Andalusiens Naturschutzgebiete Fuente de Piedra und el Torcal
Mai 2010
Nun scheint endlich der Frühling Einzug zu halten, der Himmel leuchtet heute früh in einem strahlenden Blau und die Sonne lacht vom Himmel. Da zur Zeit mein Cousin Marco und Christine zu Besuch hier ist, wollen wir den Tag für einen Ausflug nutzen.
Unser Ziel ist Antequera, etwa 50 km von Torremolinos entfernt. Die Gemeinde Antequera hat ca. 45.000 Einwohner und liegt am Rande der Bergketten „El Torcal“ und „El Arco Calizo Chiminea“ auf einer Höhe von 570 m.
Doch wir planen keine Stadtbesichtigung sondern möchten zu der in näherer Umgebung liegenden Salzwasser-Lagune „Fuente de Piedra“, einer der wenigen Nistplätze des Rosaflamingo in Europa. Der Mai ist die beste Zeit für einen Besuch in diesem Naturschutzgebiet und ich hoffe dass dieses Jahr viele Flamingos das Feuchtgebiet zur Paarung und zum Brüten aufgesucht haben. Marco ist ein wenig skeptisch: „Lohnt sich das denn?“ fragte er mich gestern Abend, bei der Aussicht im Urlaub seinen Schönheitsschlaf zu verkürzen.
Nun sind wir unterwegs, auf der Autobahn in Richtung Sevilla. Etwa eine viertel Stunde hinter der Abfahrt Antequera sehen wir das Schild auf der rechten Seite: Fuente de Piedra. Hier verlassen wir die Autobahn, durchfahren kurz darauf den gleichnamigen Ort und haben dann unser Ziel erreicht.
Die Lagune gilt als eine Besonderheit unter den Feuchtgebieten des westlichen Mittelmeers. Das Schutzgebiet erstreckt sich über mehr als 1.360 Hektar von denen 164 Hektar zum eigentlichen Naturschutzpark gehören. Hier lebt die größte Kolonie von Flamingos der Iberischen Halbinsel.
Nicht immer stand die Lagune unter diesem Schutz, sondern erst seit 1982. Schon in den Jahren 1828 und 1880 gab es zwei Versuche die Lagune trockenzulegen um das Feuchtgebiet in eine Salzgewinnungsanlage umzuwandeln. Dieses, schon von den Römern betriebene Gewerbe, wurde um 1950 eingestellt. Seitdem hat sich die Lagune als Nistplatz für zahlreiche Flamingos und andere Vogelarten etabliert.
Tausende von Flamingopärchen kommen jedes Jahr ab Ende Februar bis Ende August nach Fuente de Piedra um sich zu paaren und zu nisten. Laut der Fachleute ist es das Weibchen, das sich den Partner aussucht. Sie wählt ein starkes Tier, das den hohen Temperaturen gewachsen ist und die Aufgabe des Brütens übernehmen kann, wenn sie zu erschöpft ist.
Neben den Flamingos findet man hier auch andere Wasservögel wie Lachseeschwalben, Lachmöven, Störche und Stelzenläufer.
Doch nicht nur gefiederte Bewohner hat die Lagune, auch Wasserbewohner bekommen wir zu sehen. Eine Wasserschildkröte versteckt sich mit einer raschen Bewegung zwischen dem Schilf, eine andere Artgenossin klettert mühsam die Böschung hinauf. Doch was sitzt da auf ihrem Rücken? Eine kleine Schildkröte! „Ach wie niedlich!Schaut nur! Sie trägt ihr Junges spazieren!“ tönt es von uns allen. Doch später komme ich ins Grübeln: eine Schildkröte mit ihrem Jungen? Die legen doch ihre Eier ab und die Kleinen müssen sehen wie sie klar kommen. Oder? Als ich diesen Blog schreibe hole ich mir Rat bei Jörg Reineke. Er ist Reptilienkenner und -liebhaber, ich war bereist zwei mal mit ihm in Kenia zur Safari und er kann mir tatsächlich weiterhelfen. Schildkröten sind absolute Stiefmütter, sie haben nach dem Eierlegen keinen Kontakt zu ihrem Nachwuchs. Bei dem vermeintlichen Jungen handelt es sich um einen „blinden Passagier“ , der die größere Schildkröte als Transportmittel benutzte.
