Zimbabwe meets Wernsbach: Steinskulpturen, Musik und Lebensfreude
Herrn Fritz Meyer von Into Africa in Wernsbach, Mittelfranken, lernte ich kennen, indem ich nach Bulawayo in Zimbabwe flog und die jährliche Reisemesse Sanganai besuchte.
Die Bildhauer der Shona sind mittlerweile weltweit für ihre einfallsreichen und liebevoll gestalteten Steinkulpturen bekannt. Es sind Kunstwerke, die nicht nur durch ihre schönen Formen ansprechend wirken sondern auch durch ihre Struktur. Die Skulpturen erschließen sich nicht nur durch das Ansehen sondern auch durch das Berühren, die Oberflächen können seidig-glatt poliert sein, leicht rau, oder der Stein wird teilweise auch roh belassen. Dadurch entstehen nicht nur unterschiedliche Strukturen sondern auch sehr verschiedene Farben im Stein.
Zwischen den Ständen diverser Reiseveranstalter war ein Stand mit Steinskulpturen. Ein Bildhauer war, entsprechend staubig vom Feilen und Schleifen, dabei an einem Werk zu arbeiten und ich sah ihm eine Weile zu. Dann schaute ich mir einige vollendete Skulpturen an. Ein Blick auf das Schild über dem Stand ließ mich stutzen: „Zimbabwe meets Wernsbach“. Da sprach mich auch schon Herr Meyer an, „Can I help you?“ Auf Deutsch fragt ich zurück, „Ja, gern, wo ist Wernsbach?“
Es stellte sich heraus, dass Wernsbach gerade mal zwei Autostunden von meinem Wohnort entfernt im Landkreis Roth liegt. Wir blieben in Kontakt und ein dreiviertel Jahr später rollten wir mit vollgepacktem Auto auf den Hof vor der Skulpturengalerie Wernsbach.
Into Africa hatte zu einem Fest geladen, ein Wochenende mit vielen Kunstwerken aus Zimbabwe, heißer Musik, gutem Essen und fröhlicher Geselligkeit. Ich durfte mein Zelt aufstellen und den versammelten Interessenten meine Reisen nach Zimbabwe anbieten.
Es dauerte nicht lange bis mein Zelt aufgebaut war, dann stellten wir fest, dass alle Freunde und Verwandten von Fritz Meyer in der Küche riesige Berge von Gemüse schnippelten, für das Festessen am folgenden Abend. Wir gesellten uns dazu, bekamen Messer und anderes Werkzeug in die Hand gedrückt und fühlten uns sofort wohl, inmitten der freundlichen Gespräche und der allgemeinen Vorfreude.
Am frühen Abend war es Zeit für die Galerie-Eröffnung. Auch dieses Ereignis ging locker und fröhlich vor sich, die Reden waren kurz und humorvoll. Sehr schöne Skulpturen und Gemälde gab es zu bewundern, einige der Steinskulpturen waren auch nicht in der Galerie selbst zu finden sondern sie waren im Löschteich. Passend zu der Umgebung rekelte sich wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche eine Seejungfrau als gehöre sie dort und nirgends anders hin. Am anderen Ende des Teiches, ebenfalls genau über dem Wasser stand eine Frau, weit vornüber gebeugt und wusch ihre langen Haare im See.
Nach diesem Augenschmaus gab es Abendessen, unter anderen leckeren Speisen auch eine lokale Spezialität: „Bratwurstweckle“ oder im örtlichen Dialekt „Broad-Washed-Vegglar“ ausgesprochen. Das sind die berühmten fränkischen Bratwürste in einem knackig-frischen Brötchen. Sehr empfehlenswert.
Nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kühl, aber das war kein Problem, jemand hatte schon ein loderndes Feuer im Hof bereitet und nach und nach setzten sich alle um die wärmenden Flammen. Es dauerte nicht lange, dann erzeugte Kay Boni, ein hervorragender Trommler aus Ghana weitere Wärme, indem er anfing zu trommeln. Musiker aus der Band von Virginia Mukwesha, die am folgenden Abend auftreten sollte holten weitere Trommeln und begleiteten Kay, dann begann Virginia zu singen und bald hielt es einige Gäste nicht mehr auf den Bänken und sie tanzten zu den flotten Rhythmen. Ein toller Abschluss für einen schönen Tag.
Der Samstag begann mit stürmischem Wind und Regenschauern. Mein Zelt bot dem Wind eine so große Angriffsfläche, dass die Böen mehrmals meine Tische umwarfen und das Zelt um etliche Zentimeter verrutschten. Fritz Meyer war so lieb und half mir, das Zelt abzubauen und die Posterwand zusammen mit meinen Tischen in der Werkstatt wieder aufzubauen. Natürlich dauerte es dann nicht mehr lange und die Sonne schien wieder. Trotz des durchmischten Wetters war die Stimmung toll. Die Besucher sahen sich in Ruhe die Skulpturen an, setzten sich zusammen und tranken einen Schoppen, handelten mit anderen Ausstellern um Stoffe, Kleider Schmuck aus Afrika, um Mosaik-Dekorationen für den Garten und ließen sich von mir über Reisen informieren. Aus dem bunten Zirkuszelt auf der Wiese drang die Musik der Trommeln, als Kay Boni seine Workshops abhielt. Die ständige Geräuschkulisse bestand aber aus Klopfen, Feilen und Schleifen weil Künstler und Workshop-Gäste auf dem Hof und in der Werkstatt an ihren Skulpturen arbeiteten.
