Simbabwe Wander-Safari im Busch des Hwange Nationalpark
Nach dem lautstarken Besuch des Elefanten auf unserem Shumba Picnic Site im Hwange Nationalpark mitten in der Nacht waren wir alle wohl doch noch einmal tief und fest eingeschlafen. Bis auf Andy hat niemand bemerkt, dass es gegen Morgen einmal kurz aber heftig geregnet hatte. Andy wurde deswegen dadurch geweckt, weil er ohne Zelt, nur auf einem Feldbett in einem der grasgedeckten Unterstände schlief und es ihm ins Gesicht regnete.
Die Wolken hatten sich aber nun wieder verzogen und die Sonne strahlte vom Himmel. Nachdem Kaffee und Tee die restliche Müdigkeit vertrieben hatten, schnallten wir die Rucksäcke auf und machten uns auf den Weg in den Busch. Die Luft war wunderbar frisch, Regentropfen funkelten wie kleine Edelsteine auf den Blättern und der Sand war übersät von kleinen Kratern wo die dicken Tropfen zu Boden geklatscht waren. Es sollte an diesem Morgen noch weitere kleine „Edelsteine“ zu bestaunen geben!
Als erstes lief uns geschäftig ein strahlend-gold-grüner Mistkäfer über den Weg, der hektisch eine Kugel aus Dung vor sich her rollte. Ab und zu legte er eine Pause ein und schien sich zu orientieren wo genau sein Erdloch war, dann rollte er weiter. Wir verfolgten ihn ein Weilchen während Andy uns erklärte, dass es sehr viele verschiedene Arten dieser Käfer gibt, alle mit unterschiedlichen Verhaltensweisen. Allen gemeinsam sei jedoch, sagte er, dass sie dies Kugeln aus Dung zur Eiablage verwenden, als Nahrung für die Larve. Die Kugel wird in einem Loch im Boden eingegraben und das Ei darin abgelegt.
Kurz nachdem wir den kleinen smaragd-grünen Käfer sich selbst überlassen hatten und weiter gegangen waren, schien der Boden mit Rubinen übersät zu sein. Fasziniert blieben wir stehen und bückten uns um nach zu sehen. Es waren „Velvet Mites“ oder „Samtmilben“, knallrote Spinnentiere mit schimmerndem „Pelz“, der ihnen den Namen gab. Sie sahen aus wie kleine Spinnen, doch Andy erklärte uns, dass es Milben sind, und dass sie im Boden leben aber nach einem Regenguss gern an die Oberfläche kommen. Sie fressen Insekten sowie deren Eier und sind für uns ganz harmlos.
Vorsichtig, um nicht auf die bunten Spinnentierchen zu treten, gingen wir weiter. Wir befanden uns inmitten von lichtem Grasland mit kleinen Busch-Inseln und Mopane-Bäumen. Andy blieb an einem solchen Mopane-Stamm stehen. Es war wohl einmal ein ziemlich stattlicher Baum gewesen, bis ihn ein Elefant abbrach. Der Stumpf, etwa so hoch wie ich, war ganz und gar glattpoliert und die abgebrochenen Enden gerundet. In
den Rissen und Kerben klebte betonhart getrockneter Schlamm. Unser Guide grinste und fragte, „Was ist das hier wohl?“ – „Ein Elefanten-Schubberbaum!“ Antworteten wir im Chor. –„Genau!“ Sagte Andy und wir untersuchten den Stumpf näher. In den getrockneten Schlamm eingebettet fanden wir ein paar tote Zecken, der klare Beweis dafür, dass die Schlammsuhle bei den Tieren nicht nur zur Abkühlung nützlich ist, sondern auch gegen Parasiten. Andy vermutete, dass die großen Elefantenbullen diesen Stumpf benutzten, um sich unter den Achselhöhlen zu kratzen… ein eindrucksvoller und anschaulicher Hinweis darauf, wie riesig die Tiere sind.
Weiter ging es ohne Weg und Steg durch den Busch, immer noch auf der Suche nach dem Wasserloch, von dem Andy nur ungefähr wusste wo es war. Er war selbst noch nicht dort gewesen, es war ihm nur davon berichtet worden. Als er der Meinung war wir müssten uns in der Nähe der Wasserstelle befinden, raschelte es rechts von uns im Busch. Wir blieben regungslos stehen und warteten. Das Geräusch wiederholte sich, dann trat ein wunderschöner Kudu-Bulle mit riesigen, korkenzieherartig gedrehten Hörnern aus dem Gebüsch und sah uns an. Wir bewunderten ihn und versuchen ganz langsam die Kameras zu heben. Irgendetwas bemerkte er aber doch, vielleicht reflektierte ein Objektiv das Licht, jedenfalls war er aus dem Stand mit einem ebenso enormen wie eleganten Sprung im Mopane-Dickicht verschwunden.
Kurze Zeit später, nachdem wir ein paarmal hin und her gekreuzt waren, fanden wir dann auch das Wasserloch. Vom Regen der letzten Nacht standen ein paar Pfützen darin, aber sonst bestand es vornehmlich aus betonhart getrocknetem Schlamm, in dem sich jede Menge Huf-, Pfoten- und Fußabdrücke scheinbar auf ewig abgezeichnet hatten. Eine Weile beschäftigten wir uns damit, die Spuren zu identifizieren, dann zeigte mir Andy, wie man die Position des Wasserlochs in seinem GPS eingibt, und wie man sich notfalls von dem Gerät zum Camp zurück leiten lassen könnte.