Die uns umgebende Landschaft verwöhnt uns mit ihrer Schönheit. Durch den Regen in diesem Winter hat das Gras eine satte grüne Farbe und die Wiesenblumen blühen in allen Farbschattierungen. Von gelb über lila bis zu knallroten Mohnblumen, die gesamte Farbpalette ist hier vertreten.
Die Büsche neben dem Ufer hängen voll zarte Blüten in altrosa und meine Gedanken wandern zu dem Inhalt meiner Handtasche. Habe ich das Spray gegen Heuschnupfen eingesteckt?
Mit vielen Pausen zum Schauen und Fotografieren spazieren wir am Ufer entlang. Bei unserem Rückweg zum Parkplatz halten wir uns rechts, um den Hügel hinaufzusteigen. Auf der anderen Seite finden wir noch drei weitere, kleinere Lagunen. An dem Ufer des einen Gewässer schwimmt eine Entenfamilie in der Deckung herabhängender Zweige. In den umliegenden Büschen huschen kleine Kaninchen umher, immer darauf bedacht möglichst unsichtbar zu bleiben und bei Gefahr rasch in ihrem Bau verschwinden zu können.
Um die Tiere nicht zu stören und den Besuchern die Möglichkeit des Beobachtens zu geben wurden entlang dieser Wege kleine Holzstände mit Luken aufgebaut. So bleibt der Mensch für die scheuen Tiere unsichtbar.
Ganz oben auf dem Hügel steht das Besucherzentrum, in dem man sich über die hiesige Flora und Fauna informieren kann und bei Bedarf werden auch Ferngläser vermietet. Ein kleines Geschäft bietet Souvenirs, Ansichtskarten und echten Bienenhonig an. Ich kaufe ein großes Glas von dem Artischockenhonig und damit ist unser Rundgang an der Lagune beendet.
Doch das Gebiet um Antequera bietet noch andere Attraktionen, von denen wir eine weitere besuchen werden. El Torcal, ein einzigartiges Naturschutzgebiet von über 1.100 Hektar.
Um „El Torcal“ zu erreichen nehmen wir die Autobahn zurück in Richtung Antequera bis zu dem braunen Hinweisschild „El Torcal“ . Die gut beschilderte Strecke führt uns ein Stück durch das Stadtzentrum und dann hinauf in die Berge. Die Landstraße verläuft oberhalb von Antequera und bietet einen guten Blick auf die Stadt mit ihrer Kirche und der ehemaligen Festung, die Alcazaba. An einem der Aussichtspunkte machen wir einen kurzen Halt, denn von hier ist nicht nur der Ort, sonder auch ein markanter Felsen zu sehen. Er ist aus Karstgestein und zeigt das Profil eines Menschen. Im Volksmund wird er der „Schlafende Indianer“ genannt. Sein richtiger Name ist „Peña de los Enamorados“, der „Felsen der Verliebten“. Hier fand die damals verbotene Liebe zwischen einem jungen Ritter aus einer christlichen Adelsfamilie und einer schönen Muslimin ein tragisches Ende. Gemeinsam stürzten sich die beiden Liebenden bei ihrer Flucht von der Kinnspitze des Felsens.
Eine halbe Stunde später haben wir den Parkplatz des Besucherzentrums von El Torcal erreicht.
In dem Informationszentrum ist ein kleines Museum in dem Geologie, Flora und Fauna des Parks dargestellt werden.
