Spanien Urlaubsreise – die Mandelblüte in Andalusien
Februar 2010
Dies ist, seit ich in Spanien lebe, der kälteste und verregnetste Winter und jeder wartet inzwischen sehnsüchtig auf den Beginn des Frühlings. Heute scheint diese Jahreszeit endlich zu beginnen. Der Himmel erstrahlt nach vielen Wochen mit grauen Wolken endlich wieder in einem kräftigen Blau und die Sonne lacht vom Himmel. Das muss genutzt werden und daher entscheide ich mich gemeinsam mit Edith und Bernd einen Ausflug zu den Stauseen in El Chorro zu machen.
Vor einem Jahr waren die Seen, die uns mit Wasser versorgen, bedingt durch jahrelange niederschlagsarme Winter nur bis zu 25% gefüllt. Nun sind wir alle drei auf den heutigen Wasserstand gespannt.
Unsere Fahrt führt uns von Torremolinos vorbei an Cartama bis nach Alora und von hier führt die Straße weiter nach El Chorro. Innerhalb kurzer Zeit und wenigen Kilometern haben wir die Küste und die Städte hinter uns gelassen. Hier herrscht noch méditerranée Gelassenheit und Ruhe; die Familie sitzt mit den Nachbarn auf niedrigen Stühlen vor der Haustür und im kleinen Vorgarten steht ein Zitronen- oder Orangenbaum.
Doch nicht nur in den Vorgärten stehen die Bäume mit den leuchtend gelben Früchten, auch die Straße wird rechts und links von Zitronenbäumen gesäumt.
Die Zitrone wächst an einem kleinen bis mittelgroßem und immergrünen Baum und die jungen Triebe sind mit kleinen, dünnen Dornen besetzt. Eine botanische Besonderheit des Zitronenbaums ist, dass dieser ganzjährig gleichzeitig Blüten und Früchte trägt.
Beim kommerziellen Anbau wird eine rationelle Ernte dadurch erreicht, dass man die Bäume einer Stressperiode aussetzt indem man die Bewässerung einstellt. Danach kommt es zu einer starken Blüte und die Früchte reifen dann etwa gleichzeitig.
Doch hier, einige Kilometer hinter Alora, befindet sich kein kommerzieller Zitronenanbau. Die Besitzer der Plantagen nutzen die Zitronen für sich selbst oder verkaufen privat an Bekannte oder vorbeifahrende Ausflügler. Nur wenige haben ihre Felder eingezäumt, diese Zitronen werden dann meist auf dem nächsten Markt oder in der Markthalle von Coin gehandelt.
Viel verbreitet sind in Andalusien auch die Straßenstände, wo den Autofahrern die gesamte Palette des örtlichen Frucht-und Gemüseanbaus angeboten wird.
Doch nicht nur die Zitronenbäume verschönern die Landschaft. Um diese Jahreszeit blühen in Andalusien die Mandelbäume und dies ist immer wieder ein traumhafter Anblick.
Ein hell -bis dunkelrosa farbiges Blütenmeer erstreckt sich über die Landschaft und ein Baum ist schöner als der andere.
Zu diesen zarten Blüten gibt es eine Legende, die natürlich wie so oft von der Liebe handelt. Einer der maurischen Könige heiratete einst eine spanische Schönheit aus dem Norden des Landes und brachte sie in sein Zuhause in die sonnige Region Andalusien. Doch im Laufe der Jahre wurde seine Herzensdame immer stiller und trauriger, obwohl er sie mit Geschenken überhäufte und alles tat um sie aufzumuntern. Als er sie darauf ansprach, gestand sie ihm ihren Kummer: „Ich vermisse den Schnee in den Bergen, die weißen verschneiten Gärten und die Berge.“ Der Herrscher überlegte, wie er Abhilfe schaffen konnte und pflanzte im darauf folgenden Jahr Mandelbäume in den Garten vor ihrem Fenster.
Als sie eines morgens aus dem Fenster schaute und die Bäume voller weißer Blüten sah rief sie voller Begeisterung aus: „Schau nur! Schau! Die Bäume sind bedeckt wie mit zarten Schneeflocken!“ Von diesem Tage an kehrte ihre Fröhlichkeit und Lebenslust wieder zurück.
Auch wenn wir bei den heutigen Frühlingstemperaturen nicht an Schnee denken, die blühenden Bäume begeistern uns ebenfalls jedes Jahr auf das Neue.
Man unterscheidet bei den Mandeln zwischen der Süssen und der Bitteren, wobei nur die süßen Mandeln für den Verzehr geeignet sind. Sie werden zum Beispiel für den Rohgenuss verwendet oder zur Herstellung von Marzipan und Likör. Eine spanische Spezialität ist die „Tarta de Almendras“, ein Mandelkuchen, den es lohnt zu versuchen.
Die bittere Mandel wird benutzt zur Herstellung von Mandelöl, das zum Teil als Massageöl verwendet wird oder zur Herstellung von Hautcreme oder Seife.