Wir wollten aber noch nicht zurück zum Camp, jedenfalls nicht auf direktem Weg. Zuvor wollten wir noch etwas die Gegend erkunden. Durch eine Reihe kleiner Mopane-Sträucher sahen wir Bewegung, etwas Weißes, eine Farbe, die im Busch sehr auffällig ist und unnatürlich wirkt. Wir bemühten uns besonders leise näher heran zu kommen. Schließlich spähten wir um eine kleine Busch-Insel herum und beobachteten durch unsere Ferngläser einen Weißstorch, der sehr geschickt eine Heuschrecke nach der anderen aufpickte und verschlang. Es war schon etwas seltsam diesen Vogel, den wir von daheim gut kannten, hier zu sehen! Wenn man bedachte, was er für eine weite Reise hinter sich hatte, konnte man nur staunen. Nach dem kräftezehrenden Flug gönnten wir dem Storch natürlich seine Heuschrecken-Mahlzeit und bemühten uns ihn nicht zu stören, als wir weiter gingen.
In einem großen Bogen wollte Andy uns langsam zum Camp zurück führen, da stieg uns ein unangenehmer Geruch in die Nase. Wir nahmen die
Ferngläser hoch und sahen in die Richtung, aus der die sanfte Brise wehte. Viel war nicht zu sehen, also gingen wir etwas weiter in dieselbe
Richtung. Aufgeregt zeigten wir alle gleichzeitig auf einen abgestorbenen Baum, auf dessen höchsten Ast zwei Geier saßen. Der größere hatte einen kahlen, roten Kopf und war sehr kräftig gebaut, ein relativ seltener Ohrengeier, deren Bestand als gefährdet gilt. Der kleinere war ein Weißrückengeier. Wir machten uns weiter in die Richtung auf den Weg, der Geruch wurde stärker und unangenehmer. Bald sahen wir einen Elefantenkadaver, er war beinahe komplett abgenagt, nur noch etwas von der zähen Haut bedeckte das Gerippe. Daran hackte und zerrte ein weiterer Weißrückengeier, doch mit sehr wenig Erfolg. Sicherlich würden bald auch die letzten Geier sich eine andere Mahlzeit suchen.
Wir machten uns nach diesem spannenden Morgen auf den Weg zurück ins Camp, wo ein leckeres Mittagessen uns erwartete, dann eine gemütliche Siesta in der Hitze des Tages. Unsere Zelte waren schön kühl und luden regelrecht zu einem Nickerchen ein.
Doch lange hielt es uns nicht in den „Federn“, dazu war es in dieser fantastischen Wildnis
einfach viel zu spannend. Eine Tasse Tee machte uns wieder munter. Während wir nippten, beobachteten wir die Zwergmangusten-Familie, mit der wir uns den Zeltplatz teilten. Die Wiesel-artigen Tierchen hatten auch Durst und kletterten zur Vogeltränke hinauf, um zum Wasser zu gelangen. Andy hatte mittlerweile mit dem Ranger gesprochen, der hier stationiert war, und ihn wegen des Elefantenkadavers befragt. Offenbar war das Tier bereits vor etwa 10 Tagen eines natürlichen Todes gestorben und es waren Löwen, Hyänen, Schakale und jede Menge Geier zum Festmahl gekommen. Schade, dass wir das nicht miterlebt hatten, aber wir waren zuversichtlich, dass der Nachmittag auch wieder spannende Erlebnisse bringen würde.
Wir kletterten erwartungsvoll ins Auto und fuhren los. Unser Ziel war ein Wasserloch, das bei den großen Elefantenherden sehr beliebt war, und wo
sie bei der momentanen Hitze sicherlich zum Trinken kommen würden. Und so war es auch! Eine Herde nach der anderen kam zum Wasser, aus allen Himmelsrichtungen. Dicht an uns vorbei eilte eine kleinere Herde von Elefantenkühen mit Kälbern, das Jüngste war maximal ein paar Tage alt, bewegte sich noch äußerst tapsig und wurde von der Mutter sorgsam behütet. Als die Herde das Wasser erreichte, wirkte das Jungtier ganz verloren und winzig zwischen den riesigen Hinterteilen. Wir tauften es „das blonde Baby“, weil es immer wieder versuchte entweder bei der falschen Elefantenkuh zu säugen, um dann weg geschubst zu werden, oder am falschen Ende seiner Mutter die „Milchbar“ suchte.
Wir konnten uns gar nicht satt sehen an den vielen Elefanten, wie sie das Wasser offensichtlich genossen, ausgiebig tranken und sich dann mit Wasser und Schlamm gründlich besprühten. Doch allzu lange konnten wir leider nicht bleiben, denn wir mussten ja bei Einbruch der Dunkelheit wieder im Camp sein.
Gerade so schafften wir es und hatten sogar noch Zeit in Sichtweite des Camps zu halten und den sehr dramatischen Sonnenuntergang am blutroten Himmel zu genießen. Wieder waren wir ganz erledigt, die Köpfe voll mit den Erlebnissen des Tages und freuten uns auf ein kühles Getränk am Lagerfeuer und eine warme Dusche. Man mag sich fragen, wer bei knapp 40° eine warme Dusche braucht? Erfahrene Safari-Reisende werden wissen, dass man den hartnäckigen Kleister, der nach einer Tagesration von Sonnenschutzmittel, Schweiß und Staub auf der Haut entsteht, in einer Busch-Dusche sowieso nicht vollständig abkriegt. Die Handtücher sehen immer entsprechend peinlich aus. Mit kaltem Wasser hat man jedoch gar keine Chance auf diese klebrige Masse auch nur im Geringsten einzuwirken. Also schrubbten wir so gut es ging, während es aus Richtung des Koch-Feuers sehr verführerisch duftete.
Diese Nacht war erheblich ruhiger, jedenfalls unterbrachen weder Elefanten noch Regenschauer unseren Schlaf.
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