Das Karstgebirge El Torcal ist ein Ausläufer der bogenförmig verlaufenden Sierra Subbética und liegt in einer Höhe zwischen 1100 und 1400 m. Zerklüftete Felsen und Schluchten wechseln in stets neuer Gestalt einander ab. Hohe Säulen aus Steinplatten unterschiedlicher Größe sehen aus, als wären sie künstlich aufeinander gestapelt worden. Entstanden sind diese Steinformationen vor 100 Millionen Jahren. Das Gebiet war zu diesem Zeitpunkt noch gänzlich vom Meer bedeckt, von dem lediglich das Mittelmeer übrig geblieben ist.
Durch die Ablagerung von Sedimenten bildeten sich Schichten aus Kalkstein. Infolge der Kollision der afrikanischen und eurasischen Erdplatte (Orogenese), kam es zur Anhebung und Faltung der Schichten zu Hügeln und Bergen. Durch das Eindringen von Wasser bildeten sich Dehnungsklüfte und es entstand die heutige wildzerklüftete Felslandschaft mit den fantastischen Steingebilden.
Auch heute noch verändert sich das Gebirge durch Korrosion von Wind und Wasser und je nach Festigkeit einer Gesteinsschicht wird weiterhin mehr oder weniger Material abgetragen. Dieser Prozess geht jedoch so langsam, dass er von uns mit den Augen nicht wahrgenommen wird.
Als Naturschutzgebiet wurde „el Torcal“ das erstemal 1929 ausgewiesen und seit 1989 gehört es zur „Naturgegend“ .
Wir beginnen unsere Besichtigung an dem „Mirador“, ein Aussichtspunkt mit Blick auf das Tal von Malaga und die Ortschaft Villanueva de la Conceptión. Die Sicht ist beeindruckend und Marco nutzt dieses Panorama um mit dem Selbstauslöser seiner Kamera ein Gruppenbild von uns allen Vier zu schießen. Es gehen einige Versuche „daneben“, doch mit viel Geduld hat er uns schließlich zu seiner Zufriedenheit auf den Chip gebannt.
Es gibt zwei Wanderwege, die durch den Park führen. Die grüne Strecke ist mit 1,5 km die leichtere, sie dauert etwa eine Stunde und führt durch den Talkessel „Torca de la Maceta“.
Die gelbe Route ist 2,5 km lang und führt bis zu Aussichtspunkten in 1.200m Höhe. Bei klarem Wetter kann man von dort sogar das Mittelmeer sehen.
Wir entscheiden uns für die grüne Route, ich weiß aus Erfahrung- es ist Kletterei genug. Die Zeitangabe von 45 bis 60 Minuten ist sicherlich richtig, vorausgesetzt man marschiert zügig voran. Doch wir möchten uns Zeit lassen, uns umschauen und in Ruhe die Steinformationen betrachten.
Der Wanderweg beginnt hinter dem gossen Schild mit der Routeninformation auf dem Parkplatz. Der schmale Weg führt durch einige Sträucher und beginnt dann leicht anzusteigen. Der Boden ist karg und trocken, trotzdem halten sich die Büsche und Bäume am Leben. Nun im Frühjahr leuchten die Blätter grün und in den Spalten des kargen Gesteins wurzeln blühende Sträucher.
Langsam wird der Weg steiler und immer wieder müssen wir uns den besten Pfad zwischen den Steinen suchen. Christine und Marco haben festes Schuhwerk angezogen und können so leicht über die im Weg liegende Steine klettern. Mich selbst hat es mal wieder in meinen Flipflops erwischt, die gleichen wie im indischen Gulmarg auf 4.000 m Höhe. Als ob ich noch nie hier gewesen wäre! Aber manche lernen es wohl nie :-). Doch ich habe darin ja schon Übung und so geht es eben nur ein wenig langsamer.