So verging der Tag wie im Flug und der große Moment nahte, der Beginn des Konzerts. Vorher ließen wir uns aber noch die Teller füllen mit dem wunderbaren Essen, an dem wir tags zuvor zu einem winzigen Teil mitgeschnippelt hatten. Es war ein wirklicher Genuss, besonders in der fröhlichen Gesellschaft der Gäste und Künstler.
Wegen des wechselhaften Wetters fand das Konzert in einer Scheune statt. Bis auf den letzten Sitzplatz war alles voll, wir quetschten uns noch zwischen den Tischreihen hinein und es ging auch schon los! Fritz Meyer stellte Virginia Mukwesha und den eigens aus Zimbabwe eingeflogenen Musiker Leonard Zhakata vor. Die beiden hatten 2009 gemeinsam eine CD aufgenommen und stellten sie nun live vor, sozusagen als Weltpremiere. Das war für uns schon sehr aufregend, denn Virginia Mukwesha hatten wir vor einigen Jahren schon einmal mit Begeisterung gehört, aber Leonard Zhakata, in Zimbabwe durchaus sehr bekannt, hatten wir noch nicht live erlebt.
Was für ein Genuss! Die Shona-Texte waren für uns nicht zu verstehen, aber Virginia Mukwesha übersetzte einen Teil davon oder sagte uns wovon die Lieder handelten. Die Musik war sehr flott, rhythmisch und melodisch, und der Band beim Musizieren zuzusehen war eine Freude, sie spielten und sangen sehr konzentriert aber auch mit Spaß dabei. Dass es alles Vollprofis waren, bemerkten wir ganz zu Anfang, als mitten im ersten Lied für ein paar Minuten das Licht ausging. Niemand schien auch nur mit der Wimper zu zucken und es kam auch kein schiefer Ton heraus. Bis tief in die Nacht spielten die Musiker mit nur einer kleinen Pause, es gab auch tolle Tanz-Einlagen auf der Bühne von einigen der anwesenden Steinbildhauer. Wir gingen schlafen, noch mit der schönen Musik im Ohr und den Bildern eines wunderbaren Festes von Augen.
Der Sonntag verwöhnte uns mit strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen. Alle sahen noch etwas müde aus, als wir wieder an die Arbeit gingen, aber einige der Künstler bearbeiteten bereits wieder sehr eifrig ihre Skulpturen. Einer von ihnen, Lacknos, saß vor einem relativ kleinen Klumpen Stein und sah ihn etwas missmutig an. Als ich ihn fragte, wieso er diesen Stein so unfreundlich ansah, sagte er, er wüsste nicht, was er aus dem Stein machen sollte.
Ich stellte mich hinter ihn und guckte auch den Stein an. Nach einer Weile sagte ich, das sei eindeutig eine Eule. Lacknos sah mich an und meinte, das könne wohl sein, aber er habe keine Lust eine Eule zu machen. Man muss dazu sagen, dass er einen großen Teil des vorigen Tages damit zugebracht hatte, für Kinder Eulen zu machen, daher war es zu verstehen, dass er keine Begeisterung dafür mehr aufbringen konnt. Im Scherz stichelte ich ihn ein Wenig und sagte, das sei sein Pech, denn der Stein könne eigentlich nichts anderes werden. Er grinste breit und antwortete, dass das nicht sein sonder mein Pech sei, denn wenn ich darauf solchen Wert legte, sollte ich die Eule gefälligst selber machen.
Ich war weit davon entfernt, mir so etwas zuzutrauen, aber ich hatte tags zuvor vielen Leuten bei der Arbeit mit Stein zugesehen, die sicher auch nicht begabter waren als ich. Durch die präzise und geduldige Anleitung der Künstler wurde aber auch aus jedem Versuch eine ansehnliche Skulptur. Neugierig aber etwas nervös sagte ich also zu und wir machten uns an die Arbeit. Lacknos wog den Stein ab, ließ mich den Workshop-Vertrag unterschreiben, dann gab er mir Werkzeug und eine Schutzbrille.
Draußen im Hof nahm er ein Stück Holzkohle und wir malten damit grob auf dem Stein auf, wie wir uns die Eule vorstellten. Dann fixierte er den Stein auf einem großen Holzklotz und zeigte mir, wie ich mit einem gezahnten Metall-Hammer die Standfläche der Eule glatt-klopfen musste, damit die Skulptur später nicht wackelt. Als er damit zufrieden war, ging es richtig los. Mit einem Meißel zog er gekonnt ein paar Linien, das wurden die Umrisse der Flügel, der Füße und des Schnabels. Es sah einfach aus, aber ich lernte später, dass es sehr schwierig ist, den Meißel dabei unter Kontrolle zu halten und in die richtige Richtung zu lenken. Dann war ich wieder an der Reihe, mit dem Hammer musste ich den überschüssigen Stein wegschlagen. Das musste natürlich auch vorsichtig passieren, denn ich wollte ja nichts kaputtmachen, was noch stehen bleiben sollte. Zwischendurch kümmerte ich mich immer wieder einmal um meine Reise-Ecke. Entsprechend war auch dieser Tag unglaublich schnell vorüber.
Meine angefangene Eule räumten wir gut weg, sodass ich sie auch später wiederfinden konnte, und wir packten das Auto. Wir freuten uns schon darauf, zurück zu kommen und die Eule fertig zu machen!
Danke für den ausführlichen Bericht