Doch nun haben wir El Chorro erreicht und ich bin erstaunt über den Wasserpegel. So hoch habe ich ihn bisher noch nie gesehen. Meine Dusche ist für diesen Sommer jedenfalls gesichert und das drohende Gespenst der letzten Jahre, das Abstellen und Rationieren von Wasser, verschwindet bei diesem Anblick. Da hat der viele Regen doch seine gute Seite. Auch die Natur sieht sichtlich erholt aus, die Wälder sind grün und das Gras fängt an zu sprießen.
Mit kleinen Pausen drehen wir eine große Runde um die Seen an deren Ufern viele Familien ihr Sonntagspicknick halten. Doch nicht nur die Menschen genießen das heutige Wetter, auch eine Ziegenherde hat sich einen sonnigen Felsen zum Verweilen ausgesucht.
Den Abschluss des heutigen Tages bietet der Besuch in dem kleinen andalusischen Dorf Carratraca. Hier hat eine Freundin aus Torremolinos ein kleines Wochenendhaus, um sich hin und wieder von der touristischen Sonnenküste auf das Land zurück zu ziehen. Spontan beschließe ich sie anzurufen, da wird Barbara aber staunen, wenn ich mich aus Carratraca melde. Doch noch mehr staune ich, denn Barbara ist ebenfalls in Carratraca. So machen wir einen kurzen Besuch bei ihr zu Hause, bevor wir uns die typisch andalusische Ortschaft ansehen.
Carratraca ist ein kleiner Ort mit knapp 900 Einwohnern und den für den Süden typischen schmalen Gassen. An den Häuserwänden hängen Blumentöpfe und die Haustüren sind geöffnet, es kennt hier jeder seine Nachbarn.
So können wir in malerische, blumengeschmückte Innenhöfe schauen, in denen auch heutzutage noch die Wände mit Fliesen verziert werden. Steil führt die Straße nach oben bis zum Touristenbüro, das in einem Turm neben dem Rathaus untergebracht ist. Bei dem Turm und dem Rathaus handelt es sich um einen ehemaligen Landsitz, dazu gehört auch die darunter liegende Gartenanlage.
Gebaut wurde dieser Besitz von Trinidad Grund, die Tochter eines preußischen Konsuls in Sevilla anfangs des 19. Jahrhunderts. Sie war eine sozial sehr aktive Frau und hat in Malaga Schulen, Armenhäuser etc. gebaut und unterhalten.
Wir gehen weiter die Straße entlang, die uns zu der ein wenig außerhalb gelegener Stierkampfarena führt. Das besondere an dieser Arena ist, dass sie wie ein römisches Theater gebaut ist und die Zuschauer nur auf einer Seite Sitzplätze finden. Diese Tribüne ist an den Felsen gebaut.
Entstanden ist die Arena im 19.Jahrhundert, als Carratraca seine Blütezeit als Badekurort erlebte. Die Arena wurde gebaut um den zahlreichen Kurgästen eine Attraktion zu bieten. Heute finden in der Arena jedes Jahr in der Osterwoche die Passionsspiele statt.
Die Thermalbäder bestehen nach wie vor in Carratraca. Sie befinden sich im Zentrum des Ortes in einem Hotelbereich, der zurzeit allerdings geschlossen ist. Geplant war eine Renovierung der Bäder und die Integration in ein 5* Hotel, was auch umgesetzt wurde. Leider hat Carratraca nicht den Bekanntheitsgrad und der Ort nicht die Größe um genug Gäste in so eine luxuriöse Unterkunft zu locken. Das Hotel schrieb rote Zahlen und musste schließen, dadurch sind allerdings auch die Thermalquellen betroffen und nun nicht mehr zugänglich. Doch als wir an den Bädern vorbeigehen können wir den Geruch der schwefelhaltigen warmen Thermen wahrnehmen.
Unseren Rundgang durch Carratraca beenden wir mit einem Großeinkauf. An einer Haustür werden Orangen angeboten- frisch vom Baum und sicherlich ungespritzt. Auf unser Klopfen an der Tür kommt zwar keine Reaktion, doch ein Nachbar greift helfend ein. Er dreht den Türknopf und ruft laut in den Flur: „Hey, Juan!! Willst du Orangen verkaufen oder nicht! Wenn du so schwer hörst entgeht Dir das ganze Geschäft!“ Juan kommt auf Filzpantoffeln den Flur entlang geschlurft und verkauft uns zwei große Säcke seiner selbst gepflückten Orangen. Freundlich bedanken wir uns bei Juan und seinem hilfsbereiten Nachbarn und machen uns auf den Rückweg zum Auto.
Eine knappe Stunde später sind wir wieder an der Küste, bringen unsere Orangen und Zitronen nach Hause und sind zufrieden mit den Eindrücken und Erlebnissen des heutigen Tages. Die Mandelblüte ist leider immer nur ein kurzer Zeitraum, doch ein Besuch im Landesinneren von Andalusien lohnt sich zu jeder Jahreszeit.
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