte, sah ich auf dem Rücksitz eine Zeitung liegen. Gleich vorn auf der ersten Seite war ein großes Foto des zerstörten und umgestürzten Autos von Morgan Tsvangirai. Ich fragte Parker ob ich den Artikel lesen dürfte und er bat mich, ihn vorzulesen, da er auch noch nicht zum Lesen gekommen war. So verbrachten wir einen großen Teil der Fahrt damit, über den Artikel und die schlimme Nachricht zu sprechen. War es wirklich ein Unfall gewesen? Parker sagte, es sei in der Stadt darüber viel geredet und spekuliert worden, im Lauf des Wochenendes.
Einmal hielten wir unterwegs an, denn ich wollte eines der rot-gelben Warnschilder mit einem Büffel darauf fotografieren. Wie verabredet rollten wir gegen 8 Uhr auf den Hof einer Tankstelle in Hwange und kamen neben einem über und über Schlamm-bespritzten Landrover zum Stehen, dessen Dieselmotor ruhig vor sich
hin schnurrte. Ein kräftiger Mann mit gepflegtem Bart, grünem Hemd und kurzer Hose kam unter der aufgestellten Motorhaube hervor und schlug sie zu. Es war Andy, der Guide, mit dem ich die nächsten Tage im Park verbringen würde.
Er gab Parker und mir die Hand und sagte, er werde eben den Motor ausmachen, dann könnten wir besser reden. Der Schlamm-bedeckte Wagen und der kritische Blick, den Andy bei unserer Ankunft unter die Motorhaube gerichtet hatte, erinnerte mich unwiderstehlich an einen meiner Lieblingsfilme, „Die Götter Müssen Verrückt Sein“. Kaum gedacht, da fragte ich ihn auch schon, ob der Wagen denn wieder anspringen würde, wenn er ihn ausmacht. Er fuhr herum und sagte mit leicht empörtem Tonfall, dass der Wagen selbstverständlich wieder anspringen würde, es sei schließlich sein Landrover. Beim Anblick meines breiten Grinsens musste er auch lachen und drohte damit, mich während der nächsten Tage ebenfalls gründlich auf den Arm zu nehmen.
Zusammen mit Parker luden wir meine Taschen auf den Landrover, dann konnte es los gehen. Ich verabschiedete mich von Parker und wir machten uns auf den Weg in Richtung Hwange Nationalpark. Sobald wir aus der Stadt heraus waren, falteten Andy und ich das Segeltuch-Dach zusammen und klappten die Windschutzscheibe um, dann hatten wir einen freien Blick rundherum und konnten uns auf die Suche nach wilden Tieren machen.
Das erste Tier, das uns über den Weg „lief“ war ein Chamäleon, das mitten auf der Hauptstraße saß und anscheinend hoffte, nicht gesehen zu werden. Andy hielt an und hob das Reptil auf, setzte es mir auf de Hand. Die kleine Echse war offenbar wütend über die Unverschämtheit, die wir uns mit ihr erlaubten, denn sie fauchte laut und biss mich heftig in den Finger, ließ nicht wieder los. Das tat nicht sonderlich weh, es kniff einfach ein wenig, aber das Tierchen strengte sich mächtig an, der ganze Körper bebte. Ich stieg aus und trug den tapferen kleinen Chamäleon an den Straßenrand, bot ihm einen Mopane-Strauch an, in den er nach einigem Fauchen und Drohen auch hinein kletterte. Ich behielt für die nächste halbe Stunde ein Souvenir von unserer Begegnung zurück, in Form einer roten Biss-Spur am Finger.
Kurz nachdem wir uns von dem Chamäleon verabschiedet hatten, bogen wir von der geteerten Hauptstraße ab auf die mit Schlaglöchern übersäte Strecke zum Sinamatela Camp, einem der drei Verwaltungszentren des Hwange Nationalpark. Die großen Löcher und Pfützen, und die tiefe, matschige Fahrspur erklärten auch sofort den Schlamm-verkrusteten Zustand von Andys Landrover. Seit er morgens aus dem Camp gekommen war, hatte noch niemand wieder diese Straße benutzt. Das wäre früher undenkbar gewesen, als der Tourismus im Land noch florierte, kamen hier immer viele Selbstfahrer mit Mietwagen und Guides mit ihren Gästen entlang. Blieb nur zu hoffen, dass bald wieder mehr Reisende das Land für sich entdecken, damit solche kompetenten und engagierten Menschen wie Andy und die anderen Guides und Veranstalter nicht auch noch an der schlechten Wirtschaftslage verzweifeln und kaputt gehen.
Ab und zu begannen die Räder im tiefen Schlamm durch zu rutschen und der Wagen schlitterte etwas bevor Andy ihn wieder abfing. Der Regen der letzten Nacht war hier offenbar stärker gewesen, als in Victoria Falls. Nach einer Weile kam die Sonne durch die dichten Wolken und ich bat Andy um einen Halt, damit ich mein Sonnenschutzmittel aus der Tasche ziehen konnte. Natürlich hatte ich schmierige Hände, als ich einen Adler dunkel gegen den hellen Himmel schweben sah. Schnell wischte ich mir die Finger ab und nahm das Fernglas hoch. Es war sehr schwer so gegen das Licht überhaupt etwas zu sehen außer der dunklen Form des Greifvogels. Aber mit etwas Geduld konnten wir dann die braune Färbung und die charakteristischen hellen „Schulterflecken“ ausmachen. Es war ein Zwergadler. Andy und ich grinsten uns an vor Begeisterung. Die Safari hatte jetzt wirklich begonnen! Wir beschlossen, eine Liste der beobachteten Vögel anzulegen, also holte ich noch einen Notiz-Block aus der Tasche und schrieb schon mal den Adler auf.