Zwischendurch werfen wir immer wieder einen Blick zum Himmel und beobachten die dort kreisenden Vögel. Es ist aus dieser Entfernung nicht genau zu erkennen um welche Spezies es sich handelt, doch es gibt hier in dem Naturschutzgebiet 82 Arten von Vögel. Darunter sind Raubvögel, bei einem früheren Besuch ist ein Adler in einer Distanz von ca. 1,5 Meter an mir vorbei geflogen.
Insgesamt wurden in dem Park 116 Arten von Wirbeltieren gezählt. Hierzu gehört neben den Vögeln ein Amphibium, elf Reptilien und 22 Arten von Säugetieren, wie z.B. eine Gruppe von Iberiensteinböcken. Daneben natürlich noch eine Vielzahl von Insekten, von denen einige Arten aufdringlich um meinen Kopf summen.
Doch auch Botaniker kommen in diesem Park auf ihre Kosten, es werden mehr als 600 Pflanzenarten hier gezählt, davon 30 verschiedene Arten wilder Orchideen.
Inzwischen sind wir im Talkessel angekommen, hier beginnt sich die Hitze zu stauen und ich bin froh über die kleine Flasche Wasser in meiner Tasche. Auf der anderen Seite der Felswand hören wir eine Gruppe Jugendlicher, die sich mit gegenseitigen Zurufen verständigen. „Schade um die Ruhe!“ meint Marco absolut richtig. „Wieso müssen die nur so laut sein?“ ist Christine ihre Überlegung. Die Gruppe ist auf dem Rückweg des gelben, schwierigeren Wanderweges und kreuzt unseren Weg nur kurzfristig. Danach wird es langsam wieder ruhig und still um uns herum.
Doch wir sind nicht mehr weit vom Ende des Rundgangs entfernt. Vor uns liegt noch ein steiler Auf- und danach Abstieg. Es ist der „schwierigste“ Teil dieses Rundgangs, der Pfad ist sehr schmal, mit großen Steinen welche hohe „Stufen“ bilden. Da ist es hin und wieder hilfreich, sich gegenseitig die Hand zu reichen. Doch nun haben wir es geschafft, die letzten Meter liegen vor uns. Hier, auf dem flachen und leicht begehbaren Weg, kommen uns viele andere Besucher entgegen. Einige tragen einen Picknick- Korb bei sich, eine der Damen kommt uns auf hohen Riemchensandalen mit Pfennigabsätzen entgegen. Es gibt also noch Steigerungen meiner Flipflops.
Als wir am Besucherzentrum ankommen legen wir zuerst eine wohlverdiente Pause ein und holen uns am Automat etwas Kühles zum trinken. Puh, das tut gut! Schon jetzt im Mai brennt die Sonne in der Mittagszeit unbarmherzig.
Bevor wir El Torcal verlassen, erkundige ich mich noch, ob inzwischen das astrologische Observatorium geöffnet ist. Eigentlich sollte das Observatorium schon im Jahre 2008 für Besucher eröffnet werden, die Kosten dafür beliefen sich laut der Tageszeitung „Sur“ auf 3,7 Millionen Euro. Doch leider ist das Observatorium geschlossen. Na ja, vielleicht bei meinem nächsten Besuch.
Kurz darauf sitzen wir alle wieder im Auto und mit weit geöffneten Fenstern geht es durch die blühende andalusische Landschaft zurück nach Torremolinos, wo wir gemeinsam bei einem Abendessen einen wunderschönen Tag beschließen.
Hallo Elke,
herzlichen Dank für die schönen Fotos und den ausführlichen Bericht über Andalusien. Wir haben auch vor, nächstes Jahr dorthin zu fliegen. Einen Vorgeschmack auf Andalusien hast du uns auf jeden Fall schon mal gegeben. Danke!
Hallo Vietnam reisen
vielen Dank für den netten Kommentar. Wünsche euch auf jeden Fall für nächstes Jahr einen schönen Urlaub in Andalusien.
Liebe Grüsse
Elke