Am Sinamatela Camp angelangt, unterbrachen wir die Fahrt kurz um uns im Büro einzutragen. Dann ging es weiter in den Park hinein. Ich war schon oft im Hwange Nationalpark gewesen, in verschiedenen Lodges
sowie in den staatlichen Camps und auf diversen Campingplätzen. Aber ich war noch nie zu dieser Jahreszeit hier gewesen, der Busch war wunderschön, herrlich dicht und grün, alles frisch vom Regen. Stellenweise hingen noch Wassertropfen an den Zweigen und Blättern, sie funkelten in der Sonne. Zur Tierbeobachtung war die Situation nicht ideal, man konnte nicht weit in den Busch hineinsehen. Trotzdem war es eine Freude durch den Park zu fahren und die Natur einmal so lebendig und grün zu erleben. Wir fuhren durch Mopane-Wald, unterhielten uns leise und ließen den Blick schweifen. Eine kleine Herde Gnus war gerade eben durch eine Lücke zwischen den Bäumen zu sehen. Die Tiere sahen uns aufmerksam an, blieben aber stehen, schienen keine Furcht vor uns zu haben.
Kurz darauf fing es an zu tröpfeln und wir erreichten gerade noch den Picknick-Platz am Mandavu Dam bevor es richtig regnete. Zusammen spannten wir das Dach wieder auf und setzten uns unter das Grasdach vom Unterstand. Es war richtig gemütlich, wir hatten einen kleinen Gaskocher aufgestellt, der kleine Teekessel begann bald zu dampfen. Wir nippten am Tee, sahen uns auf dem See um. Flusspferde hoben gelegentlich die Köpfe und schnaubten oder grunzten laut. Krokodile trieben an der Oberfläche, langsam und gemächlich, ihre knubbeligen Köpfe und Rücken sahen aus wie altes Holz. Am Ufer stelzten Zwergstrandläufer und Grünschenkel durch das flache Wasser und stocherten im Schlamm nach Kleinlebewesen. Inmitten des Stausees waren ein paar tote Bäume, auf denen Kormorane mit gespreizten Flügeln saßen. Auf einem der Bäume war auch ein Schreiseeadler, der seinen markanten Ruf hören ließ. Als der Regen nachließ und schließlich aufhörte, waren wir auch mit unserem Tee fertig. Wir öffneten wieder Dach und Windschutzscheibe und machten uns auf den Weg für die letzte Etappe.
Am frühen Nachmittag erreichten wir unser Camp für die nächsten Tage, den Picknick- und Campingplatz Shumba. Der Name kommt aus der Shona-Sprache und bedeutet Löwe. Als wir durch das Tor rollten, begrüßte uns Norman, der Camp-Helfer und Kollege von Andy. Die beiden zeigten mir mein Zelt, das sie in Anbetracht der Wetterlage unter einem der Grasdächer aufgebaut hatten. Es war alles da was ich mir wünschen konnte. Ein Feldbett mit dicker Matratze, blütenweißem Laken und einer gemütlichen Zudecke, Handtücher, Seife. An der Decke eine starke LED-Lampe, auf dem Nachttisch eine Taschenlampe, eine Karaffe Wasser und ein Glas, Mückenrepellens und sogar ein Spiegel. Das fand ich besonders nett von den Männern, dass sie an einen Spiegel gedacht hatten.
Unter dem Dach war noch Platz für einen Campingstuhl und einen Tisch. Vor dem Zelt lag eine Fußmatte. Wirklich sehr gemütlich und es fehlte an nichts.
Ich erkundete noch wo die Damentoilette war, machte mich frisch und ging zu dem zweiten Gras-gedeckten Unterstand, wo bereits mit Tischdecke und schönem Geschirr alles für das Mittagessen vorbereitet war. Wir
wollten gerade zu essen anfangen, da kam noch ein Regenschauer. Mittlerweile geübt sprang ich mit Andy zum Landrover und wir machten das Dach zu. Dann stellten wir fest, dass es seitlich in unser „Esszimmer“ hinein regnete. Also holten wir noch eine Plane vom Auto und ein paar Stricke, hängten damit die Wetterseite zu. Dann konnten wir zu Mittag essen und hatten auch den entsprechenden Hunger.
Nach dem Essen wollten wir noch einmal raus in den Busch, aber jedes Mal wenn wir unsere Sachen gegriffen haben und los wollten, fing es wieder an zu regnen. Also gaben wir es auf, unterhielten uns gemütlich, beobachteten die Vögel, die auf dem Campingplatz herum flogen und nach Nahrung suchten. So lernten wir auch die Nachbarn kennen, eine Familie Zwergmangusten, die unter den Wurzeln von einem der riesigen Ebenholzbäume wohnten. Wenn wir still waren, kamen sie heraus und wuselten auf dem Campingplatz umher auf der Suche nach Beute. Auch eine Familie Streifenmangusten kam vorbei. Sie gaben ständig murmelnde, knurrende Laute von sich und suchten jeden Winkel des Platzes nach Nahrung ab.
So verging der Nachmittag sehr angenehm und wir lernten uns alle ein Wenig kennen. Abends bekam ich dann noch den Luxus einer heißen Dusche vor dem Abendessen geboten. Das Essen war reichlich und sehr gut, die Gesellschaft klasse und ich war im Busch. Mehr konnte ich mir wirklich nicht wünschen.
Als ich dann müde in mein Feldbett kroch, riefen gleich drei Eulenarten draußen: Eine Schleiereule, eine Weißgesicht-Ohreule und Perlkäuze. In der Ferne trompetete ein Elefant. Fledermäuse flatterten zwischen meinem Zelt und dem Grasdach herum. Mehr bekam ich nicht mit ehe ich tief und fest einschlief.
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